In dieser Woche teilte mir ein langjähriger Coachingnehmer freudig mit, dass er zum Jahreswechsel eine neue Führungsaufgabe bei einem anderen Arbeitgeber übernehme und vorher nochmal einen Coachingtermin benötige. Er wolle sein Führungsverhalten insb. im Hinblick auf seine Kontrollintensitäten nochmal feinjustieren. Am nächsten Morgen las ich dann in einem Spiegel-Interview das Zitat von Herr Thielemann, dass diesem Impuls voransteht und musste schmunzeln. Dirigent, noch dazu eines Weltklasseorchesters, das ist ohne Zweifel eine sehr anspruchsvolle Führungsaufgabe, die natürlich die gesamte Bandbreite des Führungsinstrumentariums erfordert. Es ist schon spannend, wie sich die Ereignisse manchmal zusammenfügen.
Seit über 25 Jahren bilde ich nun Führungskräfte aus und die Frage nach dem optimalen Führungsstil wurde mir oft gestellt. Nach so vielen Jahren als Führungskräftetrainer und auch noch 15 Jahren eigener Führungserfahrung musst Du, lieber Mario, doch nun wirklich wissen, wie es geht und was der beste Führungsstil ist. Nein, ich bedaure, ich weiß es nicht oder sagen wir lieber, ich behaupte, dass es den besten Führungsstil einfach nicht gibt.
Zahllose Menschen haben Bücher über Führung geschrieben, der Seminarmarkt ist voll von Weiterbildungsangeboten, so viele Führungsstile werden propagiert, sogar neue Begriffe werden immer wieder erfunden und ohne Frage steckt in allen Konzepten ein guter und erfolgsversprechender Kern. Nur ist eben kein Konzept für sich allein und für jede Führungskraft das „Allheilmittel“. Da nützt es auch nichts, dass einige Buchautoren mit großem Nachdruck Anderes behaupten.
Aus meiner Sicht ist das auch vollkommen logisch und ich stelle in Diskussionen zum Thema Führungsstil u.a. immer gerne folgende Fragen:
Sind alle Menschen gleich, z.B. gleich schnell in ihrer Auffassungsgabe oder in ihren Lernfähigkeiten? Sind alle Menschen gleich intelligent?
Sind alle Führungskräfte gleich, z.B. gleich impulsiv, risikofreudig oder erfahren? Haben alle Führungskräfte den gleichen Ausbildungsstand?
Sind alle Aufgaben gleich, z.B. gleich komplex oder gleich zeitkritisch?
Sind alle Rahmenbedingungen gleich, z.B. haben alle die gleichen Budgets und Ressourcen?
Es gäbe noch viel mehr Fragen, doch ich höre auf, denn ich will mit diesem kurzen Impuls ja nicht langweilen. Die Antworten lauten immer „NEIN“ und damit wird doch sofort klar, dass es keinesfalls mit dem einen und einzigen Führungsstil möglich ist, erfolgreich Menschen zu lenken, anzuleiten, zu entwickeln, zu motivieren und mit ihnen gemeinsam die notwendigen unternehmerischen Ergebnisse in einer vorgegebenen Zeit zu erreichen und dabei nach Möglichkeit noch Spaß und eine gute Stimmung im Team zu haben. Entschuldigung für diesen langen Satz – ein kleiner Versuch Führung als Aufgabe kurz zu beschreiben.
Deswegen bringt das Zitat von Christian Thielemann es auf den Punkt: Es geht darum ein großes Führungsinstrumentarium zu haben aus diesem Werkzeugkasten zielgerichtet die Werkzeuge zu verwenden, die gerade erforderlich sind: für meine aktuellen Mitarbeitenden, in der aktuellen Situation, für die gerade anliegende Aufgabe unter den gerade herrschenden Rahmenbedingungen. Gute Führungskräfte können genau das: Aus einem großen intuitiv abrufbaren Instrumentarium die richtigen Führungsinstrumente auswählen und sach- und personengerecht einsetzen. Und da sich die Welt immer weiterentwickelt, kann man als Führungskraft auch nicht auslernen. Führung bedeutet lebenslanges Lernen.
So wird es auch für meinen Coachingnehmer sein, denn die Frage wird nicht lauten, wie mache ich es richtig. Die Frage wird lauten, wann mache ich was und welche Form meines Handelns verspricht unter welchen Rahmenbedingungen die größte Wahrscheinlichkeit auf Erfolg – Garantien für Erfolg gibt es in der Führung nämlich nie. Ich freue mich schon darauf!
Welche Führungssituationen – egal ob als Führungskraft oder MitarbeiterIn – haben Sie in Ihrem Leben schon einmal als besonders anspruchsvoll erlebt?
Welches Führungsinstrument hat sich besonders bewährt und wann genau?
Welche Führungsaufgabe hat sich schon mal als Dilemma herausgestellt und warum?
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