Der MP Impuls zur Selbstreflexion vom 03.12.2022

„Dringender Abstimmungsbedarf!“ – so gab mir das Mail meines Klienten ein deutliches Signal, dass etwas nicht stimmte und ich wohl gut daran täte, kurzfristig mit ihm zu telefonieren.

„Es läuft einfach nicht in der Zusammenarbeit, es ändert sich nichts, der Kollege hält sich einfach an keine Absprachen, ich bin stinksauer und überlege, ob ich jetzt disziplinarisch werden und das Ganze eskalieren lassen soll…“.

Mein Klient sprudelte ganz schön los, kaum dass ich am Telefon „Hallo“ gesagt hatte. Eine solche Reaktion signalisiert regelmäßig, dass „Druck auf dem Kessel“ ist und die Emotionen toben. Doch erstmal zum Hintergrund:

Mein Coachingnehmer hatte vor einiger Zeit eine Stellvertreter Position in einem großen Unternehmen angenommen und seitdem war das Führungsteam auf der Suche nach der optimalen Zusammenarbeit. Sein Chef war schon lange im Amt, hatte eine bewegte Vergangenheit und auch die Mitglieder des Führungsteam waren teilweise schon lange in ihren Funktionen. Das Team arbeitete schon einige Zeit mit mir zusammen, in wenigen Wochen stand wieder ein Workshop an, in dem wir die aktuelle Zusammenarbeit reflektieren wollten, um vielleicht auch Grundsätze für Führung und Zusammenarbeit zu formulieren. Und wie das oftmals so ist, einige im Team kooperierten besser, andere weniger gut, ein Einzelner gefühlt gar nicht. Und mein Klient, der „Neue“, war ungeduldig und genervt.

„Was ist passiert, erzähl doch mal“, lud ich meinen Gesprächspartner erstmal ein, weiterzusprechen. Noch tobten die Emotionen und für den Beginn der Lösungssuche war es sichtlich noch zu früh. Erst mussten die Emotionen mal raus, denn vorher besteht eh keine Chance einen vernünftigen Zugang zu rationalen Lösungen zu finden. „Rauslassen“ hat daher  eine sehr wichtige Ventilfunktion und ist unbedingt notwendig. Emotionen sind stets dominant zur Ratio und haben Vorrang. Wichtig ist dabei natürlich, diese nicht unbegrenzt und unbefristet laufen zu lassen, sondern gezielt auf die Ventilfunktion zu fokussieren. Deshalb begrenze ich z.B. „Jammerrunden“ immer von vornherein in der Zeit, bevor sich alle im „Jammertal“ häuslich niederlassen – einmal jammern, also rauslassen, ist völlig ok, dann geht es wieder konstruktiv einer Lösung entgegen.

Mein Kunde zeterte also noch drei Minuten über den Kollegen, der nicht so agierte wie abgesprochen, dem sein Chef nicht offen die Meinung sagte, wie ihn das alles nervte und so weiter. Dann beendete er selbst die „Jammerzeit“ mit den Worten: „So, jetzt ist es raus!“

Ich schmunzelte in mich hinein, denn jetzt konnten wir arbeiten und so begann ich Fragen zu stellen. Was bewirkt es, wenn Du jetzt disziplinarisch wirst? Kannst Du das überhaupt oder müsste nicht vielmehr Dein Chef das tun? Wie wird Dein Kollege reagieren, wie die Organisation insgesamt? Was – ganz konkret – verändert sich dadurch für Dich? Was bedeutet das für unseren gemeinsamen Teamfindungsprozess und ist das jetzt wirklich der richtige Zeitpunkt?

Plötzlich konnte er die Argumente wieder gut bewerten, war ruhig, gefasst und konzentriert. Schließlich kamen wir zu den wichtigsten Fragen:

„Was ist eigentlich Dein Anteil daran, dass Du die Situation als so dramatisch empfindest, denn offenbar tun es alle anderen ja nicht?“

Es ist bekanntlich nie die Situation als solche, sondern immer unsere ganz persönliche Bewertung der Situation, die ein Problem verursacht. Weder sein Kollege noch sein Chef hatten mit der aktuellen Situation wirklich ein Problem, jedenfalls kein so akutes wie mein Klient. Es ging also um seine ganz persönlichen Werte, seine Erwartungen und ähnliches.

Schließlich konnten wir dann gemeinsam nach vorne schauen, um die richtige Strategie zu finden. „Was kannst denn Du persönlich tun bzw. beeinflussen, damit es anders und im besten Fall damit auch besser wird?“ Ganz im Sinne der Circles of Influence fokussierte ich jetzt meinen Coachingnehmer auf sich selbst und führte ihn zurück zu seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten. Das Verhalten anderer können wir nie beeinflussen, so gerne wir das auch würden. Nur unser Verhalten können wir ändern und hoffen, dass darauf dann auch eine andere Reaktion, ein anderes Verhalten des Kooperationspartners folgt. Wir fanden schließlich einen Weg, der den anstehenden Workshop nicht gefährdete, für meinen Klienten gut gangbar war und der – so es denn notwendig sein sollte – eine Eskalation zu einem späteren Zeitpunkt immer noch möglich machte. Einziger Pferdefuß, wenn man so will, die Moderationsanforderung an mich für den anstehenden Workshop wurde nach oben geschraubt, aber damit konnte ich gut leben.

Am Ende des Telefonates sagte mein Klient: „Danke, das habe ich gebraucht, jetzt geht es mir besser und ich sehe klarer.“ Er hatte es geschafft, seine Gefühle zu akzeptieren und trotzdem oder vielleicht gerade deshalb einen Weg gefunden, besonnen und zielgerichtet zu agieren. Seine Gefühle dominierten sein Handeln nicht mehr, sondern standen gleichberechtigt neben der rationalen Abwägung von Pro- und Contra-Argumenten unterschiedlicher Vorgehensweisen. Es war gelungen, der Blick wieder auf das Ganze zu richten und abgewogen zu entscheiden, wie es weitergehen soll.

Wie geht es Ihnen?

Welche Gefühle sollten Sie einmal rauslassen, weil Ihnen dieses Ventil guttun würde?

Wie gelingt es ihnen, sich auf das zu fokussieren, was Sie tatsächlich beeinflussen können?

Was oder wen brauchen Sie, um Ihren Weg besonnen und erfolgreich gehen zu können?

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!

Arbeitswelt und Führung: aktuelle Trends und Umfragen, Ausgabe 21.11.2022

In diesem Monat liegen nur wenige interessante Umfrageergebnisse vor, so dass dieser Beitrag kurz ausfällt. Das Thema Homeoffice steht dabei erneut im Zentrum.

Eine Studie der IU Internationale Hochschule mit 1.030 Mitwirkenden zeigt, dass sich die Einstellung zum Arbeiten im Homeoffice durch die Pandemie der letzten Jahre deutlich verbessert hat. Immerhin 28% der Befragten hatten eine sehr viel positivere Einstellung zur Heimarbeit als vor der Pandemie, weitere 29% immerhin eine positivere. Die mit 38% größte Gruppe sah sich in ihrer vorhandenen Einstellung zum Homeoffice bestätigt und behielt demzufolge ihre Einstellung unverändert bei. Die Studienautoren haben mit ihrem Fazit daher sicher Recht, wenn sie sagen, Corona habe den Beweis erbracht, dass arbeiten im Homeoffice eine attraktive Alternative sei und in den meisten Fällen besser laufe als angenommen. Die Herausforderung der Führungskräfte bleibt es, vor allem die Mitarbeitenden abzuholen und mitzunehmen, die sich im Homeoffice unwohl oder einsam fühlen.

Wollen Führungskräfte diese Aufgabe erfolgreich bestehen, so scheint es wichtig, dass sie ihre vielfach immer noch bestehenden Vertrauensdefizite gegenüber ihren Mitarbeitenden abbauen. Für eine Studie von Microsoft wurden weltweit 20.000 Managerinnen und Manager befragt und 79% der Befragten sagten, es falle ihnen im Homeoffice schwer auf die Produktivität ihrer Mitarbeitenden zu vertrauen. In Deutschland fürchteten immerhin 41% der Teilenehmenden, dass die Produktivität im Unternehmen sinken könnte (weltweit 54%). Die Skepsis der Leitenden steht – nicht zum ersten Mal – in krassen Widerspruch zur Selbsteinschätzung der Mitarbeitenden, von denen 86% angaben, bei der Arbeit trotz zahlreicher virtueller Meetings, deren Anzahl im Laufe der Pandemie weltweit um 153% gestiegen ist, produktiv zu sein. Wieder einmal stehen wir daher vor der Frage, welches Menschenbild in unseren Führungsetagen vorherrscht und ob dieses noch zeitgemäß ist. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser – ich glaube nicht, dass dies nach wie vor ein Erfolgsrezept für die Zukunft ist. Produktivität sollte übrigens nicht mit Wohlbefinden verwechselt werden denn die Hälfte aller Befragten gab an, sich heute einsamer zu fühlen als vor der Umstellung auf hybride Arbeitsformen. Damit schließt sich auch hier ein Kreis zur oben zitierten Umfrage der Internationalen Hochschule: Einsamkeit überwinden ist als neue Herausforderung für Führungskräfte hinzugekommen.

Zum Schluss der News des Jahres 2022 noch eine „Schockerzahl“. Schon mein ganzes eigenes Berufsleben als angestellter Manager lang frustrierten mich ineffiziente Sitzungen, Meetings und Arbeitsweisen. Immer wieder thematisiere ich mit Mandanten deswegen auch das Thema: „Was mach Sitzungen effizienter?“ (oder besser gleich ganz überflüssig!) Als Coach hat man auch immer wieder mit Fragen effizienter Arbeitsabläufe und Arbeitsweisen zu tun. Auch dieses Arbeitsfeld erscheint unerschöpflich. Die Next Work Innovation UG legt nun eine aktuelle Untersuchung vor, in deren Ergebnis eine fast schon erschreckende Zahl steht: 114 Mrd. € p.a. betragen die Kosten, die nur in deutschen Unternehmen durch ineffektive Meetings und Arbeitsunterbrechungen entstehen! Die Details lasse ich bewusst unkommentiert…

Dieser kurze Beitrag erscheint dieses Mal nicht als Podcast. Die Studien wurden wie immer alle veröffentlicht in der Ausgabe 12/2022 von managerseminare.

Zum Schluss noch einige Hinweise in eigener Sache:

Aufgrund der Weihnachtspause erscheint im Dezember wie im Vorjahr keine Ausgabe in dieser Reihe mit neuen Befragungen und Umfrageergebnissen.

Leider schaffe ich es aktuell ohnehin nicht mehr, die Frequenz meiner Podcasts, sowohl meiner Impulse zur Selbstreflexion als auch dieser Reihe aufrechtzuerhalten. Ab 2023 erscheint diese Reihe daher nur noch alle 2 Monate sowohl als geschriebener Beitrag als auch als Podcast. „News & Facts“ zur Veränderung der Arbeitswelt und Führung gibt es ab 2023 im Januar, März, Mai, Juli, September und November.

Ich wünsche weiterhin viel Freude bei der Lektüre meiner Beiträge bzw. beim Anhören meiner Podcasts. DANKE für Ihr Interesse!

Als ich vor etwa einem Jahr, die Arbeiten an meinem Selbstcoachingbuch zum Abschluss brachte, herrschte in weiten Teilen Deutschlands noch Lockdown. Schon damals drängte es sich für uns alle nahezu auf, sich mal wieder viel stärker als sonst mit uns selbst zu beschäftigen.

Damals ahnten wir noch nichts vom Krieg in der Ukraine, von explodierenden Preisen und ernsthafter Energieknappheit. Eigentlich alles Zustände, die wir in unserer Wohlstandsgesellschaft für ausgeschlossen hielten. Diese Krisen haben für viele Menschen Zukunftsängste geschürt und lassen sie ihre Handlungskompetenzen nicht mehr wahrnehmen. Sie zweifeln an sich und sind häufig am Ende ihrer Kräfte, wie ich es in zahlreichen Coachingmandaten in diesem Jahr erlebt habe.

Sich einem Dritten anzuvertrauen fällt einigen Menschen nach wie vor schwer – “Nichtstun” ist jedoch in der Regel auch keine Lösung. Da ist vielleicht der Ansatz des Selbstcoachings attraktiver und aktueller denn je.

Ohne hier nochmals auf die Geschichte, wie ausgerechnet das Eichhörnchen zum roten Faden meines Buches wurde (Sie können es im Vorwort nachlesen), einzugehen, möchte ich nochmal die 22 Selbstcoachingtechniken und Themen in meinem Buch “Inspiration Eichhörnchen – Ein Leitfaden für Ihr Selbstcoaching” vorstellen:

Die Natur kennt nur Lösungen und so ist sie ein sehr gutes Vorbild, von dem wir Menschen lernen können. Ich bin sicher, viele Themen in meinem Buch sind heute noch aktueller als vor einem Jahr.

Vielleicht ist die kommende dunkle Jahreszeit ja genau die richtige, nach innen auf sich selbst zu schauen und eigene Themen aktiv anzugehen und zu neuen Lösungen zu kommen – vielleicht schenken Sie “Inspiration Eichhhörnchen” sich selbst oder Freuden?

Mehr Informationen zu meinen Büchern finden Sie auch auf meiner Bücherseite.

Inspiration Eichhörnchen” erhalten Sie überall im Buchhandel, bei amazon oder auch sehr gerne signiert und portofrei direkt von mir.

Ich wünsche viel Freude an den Bildern der Tiere und viel Erfolg bei Ihren Selbstcoachingaktivitäten. Für diejenigen, die noch unschlüssig sind und auch nicht weiter surfen möchten, hier nochmal die Kurzfassung der Buchidee:

Ich liebe dieses Zitat von Karl Valentin, weil es auf so humorvolle und einprägsame Weise eine der wichtigsten Lebenserkenntnisse beschreibt. Es sind unsere Gedanken, die einen so wesentlichen Einfluss darauf haben, wie wir uns fühlen, wie wir unsere Wirklichkeit erleben und ob es uns gut geht oder nicht. Viel zu oft lassen wir zu, dass uns negative Gedanken die Stimmung vermiesen, den Spaß an etwas rauben oder uns grübeln lassen, obwohl das eigentlich gar nicht notwendig und schon gar nicht zielführend ist.

Im Vorwort eines meiner Bücher habe ich das an einem einfachen Beispiel verdeutlicht, natürlich nicht so humorvoll wie Karl Valentin. Stellen Sie sich vor, Sie könnten für das Jahr 2023 auf dem Schreibtisch Ihres Lebens zwischen zwei Paketen wählen. Auf dem ersten steht in großen roten Buchstaben „PROBLEME 2023“. Auf dem zweiten Paket steht in grüner Schrift „Spannende Herausforderungen 2023“. Welches Paket würden Sie wählen? Warum fühlt es sich so viel besser an, spannende Herausforderungen anzunehmen, als vor Probleme gestellt zu werden; selbst dann, wenn in beiden Paketen natürlich exakt dasselbe enthalten ist?

Selten war es so wichtig wie in dieser Zeit, sich selbst zu reflektieren, die eigenen Gedanken zu ordnen, das eigene Erleben positiv auszurichten. Fast in jedem meiner Coachings des Jahres 2022 war und ist das ein zentrales Thema. Ich freue mich immer sehr, wenn meine Klienten die Einladung annehmen, in den Spiegel zu schauen und sich selbst die Frage zu beantworten, wie sich ihr Erleben verändert, wenn sie es mit anderen Gedanken aufladen. Für mich geht es dabei nicht darum, immer und ausschließlich mit glücklichen Bildern durch die Welt zu laufen und alles „schönzureden“. Solche Gebilde brechen zu oft wie ein Kartenhaus zusammen. Inzwischen habe ich in 13 Jahren als Coach so viele positive Beispiele erleben dürfen, dass ich allerdings fast immer ein Beispiel benennen kann, wie meine Klienten durch die Veränderung ihrer Gedanken ihr Erleben verändert haben und so zu ihren Lösungen gelangt sind. Das ist weit entfernt, von den Plattitüden des „es wird alles gut, wenn du nur positiv denkst“.

Es war immer meine Idee, meine Erfahrungen und die vielen Bespiele meiner Klienten in Form kurzer Geschichten mit entsprechenden Einladungen zur Selbstreflexion bzw. zum „anders denken“ aufzuschreiben und zu veröffentlichen. Corona hat mir in den letzten zwei Jahren die Zeit dafür gegeben bzw. auch ich habe begonnen, anders zu denken, und mir diese Zeit genommen, in dem ich meine Prioritäten neu gesetzt habe. Inzwischen sind in der Buchreihe „Das knallrote Cabrio“ zwei Bände erschienen und ich habe sehr zu meiner Freude bereits viel positives Feedback meiner Leserinnen und Leser erhalten.

Das knallrote Cabrio – 52 Impulse zur Selbstreflexion

Freie Fahrt für Ihre Gedanken – Das knallrote Cabrio Band 2 – 52 neue Impulse zur Selbstreflexion

Die bevorstehende, dunkle Jahreszeit bietet ja vielleicht dem ein oder anderen auch wieder etwas mehr Zeit zum Lesen und vielleicht haben Sie ja Lust, sich von den vielen Erfahrungen meiner verschiedensten Klienten zu eigenen, neuen Gedanken und Lösungen inspirieren zu lassen.

Weitere Informationen finden Sie auf meiner Bücherseite oder im (online-) Buchhandel. Ich lade Sie jedenfalls herzlich ein und freue mich, Sie als Leser/-in begrüßen zu dürfen. Wenn Sie Lust haben mit mir dazu in den Dialog zu gehen, freue ich mich auch darüber sehr: post@marioporten.de

„Oh mann, wieder nur so ein Werbetext.“, geht Ihnen gerade durch den Kopf? Na gut, dann, üben wir doch nochmal: „Gute Idee, das könnte mir Spaß machen und mich weiterbringen!“ Was fühlt sich besser an? Sie haben die Wahl.

Arbeitswelt und Führung: aktuelle Trends und Umfragen, Ausgabe 26.10.2022

In diesem Monat habe ich für Sie vier Umfrageergebnisse ausgewählt, die ich gerne mit Ihnen teilen möchte.

Corona hat uns alle unzweifelhaft in den letzten Jahren eine der größten Krisen der jüngeren Vergangenheit beschert. Doch auch Corona ist mal wieder ein Beispiel dafür, dass jede Krise auch eine Chance ist, denn es zeigen sich auch positive Entwicklungen in den Unternehmen. In einer Studie des Digitalverbandes Bitkom gaben 79% der befragten abhängig Beschäftigten an, dass sie den Eindruck hätten, ihr Arbeitgeber würde seinen Mitarbeitern mehr Vertrauen schenken und auch mehr auf ihre Eigenverantwortung vertrauen als vor der Corona Krise. Das finde ich einen überraschend guten Wert! Auch im Führungsstil vieler Führungskräfte werden offenbar positive Veränderungen wahrgenommen. So hatten 40% der Befragten das Gefühl, dass ihre Führungskraft mehr auf die Belange der Mitarbeitenden eingeht als vor Corona. Etwa die Hälfte gab außerdem an, dass im Unternehmen nunmehr mehr auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden geachtet wird. Positive Veränderungen sind also ganz offenbar in vielen Unternehmen auf dem Weg – jede Krise ist eben auch eine Chance.

Diese positiven Veränderungen in den Unternehmen könnten sich auch bei der Suche nach neuen Mitarbeitenden positiv auswirken. Der aktuelle Blue- and Grey-Collar-Report der Jobplattform Joblift, für den deutschlandweit 1500 Menschen befragt wurden, zeigt nämlich, dass Arbeitsatmosphäre und Führungsarbeit sehr wichtige Kriterien bei der Jobsuche sind. Die Befragten fanden zunächst Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitenden am attraktivsten, so dass sich Mittelständler freuen können, da sie offenbar als attraktiver als Großkonzerne erlebt werden. 75% der Befragten legten Wert auf eine Arbeitsatmosphäre, die durch ein familiäres Miteinander geprägt ist. 73% der Befragten war ein fairer und menschlicher Führungsstil besonders wichtig. Auf dem Dritten Platz folgte mit 65% der Nennungen eine optimale Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wesentlich weniger Bedeutung wurde von den Befragten etwa dem Unternehmensimage und den eigenen Aufstiegsmöglichkeiten (je 24%) oder den konkreten Weiterbildungsmöglichkeiten (19%) zugemessen. Wenn Sie schon früher einmal meine Blogbeiträge gelesen haben, dann werden Sie diese Ergebnisse nicht überraschen. Seit Jahren finden wir immer wieder drei Big Points und seit einigen Jahren einen klaren Aufsteiger, wenn es um die Fragen von Arbeitgeberwahl und Mitarbeitermotivation geht. Diese Studie macht da keine Ausnahme. Die großen drei Aspekte sind immer wieder (vereinfacht dargestellt): die Aufgabe selbst, der Chef bzw. die Chefin und das Team. Der „Aufsteiger“ ist seit Jahren das Thema „Work-Life-Balance“, ganz gleich welchen Namen (in dieser Studie: Vereinbarkeit von Familie und Beruf) Sie dafür bevorzugen. Die aktuelle Befragung liegt also voll und ganz im Trend der letzten Jahre.

Das kann man von den Ergebnissen des aktuellen Karrierebarometers der Recruiting-Plattform JobTeaser nicht unbedingt behaupten. Häufig habe ich den letzten Jahren daraufhin gewiesen, dass aktuellen Umfragen zu Folge Deutschland die Führungskräfte auszugehen scheinen, da junge Menschen zunehmend keine Führungsverantwortung mehr anstreben. In der aktuellen Befragung, in der fast 2000 junge Talente befragt wurden, gaben immerhin 70% an, dass sie innerhalb der nächsten 10 Jahre Führungsverantwortung übernehmen wollen. Das ist ein überraschend hoher Wert. 80% legen Wert darauf, bei künftigen Job- und Abteilungsentscheidungen mitreden zu können. Bevor wir nun jedoch alle jubilieren, dass wir demnächst jede Menge Führungsaspiranten zur Auswahl haben werden, muss ich leider doch etwas Wasser in den Wein gießen, denn eigentlich wissen die meisten jungen Menschen noch gar nicht, was sie wollen. 86% der Befragten gaben nämlich an, noch gar keinen klaren Karriereweg vor Augen zu haben. Und noch schlimmer: Angesichts der aktuellen Lage machen sich signifikante 93% der Befragungsteilnehmer Sorgen um ihre berufliche Laufbahn. Ob wir also bald wirklich so viele potentielle Führungskräfte haben, bleibt aus meiner Sicht schlicht abzuwarten. Ich persönlich bin nicht sehr optimistisch.

Der Fachkräftemangel ist aktuell an vielen Stellen unseres Zusammenlebens deutlich spürbar und wurde in meinem Blog auch schon häufig thematisiert. Eine Studie der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) und des Softwareanbieters Textkernel hat 68.000 Webseiten mit Stellenanzeigen untersucht. Im Ergebnis zeigt sich, dass im Bereich HR der Personalbedarf offenbar so groß ist, wie noch nie. Allein im ersten Quartal 2022 gab es in Deutschland 75.000 offene HR-Stellen, wobei Recruiter ganz besonders gesucht waren. Die Zahlen steigen aktuell weiter an, so dass Mitarbeitende, die sich für einen Arbeitsplatz im HR-Bereich interessieren zur Zeit besonders gute Jobaussichten haben.

Alle zitierten Studien wurden veröffentlicht in der Ausgabe 11/2022 von mangerseminare.

So wertvoll unsere Erfahrungen auch sind, selten waren sie so wenig auf die Zukunft übertragbar wie zur Zeit. Leider erlebe ich immer noch viele Menschen, die – natürlich in bester Absicht – im Modus “mehr vom gleichen” bzw. “viel hilft viel” versuchen, ihre aktuellen Herausforderungen zu bewältigen und damit leider oft im Überlastungs- bzw. Erschöpfungsmodus enden. Ich versuche dann immer, ihren Blick für einen der hilfreichsten Blickwinkel im Coaching zu öffnen:

“Wenn etwas nicht (mehr) funktioniert, versuche etwas anderes!”

Wie steht es mit Ihnen?

Der MP Impuls zur Selbstreflexion vom 08.10.2022

Als ich das obige Zitat von Peter Wohlleben, dem bekannten Förster und vielfachen Bestsellerautor in einem Interview mit Dr. Eckart von Hirschhausen las, gingen mir spontan zwei Gedanken durch den Kopf.

Der erste war: Stimmt!

Der zweite war: Und das gilt nicht nur für Bäume.

Wir können niemandem helfen, wenn wir selbst depressiv, mutlos, ausgelaugt, überlastet und ohne Energie sind. Mir ging auch meine aktuelle berufliche Situation durch den Kopf, in der ich als Business Coach zur Zeit verstärkt mit Menschen arbeite, die sich in Überlastungssituationen befinden, um das Wort Burnout hier mal nicht zu verwenden. Ganz offensichtlich ist es aktuell so, dass nach mehreren Coronajahren und den dazugekommenen Krisen wie Krieg und Energiekrise die Menschen zunehmend an ihre Grenzen kommen.

Da ist die langjährig erfahrene und erfolgreiche Ingenieurin, die plötzlich bei mir sitzt und schon im Kennenlerngespräch den Satz sagt: „Wenn ich meinen kleinen Sohn nicht hätte, weiss sich nicht, ob ich noch hier wäre.“ Da ist der Beamte, der seit vielen Jahren schwierige Situationen meistert, mit unterschiedlichen Chefs immer große Herausforderungen hatte, weil er stets auch ein Stück weit für seine Chefs mitarbeiten und mitdenken musste. Er erklärt mir plötzlich: „Ich weiß auch nicht, es hat sich eigentlich nichts geändert, aber ich komme an meinen Arbeitsplatz und breche in Tränen aus. Arbeiten kann ich nicht mehr.“ Da ist der Mitarbeiter einer Verwaltung, der erklärt, er habe seit Jahren viel zu tun. Das war immer normal, doch jetzt sind noch private Themen dazugekommen, und plötzlich geht es nicht mehr. Er schaffe es nicht mehr. „Ich kann mich nicht mehr aufraffen!“

Das sind nur drei meiner aktuellen Coachingmandate – ich könnte noch weitere anführen. Was ist passiert mit diesen Menschen, die plötzlich ihre eigenen Kompetenzen nicht mehr erleben, die das Gefühl haben, sich selbst nicht mehr helfen zu können und allein nicht mehr klarzukommen, obwohl sie so viele Jahre erfolgreich gearbeitet haben.

Die Ursachen sind vielfältig und liegen zum einen in einer Arbeitsüberlastung und Stress, zum anderen aber auch darin, dass Menschen Ängste und Sorgen haben und nicht wissen, wie es weitergeht. Unsicherheit ist für viele Menschen immer ein großer Stressfaktor und davon haben wir in unserer Zeit gerade mehr als genug. Aber ich stelle auch immer wieder fest, dass Menschen viel zu wenig über sich selbst wissen, um sich dann auch helfen zu können. Sehr oft bleiben meine Fragen wie z.B. „Was tut Dir denn gut?“ unbeantwortet. Wenn ich die Menschen frage, wann sie das letzte Mal in der Natur waren, schauen mich oft zwei nachdenkliche Augen an. „Wann hast Du das letzte Mal etwas gemacht, nur für Dich, einfach nur, weil es Dir guttut und Dir Spaß macht? Und was war das?“ Auch da schauen mich oft zwei leere Augen an. Unsere aktuelle Zeit ist geprägt davon, dass wir viel Arbeit haben, von Sorgen geplagt sind und keine Zeit mehr finden, damit wir uns mit uns selbst beschäftigen können. Wir vergessen, wer wir sind, was uns wichtig ist, und vor allem, was uns guttut. Wer aber nichts über sich weiß, der kann sich natürlich in schwierigen Situationen auch nur schlecht selbst helfen.

Was sind meine Werte? Was tut mir wirklich gut? Wenn ich diese Fragen nicht beantworten kann, dann ist es schwer, mir selbst zu helfen.

Es ist mehr als Zeit, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Diese Zeit ist etwas besonders Wertvolles und schon deshalb sollten wir alle es auch tun. Wer soll auf Sie Acht geben, wenn Sie das nicht selbst tun? Wer soll für uns da sein, wenn wir selbst nicht für uns da sind?

Ein schönes Beispiel von Achtsamkeit für sich selbst begegnete mir letzte Woche in einem Seminar. Ich begann mit einer neuen Gruppe Führungskräfte eine über mehrere Bausteine gehende Ausbildung. Mitten in einer intensiven Diskussionsrunde griff eine der Teilnehmerinnen nach ihrem Smartphone, schaute darauf und war für einen Moment abgelenkt. Sofort sprach sie mich an und sagte: „Das tut mir leid, ich bin Diabetikerin und habe gerade das Gefühl, das mein Zuckerspiegel absackt. Ich muss einmal schauen, wie es mir tatsächlich geht.“

Ich weiß nicht, ob ich auch nach außen wahrnehmbar gelächelt habe. Innerlich musste ich auf jeden Fall tief in mich hinein schmunzeln und habe für mich gedacht: „Wow, das ist genau das ich mir wünsche – Achtsamkeit für sich selbst!“

Wer soll auf uns achtgeben, wenn wir es nicht selbst tun? Im Moment aber tun das sehr viele Menschen offensichtlich nicht. Anders ist der sprunghafte Anstieg von Mandanten, die mit den oben genannten Problemen zu mir kommen, kaum zu erklären. Natürlich lässt sich niemand willentlich außer Acht vernachlässigt sich bewusst. Aber es häufen sich die Fälle, in denen die Menschen für sich selbst keine Zeit mehr haben und sich nicht um sich selbst kümmern.

Es sind oft unsere inneren Antreiber, die in Stresssituationen wie aktuell plötzlich über die Stränge schlagen und uns Dinge tun lassen, die uns nicht guttun. Es sind unsere Werte, die verletzt sind und die uns dann in die Enge treiben. Es ist die erlebte Hilflosigkeit, mit der wir oftmals nicht wissen, wie wir mit ihr umgehen sollen, weil wir zu unseren Kompetenzen gerade keinen Zugang mehr haben. All das sind oft unbewusste Prozesse, aber wenn die Überlastung zu groß wird, dann finden wir unsere Kompetenzen erst recht nicht mehr wieder, und die Hilflosigkeit nimmt weiter zu.

So erlebe ich das gerade bei vielen meiner Mandanten und ich kann mich keinesfalls darüber freuen, falls irgendjemand beim Lesen dieses Impulses meinen sollte, das sei doch gut für mich, denn dann habe ich ja viel zu tun. Ich arbeite gerne, aber diese Fälle müssen wirklich nicht noch häufiger werden.

Es gibt so viele andere Themen, an denen man auch arbeiten kann. Deshalb möchte ich diesen Impuls auch gar nicht allzu lange ausweiten, sondern möchte Sie ermuntern, über Folgendes nachzudenken:

Was tut Ihnen gut?

Was sind Ihre Werte?

Was sind Ihre Antreiber?

Wann haben Sie sich das letzte Mal mit sich selbst beschäftigt, wann haben Sie sich Zeit nur für sich selbst genommen?

Wie auch immer Ihre Antworten ausfallen, denken Sie an Folgendes: Wenn es Ihnen selbst nicht gut geht, dann können Sie niemand anderem helfen. Sie können nicht für die Familie da sein, nicht für die Firma, nicht für die Kolleginnen und Kollegen, ganz getreu dem Zitat von Peter Wohlleben: „Die Bäume haben nichts davon, wenn wir depressiv werden.“

So gilt es auch für alle anderen Menschen um uns herum und natürlich erst recht für uns selbst. Dieser Impuls ist vielleicht auch besonders gut geeignet, Ihnen zum Abschluss noch drei Fragen zu stellen, die ich aus den Weltbestsellern von John Strelecky aus der Reihe „Das Cafe am Rande der Welt“ entnommen habe. Und vielleicht haben Sie diese Fragen auch schon einmal gehört, wenn Sie eines der Bücher von John Strelecky gelesen haben. Die drei Fragen, die ich Ihnen zum Abschluss dieses Impulses stellen möchte, lauten:

Wer bist Du?

Warum bist Du hier?

Führst du ein erfülltes Leben?

Ich wünsche Ihnen ein schönes und entspanntes Wochenende.