Alarmstufe ROT in Sachen Führung

“Führungskraft ist ein angenehmer Beruf?” Nein, mit dieser irrigen Annahme räume ich in vielen Seminaren seit 20 Jahren auf.
Aktuell aber scheint die Lage in Sachen Führungsnachwuchs allmählich dramatisch zu werden, denn kaum einer will mehr Führungskraft werden. Dazu habe ich hier schon mehrfach auf aktuelle Umfragen hingewiesen, allerdings scheint der Trend zu immer schlechteren Umfragewerten ungebrochen.

managerseminare veröffentlicht in seiner Dezemberausgabe eine Umfrage der Boston Consulting Group, für die international mehr als 5000 Fach- und Führungskräfte befragt wurden. Dabei streben in Deutschland nur 7% der Befragten in den nächsten fünf bis zehn Jahren eine Führungsaufgabe an. Auch international sieht es mit 9% der Befragten kaum besser aus. Alarmstufe rot!

Die Studienautoren führen das u.a. auf die irrige Annahme vieler Menschen, dass Führungskräfte nur noch koordinieren und Entscheidungen treffen, selbst aber nicht mehr inhaltlich arbeiten, zurück. Ein solches Szenario erscheine vielen unattraktiv. Diese Argumentation kann ich meinerseits nicht nachvollziehen, denn nach meiner Beobachtung arbeiten gerade in Deutschland nach wie vor viele Führungskräfte viel zu sehr inhaltlich an Sachaufgaben und haben damit gerade keine Zeit für Führung. Dies führt oftmals zu Stress und Unzufriedenheit.

Ein weiterer Aspekt, der Führung offensichtlich wenig erstrebenswert macht, ist auch in dieser Studie erneut die Selbsteinschätzung aktueller Führungskräfte. 82% der befragten Führungskräfte in Deutschland finden ihren Job heute schwieriger als früher. Sie fühlen sich häufig gestresst und überfordert. Da wundert es nicht, dass niemand mehr Führungskraft werden will, denn ein solches Erleben ist natürlich kein attraktives Zielbild.

Die Autoren der Studie sehen in ihrem Fazit die Unternehmen im Zugzwang. Es gilt die Rolle der Führungskräfte neu zu definieren und Führung wieder zu einem attraktiven, erstrebenswerten Karriereziel zu machen.

Dem können wir als Team von MP uneingeschränkt zustimmen, denn so wie es aktuell ist, kann es kaum bleiben. Wir erleben sehr viele Führungskräfte, die jede Woche einer neuen Kennzahl nachjagen, getrieben von Managern, die ausschließlich kurzfristige Erfolge suchen und die damit selbst unzufrieden sind. Nachhaltigkeit wird nicht mehr erreicht – wie auch, wenn jede Woche die Schwerpunkte wechseln?

Wir glauben, dass es aktuell viele gute Gelegenheiten gibt, Führung neu und attraktiv zu definieren. Getrieben durch den Wertewandel allen voran der Generation Z und die Digitalisierung verändert sich Führung gerade massiv. Neue Kompetenzen sind gefragt, wie etwa ein coachender Führungsstil oder die Führungskraft als Netzwerker. Für viele Menschen entsteht aus unserer Sicht ein neues, interessantes Berufsbild “Führungskraft”. Und gerade jetzt ist die Zeit des Wandels und damit die Chance Neues mit zu gestalten.

Wir möchten daher gerne gerade die jungen Menschen dazu ermuntern, sich auf den Karriereweg Führungskraft zu machen – es wird ein spannender Weg werden, herausfordernd und abwechslungsreich, Langweile kann man nahezu ausschließen. Aber ich bin auch immer sehr dafür, ehrlich zu bleiben: “Wir denn Führungskraft in Zukunft ein angenehmer Beruf sein?” Gute Frage und um ehrlich zu sein, nein, zumindest nicht uneingeschränkt. Aber welcher Beruf ist das schon?