Die Aussicht auf mehr Flexibilität ist mit großen Herausforderungen verbunden

Hat die Corona-Krise vielleicht dauerhaft auch positive Auswirkungen auf die Arbeitswelt? Bei allen aktuell erlebten Einschränkungen und Problemen ist die derzeit eine häufig diskutierte Frage. Und die Anzeichen häufen sich immer mehr, dass dem so sein könnte.

In einer europaweiten Umfrage des DFK Verband für Fach- und Führungskräfte und des Europa Institutes der Rheinischen Fachhochschule Köln haben nämlich 72% der ca. 10000 Befragten erklärt, sie gehen davon aus, dass die Arbeitswelt durch Corona dauerhaft flexibler wird. Langfristig also positive Aussichten – so scheint es. Etwa 60% der Befragten gingen auch davon aus, dass die Arbeitswelt auch digitaler wird und rund jeder dritte erkannte einen Anstoß für kreative Innovationen und sinnvolle Rationalisierungen.

Konkrete Angaben zum was und wie sind leider nicht enthalten und vielleicht kann man das von einer Studie auch gar nicht erwarten. Die Lösungen der einzelnen Unternehmen werden individuell, vielfältig und sehr unterschiedlich sein.

Ein Befragungsergebnis wie dieses macht zwei Aspekte deutlich:

  1. Es gibt offenbar unter den Fach- und Führungskräften die klare Erwartungshaltung nach Corona nicht zum “Business as usual” zurückzukehren, sondern den Impuls für dauerhafte Veränderungen zu nutzen, welche die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als klare Verbesserung gegenüber dem Vorkrisenzustand bewerten. Das aber heißt auch, es sind große Erwartungen vorhanden, die enttäuscht werden können. Enttäuschte Menschen sind leicht abwanderungsgefährdet. Die Frage, was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter denn wirklich als Verbesserung erleben, werden sie wohl nur selbst beantworten können. Ohne Partizipation der Menschen an der Lösungserarbeitung wird es daher nicht funktionieren – die Zeit einsamer Entscheidungen an der Unternehmensspitze ist endgültig vorbei.
  2. Die Corona-Krise hat zu zahlreichen Implementierungen neuer Arbeitsabläufe in teils sehr kurzer Zeit geführt. Dauerhafte und nachhaltige Veränderungen sind damit aber in vielen Fällen noch nicht erreicht. Vieles bewegt sich noch auf der Ebene von Technik und Rechtsvorschriften, wenig im Bereich des eigenen Handelns, der eigenen inneren Einstellungen und der Frage der eigenen persönlichen Zufriedenheit. Die eigentlichen Veränderungsprozesse stehen also den Unternehmen erst noch bevor. Corona ist der Anfang einer Vielzahl von großen Change-Programmen und nicht das Ende davon. Veränderungen aber sind oft dann doch nicht so beliebt, wie es anfangs den Anschein hat. Wenn es erstmal nachhaltig zu erleben gibt, was dass für mich ganz persönlich bedeutet, wird es häufig doch eher unangenehm. Ein gutes Changemanagement wird nach Corona also nochmals deutlich an Bedeutung gewinnen.

Das bringt uns zu einer weiteren aktuellen Studie, die das IFIDZ Institut für Führungskultur im digitalen Zeitalter vorlegt und dafür 217 Führungskräfte befragt hat. Dabei wurden die Führungskräfte gefragt, vor welche Herausforderungen sie sich in der Corona-Krise gestellt sehen.

Die TOP 3 Ergebnisse der Befragung:

Soweit so gut, könnte man sagen, die üblichen “Verdächtigungen” im Krisenmodus. Das mag sein, allerdings kommt hinzu, dass all dies diesmal auf Distanz geschehen soll bzw. muss und das ist eine ganz neue Herausforderung. Denn auch Führungskräfte müssen erstmal einen Modus im Homeoffice finden, sich selbst organisieren, sich selbst motivieren und ein effizientes Arbeitssystem finden. Wenn bislang täglich der Weg ins Büro führte und Homeoffice nie der Arbeitsmodus war, dann ist das alles andere als trivial.

Und noch eines sei angemerkt: Gelassenheit und Zuversicht vermitteln ist eine Führungsaufgabe, die für viele Führungskräften schon ohne räumliche Distanz eine besondere Herausforderung darstellt. Ich kenne viele Führungskräfte, die im Krisenmodus eher hektisch werden, eher selbst die Orientierung verlieren und die Entscheidungen von heute morgen widerrufen. Das soll keinesfalls ein Vorwurf sein, Krise ist auch für Führungskräfte kein einfacher Arbeitsmodus, aber es macht klar: Wer so agiert kann anderen schon unter “normalen” Arbeitsbedingungen wohl kaum Zuversicht und Gelassenheit vermitteln, wohl kaum Halt geben und kann eher kein positives Zukunftsbild vermitteln. Jetzt kommt noch die räumliche Trennung hinzu – plötzlich soll ich auch noch virtuell tun, was ich schon in Präsenz nicht gut konnte. Wer will es den Menschen verdenken, wenn sie sich in dieser Situation überfordert fühlen und lieber “abtauchen”, um sich selbst zu schützen. Positive Absicht (Selbstschutz) mit fataler Wirkung auf die Mitarbeitenden.

Führungskräfte sind gefordert – heute mehr denn je und – wie oben ausgeführt – die meisten Changeprojekte kommen erst noch.

Ziele gestalten. Chart mit Wörtern und gezeichneten Piktogrammen

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