Der MP-Impuls zum Wochenende

„Ich bin so traurig, ich habe gerade überhaupt keine Energie!“, so begann ein neuer Klient das Kennenlerngespräch mit mir. Ich bat ihn, mir zu erzählen, was passiert war und er sprudelte los. Er hatte zu Beginn des letzten Jahres einen neuen Job angetreten. Die Stellenanzeige hatte großartig geklungen und von Gestaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten gesprochen. Im Einstellungsgespräch war seine designierte Chefin sehr freundlich gewesen, offen, wunderbare Ausstrahlung und hatte in höchsten Tönen von ihrem Team geschwärmt. Wie viel Spaß es mache, mit den jungen engagierten Kollegen zusammenzuarbeiten. Er habe sich so gefreut, diese Stelle zu bekommen, er sei mit viel Elan angefangen und habe sich selbst schon in spannenden Projekten, agilen Arbeitsformaten und kundenorientierten Forschungen sehr spannende Entdeckungen machen sehen. Nun, knapp 10 Monate später, war von alledem wenig übriggeblieben. Er war von dem neuen Arbeitgeber, dem neuen Team, seiner Chefin aber auch von sich selbst enttäuscht.

So ähnlich ist es uns wahrscheinlich allen schon mal ergangen – wir sind mit großen Erwartungen gestartet und „hart“ gelandet. Um besser zu verstehen, was in einem solchen Fall vor sich geht, machen wir einen kurzen und sehr oberflächlichen, aber auch völlig ausreichenden, Exkurs in die Wissenschaft, die für uns in den letzten Jahren viele wesentliche Erkenntnisse hervorgebracht hat: die Hirnforschung. Aus ihr wissen wir nämlich, dass auf einer obersten Aggregationsebene unser Gehirn (neben der Steuerung unser lebenserhaltenden Organfunktionen) zwei Ziele verfolgt: Glücksmaximierung und Schmerzvermeidung. Wir alle haben also ein Glücks- und ein Schmerzzentrum im Gehirn. Je nachdem, welches Zentrum aktiviert wird, kommt es zur Ausschüttung positiver (Glücks-) Hormone oder negativer Hormone. Es geht uns im ersten Fall gut und im zweiten Fall schlecht. Wenn wir jetzt noch wissen, dass unser Gehirn zwischen körperlichem und psychischem Glück und Schmerz nicht wirklich unterscheidet, dann können wir auch schon einen Blick auf die Erwartungen richten.

Werden unsere Erwartungen erfüllt, wird unser Glückszentrum aktiviert, es kommt zur Ausschüttung positiver Hormone und wir fühlen uns gut. Umgekehrt wird unser Schmerzzentrum aktiviert und negative Hormone ausgeschüttet, wenn unsere Erwartungen enttäuscht werden. Wir fühlen uns also schlecht, um es ganz einfach auszudrücken und nicht tiefer in die wissenschaftlichen Details abzutauchen. Da die Hormonausschüttungen in beiden Fällen zu unwillkürlichen Prozessen in uns gehören, also von uns nicht beeinflussbar sind, kommt dem Umgang mit den Erwartungen eine zentrale Bedeutung für unser Befinden zu.

Mein neuer Klient hatte sich ganz offenbar schon einige Monate im Status permanent enttäuschter Erwartungen bewegt. Er war enttäuscht, von anderen und von sich selbst. Er wollte es natürlich nicht, aber er fügte sich auf diese Art und Weise permanent „Schmerzen“ zu und war voll mit negativen Hormonen, die schließlich dazu führten, dass er aus der Abwärtsspirale nicht mehr alleine entrinnen konnte.

An seinem Beispiel wird auch klar, dass es für unser Erleben nur eine untergeordnete Rolle spielt, um wessen Erwartungen es sich handelt. Es gibt Menschen, die haben hohe Erwartungen an andere. An Ihre Kollegen was die Zusammenarbeit im Team angeht, an ihren Vorgesetzen was Lob und Anerkennung angeht, an ihre erwachsenen Kinder, was deren Verfügbarkeit angeht oder an ihren Ehepartner in vielfältiger Form. Je mehr Erwartungen ich an andere habe, desto häufiger werde ich enttäuscht – mit den beschriebenen Folgen.

Auf der anderen Seite kennen wir sicher alle Menschen, die wir als Perfektionisten beschreiben würden. Diese Menschen haben sehr hohe Erwartungen an sich selbst, denen Sie nie oder nur hächst selten gerecht werden können. Sie sind permanent von sich selbst enttäuscht und leben damit im selbstverursachten Dauerschmerzzustand. Den eigenen Erwartungen nicht gerecht zu werden, ist dabei oft die schlimmste Form aller Enttäuschungen.

Ein sehr gutes Beispiel dafür ist der seit vielen Jahren beste Dartsspieler der Welt, der Niederländer Michael van Gerwen. Viele Jahre gewann er Turniere nach Belieben und egal, wie gut sein Gegner auch spielte, er konnte immer noch zulegen und war besser. In 2020 war das über weite Strecken des Jahres anders und er selbst räumte irgendwann ein, eine Krise zu haben. Wenn man ihn spielen sah, dann gewann man schnell den Eindruck, dass er mit sich selbst nie zufrieden war, selbst dann nicht, wenn er gut spielte. Dass man ein acht Millimeter breites Feld auf einem Dartboard manchmal auch verfehlen kann, ließ er für andere gelten, für sich selbst nicht. Jedenfalls schien es so und es kam, wie es kommen musste. Er war bald voller Enttäuschung über sich selbst und voll mit negativen Hormonen. Er machte immer mehr Fehler und hatte lange Zeit große Mühe, der Abwärtsspirale zu entrinnen.

Für das eigene Wohlbefinden ist der Umgang mit Erwartungen von zentraler Bedeutung. Ich möchte damit keinesfalls sagen, dass Sie keine Erwartungen mehr haben sollen. Obwohl ich viele Menschen kenne, die mit diesem Status sehr gut durchs Leben kommen. Wer keine Erwartungen hat, kann nicht enttäuscht werden – Schmerzzentrum nicht aktivierbar!

Ich freue mich daher z.B. auch immer, wenn ich zu Beginn meiner Seminare nach den Erwartungen der Teilenehmer frage und der ein oder andere sagt, er habe keine. Er lasse das Seminar einfach auf sich zukommen. Oft habe ich schon mit Trainerkollegen diskutiert, die sich darüber furchtbar aufregen können, weil sie solche Teilnehmer für desinteressiert halten und gar keine Lust haben, mit ihnen zu arbeiten. Merken Sie etwas? Meine Kollegen haben große Erwartungen, wie ein perfekter Teilnehmer zu sein hat und ziehen sich schon runter, bevor sie ihn richtig kennengelernt haben. Ändert der Teilnehmer dadurch seine Einstellung? Nein, natürlich nicht und ein mieses Gefühl hat auch nur der Trainer – zu viele Erwartungen stehen uns oft im Wege! Ich finde Teilnehmer ohne Erwartungen großartig – einfach einlassen auf das, was kommt. Freispiel nenne ich das für mich als Trainer und Freispiele haben bei mir immer schon Glücksgefühle ausgelöst.

Mein Plädoyer ist aber nicht, dass Sie an Sich und Andere keine Erwartungen mehr haben sollen, das wird unserem menschlichen Zusammenleben auch nicht gerecht. Ich möchte Sie vielmehr einladen, ihre Erwartungen gut zu dosieren und sich immer wieder zu fragen, welche und wie viele Erwartungen, es denn sein dürfen. Für diese Dosierung möchte ich Ihnen zum Abschluss dieses Impulses noch einige Fragen mit auf den Weg geben, die auf klassische Erwartungsfelder abzielen, die sich bei manchen meiner Klienten als besonders enttäuschungsintensiv herausgestellt haben. Entscheiden  Sie doch bitte selbst, mit welcher Frage Sie vielleicht in Resonanz gehen. Ich habe da keine Erwartungen an Sie.

Das Wochenende steht vor der Tür und was auch immer, Sie von ihm erwarten:

Ich wünsche ihnen ein schönes Wochenende!

Weihnachtsgrüße und Spende

Wie in jedem Jahr werden wir auch 2020 auf Weihnachtskarten und Geschenke an unsere Kunden und Geschäftspartner verzichten und wieder eine wohltätige Institution in unserer Region, die sich insbesondere für Kinder einsetzt, mit einer Spende unterstützen.

In diesem Jahr haben wir uns für den Verein Menschen in Bewegung e.V. (Mebe) entschieden. Der Verein hat es sich seit vielen Jahren zur Aufgabe gemacht, Kinder an den Sport heranzuführen und dabei einen integrativen Ansatz zu verfolgen. So werden Menschen mit und ohne Handicap zusammengeführt.

Mebe wurde für seine Arbeit mehrfach ausgezeichnet und so freuen wir uns, in diesem Jahr einen kleinen Beitrag zur Unterstützung leisten zu können.

Wenn Sie mehr über die Arbeit von Mebe erfahren möchten, dann gelangen Sie hier mit einem Klick zur Homepage des Vereins.

Bitte machen Sie mit!

Wir würden uns freuen, wenn weitere Menschen unserem Beispiel folgen und die sehr anerkennenswerte Arbeitvon Mebe finanziell unterstützen würden. Dafür ein herzliches Dankeschön.

Das Team von MP wünscht allen Kunden, Freunden und Geschäftspartner eine schöne Vorweihnachtszeit, erholsame Feststage und vor allem ein gesundes neues Jahr 2021! Nie war dieser Wunsch so inhaltsvoll wie in diesem Jahr.

Bleiben Sie alle gesund!

Blitzlicht: Verantwortungsbewusstsein könnte im virtuellen abnehmen

Eine interessante Untersuchung hat das Leibniz-Institut für Wissensmedien (IWM) durchgeführt. Dafür nahmen 180 Mitarbeitende unterschiedlicher Arbeitsbereiche an einer online-Befragung teil.

Sie sollten sich in die Position einer Führungs- bzw. Assistenzkraft hineinversetzen und sich vorstellen mit der jeweils anderen gemeinsam ein Projekt durchzuführen. Während die eine Hälfte informiert wurde, dass die Zusamenarbeit face-to-face stattfinden wird, erhielt die andere Hälfte die Info, dass die Zusammenarbeit virtuell, also z.B. per Videocall erfolgen wird.

Ergebnis:

Die Teilnehmer meldeten ein höheres Verantwortungsbewusstsein wenn sie Führungskraft waren und wenn die Zusammenarbeit face-to-face stattfinden sollte.

Dieses Ergebnis konnte durch eine weitere Studie bestätigt werden.

Virtuelle Zusammenarbeit könnte also dazu führen, dass andere Personen als weiter entfernt wahrgenommen werden, so dass man sich weniger um sie kümmern muss. Das wäre für Führungskräfte ein gefährlicher Trugschluss.

Allerdings: Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten, denn dies ist aktuell auch nur ein Blitzlicht, welches stark von einem “Corona-Push” geprägt ist.

(Quelle: managerseminare 12/2020)

Blitzlicht: Führung heute und morgen

Das Beratungsunternehmen Hernstein hat 1500 Führungskräfte in Deutschland und Österreich hinsichtlich ihres Führungsverhaltens befragt. In dieser Studie, die managerseminare in seiner Dezemberausgabe zitiert, setzen 60% der Befragten auf einen agilen Führungsstil und vertrauen auf die Selbstorganisation ihrer Mitarbeitenden. Der in der Corona – Pandemie vielleicht zu befürchtende Rückfall in eine strikt hierarchische Führung, bleibt demnach aus. 20% der Befragten gaben sogar an, ihren Führungsstil hin zu mehr Agilität verändert zu haben.

Allerdings, so eine kleine Einschränkung, wird auch die hierarchische Führung in Teilbereichen als geeignet angesehen. Dies betrifft insbesondere die Themen Wirtschaftlichkeit, Produkt- und Dienstleistungsqualität, Effizienz und Zukunftssicherheit. Immerhin 50% der Befragten hielten bei diesen Themen eine hierarchische Führung für besonders hilfreich.

69% der Befragten finden es deshalb besonders wichtig, den Führungsstil situativ anzupassen und die verschiedenen Führungsstile adäquat einsetzen zu können. Die Mischung macht es also – das ist nicht wirklich eine überraschende Erkenntnis, aber immerhin 35% der Befragten empfinden das als besonders anspruchsvoll.

Nun ja, Führung war noch nie eine leichte Aufgabe.

Der MP-Impuls zum Wochenende

6.30 Uhr am Morgen und ich könnte gerade eine Kaffeetasse an die Wand werfen. Warum?

Zum dritten Mal innerhalb weniger Tage hat meine Katze eine lebende Maus als kleines Geschenk mit ins Haus gebracht. Die erste hatte Sie in meinem Arbeitszimmer freigelassen und in der noch vorhandenen Schockstarre war sie schnell gefangen. Die zweite konnten wir seinerzeit im Esszimmer in die Ecke treiben und auch in die Freiheit zurückbringen.

Heute Morgen komme ich von meiner Gymnastik ins Wohnzimmer und mitten drin sitzt stolz meine Katze und vor ihr eine Maus. Ich konnte gerade noch die Türen schließen, um den Raum zu begrenzen, da begann meine Katze auch schon mit dem Verfolgungsspiel und das endete unter unserer Wohnzimmerwand – natürlich nur für die Maus!

Jetzt habe ich also eine Maus im Haus und keine Ahnung, wie ich sie wieder los werden soll. Noch dazu habe ich eine Katze, die meckert, weil ihr “Spielzeug” nicht mehr funktioniert. Und ich habe heute dafür eigentlich gar keinen Nerv. Ich wollte früh kreativ sein und wichtige Vorlagen schreiben, so lange es im Haus noch ruhig und der Tag draußen noch nicht so richtig erwacht ist. Meine Katze geht mir gerade so richtig auf den Geist!

“Kenne ich auch!”, geht es Ihnen durch den Kopf, natürlich nicht unbedingt mit einer Katze. Manchmal sind es auch Menschen, die uns ärgern oder Institutionen oder gar Dinge, die wir gar nicht beeinflussen können, wie z.B. das Wetter. Kurz ärgern ist völlig ok, das hat eine wichtige Ventilfunktion, doch wie geht es danach weiter?

Ich könnte mich jetzt so richtig reinsteigern, fluchen und auf Abby (meine Katze) schimpfen. Würde es etwas ändern? Stattdessen erinnere ich mich nach den fünf Minuten, in denen ich mich legitimierter Weise aufgeregt habe, lieber an die vielen schönen Momente, die ich mit Abby schon erlebt habe. Wie sie bei mir auf dem Sofa lag, als ich krank war und gespürt hat, dass mir ihre Nähe guttut. Oder die vielen Morgenstunden, in denen Sie mir auf meinem Schreibtisch im Homeoffice Gesellschaft leistet, damit ich nicht allein bin. Schließlich die vielen Stunden, die ich schon ausgelassen mit ihr gespielt habe. Es gab so viele schöne Momente. Mit dieser Sicht geht es mir schon viel besser.

So gelange ich noch zu einer weiteren wichtigen Erkenntnis: Ich wollte eine Katze und habe mit meiner Frau Abby damals bewusst aus dem Tierheim geholt. “Maus im Haus” stand zwar nicht ausdrücklich im Beipackzettel, war aber doch irgendwie zu erwarten.

Jetzt ist mein Ärger also endgültig verzogen und ich kann einen Plan machen, wie wir die Maus am besten einfangen. Vielleicht macht Abby beim Fangen ja mit.

Und Sie? Wie gehen Sie mit vergleichbaren Situationen um? Über wen oder was haben Sie sich das letzte Mal so richtig geärgert und wie lange? An welche positiven Seiten, die diesem Ärger entgegenstehen, hätten Sie sich erinnern können? Was war Ihr eigener Beitrag zu dieser Situation?

Es ist unausweichlich, dass wir in Situationen geraten, die wir uns gerne erspart hätten. Jemand macht uns wütend und wirft alle unsere Pläne über den Haufen. Dann ist ärgern kurzzeitig erlaubt, danach aber sollten Sie sich an die positiven Seiten erinnern, die es auch immer gibt. Was haben Sie schon alles Schönes erleben dürfen mit demjenigen, der Sie gerade ärgert? Es gibt so gut wie immer etwas.

Wenn die Waage aus sich ärgern und die positiven Seiten sehen dann wieder im Gleichgewicht ist, werden Sie automatisch auch erkennen, was Sie selbst zu der Situation beigetragen haben. Im nächsten Schritt verpufft der Ärger und Sie gewinnen Ihre Handlungs- und Lösungskompetenzen zurück. Damit kann dann auch die aktuelle Lage in der Regel entschärft werden.

Ich gehe jetzt Maus fangen und wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!

Aktuelle Befragungsergebnisse

Die anhaltende Corona-Krise wirft immer mehr ein Schlaglicht auf die Frage, wie die Unternehmen mit ihr umgehen und welche langfristigen Veränderungen für das Arbeitsleben zu erwarten sind. In seiner aktuellen Dezemberausgabe geht managerseminare auf mehrere Studien ein, die interessante Einblicke geben.

So scheint „New Work“, bislang vielerorts eher ein Schlagwort, nach und nach immer mehr mit Inhalten gefüllt zu werden und auf dem besten Wege, das „New Normal“ zu werden. Jedenfalls legt dass eine Untersuchung der Beratungsgesellschaft Kienbaum nahe, die dafür 190 Führungskräfte befragt hat. 73% nannten die „New Ways of Working“ als besonders wichtig – klar Platz 1 der Untersuchung. Danach folgten die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle und die Forcierung der agilen Unternehmenstransformation mit jeweils 50%. Platz drei mit 38% nahm schließlich die Restrukturierung des Unternehmens ein.

Noch krasser fiel das Bild auf die Frage aus, ob auch vorstellbar sei, dass nach der Krise wieder alles wie vorher sein könnte. Nur 3% der Befragten glauben das. Ein Drittel der Befragten glaubt gar an den Beginn einer gänzlich neuen Ära des Arbeitslebens, was freilich ein hochgegriffener Begriff ist.

Interessant sind die durchaus dazu im Widerspruch stehenden Ergebnisse zur strategischen Nutzung von Weiterbildung, die HPpepper und der Weiterbildungsanbieter Bitkom Akademie in ihrer Studie vorlegen. Weniger als die Hälfte der 400 befragten Studienteilnehmer gaben nämlich an, dass ihr Unternehmen aktuell Weiterbildungsmaßnahmen einsetze, um die Mitarbeitenden zu befähigen, in Zukunft erfolgreicher mit Veränderungen umzugehen. Diese mangelnde Weiterbildungsinitiative vieler Unternehmen ist nicht neu, doch offenbar haben einige Unternehmen aus der Krise immer noch nicht die richtigen Schlüsse gezogen. Die Mitarbeiter selbst haben nämlich die Weiterbildungswünsche klar artikuliert und etwa ein Drittel der Befragten setzt auch bereits eigeninitiativ die eigene Fortentwicklung um, wobei 90% überwiegend auf kostenfreie Online-Seminare zurückgreifen. Dass die Unternehmen teilweise ihre Weiterbildungsbudgets trotz steigendem Bedarf in den letzten Monaten nicht erhöht haben, mag angesichts unklarer wirtschaftlicher Entwicklung zwar nachvollziehbar sein, könnte sich aber bald rächen.


Nachdem die Wechselbereitschaft der Arbeitnehmer zu Beginn der Pandemie noch stark zurückgegangen war, steigt diese nämlich aktuell wieder deutlich an. Das ist jedenfalls das Ergebnis des Corona HR-Monitors des Beratungsunternehmens Trendence. Suchten vor der Pandemie 20% der Akademiker aktiv nach einem neuen Job, so sank dieser  Wert im Frühjahr auf nur noch 7%. Inzwischen sind bereits wieder 13% der Befragten aktiv auf Jobsuche und auch die passive Wechselbereitschaft gut ausgebildeter Arbeitnehmer ist bereits wieder leicht von 40% auf 43% gestiegen.

Es überrascht niemanden, dass vorrangig die Leistungsträger wechselgefährdet sind, weshalb eine mangelnde Weiterbildungsbereitschaft der Unternehmen kontraproduktiv sein könnte. Das nämlich öffnet Tür und Tor für zusätzliche Abwerbungsargumente durch die Konkurrenz.

Wie so oft könnte auch in diesen Fragestellungen, den Führungskräften eine wichtige Rolle zukommen. Wie schon in zahlreichen früheren Befragungen überschätzen sich diese auch in einer aktuellen Studie des Softwareanbieters Cornerstone OnDemand, der dafür 500 Führungskräfte und 1000 Mitarbeitende befragt hat, deutlich.

90% der befragten Führungskräfte glauben, Sie könnten auch in Zukunft die Skills ihrer Mitarbeiter selbst entwickeln. 87% glauben zudem, dass ihre Organisation mit den dafür erforderlichen Lernressourcen bereits ausgestattet ist. Solche Ergebnisse, die zeigen, wie sehr die Führungskräfte von sich selbst überzeugt sind, haben wir schon in vielen Studien der letzten Jahre gesehen. In nahezu allen Studien, stellten die Mitarbeitenden ihren Führungskräften allerdings ein deutlich schlechteres Zeugnis aus. So auch diesmal.

Nur 60% der Mitarbeitenden gehen nämlich davon aus, dass ihr Unternehmen ihre Skills entwickeln kann. 40% fühlen sich durch die bereitgestellten Ressourcen nicht in der Lage, sich die erforderlichen Fähigkeiten anzueignen. Auch nicht neu ist, dass mangelnde Zeit für Weiterbildung beklagt wird, was in dieser Studie rund zwei Drittel der Befragten tun.

Einig ist man sich in der Einschätzung zumindest hinsichtlich der Weiterbildungsnotwendigkeit: 75% der Befragten glauben, dass die aktuelle Krise nicht nur Volatilität, Unsicherheit und neue Herausforderungen mit sich bringt, sondern auch die tägliche Arbeitserfahrung nachhaltig verändert.

Diese Veränderung dürfte für viele Führungskräfte besonders intensiv ausfallen, denn ohne Zweifel stellen der sichere Umgang mit digitalen Medien, Führung auf Distanz, die geänderten Erwartungen und Wertvorstellungen der Generation Z und die immer weiter fortschreitende Digitalisierung aller Arbeitsprozesse für einen erheblichen Anteil „altgedienter“ Führungskräfte große Herausforderungen dar. Es erscheint also sinnvoll, wenn sich die Führungskräfte nochmals kritisch hinterfragen, ob sie wirklich alle Skills ihrer Mitarbeitenden selbst entwickeln können oder ob sie nicht selbst in guter Vorbildfunktion an die Spitze der Weiterbildungsbereitschaft stehen sollten.

Ich glaube, dass aktuell keinesfalls bereits alle Facetten der nachhaltigen Veränderungen im Arbeitsleben absehbar sind. Vielmehr stehen wir erst am Anfang eines langen und dynamischen Veränderungsprozesses, der in seiner Vielfältigkeit noch etliche Überraschungen für uns alle bereithalten wird.

Es bleibt also spannend!