Arbeitswelt und Führung: aktuelle Trends und Umfragen, Ausgabe 29.09.2023

Dass wir inzwischen einen klaren Arbeitnehmermarkt haben, wurde schon durch zahlreiche Umfragen in den vergangenen Monaten offenkundig. Nun zeigen sich die verbesserten Möglichkeiten der Mitarbeitenden auch in einer deutlich erhöhten Wechselbereitschaft. In einer Befragung der Beratungsgesellschaft EY erklärten 63% der Befragten, dass sie zuletzt an einen Jobwechsel gedacht haben.

Nur 37% der Befragten, so wenige wie seit 2015 nicht mehr, beschäftigen sich nicht mit einem Jobwechsel. Noch vor zwei Jahren war ein Jobwechsel für die Hälfte der Befragten kein Thema. Allerdings weist EY auch daraufhin, dass solche Zahlen mit Vorsicht zu genießen sind, denn den Job wechseln dann doch in der Regel deutlich weniger Menschen. Insgesamt komme der Arbeitsmarkt nach einer ruhigen Zeit während Corona wieder in Bewegung. Als häufigste Wechselgründe nannten die Befragten ein zu niedriges Gehalt (34%), das Verhalten des Vorgesetzten (29%) und eine schlechte Unternehmenskultur (23%).

Auch die Recruiting Plattform onlyfy hat sich in einer Befragung mit dem Thema Mitarbeitertreue bzw. Wechselbereitschaft beschäftigt. Dabei zeigten sich insbesondere jüngere Beschäftigte zwischen 18 und 29 als besonders wechselwillig, denn 14% und damit etwa doppelt so viele wie in den anderen Altersgruppen gaben an, aktiv auf Jobsuche zu sein. Aber auch andere Gruppen sind potentiell abwanderungsgefährdet: In der Gruppe der 30 bis 49jährigen gaben etwa 38% der Befragten an, sie seien zwar nicht aktiv auf Suche, aber offen für Angebote. Auch war der Anteil derer, die langfristig bei ihrem Unternehmen bleiben wollten, in dieser Altersgruppe nur marginal höher als bei jüngeren Mitarbeitenden: 52% gegenüber 50%.

Interessant ist wie immer auch die Frage, warum Menschen den Arbeitgeber wechseln möchten. Am Beispiel der jungen Mitarbeiten zwischen 18 und 29 zeigt sich, dass Geld in dieser Altersgruppe natürlich wichtig ist. Gleich danach – und das überrascht dann doch – kommt ein hohes Stresslevel.

Ein wirksames Mittel zur Mitarbeiterbindung könnte also z.B. ein gut aufgestelltes Gesundheitsmanagement der Unternehmen sein. Eine aktuelle Befragung der Krankenkasse DAK lässt allerdings vermuten, dass viele Unternehmen gerade in diesem Bereich nicht gut aufgestellt sind. Die Krankenkasse hat für Ihre Studie mehr als 7000 ihrer insgesamt mehr als 2,4 Millionen Versicherten befragt. In Unternehmen mit regelmäßigem Personalmangel – und welches Unternehmen leidet aktuell nicht unter Personalmangel? – wurde das Thema Mitarbeitergesundheit mit 49% der Befragten nicht mal von der Hälfte der Führungskräfte als wichtig betrachtet. Nur 31% der Mitarbeitenden in diesen Unternehmen waren der Meinung, dass ihre Gesundheit ihren Unternehmen wichtig sei und nur 29% gaben an, dass ihr Unternehmen, die Gesundheit seiner Mitarbeitenden fördert.

Ich schaue immer etwas ratlos auf solche Befragungsergebnisse, denn eigentlich sollte jeder Arbeitgeber an der Gesundheit seiner Mitarbeitenden schon aus eigenen betriebswirtschaftlichen Gründen ein starkes Interesse haben. Dazu kommen alle Aspekte von Mitarbeiterbindung und -gewinnung. Für mich ist es trotzdem erfreulich, dass sich in meiner Beobachtung die Beispiele häufen, in denen die Unternehmen Überlegungen zur Gesundheit ihrer Mitarbeitenden anstellen und auch unterschiedlichste Maßnahmen ergreifen. Folgt man der DAK-Studie ist das aber offenbar bei Weitem noch nicht genug.

Zum Stichwort Mitarbeitergewinnung legt Boston Consulting eine weltweite Befragung unter 90.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern vor. Diese macht im Ergebnis deutlich, wie wichtig inzwischen der gesamt Recruiting-Prozess geworden ist, denn 52% der Befragten erklärten, dass sie ein interessantes Jobangebot ablehnen würden, wenn im Recruiting-Prozess Störungen auftreten würden. Umgekehrt gaben sogar 66% der Befragten an, dass sich Unternehmen durch einen reibungslosen Recruiting-Prozess positiv von anderen Anbietern absetzen könnten.

Da drängt sich natürlich die Frage auf, was Unternehmen tun müssen, damit der Recruiting-Prozess für die Bewerberinnen und Bewerber zu einer positiven Erfahrung wird. 64% gaben an, dass es positiv wäre, wenn sie ihren Lebenslauf direkt an die Personalverantwortlichen im Unternehmen und nicht an einen Headhunter schicken können. Kommt es zu einem Vorstellungsgespräch, so bevorzugen 57% ein Gespräch mit dem potentiellen direkten Vorgesetzten und zwar – ganz „old school“ – persönlich und nicht über Videokommunikation. Ein interessanter Aspekt zeigt sich auch bei den potentiellen Gehaltsverhandlungen, bei denen sich 59% der Befragten eine Verhandlungsbereitschaft der Arbeitgeber wünschen.

Ich finde, das sind konkrete Ansatzpunkte, die den Arbeitgebern doch klare Handlungsempfehlungen für ein positives Erlebnis der Bewerberrinnen und Bewerber geben.

Die aktuelle Zeit ist durch weltweite Krisen geprägt. Auch in der Zukunft werden wir wohl oder übel mit weiteren Krisen rechnen müssen. Sind denn die Unternehmen inzwischen für solche Krisen gut aufgestellt? In einer Befragung von McKinsey, die 2500 Führungskräfte befragt haben, kommt die Hälfte der Befragten zum Ergebnis, dass ihr Unternehmen für künftige Krisen nicht gut aufgestellt ist. Beklagt wird vor allem mangelnde organisationale Widerstandskraft, deren Steigerung sich in er Praxis als herausfordernd erweist. 43% der Führungskräfte führten dies auf begrenzte Mittel zurück und 33% nannten unklare Prioritäten als Hemmnis. Wie auch immer: Sollte wirklich jedes zweite Unternehmen noch nicht auf künftige Krisen vorbreitet sein, gibt es noch viel zu tun und viel Zeit, bevor wir daran zu arbeiten beginnen, sollten wir uns nicht mehr lassen.

Ist es nicht schön, wenn die Arbeitskollegen und Kolleginnen auch Freunde sind bzw. werden? Doch das ist es sicherlich, aber frei von Risiken ist diese Doppelrolle aus Freund und Kollege nicht, wie uns zwei Studien der Universität Hohenheim vor Augen führen. In Fällen, in denen die Kolleginnen und Kollegen auch Freunde waren, konnten sich die Befragten nämlich schlechter konzentrieren und verhielten sich auf der Arbeit eher unsensibel und abwertend. Diese Ergebnisse erscheinen zunächst paradox, lassen sich – den Studienautoren zu Folge – jedoch mit den unterschiedlichen Rollenerwartungen gut erklären. Während von Kollegen Objektivität erwartet wird, wünschen sich Menschen von Freunden eher Bevorzugung und Zuneigung. Diese unterschiedlichen Anforderungen in Einklang zu bringen, ist sehr anstrengend und führt zu einer dauerhaften Überforderung, die sich in dem genannten Verhalten zeigt. Die Studienautoren raten Unternehmen daher, Wege zu finden, um diese Nebenwirkungen, die zu erhöhten Fehlzeiten am Arbeitsplatz führen können, zu minimieren. Dafür könne es bereits ausreichen, das Bewusstsein der Beteiligten durch Newsletter oder Intranet Artikel zu schärfen. Ich finde diese Umfrageergebnisse, die ich so nicht erwartet hätte, sehr interessant, denn Freundschaften am Arbeitsplatz sind weit verbreitet.

Das Gottlieb Duttweiler Institut kommt im Ergebnis einer Befragung zu einem provokativen Ergebnis in Sachen Führung: Es gibt zu viele Führungskräfte! Kein Tätigkeitsfeld sei so stark gewachsen, wie das der Managerinnen und Manager. Die Zahl der Mitarbeitenden mit Führungsverantwortung hat sich in den letzten 10 Jahren verdreifacht, ohne dass dies zu Produktivitätsgewinnen geführt hätte. 40% der Befragten gab an, dass die Entscheidungen besser auf der Mitarbeiterebene getroffen werden sollten. 32% der Befragten sind der Meinung, dass weniger Führungskräfte, die Arbeitsabläufe effizienter machen würden. Allerdings scheint auch insgesamt viel Effizienzpotential zu bestehen: Im Schnitt gaben die Befragten nämlich an, dass 20%(!) ihrer Arbeitszeit aus unnützen Aufgaben bestehe. Da zucke ich schon zusammen – ist die 4-Tage-Woche also gar kein Problem?

Was denken Sie? Gibt es inzwischen tatsächlich zu viele Führungskräfte? Ich bin angesichts dieser Befragungsergebnisse sehr ambivalent, denn ich kenne nach wie vor Führungsspannen, die selbst die besten Führungskräfte nicht bewältigen können. Dieses Thema dürfte viele Facetten haben und wird uns wahrscheinlich auch in Zukunft noch weiter beschäftigen.

Zum Schluss dieses Blogbeitrages wie immer noch einige Blitzlichter:

  • Die Möglichkeit flexibel von jedem Platz auf der Welt aus arbeiten zu können, hat offenbar an Bedeutung verloren. Im aktuellen „Internation People Mobility Report 2023“ des Dienstleistungsunternehmens Aon plc boten nur noch 50% der Unternehmen die Möglichkeit der Remote-Arbeit an. Im Vorjahr waren dies noch 63%.
  • Im scheinbaren Widerspruch zu diesen Ergebnissen steht das Ergebnis einer PWC-Befragung unter rund 1000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, in der 67% der Teilnehmer erklärten, dass Workation – also die Möglichkeit zu arbeiten und gleichzeitig reisen zu können, ein wichtiges Kriterium bei der Jobwahl sei. Wenig überraschend gaben dies besonders die jüngeren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als wichtigen Aspekt an, immerhin signifikante 80%!
  • Welche Teams sind erfolgreicher – zufällig zusammengestellte oder solche, deren Zusammensetzung man sich aussuchen durfte? Zufällige Teams sind meistens heterogener als Teams, in denen man sich die Partner aussuchen konnte – gleich und gleich gesellt sich halt gern. Im Experiment der WHU Otto Beisheim School of Management mussten jeweils zweier Teams sowohl eine Aufgabe auf einem Arbeitsblatt als auch eine Aufgabe mittels einer Videopräsentation lösen. Die Aufgaben auf dem Arbeitsblatt wurden besser von Teams gelöst, die rein zufällig zusammengestellt wurden. In den Videopräsentationen schnitten Teams besser ab, in denen man sich den Partnern bzw. die Partnerin aussuchen konnte. Es kommt also immer drauf an – ein eindeutige Aussage zu meiner Eingangsfrage lässt sich nicht geben.
  • Die Stimmung der Beschäftigten mit Blick auf die Zukunft ist in Deutschland offenbar nach wie vor gut, denn die Menschen vertrauen auf ihre eigenen Fähigkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten. In einer aktuellen Studie von YouGov hielten sich 90% der Befragten für besser (26%) oder zumindest genauso gut (64%) qualifiziert wie ihre Kolleginnen und Kollegen.
  • Forscher der Business School ESMT in Berlin beschäftigen sich mit der Forschung zur künstlichen Intelligenz (KI). Sie konnten zeigen, dass das Vertrauen in den „Kollegen Roboter“ wächst, wenn sich dessen Entscheidungen im Nachgang auch als richtig nachvollziehen ließen. Konnte dieser Nachweis nicht erbracht werden, erhöhte sich auch das Vertrauen nicht. Ob das allerdings etwas mit KI oder nicht vielmehr mit ganz normalen menschlichen Verhalten zu tun hat, überlasse ich Ihrer eigenen Bewertung.
  • Was machen Sie eigentlich am Abend nach einem anstrengenden Arbeitstag? Zwei Wissenschaftlerinnen der Universität Mannheim konnten in Ihrer Studie jedenfalls einen positiven Zusammenhang zwischen abendlicher Erholung und guter Laune am nächsten Arbeitstag belegen. Menschen, die sich am Abend gut erholt hatten, fühlten sich am nächsten morgen ruhiger, wacher und zufriedener. Im Gegenzug fühlten sich Menschen, die sich nicht gut erholt hatten, schlechter konzentriert, ungeduldig und traten auch gegenüber Kolleginnen und Kollegen weniger freundlich auf.  Fazit: Am Abend also doch lieber zum Sport, mit Freunden treffen oder ähnliches und nicht den Laptop nochmal für ein paar Stunden zu Hause aufklappen.

Vielfältige Themen waren das, die uns in den letzten zwei Monaten beschäftigt haben. Ich hoffe, für Sie war denn auch der ein oder andere Impuls dabei, den Sie vertiefen möchten. Dabei wünsche ich viel Freude und viel Erfolg. Der nächste Blogbeitrag aus dieser Reihe erscheint wieder Ende November.

Wie immer zum Schluss noch ein Hinweis in eigener Sache: Die zitierten Studien wurden größtenteils veröffentlicht in den Ausgaben 09/2023 und 10/2023 von managerseminare.

Arbeitswelt und Führung: aktuelle Trends und Umfragen, Ausgabe 29.07.2023

Der Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Jahren sehr stark zu einem Arbeitnehmermarkt entwickelt. Somit kommt der Bindung von Arbeitskräften eine immer größere Bedeutung zu. Doch wie bindet man seine Arbeitskräfte? In einer Umfrage der Pawlik-Consultants gaben 60% der Befragten an, dass sie mit den Bindungsangeboten ihrer Arbeitgeber nicht zufrieden sind, wobei sogar jeder Dritte gar kein Angebot zur Mitarbeiterbindung erkennen konnte. Lediglich 16% fanden die Bindungsmaßnahmen genau richtig.

Das sind natürlich Zahlen, die nachdenklich machen, denn schon 39% der Befragten zeigten sich offen für einen Wechsel des Arbeitgebers oder waren gar schon dazu entschlossen.

Für Arbeitgeber dürften daher die sechs Bindungsfaktoren, die in der Studie erarbeitet wurden, von besonderem Interesse sein. Ich möchte allerdings gleich dazu anmerken, dass aus meiner Sicht in diesen sechs Punkten keine großen Überraschungen enthalten sind, sondern sich vielmehr die Faktoren wiederfinden, die seit vielen Jahren unter den Topaspekten für Mitarbeiterzufriedenheit zu finden sind und die ich in diesem Blog auch schon häufig thematisiert habe.

68% nannten Werkstolz, der vor allem aus einem eigenverantwortlichen Gestaltungsbereich entsteht, als wichtigsten Bindungsfaktor. Für zwei Drittel war Flexibilität, die die Vereinbarkeit von beruflichen und privaten Interessen sicherstellt, besonders wichtig. An dritter Stelle mit 58% der Nennungen liegt der Teambezug oder auch das „Wir-Gefühl“. Wertschätzung (53%), die Mission des Unternehmens (51%) und die individuelle Förderung der Mitarbeitenden (50%) sind die weiteren Aspekte, die in dieser Studie genannt wurden.

Die Studie hält also keine Überraschungen bereit, die Themen sind seit Langem bekannt. Seine Mitarbeitenden zu binden ist demnach kein Hexenwerk und wer gerade mit einer aus seiner Sicht zu hohen Fluktuation zu kämpfen hat, sollte gezielt überlegen, an welchem dieser Stellhebel er kurzfristig ansetzen kann.

Angesichts des Arbeitskräftemangels überall kommt auch dem Thema der Generation 50plus eine immer größere Bedeutung zu. Verfügen diese Mitarbeitenden doch oftmals über ausgezeichnete Fachkenntnisse und kaum ersetzbare Erfahrungen. In Sachen Weiterbildung scheint diese Generation jedoch oftmals vergessen zu werden, wie aus der Arbeitsmarktstudie „Karriere 50 plus“ hervorgeht. 64% der Befragten im Alter von 50 bis 64 Jahren würden sofort an einer Maßnahme teilnehmen, die sie fachlich weiterbildet. 67% würden etwa einen Social-Media-Workshop besuchen oder sich neue IT-Kenntnisse aneignen. Offenbar zielen aber viele Unternehmen mit ihren Angeboten explizit auf jüngere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab, was 49% der Befragten bemängelten. 86% der Befragten fanden in logischer Konsequenz einen Arbeitgeber attraktiver, der spezielle Angebote für die Generation 50plus anbietet. Also liebe Arbeitgeber – bitte die sehr weiterbildungswillige Generation 50plus nicht vergessen.

Trotz aller Krisen – die Unternehmen handeln offenbar dennoch überwiegend im Sinne der Moral und gehen ethisch gestärkt aus der Krise hervor. In einer Studie der LRN Corporation, einem Beratungsunternehmen, gaben 87% der Befragten an, dass Ethik- und Compliance-Erwägungen bei der Bewältigung der aktuellen Herausforderungen berücksichtigt werden. 76% der Studienteilnehmer gaben außerdem an, dass sich ihr Unternehmen in der Krise eher auf Werte als auf Prozesse verlassen habe. Das sind doch mal erfreuliche Ergebnisse – weiter so!

Kein Befragungszyklus ohne Homeoffice: Die Universitäten Hohenheim und Potsdam legen gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Verhandlungsforschung e.V. eine Studie zur Qualität von Verhandlungen, die online geführt wurden, vor. Von den 400 Befragten hatten dabei nur 61% das Gefühl, die vorher definierten Verhandlungsziele auch erreicht zu haben! Als vor Corona noch in Präsenz verhandelt wurde, waren dies 71%. Als Gründe führt die Studie zum einen eine erschwerte Koordination von Arbeit und Familie im Homeoffice an. Auch das Fehlen von Tipps und Ratschlägen von Kollegen und Führungskräften wird als Grund genannt. Die Geschäftsbeziehungen leiden dieser Studie zu Folge ebenfalls unter der Arbeit im Homeoffice: 63% der Befragten schätzen die Beziehung zu ihren externen Partnern als schwächer ein. 71% erlebten eine größere Distanz zu den Verhandlungspartnern. Wird aber schon die Ausgangslage als deutlich schlechter als zuvor erlebt, dann können schlechtere Verhandlungsergebnisse natürlich auch nicht verwundern. Um ehrlich zu sein, mich überrascht das alles nicht. Menschliche Beziehungen werden nun mal „face-to-face“ intensiver erlebt als am Bildschirm und das wird sich wohl auch so schnell nicht ändern. Bleibt also die Frage, welche Verhandlungen so wichtig sind, dass man sie unbedingt im persönlichen Gespräch führen sollte? Vielleicht ist ja genau das die wichtigste Erkenntnis, die wir aus dieser Befragung mitnehmen können.

Die 4-Tage Woche liegt seit einigen Monaten und den bahnbrechenden Studienergebnissen aus Großbritannien voll im Trend. Nun legen Studienergebnisse der University of South Australia nochmals nach und bestätigen die 4-Tage-Woche als nachweislich gesund. Die Ergebnisse besagen, dass die Probanden an jedem Tag, an dem sie nicht arbeiten, mehr schlafen (4%), sich mehr bewegten (13%) und weniger Zeit im Sitzen verbrachten (5%). Dies scheinen zwar relativ kleine prozentuale Veränderungen zu sein, dennoch können bereits diese kleinen Veränderungen Stress, Burnout oder auch Depressionen vorbeugen. Die Studienautoren kommen damit auch zu einem eindeutigen Fazit und befürworten die 4-Tage-Woche.

Ein sehr interessantes Studienergebnis legt die WHU – Otto Beisheim School of Management gemeinsam mit der Trinity Business School in Dublin vor. Die Studie untersuchte das Arbeitsverhalten hinsichtlich des Umgangs mit als sehr unangenehm empfundenen Aufgaben. Viele Mitarbeitende neigen dazu, solche Aufgaben im Wechsel mit angenehmen Aufgaben zu bearbeiten, weil ihnen das als weniger belastend erscheint. Die Studie kommt nun zu genau entgegengesetzten Empfehlungen. An arbeitsintensiven Tagen macht der Wechsel keinen Sinn, weil dann der Kontrast der Aufgaben besonders deutlich hervortritt. Laut Studienergebnissen ist es sinnvoller, einmal den Eingangswiderstand – oft auch „innerer Schweinehund“ genannt – zu überwinden und dann dran zu bleiben. Menschen, die in diesem Modus arbeiteten, zeigten sich am Folgetag deutlich weniger erschöpft als die „Wechselarbeiter“. Als förderlich hat es sich auch erwiesen, wenn man bei den unangenehmen Aufgaben nicht ständig unterbrochen wurde, sondern diese ungestört abarbeiten konnte. An dieser Stelle möchte ich noch einen persönlichen Tipp geben: Erledigen Sie die unangenehmen Dinge immer gleich zu Tagesbeginn, sonst schieben Sie die Belastung durch den Tag und das hemmt meistens ihre gesamte Produktivität. Das schlechte Gefühl ist dann ein stetiger Begleiter durch den Tag. Was weg ist, ist weg.

Zum Schluss dieses Beitrags noch einige kurze Blitzlichter:

  • Aus einer Befragung, die die Technikerkrankenkasse gemeinsam mit dem Institut für betriebliche Gesundheitsberatung durchgeführt hat, geht hervor, dass 17,5% der Fehlzeiten in Deutschland auf psychische Belastungen zurückzuführen sind. Damit landen psychische Belastungen unter den TOP 3 Gründen für Fehlzeiten und die Studie geht davon aus, dass diese in den nächsten Jahren auch nicht weniger werden werden.
  • Die Corona-Pandemie hat im Bereich der Digitalisierung zu einem Weiterbildungsschub geführt. Aus dem „D21-Digital-Index“, einer Studie der Initiative 21, ist zu entnehmen, dass nur 16% dieser digitalen Weiterbildungen auch von den Arbeitgebern bezahlt wurden. Vielleicht auch deshalb nahm nur jeder vierte Berufstätige an digitalen Weiterbildungen teil. 69% der Befragten gaben an, dass sie sich neues Digitalwissen vor allem durch Ausprobieren, Internettipps oder Tipps von Freunden aneignen.
  • Im aktuellen HR-Monitor des Marktforschungsunternehmens trendence erwarteten mehr als die Hälfte der 5000 Befragten jährliche Gehaltsverhandlungen. Es muss jedoch nicht immer mehr Geld sein, um die Mitarbeitenden zufrieden zu stellen. Falls eine Gehaltserhöhung nicht möglich ist, wären 59% auch mit zusätzlichen Urlaubstagen zufrieden. 32% reflektierten auf zusätzliche Weiterbildungsangebote und für 29% kämen auch kostenlose Sportangebote infrage. Ich persönlich finde allerdings schon die Erwartungshaltung jährlicher Gehaltsverhandlungen sehr spannend.
  • Ganz aktuell noch eine Zahl, die uns alle nachdenklich machen sollte. Um 22% sind in 2023 die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Das teilt die Krankenkasse IKK Classic mit, die damit zu einem aktuellen Krankenstand von 7% der Beschäftigten gelangt. Im Durchschnitt war die Krankschreibungsdauer mit 26 Tagen in 2023 einen Tag länger als im Vorjahr. Ein betriebliches Gesundheitswesen, auch wenn es vielleicht nur einige Teilaspekte aufgreift, ist längst kein Luxus mehr, sondern gehört zu den elementaren Bestandteilen zeitgemäßer Mitarbeiterbindungsprogramme – schon im eigenen Interesse der Unternehmer.

Der nächste Beitrag und Podcast in dieser Reihe erscheint in meinem Blog wieder Ende September 2023.

Alle in diesem Beitrag veröffentlichten Umfrageergebnisse wurden veröffentlicht in den Ausgaben Juli und August von managerseminare.

Arbeitswelt und Führung: aktuelle Trends und Umfragen, Ausgabe 30.05.2023

Fast kein Monat vergeht, in dem nicht neue Befragungsergebnisse rund um das Thema Homeoffice veröffentlicht werden. Das National Bureau of Economic Research legt aktuell eine Umfrage vor, die der Frage nachging, wie durch nicht mehr vorhandene Arbeitswege gewonnene Zeit eingesetzt wird. Durchschnittlich 72 Minuten pro Tag sparten die Befragten durch ihre Tätigkeit im Homeoffice ein. Der größte Teil dieser Zeit wird für längere Arbeit im Homeoffice eingesetzt. Für Deutschland ermittelte diese internationale Studie, dass im Schnitt 65 Minuten Arbeitsweg eingespart wurden, die zu 31 % wieder in Mehrarbeit investiert wurden. Legt man diese Studie zu Grunde, so führt also eine verstärkte Nutzung von Homeoffice zumindest tendenziell zu Mehrarbeit.

Ein wenig erfreuliches Blitzlicht liefert aktuell der jährliche Bericht der Krankenkasse DAK, denn der kommt für 2022 zu Rekordkrankenständen von 5,5%. Dies ist der höchste Wert, den die Kasse seit Beginn ihrer Aufzeichnungen im Jahr 1997 gemessen hat. Beschäftigte fehlten damit im Durchschnitt des Jahres 2022 ihren Arbeitgebern 20 Tage, was einen Anstieg von mehr als 38% gegenüber dem Vorjahr darstellt. Hauptkrankheitsursache waren – sicher auch noch bedingt durch die Folgen von Covid 19 – Atemwegserkrankungen. Wer hier tiefer einsteigen möchte, dem kann ich die im Internet zugänglichen, sehr guten Jahresberichte der DAK nur empfehlen.

Nach wie vor hoch ist der Bedarf an Weiterbildung in Deutschland, jedenfalls wenn man eine aktuelle Umfrage des TÜV-Verbandes, der rund 1.800 Beschäftigte befragt hat, zu Grunde legt. Dabei steht die Vermittlung von Führungskompetenzen – wohl auch aufgrund des aktuellen Wandels von Führung – besonders hoch im Kurs. 51% der Unternehmen vermeldeten großen oder sehr großen Bedarf an der Vermittlung von Führungskompetenzen. 48% sahen Bedarf an Schulungen zur Entwicklung persönlicher Kompetenzen und auch zu Digitalthemen. Durch Corona hat E-Learning einen regelrechten Schub erhalten. Die Befragten in dieser Umfrage setzen dem jedoch ein sehr nachdenkenswertes Ausrufezeichen entgegen: 83% der Befragten finden gerade Präsenzschulungen vor Ort attraktiv oder sehr attraktiv. Weiterbildung ist eben oftmals deutlich mehr als reine Wissensvermittlung.

Zum Thema Weiterbildung hat auch die IU Internationale Hochschule 955 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer befragt. 88% von ihnen gaben an, für Weiterbildungen, die der Arbeitgeber anbietet, motiviert zu sein. Allerdings nahmen 72% weder an Weiterbildungen teil, noch haben sie sich dafür angemeldet – ein eklatanter Widerspruch. Diese mangelnde Teilnahme kann Arbeitgeber nicht zufriedenstellen und stellt mittelfristig sicher auch ein Qualifikationsrisiko dar. Die dafür angeführten Gründe waren sehr vielfältig. Sie reichten von keine Zeit (20%), über zu hohe Kosten bis zu der Aussage, dass man bereits alle Fähigkeiten besitze und daher kein Weiterbildungsbedarf mehr vorhanden sei (immerhin 21%). Beachtenswerte 27% der Befragten gaben an, dass ihr Arbeitgeber keine Weiterbildung anbiete. Sicher zu Recht kommen die Studienautoren dann auch zu der Empfehlung, Unternehmen täten gut daran, für ihre Beschäftigten den finanziellen und den Zeitaufwand von Fortbildungen zu minimieren und den Nutzen deutlich herauszuarbeiten.

Moderne Führung setzt u.a. auf Partizipation und Agilität. Allerdings scheinen diese Führungsprinzipien zumindest noch nicht besonders krisentauglich zu sein, denn in einer Studie des Instituts für Beschäftigung und Employability gemeinsam mit der Beratungsgesellschaft Hays zeigt sich, dass in den aktuellen Krisen eher klassische Führungsinstrumente verstärkt zum Einsatz kommen. Von den 803 befragten Führungskräften haben z.B. 29% die klassische Top-Down-Kommunikation intensiviert. 20% gaben an, dass auch mehr Top-Down-Entscheidungen getroffen wurden als das zuvor der Fall war. Lediglich 10% der Befragten gaben an, dass agile Arbeitsmethoden verstärkt zum Einsatz kamen. Immerhin: 40% gaben an, die Rolle der Führungskräfte habe sich durch die Krise bei ihnen nicht verändert, wobei leider offenbleibt, wie die Rolle bis dahin definiert war. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle gerne noch den Impuls mitgeben, dass zumindest nach meinen Erfahrungen traditionelle Führungsmethoden auch keinesfalls immer schlecht sein müssen und schon gar nicht gilt, dass agile Methoden zwangsläufig immer besser sind. Der Mix machts, die richtige Methode zur richtigen Zeit. Daher sollten wir auch dem Reflex widerstehen, gänzlich in alte traditionelle Führungsmethoden zurückzufallen.

Wie denken Sie eigentlich über Ihre berufliche Zukunft? Ist diese voller großartiger Möglichkeiten oder kommt da nicht mehr viel? Eine Studie des Demographie Netzwerks e.V. macht zumindest mich nachdenklich. Von mehr als 2.250 Befragten zweifelten 41% der Männer und erschreckende 58% der Frauen an ihren Möglichkeiten. Bei Menschen im fortgeschrittenen Berufsalter, also zwischen 50 und 64 (62%) und über 65 (64%) mag ich das noch nachvollziehen. Das allerdings bereits in der Altersgruppe 18-29 mehr als ein Drittel der Befragten (34%) einer Aussage, dass sie in ihrem Berufsleben noch viele Möglichkeiten erwarten, nicht zustimmen konnten, macht mich doch sehr nachdenklich. Ich möchte ja Menschen zufriedener und dadurch auch erfolgreicher machen. Das aber beginnt nahezu immer im eigenen Kopf. Wer täglich mit negativen Gedanken, eigenen Grenzen und Begrenzungen und ohne positive Gedanken zu Werke geht, der wird Zufriedenheit nach meiner Erfahrung nur sehr schwer erreichen können. Da hoffe ich doch sehr, dass sich noch viele Menschen für einen Perspektiv- und Gedankenwechsel gewinnen lassen.

Zum Abschluss noch ein Blick in Richtung künstliche Intelligenz (KI), die durch einige Textgenerierungsprogramme gerade einmal wieder in aller Munde ist. 70% sagen in einer Studie des Branchenverbandes Bitcom, dass Textgenerierung durch KI in Zukunft zum Berufsalltag gehören wird. 51% der Befragten glauben denn auch, dass durch die Unterstützung mit KI weniger Personal benötigt werden wird und 40% glauben sogar, dass manche Berufe ganz verschwinden werden. Ist KI also als ein Segen oder doch ein Fluch – das wird sich zeigen. 29% der Unternehmen schlossen aktuell die Nutzung von KI für sich vollständig aus. Nur jedes sechste Unternehmen plant aktuell, die Software zur Textgenerierung tatsächlich einzusetzen. Wirklich im Einsatz war die Software noch in keinem der mehr als 600 befragten Unternehmen. Ist also alles aktuell nur ein Hype? Warten wir es ab, ob, wann und in welchem Umfang KI einen Siegeszug antreten wird oder auch nicht.

Ich hoffe, liebe Leserinnen und Leser, Sie haben für sich wieder den ein oder anderen Aspekt gefunden, der Ihnen einen Impuls gibt oder den Sie vielleicht vertiefen möchten. Der nächste Beitrag in dieser Reihe erscheint wieder Ende Juli 2023.

Die in diesem Beitrag zitierten Studien wurden veröffentlicht in den Ausgaben 5/2023 und 6/2023 von managerseminare.

Arbeitswelt und Führung: aktuelle Trends und Umfragen, Ausgabe 25.03.2023

Diesen Beitrag möchte ich gerne mit einer Studie beginnen, die derzeit in aller Munde ist und ich vermute, dass auch Sie schon davon gehört haben.

Sechs Monate lang haben in Großbritannien 61 Unternehmen bei voller Bezahlung auf die 4-Tage-Woche umgestellt. Rund 2900 Beschäftigte aus ganz unterschiedlichen Branchen haben an dieser weltweit größten Untersuchung zur 4-Tage-Woche teilgenommen und die Ergebnisse könnten bahnbrechend sein. Dass die von der Universität Cambridge durchgeführte Studie positive Ergebnisse auf der Mitarbeiterseite zeigen würde, war zu erwarten. So überrascht allenfalls die Deutlichkeit des Ausschlags, denn 71% der Teilnehmenden sahen sich viel weniger vom Burn-Out bedroht und 39% fühlten sich viel weniger gestresst. Schon die daraus resultierenden Folgen sind auch für die Unternehmen großartig, denn die Zahl der Krankheitstage ging um signifikante 65% zurück und auch die Kündigungszahlen waren um 57% zum Vergleichszeitraum rückläufig. Schon dies könnte man als Win-Win-Situation beschreiben. Doch damit nicht genug, denn obwohl weniger Arbeitszeit eingesetzt wurde, stiegen die Umsätze der Unternehmen sogar leicht um 1,4% an. Die Produktivitätsgewinne haben also die Arbeitszeitverkürzung mehr als ausgeglichen, was wohl vor allem daran lag, dass sich die Beschäftigten selbst viel mehr um Effizienz bemühten, lange Besprechungen reduziert und viel weniger Zeit „totgeschlagen“ wurde. Die frei gewordene Zeit nutzen die Beschäftigten auf ganz unterschiedliche Weise, etwa für Erledigungen, Hausarbeit, Pflege von Angehörigen oder Aktivitäten mit der Familie.

Alle sind offenbar sehr zufrieden, ist das neue „Wundermittel“ der Arbeitsformen gefunden worden? Wer weiß, jedenfalls wollen fast alle beteiligten Unternehmen (92%) erstmal im neu erprobten Modus weitermachen. Großartig würde ich sagen, bleiben wir neugierig, wie sich die längerfristige Entwicklung gestaltet.

Eine Studie des Redaktionsnetzwerks Deutschland hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, wie Deutschlands Führungskräfte mit den vielfältigen Verunsicherungen in der Gesellschaft umgehen, die sich aus den diversen Krisen der letzten Monate ergeben hat. Von den 2000 befragten Führungskräften sahen es etwa 10% als die aktuell größte Herausforderung an, den Mitarbeitenden Halt in diesen unsicheren Zeiten zu geben. Dabei setzen 72% der Befragten vor allem auf offene Kommunikation mit ihren Teams und 50% möchten ausdrücklich die Sicherheit des Arbeitsplatzes betonen. Mehr als ein Drittel möchte sich stark auf die Identifikation der Mitarbeitenden mit dem Arbeitgeber fokussieren und mehr als 25% wollen sich verstärkt um das Wohlbefinden ihrer Teams kümmern. Ich persönlich hoffe, dass Führungskräfte dies nicht nur in besonders krisenhaften Zeiten, wie wir sie aktuell haben, tun. Es erscheint aktuell auf jeden Fall zielführend die Arbeit als Ort der Stabilität zu gestalten und den Mitarbeitenden Halt zu geben.

Nur kurz (siehe Schaubild) möchte ich auf eine Studie von Culture Amp schauen, die Gründe für einen Jobwechsel untersucht hat und dabei besonders auf die Unterschiede der Geschlechter eingegangen ist. Auffällig ist dabei, dass Frauen offenbar signifikant häufiger aufgrund eines als zu stressig erlebten Arbeitsumfeldes den Arbeitgeber wechseln. Während nur 29% der Männer diesen Grund angaben, waren es mit 51% mehr als die Hälfte der Frauen. Auch fühlen sich Frauen nach wie vor deutlich häufiger aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt. Nur 9% der Männer gaben an, sich aufgrund von Geschlecht oder Herkunft benachteiligt zu fühlen, aber 22% der Frauen nannten diesen Grund. Wir haben also noch viel zu tun.

Nun zu zwei anderen Themen aus dem Bereich der Mitarbeiterzufriedenheit. Die Hochschule Niederrhein hat in einer Studie ermittelt, dass offenbar 25% der Befragten nur so tut, als seien die Umstände schöner als sie wirklich sind. In Wahrheit haben diese Mitarbeitenden bereits resigniert und akzeptiert, dass bessere Arbeitsbedingungen offenbar nicht möglich sind. Diese in der Studie „Frustrierte“ genannten Mitarbeitenden weisen natürlich keine besonders hohe Motivation und Leistungsbereitschaft mehr auf. Die Studienautoren empfehlen an den Kriterien anzusetzen, die in der Studie die größten Diskrepanzen aufwiesen: ein leistungsgerechteres Gehalt, effektivere Arbeitsabläufe, ein positiveres Betriebsklima und eine Gleichbehandlung der Mitarbeitenden.

In einer Studie der Bitkom Akademie gemeinsam mit HR-Pepper Management Consultants wurde der Blick auf die Frage, inwieweit Weiterbildungsmöglichkeiten für die Mitarbeitenden relevant sind, gelenkt. Starke 84% finden das ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl Ihres Arbeitgebers. Besonders hoch im Kurs stehen dabei Weiterbildungen, die speziell auf das Unternehmen abgestimmt, also sozusagen nicht „von der Stange“ sind. 87% der Teilenehmenden stimmten nach dem Besuch einer solchen Weiterbildung der Aussage zu, dass damit positive Auswirkungen für das Unternehmen und das Team erreicht wurden. Weiterbildung steht also nach wie vor hoch im Kurs!

Das haben offenbar auch die Unternehmen erkannt, denn in einer internationalen Studie von Ernst & Young zeigen sich die Investitionsabsichten der Unternehmen ganz klar: 60% der Befragten haben vor, in „Menschen und ihre Fähigkeiten“ zu investieren. Gut so!

Remote Leadership war für viele Führungskräfte eine der größten Veränderungen, die die Corona Pandemie mit sich brachte. Viele von ihnen fühlen sich dadurch nach wie vor belastet. In einer Studie der Managementberatung Kienbaum gaben 61% der Führungskräfte an, dass ihre Arbeitsbelastung durch Remote-Leadership gestiegen ist. Nur 5% der Befragten erlebten dadurch eine Erleichterung, was nochmals zeigt, dass Führen auf Distanz ganz offenbar für sehr viele Führungskräfte vor Corona keinesfalls üblich war. Die Führungskräfte in Deutschland befinden sich also offenbar noch mitten im Change-Prozess. 55% erklärten, sie fühlten sich durch Remote-Leadership in ihren Möglichkeiten eingeschränkt und erlebten damit keinen Mehrwert. 44% fühlten sich gar unter Druck gesetzt und 38% verspürten Erschöpfung. Trotz diesen eher nachdenklich machenden Zahlen, scheint allen klar zu sein, dass hybrides Arbeiten und damit auch Remote-Leadership ein wesentlicher Bestandteil der Zukunft ist. 45% bewerten denn auch Remote-Leadership als grundsätzlich positiv und 34% stehen ihm neutral gegenüber. Den Unternehmen kann man bei diesen Befragungsergebnissen wohl nur empfehlen, ihre Führungskräfte nach wie vor in diesem Change-Prozess zu begleiten und zu unterstützen und keinesfalls in den „ihr macht das schon-Modus“ zu verfallen.

Auch eine Studie des Technologieunternehmens Alludo zeigt auf, dass Remote- und Hybridarbeit als die Arbeitsform der Zukunft angesehen wird. Unter mehr als 2.000 befragten Beschäftigten gingen 72% davon aus, dass dies die Arbeitsformen der Zukunft sind. Unter den Führungskräften in Deutschland waren es sogar 76%, wobei 63% von ihnen bereits heute so arbeiten. Bei den Mitarbeitenden ohne Führungsverantwortung sind wir da in Deutschland noch nicht ganz so weit. Nur 38% der Befragten dürfen den Arbeitsort komplett frei wählen und 23% müssen gar fünf Tage die Woche im Büro erscheinen. Bei den befragten Führungskräften waren dies nur noch 5%. Die Suche nach dem „New-Normal“ ist also nach wie vor in vollem Gange, aber das verwundert ja auch nicht.

Immer wieder interessant ist auch der Blick auf die von Stepstone vorgelegten Befragungsergebnisse hinsichtlich der wesentlichen Anforderungen der Young-Professionals an ihre Arbeitgeber. Es verwundert wenig (siehe Chart), dass 2022 im Vergleich zu 2021 insbesondere das Thema „sichere Anstellung“ an Bedeutung gewonnen hat. Flexible Arbeitsbedingungen und die Förderungen der Work-Life-Balance bleiben nach wie vor die Dauerthemen der Generation Z.

Zum Schluss des heutigen Beitrages noch zwei kurze Blitzlichter:

Wie nutzt man eine kurze Auszeit am Tag im Rahmen einer Arbeitspause am besten? Viele greifen heute instinktiv zu Ihrem Smartphone, „flüchten“ in Social Media oder checken ihre Nachrichten oder News. Eine Studie der Kyoto Universität in Japan hat nun ergeben, dass Nichtstun vielleicht die beste Form der Ablenkung vom Arbeitsalltag ist. Die Probanden, die in karge Räume ohne Handy geführt wurden und auch nicht herumgehen oder lesen sollten (also „Nichtstun“), fühlten sich jedenfalls durchweg erholt und voller neuem Tatendrang. Vielleicht probieren Sie das ja für sich ebenfalls einfach mal aus.

Krisen überall, da könnte man befürchten, dass auch die Menschen aktuell voller Ängsten sind und vor allem auch Angst um ihren Arbeitsplatz haben. Dem ist einer Umfrage von Xing folgend aber offenbar nicht so. Unter den mehr als 3.000 Befragten stimmten 69% der Aussage zu, dass sie sich in ihrem aktuellen Job keine Sorgen um ihre berufliche Zukunft machen müssen. Besonders ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über 56 Jahren waren mit mehr als 75% dieser Meinung. Der Arbeitsmarkt wird also – wohl auch aufgrund des überall herrschenden Fachkräftemangels – als sehr stabil eingeschätzt.

Viele spannende Themen begleiteten uns auch diesmal durch diesen Blogbeitrag. Der nächste Beitrag in dieser Reihe erscheint Ende Mai in meinem Blog. Bis dahin wünsche ich Ihnen allen eine gute Zeit.

In eigener Sache wie immer noch der Hinweis, dass die meisten der hier zitierten Studien in den Ausgaben 3 und 4/2023 von managerseminare veröffentlicht wurden.

Arbeitswelt und Führung: aktuelle Trends und Umfragen, Ausgabe 28.01.2023

Egal zu welchem Kunden ich aktuell auch komme, das Thema MitarbeiterInnen finden und binden steht überall ganz oben auf der Agenda. Fachkräftemangel herrscht inzwischen in fast allen Branchen.

Zur Frage über welchen Weg man am besten an neue Mitarbeitende kommt, liefert ein Forschungsteam der Universität Konstanz eine wichtige, wenngleich für mich wenig überraschende, Erkenntnis. Kamen neue Mitarbeitende über ein Empfehlungsprogramm der eigenen Belegschaft, so lag nach 13 Monaten ein um 15% geringerer Personalwechsel vor, als ohne ein solches Programm. Die Studienautoren begründen dies damit, dass die angesprochenen Bewerber eine höhere Passung zu den angebotenen Stellen haben, was sehr nachvollziehbar ist. So verließen die auf diesem Weg Angeworbenen das Unternehmen dann auch um 45% seltener als andere Einsteiger. Empfehlungsprogramme in der eigenen Belegschaft stellen also unbedingt ein Nachdenkens wertes Modell zur Personalgewinnung dar.

Weitere Erkenntnisse zur Gewinnung neuer Mitarbeitender liefert auch eine Studie des Beratungsunternehmens Organomics. Die Studie befragte 4.750 Personen und ermittelte, dass neben dem Gehalt besonders die Work-Life-Balance und die Arbeitsplatzsicherheit von Bedeutung sind. Mit 73% bzw. 72% der Nennungen lagen diese Faktoren nur knapp hinter der Vergütung und deutlich vor z.B. der Unternehmens- und Führungskultur mit nur 57%. Themen, die in der Öffentlichkeit gerade „hip“ sind, müssen also keinesfalls die wirklich relevanten Entscheidungsfaktoren sein. Work-Life-Balance erleben wir hingegen seit Jahren als in der Bedeutung steigenden Einflussfaktor – allen voran in der Generation Z. Dass nach Corona und in der aktuellen Krisenlage das Thema Arbeitsplatzsicherheit von großer Bedeutung ist , kann ebenfalls nicht überraschen.

Auch die Ergebnisse einer aktuellen „Bullshit-Kommunikations-Studie“ der Organisationspsychologen Alexander Eila und Nico Rose zeigen, dass man es mit Begriffen auch übertreiben kann. Begriffe wie „agiles Mindset“ oder „Purpose“ kommen aktuell in fast jedem zweiten Satz vor, wenn es um moderne Unternehmensführung geht. Man könnte meinen, der Unternehmenszweck sei erst wichtig geworden, als man ihm den Begriff „purpose“ zugeordnet hat. Wird die Verwendung solcher Begriffe jedoch überzogen, so werden sie zu „Bullshit-Kommunikation“ und reduzieren dann das Arbeitsengagement und sorgen verstärkt Irritationen bei den Mitarbeitenden. Man kann also alles übertreiben und richtet damit oft mehr Schaden an, als man denkt.

Im Rahmen der Gewinnung neuer Mitarbeitender lohnt aktuell auch ein Blick auf die besonders nachgefragten Kompetenzen. In einer Studie hat die Bertelsmann Stiftung dafür mehr als 48 Millionen Stellenausschreibungen untersucht. Im Ergebnis zeigte sich, dass Kompetenzen, die nicht nur auf einen bestimmten Beruf abzielen, sondern von genereller Relevanz sind (transversale Kompetenzen) an Bedeutung gewonnen haben. Beispielsweise hat gegenüber der letzten Erhebung 2018 Frustrationstoleranz deutlich an Bedeutung gewonnen und war in 71% mehr Stellenanzeigen als Anforderung enthalten. Auch das Know-How zum Thema Datensicherheit wurde deutlich häufiger nachgefragt. Ähnliches gilt für die Fähigkeit, digitale Identitäten verwalten zu können (+33%). Natürlich stehen auf der Gegenseite auch Fähigkeiten, die weniger nachgefragt wurden, wie etwa Sprachkenntnisse (-23%) und Präsentationsfähigkeiten (-18%). Die Studienautoren gehen davon aus, dass aktuell vor allem das verstärkte Arbeiten im Homeoffice ein wesentlicher Einflussfaktor dieser Veränderungen ist.

Für mich recht überraschend, weil ich in meiner Coachingpraxis gerade eher das Gegenteil erlebe, ergab eine Studie des Personaldienstleisters Avantgarde Experts, für die mehr als 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer befragt wurden, dass sich viele Mitarbeitende offenbar im Job unterfordert fühlen. 41% gaben an, dass ihre Leistungspotenziale aktuell nicht ausgeschöpft würden. Gegenüber 2017 (17%) liegt damit mehr als eine Verdopplung vor! Wenn wir uns vergegenwärtigen, dass Bore-Out genauso negativ ist wie Burn-Out, liegt damit keine gute Entwicklung vor. Dabei waren es besonders die jüngeren Menschen zwischen 18 und 34 Jahren, die sich unterfordert fühlten (47%). Greift man die sicher berechtigte Schlussfolgerung der Studienautoren auf, dann sollten Unternehmen sich mehr mit den Bedürfnissen ihrer Angestellten beschäftigen, denn immerhin 35% der Befragten waren in dieser Hinsicht mit ihren Arbeitgebern nicht zufrieden. Eine optimale Ausschöpfung des Leistungspotenzials liegt aber sowohl im Interesse der Unternehmen als der Mitarbeitenden.

Dazu passt auch eine Studie der Fa. Alight, die dafür 2000 deutsche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer befragt hat. 63% der Befragten erwarteten, dass ihrem Arbeitgeber ihr Wohlbefinden wichtig ist. Dabei rückten vor allem Angebote zur Stressbewältigung in den Fokus, die 78% der Studienteilnehmer wichtig waren. Das verwundert wenig, der 80% sahen sich derzeit mittlerem oder gar hohem Stress ausgesetzt und nur 41% waren mit ihrem geistigen und emotionalen Wohlbefinden zufrieden. Das Stress negative Folgen hat ist hinlänglich bekannt und wurde auch in dieser Studie deutlich, denn 42% klagten über eine niedrige Arbeitsmoral und mangelnde Motivation. Es gibt also durchaus viel Potential für die Arbeitgeber, doch ausschöpfen tun sie es derzeit offensichtlich noch nicht. Nur 31% der Studienteilnehmer waren der Ansicht, dass sich ihr Unternehmen bereits ausreichend um ihr Wohlbefinden kümmert. Gar nur 19% nahmen angesichts der gravierenden Veränderungen im Arbeitsumfeld der letzten Jahre eine positive Veränderung war. Es bleibt also noch viel zu tun.

Sollten wir tatsächlich in eine Rezession geraten, wird die Lage für viele Unternehmen nicht einfacher werden. Gerade im Mittelstand fühlen sich HR-Abteilungen darauf aber nicht besonders gut vorbereitet. In einer Studie des HR-Softwareunternehmens Personio haben nur ein Drittel der befragten Personaler angegeben, dass sie sich sehr gut darauf vorbereitet fühlten, im Falle einer Rezession die Widerstandsfähigkeit des Unternehmens zu stärken. Ein Grund dafür könnte die hohe Arbeitsbelastung sein, denn fast zwei Drittel gaben an, dass seit Beginn der Pandemie die Mitarbeiteranfragen erheblich zugenommen haben. Jede zweite befragte Führungskraft im HR-Bereich beklagte außerdem bereits Budgetkürzungen. Sollen negative Wirkungen auf die Motivation und die Produktivität der Beschäftigten vermieden werden, so raten die Studienautoren dazu, sowohl persönliche als auch finanzielle Kapazitäten unbedingt bereitzustellen.

Nach wie vor sind viele Themen rund um unser Arbeitsleben sehr in Bewegung, neue Wege werden gesucht, viele Herausforderungen müssen angenommen werden und sind keinesfalls bereits gemeistert. Es wird sich also lohnen weiterhin einen Blick auf aktuelle Umfrageergebnisse zu haben. Der nächste Artikel und Podcast in meinem Blog dazu wird Ende März 2023 erscheinen.

Alle zitierten Studien wurden veröffentlicht in den Ausgaben 1/23 und 2/23 von managerseminare.

Besser fühlen mit Vogelgesang

Mich begeistern medizinische Forschungsergebnisse immer dann besonders, wenn sie uns einmal mehr zeigen, mit welch einfachen Mitteln wir uns etwas Gutes tun können.

Also, schon gewusst?

Das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin hat in einer Studie herausgefunden, dass sich bei Menschen, die sich Aufnahmen mit Vogelstimmen anhörten, depressive Verstimmungen, Ängste und paranoide Gedanken verringerten. In der Studie mit 300 gesunden Probanden konnte damit zum ersten Mal gezeigt werden, dass Vogelstimmen eine positive Wirkung auf paranoide Zustände haben – ganz im Gegenteil etwa zu Motorengeräuschen oder Verkehrslärm, die gegenteilige Wirkungen hervorrufen.

Der Gesang der Vögel führt also dazu, dass wir uns besser fühlen!

Für die Forschungsergebnisse war es übrigens egal, ob die Probanden den Vogelstimmen live in der Natur oder nur von einer Audioaufnahme lauschten. Da wir aber ja bereits aus zahlreichen anderen Forschungen wissen, wie gut uns der Aufenthalt in der Natur tut, kann ich Ihnen eigentlich nur raten: RAUS IN DIE NATUR!

Und? Schon geplant für dieses Wochenende?

PS.: Die Forschungen zur weiteren Details der Wirkung von Vogelstimmen werden natürlich fortgesetzt – wir dürfen gespannt sein, was da noch kommt.