Sonntagmorgen und ich habe einen klaren Plan, was ich tun will. Es ist Zeit wieder den ein oder anderen Impuls zur Selbstreflexion zu schreiben. In der letzten Woche hatte ich auch ein Coaching, dessen Thema sich wunderbar für eine allgemeine Aufbereitung eignet. Mein Klient hatte ein Thema, das für viele Führungskräfte aktuell ist.
Hochsommer, strahlender Sonnenschein schon am frühen Morgen, da zieht es mich immer in mein Outdoorbüro – nirgendwo arbeite und schreibe ich lieber als in der Morgensonne auf meiner Terrasse. Also richte ich meinen Laptop und habe die ersten Sätze im Kopf quasi schon druckreif, da raschelt es im Baum über mir.
Ein Eichhörnchen gibt sich die Ehre und besucht mich. Sie müssen wissen, dass Eichhörnchen meine absoluten Lieblingsfotomotive sind. Ich habe schon viele tausend Bilder von Ihnen gemacht und ein Buch mit Selbstcoachingtechniken geschrieben, welches das Eichhörnchen als Aufhänger nimmt. Ich beschäftige mich also viel mit diesen Tieren und Bilder von ihnen kann ich nie genug haben.
Was also tun? Beitrag schreiben oder Fotosafari?
„Energy flows where attention goes“ heißt ja ein Hauptleitsatz im Coaching (und eigentlich im ganzen Leben). Mir war schnell klar, solange es da oben raschelt, wird das mit schreiben ohnehin nichts, also schnappte ich mir die Kamera und schoss die ersten Fotos. Wir sind mit den Tieren inzwischen sehr vertraut und so kommen sie oft in unsere unmittelbare Nähe und verweilen lange auf unserer Terrasse oder unserem Grundstück. So auch diesmal, ich war also eine ganze Zeit beschäftigt.
Kaum war „mein Gast“ gegangen, tauchte das nächste Tier auf und zeitgleich sogar noch ein weiteres. „Jetzt wird es spektakulär“, sagte ich innerlich zu mir und so war es auch. Es begann die Jagd, wer den Futterplatz zuerst beanspruchen darf und wer zunächst weichen muss. Ich kürze ab: die nächste Stunde war ich voll und ganz damit beschäftigt, die beiden Tiere zu beobachten und Fotos zu machen.
Erst nach insgesamt rund 1,5 Stunden war alles wieder ruhig und ich kehrte an meinen Arbeitsplatz zurück. Mein Laptop war längst im Ruhemodus angekommen. Meine Gedanken, die heute früh schon so strukturiert gewesen waren, kreisten noch um die Tiere. Mit welcher Formulierung wollte ich meinen Text nochmal beginnen? Außerdem hatte ich inzwischen Hunger und leerer Bauch schreibt nicht gut.
Diesmal bestimmte mein Körper die Aufmerksamkeitsfokussierung und die lautete: Jetzt erstmal frühstücken.
Um das Ergebnis vorwegzunehmen: An diesem Tag schrieb ich nichts mehr von dem, was ich mir vorgenommen hatte. Nach dem Frühstück war die morgendliche Frische verflogen. Die Atmosphäre, in der ich so gerne und kreativ arbeite, war nicht mehr da. Jetzt war es viel zu warm, mein Kopf war nicht mehr frisch, die Texte würden zäh aus meinen Tasten fließen, das wollte ich nicht. Ich vertagte meine Planungen auf den nächsten Tag.
Das kennen Sie auch? Sie haben sich etwas ganz fest vorgenommen und dann kommt irgendetwas dazwischen? Kennen wir alle, würde ich vermuten.
Wie gehen wir mit solchen Situationen um? Ich könnte mich ärgern, nichts von dem, was ich mit vorgenommen habe, geschafft zu haben. Vielleicht tadle ich mich sogar mit den Worten: „Immer lässt Du Dich ablenken, so schaffst Du nie etwas.“ Was ändert das an der Situation, außer dass ich mich schlecht fühle? Nichts.
Also doch lieber die zweite Variante: Ich freue mich über einen super Vormittag mit tollen Beobachtungen und Erlebnissen. Ich freue mich auf die Sichtung der mehreren hundert Fotos, die ich gemacht habe und ich lasse die Bilder in meinem Kopf nachwirken, denn das Erlebnis in der Natur fühlt sich so gut an. Schreiben kann ich auch morgen noch, warum sollte ich mich selbst abwerten, mir ein schlechtes Gewissen machen und mir den Tag vermiesen?
Ich habe für inzwischen gelernt, dass es immer anders kommen kann, als ich geplant habe. Damit ich immer flexibel reagieren kann, habe ich stets Zeitpuffer in allem, was ich tue. Texte und Podcasts sind immer mindestens vier Wochen vorproduziert. Stress kommt nicht auf, wenn ich mal eine Schreibphase verschieben muss. Leben ohne Hetze, weg vom Zeitdruck, das schafft mir Freiräume und fühlt sich für mich gut an. Planung ist das halbe Leben? Schaden tut sie jedenfalls nicht.
Wie geht es Ihnen?
Wann haben Sie das letzte Mal in einer Zwickmühle gesessen, eigentlich etwas anderes geplant zu haben und nun doch lieber etwas anderes machen zu wollen?
Wie haben Sie sich entschieden und wie fühlte sich das an?
Welche Gedanken gehen durch Ihren Kopf, wenn etwas nicht so läuft wie geplant? Loben Sie sich für Ihre Flexibilität oder verurteilen Sie sich, weil Sie nichts geschafft haben?
Wie eng sind Ihre Zeitpuffer? Führt jede Abweichung zu Stress und Druck oder haben Sie Spielräume, die Umgestaltungen jederzeit möglich machen?
Können Sie den Moment genießen, auch wenn er plötzlich kommt und so gar nicht geplant war?
So viele Fragen, ich weiß.
Viel Spaß beim Nachdenken wünsche ich Ihnen und natürlich auch ein wunderbares Wochenende!