Der MP Impuls zur Selbstreflexion vom 03.12.2022

„Dringender Abstimmungsbedarf!“ – so gab mir das Mail meines Klienten ein deutliches Signal, dass etwas nicht stimmte und ich wohl gut daran täte, kurzfristig mit ihm zu telefonieren.

„Es läuft einfach nicht in der Zusammenarbeit, es ändert sich nichts, der Kollege hält sich einfach an keine Absprachen, ich bin stinksauer und überlege, ob ich jetzt disziplinarisch werden und das Ganze eskalieren lassen soll…“.

Mein Klient sprudelte ganz schön los, kaum dass ich am Telefon „Hallo“ gesagt hatte. Eine solche Reaktion signalisiert regelmäßig, dass „Druck auf dem Kessel“ ist und die Emotionen toben. Doch erstmal zum Hintergrund:

Mein Coachingnehmer hatte vor einiger Zeit eine Stellvertreter Position in einem großen Unternehmen angenommen und seitdem war das Führungsteam auf der Suche nach der optimalen Zusammenarbeit. Sein Chef war schon lange im Amt, hatte eine bewegte Vergangenheit und auch die Mitglieder des Führungsteam waren teilweise schon lange in ihren Funktionen. Das Team arbeitete schon einige Zeit mit mir zusammen, in wenigen Wochen stand wieder ein Workshop an, in dem wir die aktuelle Zusammenarbeit reflektieren wollten, um vielleicht auch Grundsätze für Führung und Zusammenarbeit zu formulieren. Und wie das oftmals so ist, einige im Team kooperierten besser, andere weniger gut, ein Einzelner gefühlt gar nicht. Und mein Klient, der „Neue“, war ungeduldig und genervt.

„Was ist passiert, erzähl doch mal“, lud ich meinen Gesprächspartner erstmal ein, weiterzusprechen. Noch tobten die Emotionen und für den Beginn der Lösungssuche war es sichtlich noch zu früh. Erst mussten die Emotionen mal raus, denn vorher besteht eh keine Chance einen vernünftigen Zugang zu rationalen Lösungen zu finden. „Rauslassen“ hat daher  eine sehr wichtige Ventilfunktion und ist unbedingt notwendig. Emotionen sind stets dominant zur Ratio und haben Vorrang. Wichtig ist dabei natürlich, diese nicht unbegrenzt und unbefristet laufen zu lassen, sondern gezielt auf die Ventilfunktion zu fokussieren. Deshalb begrenze ich z.B. „Jammerrunden“ immer von vornherein in der Zeit, bevor sich alle im „Jammertal“ häuslich niederlassen – einmal jammern, also rauslassen, ist völlig ok, dann geht es wieder konstruktiv einer Lösung entgegen.

Mein Kunde zeterte also noch drei Minuten über den Kollegen, der nicht so agierte wie abgesprochen, dem sein Chef nicht offen die Meinung sagte, wie ihn das alles nervte und so weiter. Dann beendete er selbst die „Jammerzeit“ mit den Worten: „So, jetzt ist es raus!“

Ich schmunzelte in mich hinein, denn jetzt konnten wir arbeiten und so begann ich Fragen zu stellen. Was bewirkt es, wenn Du jetzt disziplinarisch wirst? Kannst Du das überhaupt oder müsste nicht vielmehr Dein Chef das tun? Wie wird Dein Kollege reagieren, wie die Organisation insgesamt? Was – ganz konkret – verändert sich dadurch für Dich? Was bedeutet das für unseren gemeinsamen Teamfindungsprozess und ist das jetzt wirklich der richtige Zeitpunkt?

Plötzlich konnte er die Argumente wieder gut bewerten, war ruhig, gefasst und konzentriert. Schließlich kamen wir zu den wichtigsten Fragen:

„Was ist eigentlich Dein Anteil daran, dass Du die Situation als so dramatisch empfindest, denn offenbar tun es alle anderen ja nicht?“

Es ist bekanntlich nie die Situation als solche, sondern immer unsere ganz persönliche Bewertung der Situation, die ein Problem verursacht. Weder sein Kollege noch sein Chef hatten mit der aktuellen Situation wirklich ein Problem, jedenfalls kein so akutes wie mein Klient. Es ging also um seine ganz persönlichen Werte, seine Erwartungen und ähnliches.

Schließlich konnten wir dann gemeinsam nach vorne schauen, um die richtige Strategie zu finden. „Was kannst denn Du persönlich tun bzw. beeinflussen, damit es anders und im besten Fall damit auch besser wird?“ Ganz im Sinne der Circles of Influence fokussierte ich jetzt meinen Coachingnehmer auf sich selbst und führte ihn zurück zu seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten. Das Verhalten anderer können wir nie beeinflussen, so gerne wir das auch würden. Nur unser Verhalten können wir ändern und hoffen, dass darauf dann auch eine andere Reaktion, ein anderes Verhalten des Kooperationspartners folgt. Wir fanden schließlich einen Weg, der den anstehenden Workshop nicht gefährdete, für meinen Klienten gut gangbar war und der – so es denn notwendig sein sollte – eine Eskalation zu einem späteren Zeitpunkt immer noch möglich machte. Einziger Pferdefuß, wenn man so will, die Moderationsanforderung an mich für den anstehenden Workshop wurde nach oben geschraubt, aber damit konnte ich gut leben.

Am Ende des Telefonates sagte mein Klient: „Danke, das habe ich gebraucht, jetzt geht es mir besser und ich sehe klarer.“ Er hatte es geschafft, seine Gefühle zu akzeptieren und trotzdem oder vielleicht gerade deshalb einen Weg gefunden, besonnen und zielgerichtet zu agieren. Seine Gefühle dominierten sein Handeln nicht mehr, sondern standen gleichberechtigt neben der rationalen Abwägung von Pro- und Contra-Argumenten unterschiedlicher Vorgehensweisen. Es war gelungen, der Blick wieder auf das Ganze zu richten und abgewogen zu entscheiden, wie es weitergehen soll.

Wie geht es Ihnen?

Welche Gefühle sollten Sie einmal rauslassen, weil Ihnen dieses Ventil guttun würde?

Wie gelingt es ihnen, sich auf das zu fokussieren, was Sie tatsächlich beeinflussen können?

Was oder wen brauchen Sie, um Ihren Weg besonnen und erfolgreich gehen zu können?

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!

Der MP Impuls zum Wochenende

Wenn am Wochenende um 6 Uhr morgens eine Whatsapp eines Coachingnehmers bei mir eingeht, ist das selten ein gutes Zeichen. So war es auch diesmal.

Wir kennen uns schon viele Jahre, immer wieder habe ich ihn bei wichtigen Entscheidungen ein Stück begleitet, inzwischen arbeiten wir viele Jahre zusammen. Das Vertrauensverhältnis ist groß. Die Botschaft war entsprechend kurz, er konnte darauf vertrauen, dass ich verstand: “Sorry, wenn Du wach bist, bitte ruf mich an.” Das tat ich.

Er war emotional sehr angegriffen, seine Stimme bebte am Telefon. Schon länger kämpfte er damit, dass ein guter Freund, den er mehr als sein halbes Leben lang kannte, sich sehr verändert hatte. Er war inzwischen bereits mehrfach von ihm enttäuscht worden und das Verhältnis war abgekühlt. Jetzt bot dieser Freund auch noch seinem Sohn eine Immobilie zum Kauf an, wobei der Freund gleich nebenan wohnte. Die Immobilie lag “irgendwo im Nirgendwo” und war aus Sicht meines Klienten viel zu teuer. Leider hatten weder sein Freund noch sein Sohn ihm irgendetwas davon erzählt. Er erfuhr es nur nebenbei. Jetzt war er natürlich auch von seinem Sohn enttäuscht.

Ich brauchte ein paar Minuten, ihn zu beruhigen, bevor wir mit dem Sortieren der Themen beginnen konnten. Mein Klient hatte wirtschaftliche Angst um sein Kind, weil die Immobilie überteuert und alt war. Er hatte aber auch Angst, dass sein Sohn und sein Freund sich gegen ihn verbünden könnten und sein Freund, der sich schon weit von ihm entfremdet hatte, sein Kind gegen ihn aufbringen könnte. Schließlich arbeiten Vater und Sohn auch noch zusammen in der eigenen Firma und er hatte zusätzlich die Sorge, dass die Zusammenarbeit zerbrechen und die Firma Schaden nehmen könnte. Uns letztlich war er vor allem menschlich zutiefst verletzt. Guter Rat war teuer.

Solch komplexe Situationen liegen zwar nicht sehr häufig vor, sind in der Praxis aber auch keine Seltenheit. Im Falle meines Klienten überlagerten sich systemisch zunächst das Arbeits- und das Familiensystem, was allein schon oft genug konfliktbeladen ist. Nun kam aber auch noch eine tiefe persönliche Enttäuschung und Betroffenheit hinzu und dies gleich doppelt: Er war verletzt und das sowohl mit Blick auf seinen Freund als auch seinen Sohn. Verständlicher Weise waren viele Gefühle im Spiel. Auch sein beschützender väterlicher Anteil war alarmiert, er wollte sein Kind vor Schaden bewahren. Und schließlich kamen eigene wirtschaftliche Sorgen hinzu, denn für ihn war gegebenenfalls auch die wirtschaftliche Basis seines Unternehmens in Gefahr.

Eine derart komplexe Situation überfordert fast jeden und führt nur allzu oft zur absoluten Handlungsunfähigkeit. Zu viele Themen gleichzeitig, zu viele negative Gefühle und kein klarer Blick mehr. In einer derartigen Situation ist die Gefahr von Überreaktionen und Fehlentscheidungen besonders groß. Vorschnelle Handlungen und Entscheidungen müssen vermieden werden.

Mit meinem Klienten zerlegte ich dann auch erstmal das Paket in seine Einzelteile. Er brauchte zunächst vor allem Anerkennung für die eigene menschliche Enttäuschung. Danach war schnell klar, dass es vor allem die väterliche Sorge um sein Kind, das er vor Schaden bewahren wollte, war, die jetzt bearbeitet werden musste. Da er selbst aktuell keinen guten Zugang zu seinem Sohn hatte, fanden wir einen alternativen Gesprächspartner. Das war für ihn eine gute Lösung. Die anderen Aspekte hatten danach keine Energie mehr und mussten also an diesem frühen Morgen nicht bearbeitet werden.

Die emotionale Überlastungssituation und akute Handlungsunfähigkeit waren zunächst einmal aufgelöst. Damit war ihm in diesem Moment sehr geholfen.

Wie geht es Ihnen gerade? Vielleicht haben auch Sie emotionale und rationale Themen, die sich gerade überlagern? Vielleicht hat auch Sie gerade jemand sehr enttäuscht? Oder die Pandemie macht Ihnen Sorgen wirtschaftlicher Art?

Manchmal ist es für uns alle “einfach zu viel”. Dann ist es wichtig, die Themen zunächst auseinanderzunehmen und gut zu überlegen, was ich selbst jetzt unbedingt brauche. Mein Klient brauchte zunächst Anerkennung für die eigene menschliche Enttäuschung – Sie erinnern sich. Erst wenn ich selbst wieder gestärkt, anerkannt und wahrgenommen bin, ist der Blick wieder frei für die sinnvollen nächsten Schritte. Die Komplexität löst sich auf, die Handlungsfähigkeit kehrt zurück.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, dass Sie sich selbst stets gut wahrnehmen und anerkennen können und natürlich ein schönes Wochenende!

Führung auf Distanz schafft neue Herausforderungen

Homeoffice, Videokonferenz, Kontaktverbot – neue Herausforderungen für viele Führungskräfte und das quasi über Nacht! Führung auf Distanz war vor Corona ein Arbeitsmodus, der nur einen immer noch eher geringen Teil der vielen Führungskräfte in unseren Unternehmen betraf. In Zeiten von Corona und vielfach von jetzt ab wohl auch dauerhaft, ist Führung auf Distanz mindestens teilweise der Arbeitsmodus fast jeder Führungskraft.

Der virtuelle Trainings- und Beratungsanbieter Virtuu hat daher in einer Studie, die manangerseminare in seiner Juni-Ausgabe veröffentlicht, rund 500 Führungskräfte gefragt, welche Herausforderungen für sie mit der aktuellen Situation verbunden sind.

Eine effiziente Kommunikation mit dem Team nannten dabei 64% der Befragten als größte Herausforderung. Dabei wurden besonders die emotionalen Aspekte, also etwas die Vermittlung eines Teamspirits oder emotionale Unterstützung und Halt geben als besonders schwierig betont.

39% der Führungskräfte sorgten sich auch um die Produktivität ihres Teams. Aber auch die eigene Motivation war für viele ein Thema, welches selbstkritisch genannt wurde. Immerhin 31% der Befragten fanden es schwierig, die eigene Motivation im Homeoffice aufrechtzuerhalten.

Ich finde, das sind sehr nachvollziehbare Ergebnisse, vieles war schließlich binnen kurzer Zeit einfach neu und musste daher auch neu erlernt werden. Wo Erfahrungswissen fehlt, tritt zwangsläufig Unsicherheit auf und die führt erstmal zu einem unangenehmen Gefühl.

Dabei gibt es viele Menschen, die schon lange Erfahrungen mit virtueller Zusammenarbeit haben, dies können sowohl Berater und Coaches als auch Führungskräfte anderer Unternehmen sein. Viel zu oft aber versuchen die Unternehmen und ihre Führungskräfte, den neuen Weg alleine zu beschreiten, anstatt mögliche Hilfen zu integrieren und es damit allen Beteiligten leichter zu machen. Führungskräfte, die sich selbst allein gelassen fühlen, sind auch für ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Regel keine besonders gute Hilfe.

Ach ja, und was ist eigentlich mit Datenschutz – einem der Mega-Themen vor Corona? Zumindest vorübergehend scheint das niemanden mehr zu interessieren, denn nur 4% der Befragten messen dem Thema Bedeutung bei. Wie schnell so ein Hype doch vorbei sein kann…

In eigener Sache:

Sie sind nicht allein!

Sparringsparnter gesucht?
Einfach mal darüber reden können, wie es Ihnen gerade geht?
Was sind Ihre aktuellen Herausforderungen, womit fühlen Sie sich allein gelassen?

Das Team von MP verfügt auch über Berater und Coaches mit langjähriger Expertise in virtueller Zusammenarbeit und über langjährige Managementerfahrungen – reden Sie mit uns – persönlich, telefonisch oder auch über Zoom.

Business-Sparring – Coaching to go – Expertenaustausch

Wir freuen uns auf Sie!

post@marioporten.de