Schlagwort: Existenzgründung
Der MP Impuls zur Selbstreflexion
Eine eigene Business-Idee zu haben und sich damit selbständig zu machen, ist immer ein spannendes Unterfangen. Die Wenigsten, die den Schritt in die Selbständigkeit wagen, können ihn vollständig selbst finanzieren und so werden Banken als Geldgeber gebraucht. Banken aber benötigen zur Finanzierung einen Businessplan und so heißt es zu Beginn erstmal planen, rechnen und aufschreiben.
Das ist grundsätzlich auch sehr gut und ein Businessplan sollte Standard sein, um die Entwicklung des Vorhabens gut zu durchdenken und realistisch einzuschätzen. So weit, so gut!
Wie so oft im Leben kommt es in der Praxis dann häufig anders und die umfangreichen schriftlichen Überlegungen sind schnell Makulatur. Das gilt aktuell ganz besonders für die Gründer, die kurz vor Ausbruch der Corona-Krise gegründet haben und von deren Annahmen zum Gründungszeitpunkt nur wenig übriggeblieben ist.
Als Business Coach finde ich es immer wieder spannend, einen Gründer zu begleiten. Zum einen weil das häufig mutige, junge Menschen sind, mit denen es Spaß macht, zu arbeiten. Sie sind in der Regel kreativ und wollen etwas bewegen – solche Menschen mag ich. Zum anderen werde ich aber auch ganzheitlich gefordert, denn die Themen sind vielfältig und ich kann mich nicht nur als Coach sondern auch als ehem. Manager mit meinem Know-How zu den unterschiedlichen Aspekten der Selbständigkeit einbringen.
„Nach fast einem Jahr, wie läuft denn Dein Business so, wenn Du mal ganzheitlich draufschaust?“, fragte ich also meinen Klienten, der mit seiner Unternehmensgründung voll in die Corona-Krise geraten war. „Ich habe es mir einfacher vorgestellt, insbesondere die Kundenakquise“, war seine ehrliche Antwort.
Wir begaben uns also auf Ursachenforschung und kamen schnell auf den Kern des Problems. Mein Klient hatte sehr auf online-Werbung und dabei insb. auf Google gesetzt und war von den Ergebnissen vollkommen enttäuscht. Er erreichte nur einen Bruchteil der Neukunden, die er in seinem Business-Case geplant hatte und das obwohl dieser gar nicht besonders euphorisch war. Mein Klient war analytisch schon immer gut gewesen und so kam er auch hier sehr schnell auf den Punkt.
„Mein Budget ist viel zu niedrig, gegen die etablierten Anbieter, die das zehnfache Werbebudget einsetzen, habe ich bei den Listings keine Chance“, lautet seine Analyse.
Klare Analyse und vielleicht hätte man das vorhersehen können, aber das konnte jetzt auch egal sein. Er hatte es ausprobiert, es hatte nicht funktioniert, trial and error, das ist Unternehmertun.
Jetzt kam der spannende Moment, an dem wir uns mit der Frage beschäftigen mussten, was zu tun war? Diesen Ball werfe ich gleich mal zu Ihnen, was hätten Sie getan? So oft habe ich schon mit Menschen gearbeitet, die etwas ausprobiert haben und es hatte nicht funktioniert. Sie kamen z.B. mit ihrer Arbeitszeit nicht aus, sie bekamen nicht genug Anerkennung im Job oder auch in der Familie oder sie erreichten ihre sportlichen Ziele nicht. Immer liegt der gleiche Reflex nahe, wenn es nicht ausreicht, dann muss ich eben mehr tun!
Mehr vom Gleichen, dann wird es besser werden. Also mehr arbeiten, mehr tun, um es allen recht zu machen, mehr trainieren, bis sich der sportliche Erfolg einstellt. Manchmal funktioniert das, häufig leider nicht. So habe ich im Laufe meiner Zeit als Coach leider viele Menschen kennengelernt, die z.B. immer mehr gearbeitet haben. Am Ende hatten sie 60 oder 70-Stunden-Wochen, begannen immer mehr Fehler zu machen, wurden immer unzufriedener und kamen schließlich an den Rande des Burn Out.
Diese Reaktion des „Mehr vom Gleichen“ befürchtete ich auch bei meinem Klienten. Also mehr Goolge-Budget, dann wird es schon funktionieren. Zum Glück blieb diese Reaktion aus und mein Coachingnehmer wählte die andere Option, die ich bei meiner Arbeit ohnehin wesentlicher lieber anwende, nämlich:
Wenn etwas nicht funktioniert, versuche etwas anderes!
Ich hatte mich schon vorbereitet, meinen Klienten mit gezielten Fragen zu löchern, ob mehr Geld für Google für ihn wirklich die richtige Lösung war, zumal er die Budgets seiner Konkurrenz niemals hätte erreichen können, ohne insolvent zu werden. Doch das musste ich gar nicht. Es war klasse zu sehen, wie mein Klient sehr schnell auf neue Ideen kam, andere Wege zur Kundenakquise, ja teilweise sogar sein Geschäftsmodell zu modifizieren begann. Für ihn war offensichtlich klar, wenn es nicht wie geplant funktioniert, dann muss ich etwas anderes ausprobieren. Dafür hatte er gleich mehrere Ideen, die auch noch allesamt preiswerter waren als seine bisherige Werbestrategie.
Man kann ihm nur die Daumen drücken, dass sein Mut, seine Kreativität und sein Fleiß in dem aktuell nach wie vor schwierigen Marktumfeld belohnt werden. Als Coach freue ich mich darauf, ihn weiter zu begleiten. Als Mensch drücke ich ihm die Daumen.
Wie sieht es nun mit Ihnen aus – sind Sie auch schon einmal dem Reflex des „Mehr vom Gleichen“ erlegen?
Wenn ja, wann war das und hat es funktioniert?
Was hätten Sie stattdessen tun können, insb. wenn es nicht funktioniert hat?
Wie könnte eine für Sie passende Prävention aussehen, damit Sie beim nächsten Mal nicht unreflektiert mit „Mehr vom Gleichen“ reagieren? Mit wem könnten Sie sich z.B. austauschen?
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!