Scheitern möchten wir im Leben nicht oder ist Ihnen schon mal jemand begegnet, der vollmundig verkündet hat, er strebe an, zu scheitern? Fehler machen möchten wir meistens auch nicht und in vielen Unternehmen sind sie nicht erwünscht und der Umgang mit Fehlern ist meist von der Suche nach Schuldigen geprägt. Fehler als Lernchance und unvermeidlicher Teil des Optimierungsprozesses, wie z.B. in iterativen Vorgehensweisen, das ist auch heute noch eher die Ausnahme als die Regel.

Ich freue mich daher immer, wenn ich Beispiele finde, in denen Menschen veranschaulichen, wie selbstverständlich Fehler und Scheitern in ihrem Leben sind, und dass sie diese sogar als bereichernd empfinden. Sie gehen ganz selbstverständlich und unbelastet damit um, wissend, dass ohne dieses Scheitern auch das perfekte Ergebnis nicht erreicht würde.

Heute ist der Wildlife-Fotograf Harry Skeggs dieser Mensch, der mir veranschaulicht, dass Scheitern in seinem Beruf normal, ja fast schon notwendig ist, um das perfekte Foto, dass genau die Botschaft sendet, die er senden möchte, zu erschaffen. Fotografieren als die Kunst des Lichtes – schon das fand ich eine wunderbare Beschreibung.

In seinem aktuellen Bildband „Creation“ beschreibt Skeggs sein Vorgehen und ich gestehe, es ist ganz anders, als ich mir das Hobbyfotograf vorgestellt habe. Skeggs fotografiert exotische Tiere in freier Wildbahn und für mich war logisch, dass alles mit der Suche nach diesen Tieren beginnen muss. Weit gefehlt – alles beginnt bei ihm mit der Suche nach dem perfekten Licht. Dann wartet er an dem Ort, den er für sein Fotoshooting ausgewählt hat, auf ein Tier, das in diesem perfekten Licht erscheint. Sofort wird klar: Er kann gar nicht häufiger erfolgreich sein als scheitern. An manchen Tagen gibt es das perfekte Licht schlicht nicht, das Wetter ist nicht steuerbar. An anderen Tagen erscheinen keine oder zumindest nicht die gewünschten Tiere im perfekten Licht. Und an wieder anderen Tagen stimmt zwar beides – das Licht und die Präsenz der Tiere – , aber das Foto gelingt einfach nicht wie gewünscht. So viele Faktoren, die er nicht beeinflussen kann, determinieren den Erfolg des perfekten Fotos, dass Scheitern häufiger vorkommt als Erfolg.

Ein Grund zum Verzweifeln oder den Beruf zu wechseln? Ganz im Gegenteil!
Dem obigen Zitat von Harry Skeggs muss ich nichts hinzufügen. Außer vielleicht, dass ich mir wünschen würde, dass genau diese Einstellung viel mehr verbreitet wäre, als ich das in meinem Berufsalltag erlebe.

Was bedeutet scheitern für Sie?

Welchen Erfolg hätten Sie wohl nie erreicht, wenn Sie vorher nicht auch gescheitert wären?

Welcher Fehler hat Ihnen den bisher größten Lernerfolg im Leben beschert?

Sie lieben die Perfektion? Ist diese erreichbar, ohne zu scheitern?

#selbstreflexion

#coaching

#fehleralschance

Der MP-Impuls zum Wochenende

Es ist chancenlos – wir alle machen Fehler. Menschen, die keine Fehler machen, gibt es nicht. Oder doch?

Diese Woche war ich mal wieder mit einem Unternehmer zum Essen verabredet, den seit vielen Jahren kenne und sehr schätze. Vor einem Jahr hatte er mir erzählt, dass bald ein junger Kollege als sein Stellvertreter starten wird, den er langfristig auch zum Nachfolger aufbauen möchte. Ich war wieder mal von ihm begeistert, denn diese Weitsicht, viele Jahre vor dem eigenen Ausstieg die Unternehmensnachfolge aktiv zu planen, fehlt leider vielen Mittelständlern.

Ich war also gespannt, was es alles neues zu berichten gab und das Thema ließ auch nicht lange auf sich warten. Leider gab es aber keine “good news”, sondern das Gegenteil. Der mit Freude erwartete und auch sehr engagiert gestartete junge Kollege war inzwischen zum echten Problem geworden.
“Er weiss alles besser, er kann alles, er macht keine Fehler, immer sind die anderen Schuld, die er gnadenlos abfertigt, er integriert hinter meinem Rücken, er stellt mich vor Kunden und Kollegen als dumm und rückständig da, so als stünde ich der Zukunft im Wege.” So ähnlich klang die Zusammenfassung, dies ist die etwas geraffte Kurzversion.

Ich war – um ehrlich zu sein – doch etwas geschockt, vielleicht weil ich angenommen hatte, dieser Typ Führungskräfte gehöre inzwischen doch der Vergangenheit an. Selbstbewusstsein ist natürlich gut und notwendig, um erfolgreich zu sein. Kritische Selbstreflexion und eine realistische Einschätzung der eigenen Stärken und Schwächen aber auch. Und das Teamarbeit heute viel wichtiger ist, als die “ich weiss und kann alles Mentalität”, ist doch wohl selbstverständlich. Ich habe mich offenbar geirrt.

So aber kommen sie als Führungskraft heute nicht mehr durchs Leben, das Scheitern ist früher oder später vorprogrammiert. “Unfehlbare” Führungskräfte sind Auslaufmodelle – Gott sei Dank.

Überhaupt – der zielführende Umgang mit Fehlern ist ohnehin gerade in aller Munde – ein Teil von New Work ist auch eine positive, konstruktive Fehlerkultur und da gibt es vielerorts noch mehr als genug zu tun – das aber ist ein anderes Thema und dieses habe ich hier auch schon öfters thematisiert.

Wie steht es mit Ihnen? Was ist Ihr Lieblingsfehler, weil sie aus ihm am allermeisten gelernt haben? Ohne welchen Fehler, wären sie heute niemals der, der sie sind?

Na klar, im ersten Moment tun Fehler auch weh. Aber sie sind die beste Chance, die wir haben, täglich ein bisschen besser zu werden. Und Führungskräfte, die in ihrem Selbstbild keine Fehler machen, sind heute nicht mehr akzeptanzfähig.

Also, nobody is perfect! Bitte kommen Sie nicht durch die Tür mit:

“Good morning, my name is nobody!”

Ach ja, und der junge Kollege? Ich fürchte, der bekommt eine neue Chance, sich seine Fehler nochmals bewusst zu machen und in einem anderen Unternehmen daraus zu lernen, wenn er denn will. Schade für alle, denn auch mein befreundeter Unternehmer steht damit in seiner Nachfolgeplanung natürlich wieder am Anfang.

Ein schönes Wochenende!