Immer wieder stehen auch in erweiterten Managementteams die Fragen von Nachfolgebesetzungen auf frei gewordenen Positionen an. Schon häufig habe ich dann eine so oder so ähnlich ablaufende Diskussion zwischen den Entscheidern, die über die Neubesetzung beraten sollten, erlebt:
„Wir sollten jemanden aus den eigenen Reihen nehmen, der steht für Kontinuität.“
„Nein, ich finde, wir brauchen frischen Wind von außen, wir sollten die Chance nutzen und mal wieder über den Tellerrand hinausblicken. Neue Ideen können uns nur bereichern.“
„Aber wir haben uns doch der Nachwuchsförderung verschrieben, wir müssen jetzt einen internen Bewerber nehmen und damit ein Zeichen setzen!“
„Mir ist egal, ob in- oder externer Bewerber, Hauptsache er bringt hier nicht alles durcheinander.“
Wenn Sie das so lesen, dann haben Sie auch gleich Stimmen im Ohr und können sich an solche Diskussionen erinnern? Sie werden häufig geführt und sie sind wichtig! Die Entscheidung ist keinesfalls trivial, denn oft haben alle Argumente einen wahren Kern. Es ist wichtig, eigene Leute zu fördern und guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Entwicklungsmöglichkeiten und Perspektiven aufzuzeigen. Gute Leute an die Unternehmen zu binden, ist eine Kernaufgabe jeden Managements. Aber natürlich sind auch die Aspekte „nicht immer im eigenen Saft zu kochen“ und sich durch frische Ideen, andere Sichtweisen und Erfahrungen aus anderen Unternehmen und Branchen zu bereichern, nicht von der Hand zu weisen.
Ich würde Sie daher auch herzlich dazu einladen wollen, diese Diskussion nicht dogmatisch zu führen, sondern viel eher den Blick darauf zu lenken, was im konkreten Moment die beste Entscheidung ist. Es nützt nämlich oftmals nichts, dogmatisch an der eigenen Position festzuhalten und die realen Gegebenheiten außer Acht zu lassen.
Vielleicht haben Sie ein Team beieinander, dass schon sehr lange in der jetzigen Konstellation zusammenarbeitet und sich in letzter Zeit in manchen Diskussionen immer wieder festgefahren hat. Die Kolleginnen und Kollegen wirken gefangen in ihren Denkweisen, sind „betriebsblind“ und zwar sehr bemüht, die eigenen Grenzen sprengen Sie aber einfach nicht mehr. Dann könnte die externe Lösung sich geradezu aufdrängen.
Vielleicht haben Sie gerade eine junge Nachwuchskraft, die einfach einen „tollen Job“ macht. Sie haben auch schon viel in diese Nachwuchskraft investiert, z.B. durch Fortbildungen, ein Mentoringprogramm und einen externen Coach. Jetzt wäre die Chance für den nächsten Schritt, denn wenn Sie jetzt jemanden von außen holen, dann könnte diese Nachwuchskraft das Unternehmen auch verlassen und alle Investitionen wären verloren. Dann ist vielleicht genau diese Überlegung einfach die wichtigste Priorität.
Vielleicht ist aber auch gerade ein externer Kollege oder eine Kollegin eines Wettbewerbers „zu haben“, weil er oder sie aus welchem Grund auch immer unzufrieden ist. Wenn das vielleicht der oder diejenige ist, von der Sie immer gehofft haben, sie eines Tages für Ihr Unternehmen gewinnen zu können, dann müssen sie vielleicht genau jetzt zuschlagen, egal welche anderen Argumente noch im Raum stehen. Die Gelegenheit könnte nicht wieder kommen.
So wichtig die Diskussionen über pro und contra der richtigen Stellenbesetzungen sind, sie sollten nicht dogmatisch geführt werden. Das Beharren auf Standpunkten bringt selten die besten Ergebnisse hervor, zumal dann nicht, wenn es – wie in diesem Fall – für beide Seiten gute Argumente gibt.
Ich möchte Ihnen noch eine Überlegung an die Hand geben, die mir selbst immer wichtig war, wenn wir Stellen auf der Ebene unterhalb der obersten Führungsriege besetzt haben, und zwar sowohl in meinem eigenen als auch im Verantwortungsbereich meiner Kollegen. Ich bin immer davon ausgegangen, dass die fachliche Qualifikation eines Bewerbers oder einer Bewerberin selbstverständlich ist. Wer die Fachlichkeit nicht erfüllt, darf in einem Auswahlverfahren gar nicht erst in die Runde kommen, die das oberste Management beschäftigt. Bei der Auswahl unter den fachlich geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern aber galt für mich immer eine Zusatzfrage: Welche Bereicherung stellt der potentielle Kollege oder die Kollegin für das Team der Führungsmannschaft dar? Welche Kompetenzen bringt er oder sie mit, die bislang bei uns nicht genug oder gar nicht ausgeprägt sind? Was hat er oder sie, wovon wir noch mehr gebrauchen könnten? Mehr vom Gleichen bringt einen oft nicht voran, Mehrwert durch Vielfalt, das war mir immer besonders wichtig. Diese Vielfalt können dann sowohl interne als auch externe Bewerber mitbringen.
Personalentscheidungen, insb. auf zentralen Führungspositionen, gehören zu den wichtigsten aber auch zu den schwierigsten Entscheidungen, die zu treffen sind. Das gilt sowohl hinsichtlich der Ausstrahlwirkung, die diese Entscheidungen oftmals auf sehr viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, aber auch für die häufig erheblichen finanziellen Investitionen, die mit Ihnen verbunden sind. Richtig oder falsch sind keine tauglichen Begriffe, für dies Entscheidungen. Eine sorgfältige Abwägung aller Argumente und der realen Gegebenheiten ist sehr zu empfehlen.
Wenn Sie sich dann für eine externe Besetzung entscheiden, weil Sie die Chance auf neue Impulse von außen priorisiert haben, dann stehen Sie auch dazu und vermeiden Sie möglichst die Situation, die ich Ihnen im Impuls am nächsten Samstag an dieser Stelle näherbringen möchte.
Für heute wünsche ich Ihnen ein schönes Wochenende!