Auch in diesem Monat liegen wieder einige interessante Befragungsergebnisse vor, von denen ich fünf ausgewählt habe.
Einen informativen Blick auf das aktuelle Investitionsverhalten der Unternehmen liefert dabei der HR-Report 2022, eine Studie des Instituts für Beschäftigung und Employability in Zusammenarbeit mit der Personalberatung Hays. Hier wurden 978 betriebliche Entscheider in der DACH-Region befragt und das Ergebnis zeigt, dass die Investitionen in den Personalbereich aktuell erfreulicher Weise sehr umfangreich sind. So gaben 41 % an, in die Personalentwicklung zu investieren und 40% investieren in die Personalgewinnung. Letzteres könnte bereits eine Folge des Fachkräftemangels sein, der aktuell von vielen Unternehmen in nahezu allen Branchen beklagt wird. Den Spitzenplatz der Investitionen belegten die Personalthemen allerdings nicht. Dort findet sich mit 57% der Nennungen das Thema Digitalisierung, wobei anzunehmen ist, dass hier durch die Corona-Pandemie zwangsweise ein Investitionsschub erfolgt ist und zahlreiche Investitionen vorgezogen wurden. Aus Platz zwei liegt mit 51% das Thema Prozessoptimierung. Hingegen sucht man einige Trendthemen vergeblich auf den Spitzenplätzen, so etwa das Thema Nachhaltigkeit (38%) oder CO2-Neutralität. Fazit der Studienautoren: Am Ende entscheiden bei den Investitioen immer noch die harten Fakten wie Effizienz und Effektivität.
Das Jahr 2021 war für Führungskräfte ohne Zweifel ein herausforderndes und eigentlich gilt das nicht nur für Führungskräfte. Das Managementberatungsunternehmen Atreus hat 1000 Führungskräfte zu den Herausforderungen des Jahres 2021 befragt und kommt zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass die meisten Herausforderungen erfolgreich gemeistert wurden. Dabei gaben 35% der Befragten an, dass die Aufrechterhaltung der Lieferketten die größte Aufgabe des vergangenen Jahres war. Für meinen Blog finde ich den Blick nach vorn noch interessanter: Welche Themen stehen in Jahr 2022 im Fokus der Führungskräfte?
Auch hier sehen wir die deutlichen Spuren des aktuellen Fachkräftemangels an der Spitze der Nennungen. Aber auch viele Themen rund um Teambuilding, Zusammenhalt und Restrukturierung bedingt durch neue hybride Zusammenarbeitsmodelle wurden genannt. So beschäftigen sich die Führungskräfte mit flexiblen Arbeitszeiten in Büro und im Homeoffice, mit Präsenztagen und Teambuildingmaßnahmen. Ursache ist laut Studie vor allem, dass viele Firmen das „New Normal“ der Zusammenarbeit unter den neuen veränderten Rahmenbedingungen noch nicht gefunden haben und aktiv auf der Suche danach sind. Das verwundert aus zweierlei Gründen nicht, denn zum einen liegt diese Erkenntnis exakt im Trend anderer Befragungen, die ich in den letzten Monaten vorgestellt habe. Zum anderen beschäftigen wir uns nun etwa zwei Jahre mit der Suche nach einer neuen Form der Zusammenarbeit und es wäre überraschend, wenn dauerhaft tragfähige Modelle schon flächendeckend etabliert wären. Natürlich wird auch die Digitalisierung weiterhin als eine große Herausforderung des Jahres 2022 gesehen. Die Studienautoren haben außerdem sicher Recht, wenn sie zusammenfassend darauf hinweisen, dass viele dieser Themen auch unmittelbar mit dem Thema Unternehmenskultur zu tun haben. Diese zu stärken und neu zu definieren, könnte ein wesentlicher Nebeneffekt der aktuellen Herausforderungen sein.
Das Institut der deutschen Wirtschaft hat gemeinsam mit mehreren Partnern über 3600 Beschäftigte zu ihren Erfahrungen mit den Transformationsprozessen der letzten zwei Jahre befragt. Wie schon in vielen Studien zuvor, schätzen die Führungskräfte dabei die aktuelle Lage deutlich positiver ein als die Beschäftigten ohne Führungsverantwortung. Auf die notwendige regelmäßige kritische Selbstreflexion von Führungskräften habe ich ja schon oft hingewiesen.
Während 55% der Führungskräfte angaben, dass an einer verbesserten Fehlerkultur gearbeitet wird, nahmen dies nur 42% der Mitarbeitenden wahr. Während 37% der Beschäftigten angaben, dass ihr Unternehmen in Weiterbildung investiert, war dieses Bild mit 49% der Nennungen bei den Führungskräften erheblich positiver. 46% der Führungskräfte waren außerdem der Meinung, dass ihre Mitarbeitenden ausreichende Gestaltungsspielräume bei den aktuellen Veränderungsprozessen hätten. Leider waren nur 29% der Mitarbeitenden ebenfalls dieser Meinung.
Diese Diskrepanzen im Meinungsbild begleiten uns in den Umfragen seit Jahren und werden wohl immer ein Stück weit erhalten bleiben. Man kann den Führungskräften schließlich nicht verdenken, dass sie grundsätzlich davon überzeugt sind, einen guten Job zu machen. Die Studienautoren geben den Führungskräften dennoch die Empfehlung, in den aktuellen Transformationsprozessen noch stärker auf ihre Mitarbeitenden zuzugehen.
Künstliche Intelligenz ist auf dem Vormarsch, daran dürfte kaum ein Zweifel bestehen. Dies gilt vor allem bei der Übernahme monotoner Aufgaben und automatisierbarer Prozesse. Der TÜV-Verband legt eine Studie vor, in der nur 6(!)% der 1000 befragten Personen angeben, dass ihre Unternehmen sehr gut darauf vorbereitet seien. Im Bereich der KI besteht also nach wie vor großer Weiterbildungsbedarf! Die Studie zeigt, dass dafür nahezu alle in der Verantwortung gesehen werden: 78% forderten, die Unternehmen müssten mehr tun, 66% erwarten finanziellen Förderungen des Staates und 65% sehen vor allem die Beschäftigten selbst in der Weiterbildungsverpflichtung. Immerhin lässt die Studie einen leichten Aufwärtstrend erkennen: Haben in den letzten zwei Jahren 28% der Befragten eine Weiterbildung zum Thema KI besucht, so planen 34% der Befragten dies für die nächsten 12 Monate. Das Thema bleibt also präsent.
Zum Schluss noch ein kurzer Blick auf das Thema Einkommen als Jobkriterium. Die Unternehmensberatung Bain & Company hat dazu 20.000 Beschäftigte weltweit befragt und kommt zu dem Ergebnis, dass Einkommen an Bedeutung bei der Jobsuche verliert. Zwar wurde mit 22% der Nennungen immer noch der Spitzenplatz im Ranking erreicht, aber zahlreiche andere Themen haben an Bedeutung gewonnen. Die sind etwa:
- eine interessante Tätigkeit 15%
- eine sichere Anstellung 13%
- Flexible Arbeitszeiten 12%
- Gute Beziehungen zu den Kolleginnen und Kollegen 10%
Fazit der Studienautoren: Eine deutliche Mehrheit setzt inzwischen bei der Jobauswahl andere Prioritäten als das Gehalt.
Ich kenne einige Arbeitgeber, die dies aus ihren subjektiven Erfahrungen heraus nicht bestätigen würden. Aber auch hier greifen sicher die simplen Marktmechanismen des Themas Fachkräftemangel. Wo die Nachfrage das Angebot übersteigt, steigen die Preise. Es bleibt spannend!
Alle zitierten Studien wurden veröffentlicht in der Ausgabe 08/2022 von managerseminare.