Arbeitswelt und Führung: aktuelle Trends und Umfragen, Ausgabe 27.10.2021

Dass die Corona-Pandemie nicht nur negative Folgen für die Unternehmen hatte, habe ich in meinem Blog schon mehrfach thematisiert. Auch eine im Auftrag von Microsoft und der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände durchgeführte Umfrage mit 1000 Teilnehmenden in Unternehmen mit 10 bis 499 Beschäftigten bringt positive Entwicklungen ans Licht. So haben 30% der Befragten angegeben, dass die Flexibilität ihrer Unternehmen etwa bei den Themen Arbeitszeit und Arbeitsort gestiegen ist. Fast die Hälfte (48%) gab an, dass ihre Unternehmen dank flexibler Arbeitszeitmodelle besser für die digitale Zukunft aufgestellt seien als vor der Pandemie. Auch in Sachen Teamarbeit werden durch verbesserte digitale Tools und Kommunikationsmöglichkeiten Vorteile gesehen, wenngleich im Bereich der Teamarbeit insgesamt von 20% der Befragten auch noch Nachholbedarf gesehen wird. 71% der Befragten betonten auch den Weiterbildungsaspekt, der als selbstverständlicher Teil der digitalen Transformation angesehen wird.

Die durch Corona sprunghaft angestiegene virtuelle Zusammenarbeit hat sich auch nicht als Innovationsbremse dargestellt. Die Sorge, dass die Innovationskraft der Unternehmen im vergangenen Jahr gesunken sein könnte, hat sich in einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO, das dafür 328 mittelständische und Großunternehmen befragt hat, nicht bewahrheitet. Die Innovationsleistung hat sich 2020 sogar verbessert, obwohl bei 90% der Befragten die virtuelle Zusammenarbeit zugenommen hat. Besonders in den Bereichen interne Zusammenarbeit, Entscheidungsfindung und Organisationsprozesse lassen sich Fortschritte feststellen, wie von fast jedem zweiten der befragten Unternehmen festgestellt wird. Ein Grund scheint ein trotz Corona verbessertes Innovationsklima zu sein, denn 60% der Befragten gaben an, dass ihre Teams Veränderungen jetzt aufgeschlossener und offener gegenüberstehen. 48% sahen auch eine verbesserte Problemlösungskompetenz bei ihren Mitarbeitenden und etwa ein Drittel sah auch Verbesserungen in Sachen Zusammenarbeit und Hilfsbereitschaft. So schlimm Corona für viele Betroffene auch war, die Auswirkungen fallen nicht so gravierend aus, wie zunächst befürchtet.

Einen Wehrmutstropfen in Sachen Unternehmenskultur finden wir allerdings in einer Befragung des Personaldienstleisters Robert Half, der 300 deutsche Führungskräfte befragt hat. Etwa zwei Drittel der Befragten gaben an, dass es unter den neuen Rahmenbedingungen schwerfällt, die Kultur der Unternehmen zu bewahren und weiterzuentwickeln. Ganz besonders in kleineren Unternehmen scheint dieses Problem dringlich zu sein, denn 84% der Befragten machen sich hier Sorgen um die Unternehmenskultur. Als Gründe werden mangelnde Kommunikations- und Feedback-Möglichkeiten sowie eine zunehmende Distanz zwischen den Teammitgliedern angeführt. Damit wird auch klar, dass die Führungskräfte wieder einmal mehr in den Fokus rücken, denn ihnen kommt die Aufgabe zu, Kommunikation und Teamgefühl auch unter den neuen Rahmenbedingungen aufrechtzuhalten und zu fördern.

Dabei muss wohl davon ausgegangen werden, dass gerade diese Führungsherausforderungen dauerhaft zu bewältigen sein werden, denn es erscheint kaum vorstellbar, dass wir hinsichtlich der Flexibilität von Arbeitszeit und -ort zu Verhältnissen, wie wir sie vor Corona hatten, zurückkehren. Dies untermauert auch eine Befragung von New Work SE (ehem. Xing), in der 29% der Befragten ausschlossen, in einem Unternehmen zu arbeiten, welches kein Homeoffice anbietet. Gar 45% gaben an, nicht in einem Unternehmen arbeiten zu wollen, das keine flexible Einteilung der Arbeitszeit ermöglicht. Die Zeiten „starrer“ Rahmenbedingungen für Mitarbeitende scheinen also endgültig vorbei. In der gleichen Befragung war allerdings nach wie vor das Gehalt für 50% der Befragten der wichtigste Entscheidungsfaktor bei der Wahl des Arbeitgebers. Auf Platz zwei lag mit 43% der Befragten die Jobsicherheit, was die Studienautoren u.a. auf die unter Corona gemachten Erfahrungen unsicherer Arbeitsverhältnisse und Kurzarbeit zurückzuführen. Wir können es drehen und wenden wie wir wollen: Flexibilität bezüglich Arbeitszeit und Homeoffice ist inzwischen Pflicht, wenn man als Arbeitgeber qualifiziertes Personal gewinnen und an sich binden will!

Der Wandel der Arbeitswelt schreitet also voran, da stellt sich die Frage, wo Deutschland in Sachen Digitalisierung eigentlich steht. Ich zucke schon etwas zusammen, wenn nur 0,35% (!) der Führungskräfte in einer Befragung der Managementberatung Atreus GmbH finden, dass Deutschland in Sachen Digitalisierung exzellent aufgestellt ist. Immerhin wurden 1.325 Führungskräfte befragt und ein Drittel von ihnen sieht Deutschland in Sachen Digitalisierung als „abgehängt“ an. Weitere 43% sehen ebenfalls große Defizite, loben aber immerhin die Verbesserungsansätze. Zahlen, die zumindest mich nachdenklich machen und zeigen, welch gravierende Veränderungsprozesse uns in der Arbeitswelt noch bevorstehen werden.

Zum Schluss noch kurz ein anderes Thema: Die Haufe Gruppe hat in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Ökonomie und Management eine Befragung zur Zufriedenheit mit der Weiterbildung in Unternehmen durchgeführt. Dabei wurden sowohl Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung als Führungskräfte befragt. Alle gemeinsam stellen den Personalbereichen ein eher schlechtes Zeugnis aus, denn 54% sahen doch mehr oder weniger deutlichen Optimierungsbedarf beim Thema Weiterbildung. Der Umgang mit Weiterbildung war dabei kein Einzelthema, denn auch in anderen Bereichen kamen die Personalabteilungen nicht gut weg. Ohne auf weitere Details einzugehen, fällt noch ein Aspekt besonders auf: Die befragten Führungskräfte beurteilten die HR-Abteilungen wesentlich besser als die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Basis. Die Befragungsergebnisse hinsichtlich der Zufriedenheit lagen bei den Mitarbeitenden teilweise nur etwa halb so hoch wie bei den Führungskräften. „So wird das nichts“, möchte man externer Dienstleister allen Beteiligten zurufen, denn erfolgreiche Weiterbildung als Mitarbeiterentwicklungs- und -bindungsinstrument kann nur in einer erfolgreichen Zusammenarbeit von Personalabteilung und Linienführungskräften gelingen. Da sollten alle Beteiligten vielleicht mal ihr Selbstbild hinterfragen.

Heute ausnahmsweise noch ein kleiner Hinweis in eigener Sache:

Führung wandelt sich und nach wie vor sind Seminarmöglichkeiten in Präsenz teilweise eigeschränkt. Ich habe mich daher entschlossen, mein Seminar „Erfolgreich führen mit Coachingkompetenz“ ab sofort auch als Videoseminar anzubieten. Ich bin einfach „Überzeugungstäter“ und möchte mein Wissen unbedingt an möglichst viele Führungskräfte weitergeben. Mehr zu den Vorteilen und Inhalten meines Seminars finden Sie unter www.marioporten.de/videoseminar. Bis zum 31.12.2021 können Sie mein Seminar auch zu einem vergünstigten Einstiegspreis erwerben. Schauen Sie doch mal vorbei, in bin sicher, auch Sie können als Führungskraft von einer coachingorientierten Führung profitieren.

Alle zitierten Studien wurden veröffentlicht in der Novemberausgabe von managerseminare.