Vorab: Auch in dieser Woche möchte ich Sie herzlich einladen mitzudiskutieren. Ihre Meinung ist gefragt!
Wie letzten Samstag avisiert, möchte ich heute ein paar Gedanken auf die Frage verwenden, wie die Corona-Krise unser aller Privatleben vielleicht verändern wird. Schon letzte Woche, als ich die gleiche Fragestellung in Bezug auf die Arbeitswelt gestellt habe, hatte ich viele Fragen und wenige Antworten. So ist es auch heute – deshalb: diskutieren Sie mit!
In einem der unzähligen TV-Berichte zur Corona-Krise, die ich weitgehend bewusst meide, sah ich diese Woche eine Karte, die den Flugverkehr am Welthimmel abbildete. Links vor Corona und rechts aktuell – es war kaum zu glauben, die eine Karte wirkte schwarz, die andere gelb. Fast flächendeckend waren die durch gelbe Punkte gekennzeichneten Flugzeuge am Himmel vor Corona – ein sehr beeindruckendes Bild. Was fällt Ihnen auf? Der Himmel ist viel klarer? Es ist viel ruhiger – kaum ein lärmendes Flugzeug donnert über unsere Köpfe hinweg (und wir wohnen eigentlich nicht weit ab einer der Einflugschneisen zu Hamburg Airport).
In einem anderen Bericht sah ich Bilder aus Venedig – klare Kanäle, der Blick auf den Boden und die Fische wieder möglich.
Wenn es einen Gewinner der Krise gibt, dann ist es die Natur, die spürbar und sichtbar durchatmet – ganz ehrlich: großartig!
Wie wird das nach der Corona-Krise sein? Werden wir wieder zum Shopping nach Rom fliegen – morgens hin und abends zurück, weil das so hip ist? Drei Tage New York, vor allem um neue Jeans zu kaufen? Machen wir so weiter? Urlaub ist nur Urlaub, wenn er möglichst weit weg ist? Ich will Marathon laufen, aber bitte nicht vor der Tür, sondern überall auf der Welt. Ein ehemaliger Kollege von mir lief sogar im ewigen Eis. Muss das alles sein oder kehrt Besinnung ein? Ich weiss es nicht, aber ganz ehrlich, ich würde es mir wünschen.
Ich muss jeden morgen Krankengymnastik für meinen Rücken machen – der tägliche Begleiter: das Radio und nimmt oft die meiste Zeit, der Verkehrsfunk ein. Im Hamburger Randgebiet lebe ich jetzt 20 Jahre – eine Zeit ohne Staus rund um die Hansestadt gab es nie. Plötzlich geht das, kaum noch Staumeldungen – großartig.
Natürlich, vieles ist Berufsverkehr und damit habe ich mich letzte Woche beschäftigt, aber das ist nur ein Teil. Wie viel Auto brauchen wir wirklich? Ich weiss es nicht. Ich für meinen Teil, finde schön länger mein Auto dann am schönsten, wenn ich nicht darin sitzen muss. Reisen ist mir -inzwischen- eine reine Last, egal mit welchem Verkehrsmittel. Mir fällt es daher leicht, zu Hause zu sein. Wie ist das für Sie? Wie wird sich das insgesamt entwickeln? Werden wir alle wieder viel mehr zu schätzen wissen, was wir in naher Umgebung haben. Spazierengehen und Radfahren, statt den Sonntagsausflug mit dem PKW zu machen? Ich weiss es nicht.
Noch ein Gedanke passend zum Leitspruch diese Beitrages: Was fehlt Ihnen eigentlich wirklich? Ist das nicht eine spannende Frage, die wir uns alle stellen sollten? Was brauchen wir wirklich und was war eigentlich schon lange Ballast und wir haben es nur gemacht, weil wir es schon immer tun? Was haben wir noch nie gemacht, aber jetzt war plötzlich Zeit dafür? Sie haben es ausprobiert und es war toll? Was hat wieder einen ganz neuen Stellenwert bekommen und sollte diesen auch behalten? Gute Gespräche vielleicht, Spiele in der Familie, der gemütliche Videoabend, das Telefonat mit dem besten Freund?
Was fehlt Ihnen wirklich – jetzt ist die Zeit, auf die innere Stimme zu hören und sich zu fragen: Weiter so wie vorher oder Neuanfang?
Ich war Zeit meines Lebens ein vielseitig interessierter Sportfan, immer selbst aktiver Sportler, 16 Jahre Fußballschiedsrichter, seit 40 Jahren Fan der einzig wahren Borussia am Niederrhein. Ich war bei WM-Endspielen der Eishockey-WM, bei Handballspielen und natürlich oft in Fußballstadien. Noch bis vor kurzem war ich quasi jedes Wochenende als Schiedsrichterbeobachter auf irgendeinem Fußballplatz. Sportschau war Pflichttermin am Samstagabend. Nichts davon findet gerade noch statt und -ganz ehrlich- ich vermisse auch nichts davon. Und, ich bin total dankbar für diese Erfahrung, die ich ohne Corona nie gemacht hätte. Offenbar habe ich vieles nur noch gemacht, weil ich es halt immer gemacht habe – Routine nennt man das wohl. Ich habe gerade so viel Zeit wie nie in meinem Leben – wunderbar!
Welche Konsequenzen ich daraus ziehe? Weiß ich noch nicht, ich suche noch “das Neue”, das ich beginnen will. Reaktiviert habe ich z.B. meine Tischtennisplatte, vor allem aber merke ich, dass ich vielmehr als vorher den Moment genießen kann: Die Sonnenstrahlen in meinem Gesicht, das Summen der Insekten im Baum, die Vögel in meinem Garten. Mehr einfach “sein”, als immer etwas “müssen” – und damit meine ich vor allem, das was ich mir selber meine auferlegen zu müssen.
Vielleicht geht es ja vielen Menschen gerade so? Wir “müssen” viel weniger, als wir gemeinhin glauben, wir dürfen viel mehr sein – glücklich und zufrieden auch mit kleinen Dingen. Ist das eine Veränderung, die die Krise mit sich bringt oder kehrt “höher, schneller, weiter und vor allem mehr” bald wieder uneingeschränkt zurück?
Was haben Sie neu begonnen, was reaktiviert, was wollen Sie aufhören?
Man könnte wohl noch viele Gedanken anfügen, aber ich will hier enden. Diskutieren Sie mit, ich freue mich auf Ihre Meinungen.
Ein schönes Wochenende und bleiben Sie gesund!