Auf dem Jakobsweg – 10 Fragen an Karl-Heinz Bahr

Zum Hintergrund:
Karl-Heinz Bahr und ich kennen uns aus gemeinsamen Zeiten in der Sparkassenorganisation. In schwierigen Phasen von Fusion und Reorganisation hatten wir aus unseren Funktionen heraus, oft unterschiedliche Stand- und Schwerpunkte zu vertreten: Karl-Heinz Bahr als Vorsitzender der Personalvertretung und ich als Vorsitzender des Vorstandes. Nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Sparkassendienst ist Karl-Heinz Bahr auf den Jakobsweg gegangen, was Anlass für ein Wiedersehen und dieses Interview war.

Lieber Herr Bahr, schön Sie nach so vielen Jahren wiederzusehen! Ich freue mich, dass Sie bereit sind, Ihre Erfahrungen auf dem Jakobsweg mit meinen Leserinnen und Lesern zu teilen – danke dafür!

Wie lange und von wo nach wo sind Sie auf dem Jakobsweg gewandert?

Ich bin die letzten gut 115 km von Sarria nach Santiago de Compostela gewandert. Hierfür habe ich mir 5 Tage Zeit genommen.

Wie kam es zu dem Entschluss, auf den Jakobsweg zu gehen, eher spontan oder war das schon lange geplant?

Das war kein spontaner Entschluss. Inspiriert wurde ich durch Harpe Kerkelings Buch „Ich bin dann mal weg“. Mit meiner Entscheidung einen Altersteilzeitvertrag abzuschließen, kam dann auch die Idee, das Arbeitsleben mit einer Wanderung auf dem Jakobsweg zu beenden und sich auf dem Weg Gedanken über den „letzten“ Lebensabschnitt zu machen.

Wie haben Sie Ihre Reise organisiert, was waren dabei die größten Herausforderungen?

Ich habe gewissermaßen die „Luxusvariante“ gebucht. Meine Unterkünfte waren im Vorwege gebucht und mein Gepäck wurde von einer Unterkunft zur nächsten transportiert, so dass ich nur die Tagesverpflegung tragen musste. Ein Kollege hatte mich auf einen Veranstalter aufmerksam gemacht, mit dem er gute Erfahrungen gemacht hat. Da ich andererseits ein sparsamer Mensch bin, habe ich die Anreise selbst organisiert. Das war dann auch die größte Herausforderung, weil mich Fragen beschäftigt haben wie: „Klappt das mit den Flügen?“, „Wie komme ich vom Flugplatz in Santiago zu meiner Unterkunft?“, „Wie komme ich von Santiago nach Sarria?“, „Was ist mit den Corona-Bestimmungen?“ und noch ein paar weitere eigentlich belanglose Fragen, die haben mich aber so beschäftigt, dass ich auch über eine Stornierung der Reise nachgedacht habe.

In der Nachbetrachtung war alles kein Problem. Ich habe mir unbegründete Gedanken gemacht.

Sie haben sich entschlossen, allein zu wandern, warum?
Waren Sie auf Ihrer Wanderung dann auch tatsächlich allein?

Hört sich komisch an, aber ich wollte mein bisheriges Leben betrachten. Was war gut, was hätte ich anders machen können? Und dann gewissermaßen den Reset-Knopf drücken und überlegen: Was kommt jetzt? Was will ich mit der „neuen Freiheit“ anfangen? Es ist ja nicht nur mein Arbeitsleben zu Ende gegangen, auch familiär gibt es Veränderungen. Zwei meiner drei Kinder sind aus dem Haus und die Dritte ist mit ihren 15 Jahren auch so weit, dass sie mehr und mehr ihren eigenen Weg geht.

Grundsätzlich war ich allein. Aber es gab immer wieder Momente, in denen ich mit anderen „Wanderern“ zusammengegangen bin und wir uns unterhalten haben.

Welche Begegnung wird Ihnen besonders in Erinnerung bleiben und warum?

Da kann ich keine einzelne Begegnung herausheben. Es sind so unterschiedliche Menschen jeden Alters auf diesem Weg, dass jede Begegnung etwas Besonderes ist.

Rückblickend betrachtet: Was war die größte Herausforderung auf Ihrer Wanderung? Was war das schönste Erlebnis?

Die größte Herausforderung war für mich, erst einmal anzukommen, mich auf den Weg einzulassen. Am ersten Tag bin ich viel zu schnell losgegangen. Nach knapp 3 km war ich schon so aus der Puste, dass ich mich gefragt habe: „Was mache ich hier überhaupt?“
„Warum laufe ich eigentlich so schnell?“

Als schönstes Erlebnis möchte ich dann doch zwei nennen.

Das war am vierten Tag als ich kurz vor meinem Tagesziel durch einen Eukalyptuswald ging. Vor mir weit und breit kein Mensch, hinter mir auch niemand zu sehen, es war tolles Wetter, eine sehr schöne Landschaft und ich war nur für mich. Das war ein schöner Moment, den ich sehr genossen habe.

Das Zweite war die Ankunft in Santiago. Der Moment: Ich habe es geschafft! Ich bin 115km in fünf Tagen gegangen und mir geht es gut. Und dann die unbeschreibliche Atmosphäre in Santiago.

Man sagt: „Auf dem Jakobsweg findet man zu sich selbst!“ Ist Ihnen das gelungen und wenn ja, wie war dieses Erlebnis?

Ja, das ist mir gelungen. Aber es hat etwas mehr als einen Tag gebraucht.

Es war gut, mir mal in Ruhe und mit ausreichend Zeit, Gedanken über mein bisheriges Leben zu machen. Diese Zeit habe ich mir vorher zu wenig genommen.

Was bleibt von dieser Reise als dauerhafte Erkenntnis übrig?

Es war eine schöne Erfahrung und da ich ein bisschen Tagebuch geführt habe, kann ich mir diese Zeit immer wieder vor Augen führen.

Und ich werde mir wieder so eine Auszeit gönnen. Ich bin davon überzeugt, es tut Seele und Körper gut und ich hätte es schon viel früher machen sollen.

(mit einem Lächeln) Außerdem sollte ich mein Englisch aufbessern. Ich habe mich schon geärgert, dass ich mich nicht besser verständigen konnte.

Würden Sie nochmal auf den Jakobsweg gehen und wenn ja, was würden Sie anders machen?

Ob ich noch mal auf den Jakobsweg gehen werde, weiß ich noch nicht. Aber ich werde so eine Wanderung noch einmal machen. Und dann nicht die Luxusvariante, sondern mit wenig Gepäck und ohne vorgebuchte Unterkünfte. Man braucht auch nicht viel Gepäck. Wenn man ein T-Shirt 3 Tage anzieht – das merkt doch keiner. Die ungefähre Strecke und Teiletappen festzulegen, ich glaube, das reicht.

Und ich war ja anschließend noch in Paris. Das war dann zu viel. Ein Folgeprogramm würde ich also nicht mehr machen. Vielleicht einen Tag extra am Zielort, aber mehr auch nicht.

Wie Sie wissen, arbeite ich inzwischen als Business Coach und häufig mit Klienten, die sich beruflich in sehr herausfordernden und stressbeladenen Situationen befinden. Würden Sie meinen Klienten eine Wanderung auf dem Jakobsweg empfehlen und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit es ein positives Erlebnis wird?

Das kann ich nicht eindeutig beantworten. Es ist ein guter Weg, um zu entschleunigen. Aber ich muss es wollen. Es kann kein anderer sagen, Du musst es tun.

Wichtig war für mich, mich um nichts anderes zu kümmern, Job und Familie dürfen keine Rolle spielen.

Mir war zwar wichtig, meiner Frau per WhatsApp zu schreiben, was ich gemacht habe und wie es mir geht. Wir haben aber nicht telefoniert. Das war vorher auch so abgesprochen und für mich war es gut so. Und für meine Frau war es auch in Ordnung.

Zum Abschluss: Wenn ich Ihre Frau fragen würde, ob die Wanderung auf dem Jakobsweg Sie verändert hat, was würde sie mir sagen?

Vielleicht nicht, dass ich mich verändert habe, aber bewusster mit der Zukunft umgehe. Insofern hat es mir für die Gestaltung des Ruhestandes sehr gut geholfen.

Lieber Herr Bahr, ich bedanke mich sehr für dieses Gespräch!

Sehr geehrter Herr Porten, ich bedanke mich ebenfalls bei Ihnen, dass wir nach so langer Zeit mal wieder miteinander reden konnten. Ich hatte schon länger das Bedürfnis, mich mit Ihnen über Ihre Zeit nach der Sparkasse auszutauschen. Vielen Dank auch von mir für das Gespräch.

Alle Fotos in diesem Blogbeitrag wurden mir freundlicherweise von Karl-Heinz Bahr zur Verfügung gestellt. Die Bildrechte liegen bei Herrn Bahr.

Entscheidungen treffen ist immer wieder ein Thema auch im Coaching. Viele Menschen empfinden es oft als schwierig und belastend und schieben die Entscheidungen deshalb auf. Das aber macht es in der Regel nicht einfacher – im Gegenteil.

Nichts im Leben ist umsonst – alles hat einen Preis, denn wofür auch immer ich mich entscheide, ich muss dafür auf etwas anderes verzichten. Für uns selbst die richtigen Entscheidungen zu treffen, nimmt uns niemand ab. Für uns selbst sind wir immer verantwortlich. Darum handeln Sie überlegt und reflektiert und befragen Sie sowohl Ihren Kopf als auch Ihren Bauch. Dann aber entscheiden Sie, schieben Sie die Entscheidungen nicht endlos auf. Denn bekanntlich gilt auch: Ist die Entscheidung getroffen, sind die Sorgen vorbei.

New Leaders Club Podcast: Weitere Folge jetzt online!

Nachdem Kristin und ich uns vor zwei Wochen mit den Führungskräften selbst beschäftigt haben, blicken wir in der aktuellen Folge wieder auf die Mitarbeitenden. Wie können Führungskräfte in den aktuell so schwierigen Rahmenbedingungen verhindern, dass Mitarbeitende in negative Gedanken und Grübeln verfallen? Dazu und einiges mehr gibt es Tipps und Denkanstöße in unserer heutigen Podcastfolge, die auf fast allen großen Podcastportalen online ist.

Hört doch mal rein!

Hier ist wieder der Link zu Spotify.

Wir freuen uns auf Euch!

Arbeitswelt und Führung: aktuelle Trends und Umfragen, Ausgabe 27.07.2022

Auch in diesem Monat liegen wieder einige interessante Befragungsergebnisse vor, von denen ich fünf ausgewählt habe.

Einen informativen Blick auf das aktuelle Investitionsverhalten der Unternehmen liefert dabei der HR-Report 2022, eine Studie des Instituts für Beschäftigung und Employability in Zusammenarbeit mit der Personalberatung Hays. Hier wurden 978 betriebliche Entscheider in der DACH-Region befragt und das Ergebnis zeigt, dass die Investitionen in den Personalbereich aktuell erfreulicher Weise sehr umfangreich sind. So gaben 41 % an, in die Personalentwicklung zu investieren und 40% investieren in die Personalgewinnung. Letzteres könnte bereits eine Folge des Fachkräftemangels sein, der aktuell von vielen Unternehmen in nahezu allen Branchen beklagt wird. Den Spitzenplatz der Investitionen belegten die Personalthemen allerdings nicht. Dort findet sich mit 57% der Nennungen das Thema Digitalisierung, wobei anzunehmen ist, dass hier durch die Corona-Pandemie zwangsweise ein Investitionsschub erfolgt ist und zahlreiche Investitionen vorgezogen wurden. Aus Platz zwei liegt mit 51% das Thema Prozessoptimierung. Hingegen sucht man einige Trendthemen vergeblich auf den Spitzenplätzen, so etwa das Thema Nachhaltigkeit (38%) oder CO2-Neutralität. Fazit der Studienautoren: Am Ende entscheiden bei den Investitioen immer noch die harten Fakten wie Effizienz und Effektivität.

Das Jahr 2021 war für Führungskräfte ohne Zweifel ein herausforderndes und eigentlich gilt das nicht nur für Führungskräfte.  Das Managementberatungsunternehmen Atreus hat 1000 Führungskräfte zu den Herausforderungen des Jahres 2021 befragt und kommt zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass die meisten Herausforderungen erfolgreich gemeistert wurden. Dabei gaben 35% der Befragten an, dass die Aufrechterhaltung der Lieferketten die größte Aufgabe des vergangenen Jahres war. Für meinen Blog finde ich den Blick nach vorn noch interessanter: Welche Themen stehen in Jahr 2022 im Fokus der Führungskräfte?

Auch hier sehen wir die deutlichen Spuren des aktuellen Fachkräftemangels an der Spitze der Nennungen. Aber auch viele Themen rund um Teambuilding, Zusammenhalt und Restrukturierung bedingt durch neue hybride Zusammenarbeitsmodelle wurden genannt. So beschäftigen sich die Führungskräfte mit flexiblen Arbeitszeiten in Büro und im Homeoffice, mit Präsenztagen und Teambuildingmaßnahmen. Ursache ist laut Studie vor allem, dass viele Firmen das „New Normal“ der Zusammenarbeit unter den neuen veränderten Rahmenbedingungen noch nicht gefunden haben und aktiv auf der Suche danach sind. Das verwundert aus zweierlei Gründen nicht, denn zum einen liegt diese Erkenntnis exakt im Trend anderer Befragungen, die ich in den letzten Monaten vorgestellt habe. Zum anderen beschäftigen wir uns nun etwa zwei Jahre mit der Suche nach einer neuen Form der Zusammenarbeit und es wäre überraschend, wenn dauerhaft tragfähige Modelle schon flächendeckend etabliert wären. Natürlich wird auch die Digitalisierung weiterhin als eine große Herausforderung des Jahres 2022 gesehen. Die Studienautoren haben außerdem sicher Recht, wenn sie zusammenfassend darauf hinweisen, dass viele dieser Themen auch unmittelbar mit dem Thema Unternehmenskultur zu tun haben. Diese zu stärken und neu zu definieren, könnte ein wesentlicher Nebeneffekt der aktuellen Herausforderungen sein.

Das Institut der deutschen Wirtschaft hat gemeinsam mit mehreren Partnern über 3600 Beschäftigte zu ihren Erfahrungen mit den Transformationsprozessen der letzten zwei Jahre befragt. Wie schon in vielen Studien zuvor, schätzen die Führungskräfte dabei die aktuelle Lage deutlich positiver ein als die Beschäftigten ohne Führungsverantwortung. Auf die notwendige regelmäßige kritische Selbstreflexion von Führungskräften habe ich ja schon oft hingewiesen.

Während 55% der Führungskräfte angaben, dass an einer verbesserten Fehlerkultur gearbeitet wird, nahmen dies nur 42% der Mitarbeitenden wahr. Während 37% der Beschäftigten angaben, dass ihr Unternehmen in Weiterbildung investiert, war dieses Bild mit 49% der Nennungen bei den Führungskräften erheblich positiver. 46% der Führungskräfte waren außerdem der Meinung, dass ihre Mitarbeitenden ausreichende Gestaltungsspielräume bei den aktuellen Veränderungsprozessen hätten. Leider waren nur 29% der Mitarbeitenden ebenfalls dieser Meinung.

Diese Diskrepanzen im Meinungsbild begleiten uns in den Umfragen seit Jahren und werden wohl immer ein Stück weit erhalten bleiben. Man kann den Führungskräften schließlich nicht verdenken, dass sie grundsätzlich davon überzeugt sind, einen guten Job zu machen. Die Studienautoren geben den Führungskräften dennoch die Empfehlung, in den aktuellen Transformationsprozessen noch stärker auf ihre Mitarbeitenden zuzugehen.

Künstliche Intelligenz ist auf dem Vormarsch, daran dürfte kaum ein Zweifel bestehen. Dies gilt vor allem bei der Übernahme monotoner Aufgaben und automatisierbarer Prozesse. Der TÜV-Verband legt eine Studie vor, in der nur 6(!)% der 1000 befragten Personen angeben, dass ihre Unternehmen sehr gut darauf vorbereitet seien. Im Bereich der KI besteht also nach wie vor großer Weiterbildungsbedarf! Die Studie zeigt, dass dafür nahezu alle in der Verantwortung gesehen werden: 78% forderten, die Unternehmen müssten mehr tun, 66% erwarten finanziellen Förderungen des Staates und 65% sehen vor allem die Beschäftigten selbst in der Weiterbildungsverpflichtung. Immerhin lässt die Studie einen leichten Aufwärtstrend erkennen: Haben in den letzten zwei Jahren 28% der Befragten eine Weiterbildung zum Thema KI besucht, so planen 34% der Befragten dies für die nächsten 12 Monate. Das Thema bleibt also präsent.

Zum Schluss noch ein kurzer Blick auf das Thema Einkommen als Jobkriterium. Die Unternehmensberatung Bain & Company hat dazu 20.000 Beschäftigte weltweit befragt und kommt zu dem Ergebnis, dass Einkommen an Bedeutung bei der Jobsuche verliert. Zwar wurde mit 22% der Nennungen immer noch der Spitzenplatz im Ranking erreicht, aber zahlreiche andere Themen haben an Bedeutung gewonnen. Die sind etwa:

  • eine interessante Tätigkeit                                        15%
  • eine sichere Anstellung                                                                    13%
  • Flexible Arbeitszeiten                                                           12%
  • Gute Beziehungen zu den Kolleginnen und Kollegen         10%

Fazit der Studienautoren: Eine deutliche Mehrheit setzt inzwischen bei der Jobauswahl andere Prioritäten als das Gehalt.

Ich kenne einige Arbeitgeber, die dies aus ihren subjektiven Erfahrungen heraus nicht bestätigen würden. Aber auch hier greifen sicher die simplen Marktmechanismen des Themas Fachkräftemangel. Wo die Nachfrage das Angebot übersteigt, steigen die Preise. Es bleibt spannend!

Alle zitierten Studien wurden veröffentlicht in der Ausgabe 08/2022 von managerseminare.

Sich rechtzeitig eine Auszeit zu nehmen und den Fokus auf sich selbst zu richten, war schon immer wichtig. In unseren aktuellen Zeiten, die von vielen als besonders herausfordernd erlebt werden und voller Unsicherheiten sind, ist die Sensibilität für das eigene Wohlergehen wichtiger denn je. Nicht immer leisten und liefern müssen, sondern einfach mal ich selbst sein können. Keine Normen und Anforderungen erfüllen, einfach nur bei mir sein. Spüren und leben, war mit guttut – eine Auszeit nehmen.

Wann habt Ihr die letzte kleine Auszeit genommen? Solche Auszeiten können vielfältig sein und müssen keinesfalls immer gleich ein langer Urlaub sein?

Falls Ihr Lust habt: Einen Impuls zum Selbstcoaching findet Ihr zu diesem Thema auch in meinem Selbstcoachingbuch „Inspiration Eichhörnchen – Ein Leitfaden für Ihr Selbstcoaching“ (ab Seite 92, „Rückzug“).

Ich wünsche Euch eine gute Woche!

#coaching

#selbstcoaching

#auszeit

New Leaders Club Podcast: Neue Folge jetzt online!

Führungskräfte sind auch nur Menschen – Tipps und Hilfestellungen, die beim Umgang mit den vielen negativen Themen, die aktuell den Führungsalltag vieler Leitenden bestimmen, geben Kristin Scheerhorn und ich in unserer aktuellen Podcastfolge.

Hört doch mal rein!

Die Folge findet Ihr auf fast allen großen Podcastplattformen.

Hier ist der Link zu Spotify.

Der MP Impuls zur Selbstreflexion vom 09.07.2022

„Ich habe diesmal ein etwas anderes Anliegen.“

Mit diesen Worten hatte mein Klient bei mir den Spannungsbogen für sein heutiges Coaching schon in dem Telefonat, in dem wir den Termin fixierten, erhöht. Ich ahnte, dass es vielleicht nicht um ein berufliches Thema gehen würde, denn immer wieder hatten wir in den vorangegangenen Terminen auch seine ehrenamtlichen Tätigkeiten, die große Teile seiner Freizeit beanspruchten, gestreift.

„Ok, wofür arbeiten wir beide denn heute zusammen?“, warf ich meinem Coachingnehmer nach etwas Smalltalk den Ball zu.

„Ich habe keinen Bock mehr, mich in meinem Sportverband zu engagieren. Sie gehen mir alle auf den Wecker, ich würde am liebsten alles hinschmeißen.“

Mein Klient hatte vor rund zwei Jahren den Vorsitz im Spielausschuss eines Sportverbandes übernommen. Mit viel Elan war er gestartet, hatte zahlreiche Ideen eingebracht, wollte viele Dinge neu und zukunftsorientiert gestalten. Sein Ehrenamt kostete ihn viel Zeit und anfangs hatte er sich diese neben seinem anspruchsvollen Job gerne genommen. Es sollte ein Ausgleich sein, andere Themen, andere Menschen, mehr gestalten. Leider zogen die anderen nicht mit: Die Vereine verfolgten eigene Interessen, die Aktiven auch und seine Mitstreiter auf der Funktionärsebene unterstützten ihn wenig. Bald häuften sich die Frusterlebnisse und aus dem Ausgleich zum Job wurde eine weitere Belastung.

„Na dann, hör doch einfach auf!“, warf ich provozierend in den Raum, denn ich wusste natürlich, dass es so einfach nicht sein würde. „Was hält Dich zurück, das Ehrenamt sofort abzugeben?“

Darauf konnte mein Klient keine Antwort geben und begann zu stottern. Er wisse es nicht, es fühle sich auf der einen Seite richtig an, alles hinzuschmeißen. Auf der anderen Seite halte ihn irgendetwas zurück, das auch wirklich zu tun. Nur was, das wisse er auch nicht.

Also machten wir uns auf die Suche und die war nicht einfach.

Mein Klient hatte durch seine Funktion keine Privilegien oder persönliche Vorteile. Er hatte auch keine Familienangehörigen, die aus seiner Funktion einen Nutzen zogen. Eine Vergütung gab es ebenfalls nicht und über Langeweile klagte mein Klient auch ohne sein Amt nicht. Es gab auch keine wirkliche organisatorische Hürde, die er mit einer Amtsaufgabe zu überspringen hätte. Ein Einzeiler mit seinem Rücktritt würde genügen. Und doch war es, als hielte ihn eine unsichtbare Kraft davon ab, aufzuhören.

„Dann müssen wir wohl nochmal die Perspektive ändern“, sagte ich zu meinem Klienten als wir uns nach einer halben Stunde im Kreis drehten. Ich bat ihn zwei Jahre zurückzugehen und mir zu erzählen, wie er damals zu seinem Amt gekommen war. Er war angesprochen worden, dass der Vorsitz des Spielausschusses altersbedingt neu zu besetzen sei. Es liege vieles im Argen und man suche einen engagierten jüngeren Menschen, der Lust habe, die Dinge neu aufzustellen. Mein Klient hatte den Sport früher selbst ausgeübt und über viele Jahre auch seine Kinder in diesem Sportverband begleitet. Er hatte viele Optimierungsansätze erkannt, er wollte es besser machen.

„Ich fand es reizvoll, den Sport für die Aktiven attraktiver zu machen. Ich wollte bessere Voraussetzungen für gute Leistungen schaffen, die Sportler erfolgreicher machen und Erfolge feiern. Ich hatte Lust zu gestalten, Spaß an Veränderung. Mir wurde suggeriert, dass alle anderen jemanden suchen, der die Dinge verändert und vorantreibt. Ich dachte alle wollen mehr Erfolg und sind bereit, mitanzupacken. Doch so kam es ja nicht…“.

Jetzt waren wir der Lösung schon ganz nah. Noch ein paar weitere Fragen und mein Klient erkannte, was ihn zurückhielt. Es waren seine Ansprüche an sich selbst. Er wollte nicht aufgeben, wofür er angetreten war. Er besann sich auf die Ziele, die er erreichen wollte. Er würdigte, was er alles versucht hatte, um diese zu erreichen. Er prüfte, ob es weiterhin möglich war, seine Ziele zu erreichen und was er dafür tun müsste.

„Wie fühlt es sich an, wenn Du Dir bewusst machst, dass Du es selbst bist, der Deinen Rücktritt verhindert?“ Er musste einige Momente darüber nachdenken, doch dann erkannte er, dass es eine wertvolle Kompetenz ist, über die er verfügt. Die Kompetenz sich selbst treu zu bleiben, nicht einfach der Schnelllebigkeit nachzugeben und beim ersten Widerstand aufzugeben. Er kämpfte für seine Ideen und für seine Ziele – das fühlte sich für ihn gut an.

Wir machten schließlich eine Pro- und Contra-Tabelle auf einem Flipchart. Was sprach dafür, weiterzumachen und zu versuchen, seine Ideen noch umzusetzen und seine Ziele zu erreichen. Was sprach dafür aufzuhören. Eine Entscheidung traf mein Klient an diesem Abend nicht, diese fiel erst eine Woche später.

Er trat schließlich zurück und als er mir seine Entscheidung am Telefon mitteile, sagte er: „Es war plötzlich so klar, so einfach und es viel mir mit einem Mal ganz leicht, obwohl ich so lange gezaudert habe.“

Wir tun uns oft schwer, Dinge zu beenden, weil es sich nach scheitern anfühlt. Wir wollen nicht aufgeben, es fühlt sich nach Niederlage an und wer verliert schon gern? In solchen Momenten ist es wichtig, sich zu erinnern, warum man begonnen hat. Wofür ist man angetreten? Wenn man dann zu dem Ergebnis kommt, alles getan zu haben, die eigenen Ziele zu erreichen, dann ist es oftmals leichter aufzuhören. Man trifft dann eine neue Entscheidung unter neuen Voraussetzungen. Wenn das, wofür man angetreten ist, nicht mehr möglich ist, muss man auch nicht mehr weitermachen. Man kann aufhören, ohne schlechtes Gewissen, ohne Groll und ohne Reue. In vielen Fällen wird man vielleicht auch weitermachen und das ist auch gut so, denn leichtfertig etwas aufzugeben, wofür man aus Überzeugung angetreten ist, wäre schade. Es sich selbst nicht leicht zu machen, ist eine wertvolle Kompetenz.

Wie geht es Ihnen gerade?
Würden Sie gerne „etwas hinschmeissen“?

Haben Sie sich das gründlich überlegt?

Warum haben Sie seinerzeit damit angefangen?

Sind Ihre Ziele noch möglich?

Treffen Sie die richtige Entscheidung.

Arbeitswelt und Führung: aktuelle Trends und Umfragen, Ausgabe 23.06.2022

Wie schon häufig, so liegen auch in diesem Sommer weniger Studienergebnisse vor als dies in anderen Jahreszeiten der Fall ist. Daher belasse ich es in diesem Monat bei diesem kurzen Blogartikel, der nicht als Podcast erscheint.

Die Karriereplattform Jobteaser kommt in einer Befragung mit 3.200 Teilnehmenden in Deutschland und Österreich zu dem Ergebnis, dass sich aktuell offenbar viele junge Menschen Sorgen um ihre berufliche Zukunft machen. Die befragten jungen Talente sorgen sich vor allem um die Zukunft ihrer Karriere, was 78% der Studierenden und gar 87% der Absolventinnen und Absolventen auf Jobsuche angaben. Die Hälfte der Befragten hat gar Angst, seinen Lebensunterhalt nicht finanzieren zu können und 48% haben Angst, dass gar nicht genug Jobs vorhanden sein könnten. Die aktuellen Entwicklungen auf der Welt, wie eine für viele Menschen erstmalig erlebbare Inflation oder ein Krieg in Europa gehen also alles andere als spurlos an jungen Menschen vorbei. Auch Corona hinterlässt Spuren: In Zeiten, in denen Onboarding vor allem virtuell stattfindet, haben 20% auch Angst im Unternehmen bzw. in ihrem Team gar nicht Fuß fassen zu können.

Das Trendence Institut hat sich in einer großen Befragung von 5.400 Teilnehmenden dem Thema Arbeitszufriedenheit zugewandt. Im Ergebnis zeigten sich 53% der befragten Führungskräfte aktuell im Job zufrieden, 26% sogar sehr zufrieden. Bei Mitarbeitenden ohne Führungsfunktion fielen diese Werte mit 48% bzw. 20% etwas niedriger aus. In jedem Fall sollten Arbeitgeber aus diesen Zahlen aber nicht den Schluss ziehen, dass ihre Mitarbeitenden nicht abwanderungsgefährdet sind, denn der Markt wird offenbar trotzdem gut sondiert. 35% der Befragten zeigten sich offen für Angebote und weitere 26% sondieren zumindest von Zeit zu Zeit regelmäßig den Arbeitsmarkt. 13% gaben an, aktiv auf der Suche nach einer neuen Herausforderung zu sein. Es wäre also fatal aus den aktuellen Zufriedenheitswerten zu schließen, dass kein Abwanderungspotential besteht. Nach wie vor zeigte sich in dieser Befragung übrigens das Gehalt als Hauptgrund, warum ein Stellenwechsel in Betracht gezogen würde: 67% würden für mehr Geld den Arbeitgeber wechseln.

Zum Schluss noch ein Studienergebnis, dass wir besonders gefällt, weil es auf einen Leitsatz, den ich immer wieder verwende, einzahlt: „Weniger ist mehr!“

Eine Professorin an der Darden School of Business in den USA hat Experimente durchgeführt und herausgefunden, dass Menschen das Potential der Subtraktion deutlich unterschätzen. Anders ausgedrückt, wir neigen viel mehr dazu, mehr zu tun bzw. etwas hinzuzufügen als etwas wegzulassen, obwohl das zum gleichen oder gar einem besseren bzw. effizienteren Ergebnis führen würde. In einem Experiment sollten die Probanden beispielsweise eine Legoplattform stabilisieren, was möglich war, indem man einen einzigen Baustein entfernte. 59% der Probanden fügten aber lieber mehrere Bausteine hinzu. Diverse weitere Experimente führten zu vergleichbaren Ergebnissen, so dass die Studienautorin zu dem Ergebnis kommt: „Menschen übersehen systematisch Möglichkeiten, die Welt durch Subtraktion zu verändern.“

“Wenn es besser werden soll, muss es leicht sein!”
Thomas Baschab

Also: Wir alle sollten erstmal schauen, ob man nicht einfach etwas weglassen bzw. etwas nicht mehr tun könnte, bevor wir die Dinge immer komplexer und schwieriger gestalten.

Hurra, am besten wir fangen sofort damit an…!

Alle zitierten Studien wurden veröffentlich in der Juliausgabe von manangerseminare.