6.30 Uhr am Morgen und ich könnte gerade eine Kaffeetasse an die Wand werfen. Warum?
Zum dritten Mal innerhalb weniger Tage hat meine Katze eine lebende Maus als kleines Geschenk mit ins Haus gebracht. Die erste hatte Sie in meinem Arbeitszimmer freigelassen und in der noch vorhandenen Schockstarre war sie schnell gefangen. Die zweite konnten wir seinerzeit im Esszimmer in die Ecke treiben und auch in die Freiheit zurückbringen.
Heute Morgen komme ich von meiner Gymnastik ins Wohnzimmer und mitten drin sitzt stolz meine Katze und vor ihr eine Maus. Ich konnte gerade noch die Türen schließen, um den Raum zu begrenzen, da begann meine Katze auch schon mit dem Verfolgungsspiel und das endete unter unserer Wohnzimmerwand – natürlich nur für die Maus!
Jetzt habe ich also eine Maus im Haus und keine Ahnung, wie ich sie wieder los werden soll. Noch dazu habe ich eine Katze, die meckert, weil ihr “Spielzeug” nicht mehr funktioniert. Und ich habe heute dafür eigentlich gar keinen Nerv. Ich wollte früh kreativ sein und wichtige Vorlagen schreiben, so lange es im Haus noch ruhig und der Tag draußen noch nicht so richtig erwacht ist. Meine Katze geht mir gerade so richtig auf den Geist!
“Kenne ich auch!”, geht es Ihnen durch den Kopf, natürlich nicht unbedingt mit einer Katze. Manchmal sind es auch Menschen, die uns ärgern oder Institutionen oder gar Dinge, die wir gar nicht beeinflussen können, wie z.B. das Wetter. Kurz ärgern ist völlig ok, das hat eine wichtige Ventilfunktion, doch wie geht es danach weiter?
Ich könnte mich jetzt so richtig reinsteigern, fluchen und auf Abby (meine Katze) schimpfen. Würde es etwas ändern? Stattdessen erinnere ich mich nach den fünf Minuten, in denen ich mich legitimierter Weise aufgeregt habe, lieber an die vielen schönen Momente, die ich mit Abby schon erlebt habe. Wie sie bei mir auf dem Sofa lag, als ich krank war und gespürt hat, dass mir ihre Nähe guttut. Oder die vielen Morgenstunden, in denen Sie mir auf meinem Schreibtisch im Homeoffice Gesellschaft leistet, damit ich nicht allein bin. Schließlich die vielen Stunden, die ich schon ausgelassen mit ihr gespielt habe. Es gab so viele schöne Momente. Mit dieser Sicht geht es mir schon viel besser.
So gelange ich noch zu einer weiteren wichtigen Erkenntnis: Ich wollte eine Katze und habe mit meiner Frau Abby damals bewusst aus dem Tierheim geholt. “Maus im Haus” stand zwar nicht ausdrücklich im Beipackzettel, war aber doch irgendwie zu erwarten.
Jetzt ist mein Ärger also endgültig verzogen und ich kann einen Plan machen, wie wir die Maus am besten einfangen. Vielleicht macht Abby beim Fangen ja mit.
Und Sie? Wie gehen Sie mit vergleichbaren Situationen um? Über wen oder was haben Sie sich das letzte Mal so richtig geärgert und wie lange? An welche positiven Seiten, die diesem Ärger entgegenstehen, hätten Sie sich erinnern können? Was war Ihr eigener Beitrag zu dieser Situation?
Es ist unausweichlich, dass wir in Situationen geraten, die wir uns gerne erspart hätten. Jemand macht uns wütend und wirft alle unsere Pläne über den Haufen. Dann ist ärgern kurzzeitig erlaubt, danach aber sollten Sie sich an die positiven Seiten erinnern, die es auch immer gibt. Was haben Sie schon alles Schönes erleben dürfen mit demjenigen, der Sie gerade ärgert? Es gibt so gut wie immer etwas.
Wenn die Waage aus sich ärgern und die positiven Seiten sehen dann wieder im Gleichgewicht ist, werden Sie automatisch auch erkennen, was Sie selbst zu der Situation beigetragen haben. Im nächsten Schritt verpufft der Ärger und Sie gewinnen Ihre Handlungs- und Lösungskompetenzen zurück. Damit kann dann auch die aktuelle Lage in der Regel entschärft werden.
Ich gehe jetzt Maus fangen und wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!