
Zitat der Woche

MP Mario Porten Beratung Training Coaching Impulsvorträge
stets aktuell mit unserem Blogg



„Uff!“, ging es mir durch den Kopf, als ich die Unterlage für den Workshop, den ich in der nächsten Woche moderieren sollte, gesehen hatte. Der Energieversorger einer deutschen Großstadt führte ein neues System leistungsorientierter Bezahlung ein und der Vertriebsbereich wünschte sich die Integration der Zielkarte, die der Vertrieb jährlich ohnehin zu erfüllen hatte, anstatt individueller Ziele, wie sie ansonsten mit jedem Mitarbeiter vereinbart werden sollten. Die Zielkarte umfasste 15 Einzelziele!
Viele Jahre habe ich auch als Trainer on the job bei großen deutschen Konzernen gearbeitet. Die Hauptaufgabe: Mehr Verkauf möglich machen, also neue Vertriebssysteme in die Praxis umsetzen. Ich war dabei meist in der glücklichen Lage mit den oberen Hierarchieebenen arbeiten zu dürfen und das „glücklicherweise“ beziehe ich nur darauf, dass alles andere noch viel schwieriger gewesen wäre. Wie immer stand am Anfang die Einarbeitung in das System des Mandanten: 12 und mehr Ziele waren die Regel, nicht die Ausnahme. Zusätzlich wurden diese meist noch in ihrer Priorität laufend verändert, fast jede Woche war ein anderes Ziel das wichtigste.
Können Menschen mit solchen Systemen erfolgreich arbeiten? Eher nicht!
Eigentlich sollte der so oft gerühmte „gesunde Menschenverstand“ auch dafür ausreichen, das zu erkennen. Wenn wir es etwas wissenschaftlicher haben wollen, dann können wir auf den amerikanischen Psychologen George A. Miller (1920-2012) zurückgreifen. Er hat bei seinen Forschungen nämlich herausgefunden, dass Menschen nur in der Lage sind sich 7 plus/minus zwei Dinge im Kurzzeitgedächtnis zu merken. Deshalb wird die 7 auch die „Millersche Zahl“ genannt.
Probieren Sie es aus und spielen Sie spontan mit Ihren Kollegen oder Ihrer Familie „Ich packe meinen Koffer und nehme mit…“. Ich behaupte, 5 Dinge konnten Sie sich alle merken, danach begann es schwierig zu werden, acht Dinge hat vielleicht noch der Sieger geschafft, eher keiner.
Nur werden Sie vielleicht einwenden, dass Zielsysteme ja nicht mit dem Kurzzeitgedächtnis zu vergleichen sind und da haben Sie natürlich recht. Ich will auch nicht behaupten, man könne Miller’s Forschungen vollständig und direkt auf Zielsysteme übertragen. Wer jedoch viele Ziele gleichzeitig erreichen soll, der muss seine Aufmerksamkeit eigentlich mehr oder weniger permanent auf sie fokussieren. Und schon sind wir wieder bei Miller, auf mehr als sieben Dinge können wir das nur schwer.
Und vielleicht noch eine Randnotiz: Es heißt sieben plus/minus zwei, was also bedeutet, dass sicher nur die fünf ist. Sie werden schon bei 7 Zielen die ersten haben, die nicht mehr „an Bord“ sind. Sinnvoll ist es also, sich auf fünf Dinge, in diesem Fall Ziele, zu beschränken. Und bitte setzen Sie dann auch keine Unterziele ein, wie ich das so oft erlebt habe. Denken Sie lieber etwas mehr nach, welche Ziele wirklich wichtig sind, vermeiden Sie Komplexität, fokussieren Sie klar, machen Sie die Strategie deutlich und nehmen Sie vor allem alle Ihre Menschen mit!
Weniger ist mehr! An diesem Uraltspruch ist was dran, auch wenn man immer wieder das Gefühl hat, das sei eine noch nie dagewesene Erkenntnis.
Was sind Ihre fünf Big-Points?


Als Coach bin ich naturgemäß oft mit der Fragestellung konfrontiert, wie mein Klient etwas erreichen kann. Ganz typisch ist zum Beispiel die völlig berechtigte Frage vieler Menschen, wie kann ich den nächsten oder auch die nächsten beruflichen Schritte tun?
Vor einiger Zeit begleitete ich eine junge Führungskraft, Teamleiter in einem großen Konzern. Er war engagiert und ehrgeizig, motiviert und fordernd. Gut so, sollte man meinen, junge Menschen müssen so sein!
Doch im Laufe unserer Zusammenarbeit wurde er nachdenklicher, fast jede Frage, die ich ihm stellte, schien ihm ein neues Fenster zu öffnen, aus dem er bisher nicht hinausgeschaut hatte. Und was er sah, machte ihn nachdenklich.
“Wenn Du Abteilungsleiter bist, wie wird sich dann Dein Tagesablauf verändern?”, fragte ich zum Beispiel. “Dann habe ich mehrere Standorte in verschiedenen Städten zu betreuen und bin viel mehr auf Reisen, muss viel Auto fahren, die Arbeitstage werden länger.” Schon während er sprach wurden seine Worte langsamer und seine Stimme leiser. “Wie fühlt sich das an?”, fragte ich weiter.
Er sprudelte los, dann sehe er sein kleines Kind vielleicht nur noch selten im wachen Zustand, was seine Frau bestimmt nicht gut heißen würde, sein Hobby könne er dann erstmal nicht mehr ausüben (er spielte zweimal die Woche abends Schach im Verein) und so weiter. Er zählte – wenn man so will – die Preise auf, die er für den nächsten Schritt zahlen müsste.
So ist es immer im Leben, nichts ist umsonst. Wir müssen uns fragen, ob das, was wir gewinnen, die Preise wert ist, den wir zahlen müssen. Wollen wir das? Verträgt sich das mit unseren Werten? Oder ist das für uns “zu teuer”?
Und jetzt sind wir bei dem Spruch, den ich diesem Impuls voran gestellt habe. Erst müssen wir uns klar werden, was wirklich unsere Ziele sind, dann können wir entscheiden, was uns ihnen näher bringt. Wenn wir an diesen Aspekt nicht gründlich durchdenken, dann jagen wir möglicher Weise Zielen nach, die wir eigentlich gar nicht erreichen wollen. Der Preis ist zu hoch! Erreichen wir sie dann doch, folgt oft sehr schnell die Unzufriedenheit.
Erst wenn wir wissen, was wir wirklich wollen, können wir die richtigen Schritte mit voller Überzeugung gehen, um unsere Ziele zu erreichen. Nicht andersrum – erst Vollgas geben und dann feststellen, dass ich irgendwo angekommen bin, wo ich eigentlich gar nicht hinwollte.
Mit meinem Klienten arbeitete ich zunächst seine beruflichen und privaten Werte heraus. Karriere und Geld waren tatsächlich wichtiger, als er es selbst vermutet hatte. Aber auch ein Konfliktfeld zu “ein liebevoller Ehemann und Vater sein” wurde transparent. Jetzt konnte er dann mit allen Sinnen hineinspüren, was er wirklich will. Und erst jetzt – zwei Coachingeinheiten später- legten wir die nächsten Schritte, die er tun wollte, um dem, was er wirklich wollte näher zu kommen, fest.
Was er dann wirklich getan hat, möchten Sie wissen?
Er bewarb sich in einen anderen Bereich, der nur am lokalen Standort ansässig war und in dem ein Aufstieg ohne Reisetätigkeiten möglich war. Er musste zwei Jahre warten, bis sich die nächste Chance bot, Abteilungsleiter zu werden, diese ergriff er. Ich habe noch ein paar Mal mit ihm telefoniert, dann trennten sich unsere Wege.
Streben Sie also nicht vorschnell nach Zielen, ohne die Klarheit gewonnen zu haben, ob das wirklich ihre Ziele sind. Zufrieden und erfolgreich werden Sie nur, wenn Sie die Preise, die für Ihre Ziele zu zahlen sind, gerne zahlen. An dieser Stelle einen Moment zu verharren und sich klar zu werden, was ich wirklich will, ist hilfreich und schützt vor aufwendigen und teuren Kurskorrekturen. Und wenn Sie dann Klarheit haben – dann können Sie handeln, entschlossen und zielgerichtet!
Ein schönes Wochenende!




In seiner aktuellen Ausgabe (Nr.38 vom 12.09.2020, Seite 68f) greift Der Spiegel das Thema psychische Erkrankungen insb. von Führungskräften auf. Er nimmt Bezug auf aktuelle, noch nicht veröffentlichte Zahlen der Krankenkasse DAK. Die Steigerungen der Ausfallzeiten der verschiedenen psychischen Ursachen sind enorm und betragen jeweils mehrere hundert Prozent (2000 zu 2019). In Summe nahm die Zahl der Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen von 1997 auf 2019 um 239% zu, während bei den sonstigen Krankheitsursachen kein Anstieg der Fehltage zu verzeichnen war.
Die Zahlen mögen erschrecken, sind aber eigentlich “kalter Kaffee”, denn Ihrer Tendenz nach sind sie schon lange bekannt. Die DAK publiziert ihre Statisiken ja regelmäßig und so kann man auf der Webseite der DAK die entsprechenden Ergebnisse einsehen. Diese sprechen schon lange eine deutliche Sprache.
So zeigen die beiden folgenden Charts der DAK bereits für 2018 (im Bezug auf 2000) in diesem Bereich signifikante Steigerungen. Dass Führungskräfte oftmals besonders betroffen sind, vermag angesichts ihrer vielfach vorhandenen Sandwichposition mit Druck von beiden Seiten nicht zu verwundern.


Interessant sind jedoch auch zwei andere Erkenntnisse, die sich aus den DAK Zahlen gewinnen lassen: So sind offenbar Frauen signifikant häufiger von psychischen Erkrankungen betroffen und fehlten fast doppelt so oft aufgrund von Seelenleiden wie ihre männlichen Kollegen. Bemerkenswert auch, dass ausgerechnet die öffentliche Verwaltung mit deutlichem Abstand die Statistik der Ausfalltage aufgrund psychischer Erkrankungen anführt. Hier waren auf 100 Beschäftigte 358 Ausfalltage zu verzeichnen, ein Wert der damit um ca. 50% über dem Mittelwert von 236 Tagen liegt.
Fragt sich also nun, was wohl aktuell für die Entwicklung dieser Zahlen zu erwarten ist? Ist vielleicht durch Corona alles besser geworden, weil im Homeoffice vieles einfacher geworden ist? Sind viele Belastungsfaktoren durch deutlich mehr virtuelles Arbeiten weggefallen? Zahlen liegen dafür natürlich noch nicht vor, aber ernsthaft erwarten kann das eigentlich niemand. Ob wir es wollen oder nicht, die Corona-Krise war sachlich ein sehr heftiger, kurzfristiger und ungeplanter Changeprozess und der Verlauf von Veränderungsprozessen ist inzwischen bekanntlich sehr gut erforscht. Die Leistungskurve geht zunächst abwärts, die Stresskurve hingegen aufwärts. Unsicherheit und Ängste können nicht positiv auf das Thema psychische Erkrankungen einzahlen.
Auch hier wird – wenig verwunderlich – ein Kermfokus wieder auf den Führungskräften liegen. Viele waren und sind mit der neuen Techik überfordert. Viele mussten plötzlich ein Führungsmodell (auf Distanz) leben, das sie nie zuvor geübt hatten. Dazu kommen immer mehr Klagen, dass es eben doch nicht so einfach ist, konzentriert zu arbeiten, wenn Ehepartner und Kinder ständig für Ablenkung sorgen und als Störfaktor der Konzentration auftreten. Thematisiert wird das freilich in den letzten Monaten häufiger, aber ich glaube, immer noch viel weniger, als es eigentlich Fakt ist. Wer räumt schon gerne eigene Defizite ein, dann doch lieber die Fassade pflegen.
Schon in der Veröffentlichung der Zahlen 2018 sagte DAK Vorstandschef Andreas Storm: “Auch Arbeitgber müssen psychische Belastungen und Probleme aus der Tabuzone holen und ihren Mitarbeitern Hilfe anbieten.” Es ist zu vermuten, dass dies heute mehr gilt, denn je!
Doch wie sieht die Praxis – jedenfalls in vielen Unternehmen – immer noch aus? Gibt es diese Hilfsangebote? Da bin ich natürlich nicht berechtigt und befähigt ein Urteil abzugeben, jedenfalls ist anzunehmen, dass das flächendeckend nicht der Fall ist. Vielmehr wird oftmals immer noch versucht, aufkommende Probleme mit “mehr vom gleichen” zu lösen, also insbesondere mehr arbeiten. Das hilft aber nicht, denn neue Herausforderungen lassen sich mit Lösungen von gestern nicht bewältigen. Und dann führt mehr arbeiten nur zu mehr Misserfolgserlebnissen, zu mehr Frust und geht auf die Psyche. Gut wäre vielmehr ein Ansatz wie er im Coaching angeraten wird: “Wenn etwas nicht funktioniert, versuche etwas anderes!” Das aber ist vielen Führungskräften unter Stress gerade nicht möglich, jedenfalls nicht alleine. Es bräuchte Hilfe und Kooperation mit anderen und das müssen nicht zwingend Externe sein.
Hilfreich könnten z.B. Mentoren sein, wenn es sie denn gibt und sie ihre Funktion auch wahrnehmen. Auch regelmäßige Kollegiale Fallberatungen, die intern moderiert werden, würden sich als Plattform für den Austausch anbieten. Viele Unternehmen haben “Buddie-Patenschaften”, also zwei KollegenInnen, die sich gegenseitig vertraulich helfen und beraten sollen, nutzen diese – gerade in diesen Zeiten – aber nicht. Jeder hat genug mit sich zu tun. Wollen wir jedoch psychische Erkrankungen reduzieren, dann ist besonders die Isolation von Führungskräften unbedingt zu vermeiden. Alleine bin ich meist verloren.

Natürlich können auch externe Partner eine Hilfe sein und da bedarf es meist keiner großen Coachingprozesse mit horrenden Budgets, wie etwa das hervorragende Format “Coaching2go” meiner geschätzten Kollegin Kristin Scheerhorn zeigt. Auch 100% meiner Klienten, die mein Kurzformat “Business-Sparring” in Anspruch nehmen, werden ihnen erklären, dass ihnen damit sehr geholfen ist. Nur alleine sollten wir die Menschen in diesen schwierigen Zeiten ganz sicher nicht lassen.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Zahlen 2020 wirklich entwickelt haben, was wir ja leider erst im Nachhinein wissen werden. Vielleicht müssen wir ja darauf auch gar nicht warten und die Unternehmen folgen dem Aufruf von Andreas Storm schon früher: “Raus aus der Tabuzone mit den psychischen Erkrankungen.”
Sie haben ganz andere Erfahrungen gemacht als ich? Sie möchten von positiven Beispielen, vielleicht sogar in ihrem Unternehmen, berichten? Oder einfach so mit mir diskutieren?
Ich würde mich freuen – kommentiere Sie gerne – diskutieren Sie mit!
