Ich nenne ihn mal Tom, meinen Coachingnehmer, der heute etwas kraftlos vor mir sitzt, obwohl ich ihn eigentlich als dynamischen, anpackenden Menschen kennengelernt habe. Tom ist Führungskraft im mittleren Management eines sehr großen Konzerns. Ich schildere ihm meine Wahrnehmung und er kommt schnell zur Sache.
Die ganze letzte Woche sei er “irgendwelchen Kennzahlen nachgejagt”. Als die schließlich alle gut erfüllt waren, kam aus der Konzernzentrale eine kurze Memo – Strategieänderung! Ab sofort seien andere Kennzahlen wichtig, nein genauer gesagt noch wichtiger, denn unwichtig seien die alten Kennzahlen natürlich auch nicht. Aber bitte – jetzt alle Energie auf die neuen Kennzahlen.
“Kennst Du das?”, fragt mich Tom. “Die ganze Woche bist Du unter Volldampf und am Ende der Woche weisst du nicht mehr, was du eigentlich gemacht hast. Was bleibt von all der Zeit, die ich im Job verbringe – aktuell bleibt nur Erschöpfung.” Tom blickt zu Boden – keine Frage, er steckt mitten in der Sinnkrise.
So wie Tom geht es vielen Menschen und vielleicht gehen auch Sie ja gerade mit der Geschichte von Tom in Resonanz. Sinnkrisen durchläuft vielleicht sogar jeder mal im Laufe seines Lebens und es gibt sie nicht nur in Großkonzernen, allerdings begegnen sie mir dort doch häufiger. Also, was tun?
Ich erlebe ganz unterschiedliche Strategien, wie Menschen mit solchen Sinnkrisen umgehen. Manche geben gar auf und finden plötzlich alles sinnlos, haben an nichts mehr Spaß oder Freude und drohen den Boden unter den Füßen zu verlieren. Zum Glück ist das nur eine kleine Minderheit. Viele allerdings warten darauf, dass jemand kommt, der ihrem Tun wieder einen Sinn gibt. Eine neue Strategie des Unternehmens, eine Vision von Kundenorientierung, ein neuer Chef, der sie motiviert (oh je) oder vielleicht ein privater Impuls, z.B. eine neue Beziehung, ein neues Hobby oder ähnliches, was ihrem Leben wieder einen Sinn gibt. Ohne Frage werden wir viele Fälle finden, in denen eine solche Strategie zum Erfolg geführt hat und Menschen wieder Lebenssinn gefunden haben. Allerdings stellt sich die Frage ob aufgrund oder trotz dieser Strategie?
Ich würde Ihnen viel eher raten, eine aktive Strategie zu wählen und dann ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, anstatt auf externe Sinnstiftung durch wen auch immer zu warten. Das bedeutet, dass Sie zunächst in den inneren Suchprozess einsteigen müssen, um sich selbst einige – sehr schwierige und vielleicht auch schmerzhafte – Fragen zu beantworten:
- Was wollen Sie im Leben erreichen?
- Was bedeutet Glück für Sie?
- Was erfüllt Sie?
- Wovon möchten Sie mehr?
- Was – ganz konkret – möchten Sie auf jeden Fall nicht mehr?
- Welchen “Preis” möchten Sie im Leben nicht mehr zahlen?
… und es gibt sich noch ein paar weitere Fragen.
“Oh je, lauter schwere Fragen”, sagt jetzt vielleicht eine innere Stimme und sie hat recht. Niemand hat gesagt, dass es leicht ist. Aber es ist eine aktive Vorgehensweise, die Sie ins Zentrum der Aktivität stellt. Sie bestimmen ihren Weg, Sie werden aktiv und warten auf niemanden, Sie sitzen im Driver-Seat Ihres Lebens.
Tom übrigens stellte ich auch einige dieser Fragen und langsam blühte er auf, er fasste neuen Mut, er sah neue Perspektiven, neue Wege, fasste neue Ziele ins Auge. Wir brauchten noch die ein oder andere Sitzung, dann kam Tom eines Tages und strahlte mich an: “Ich habe gekündigt und dass ohne neuen Job!” Er war vollkommen mit sich im reinen und wusste, was er brauchte, wie er arbeiten wollte und wie sein neuer Arbeitgeber aussehen musste, damit er dort optimal wirksam werden konnte.
Auch Sie haben in der Sinnkrise also die Wahl: Sie können warten, dass jemand kommt und Ihnen neuen Sinn stiftet und vielleicht geht das gut. Besser wäre aber, Sie gehen mit sich in Kontakt und machen sich dann aktiv auf ihren Weg zu mehr Zufriedenheit im Leben.
Ich kenne besonders zufriedene Menschen, weil sie von sich sagen können, dass sie Spuren im Leben (Sand) hinterlassen haben. Denken Sie daran – Spuren neuer Wege entstehen nur dadurch, dass man Sie geht!
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!