Changemanagement vs. Tagesgeschäft

Die letzten vier Monate haben mich fast vollständig als Changebegleiter von Führungskräften eines ausgesprochen großen Projektes in einem DAX-Konzern gefordert. Eine der wesentlichen Fragen war stets die Ambivalenz der Manager zwischen Tagesgeschäft und Changeaufgabe. Genau diese Thema greift auch managerseminare in seiner Ausgabe 03/2017 auf und veröffentlicht eine Studie, die diese Ambivalenz ebenfalls zum Ausdruck bringt.

Die Führungskräfte, mit denen ich arbeiten durfte, hatten immer die Herausforderung zu bewältigen, dass die Ergebnisse des operativen Tagesgeschäftes nicht unter der aktuellen Unsicherheit der bevorstehenden Umorganisation leiden durften. Im Gegenteil, wie in den meisten Branchen galt es auch hier, im Jahresendgeschäft besonders gute Ergebnisse einzufahren. “Es hat bei uns in Veränderungen noch nie geschadet, gute operative Ergebnisse zu haben.” – so brachte es einer meiner Manager auf einen Punkt, was zusätzlich verdeutlicht, dass die Geschäftsergebnisse möglicher Weise zusätzlich ein Kernelement der neuen Personalauswahl im Rahmen der Umsetzung des Changeprojektes sein könnten.

Was also sollen die Führungskräfte des mittleren Managements tun? Allen Fokus auf Operative? Allen Fokus auf die Unsicherheit und die Gefühle ihrer Mitarbeiter? Oder gar erstmal die Fokus auf die eigene Betroffenheit – was wird aus mir? Dieses Spannungsfeld ist systemimmanent und kann kaum vermieden werden, damit umzugehen ist wesentlicher Teil einer jeden Führungsaufgabe in Veränderungsprojekten.

Interessant sind in diesem Zusammenhang nunmehr die Ergebnisse der von managerseminare 07/2017 veröffentlichten Befragungsergebnisse:

Demnach räumen 70% der befragten Unternehmen Veränderungsprojekten oberste Priorität ein. Aber nur etwa die Hälfte (38%) hält Change-Projekte für wichtiger als das Tagesgeschäft – das führt die klare Positionierung von Change wieder ad abdurdum.

Führungskräfte können sich also nicht darauf verlassen, dass ihnen die Unternehmensleitung die Priorisierung vorgeben wird – Change und Tagesgeschäft, dass ist wohl irgendwie gleich wichtig. Dass dies natürlich nicht funktionieren kann, wissen wir alle, denn ohne Zugeständnisse im operativen Geschäft wird Change nicht erfolgreich sein, wie wir aus der Change-Kurve wissen, deren Verlauf heute von niemandem mehr angezweifelt wird. Doch was nützt alle wissenschaftliche Erkenntnis, der Widerspruch in der Praxis bleibt und damit müssen Führungskräfte umgehen.

Aus Sicht des mittleren Managements wird es daher immer lauten: Change und Tagesgeschäft, niemals Change oder Tagesgeschäft.

Der Doppelbelastung müssen Führungskräfte sich zwangsläufig stellen. Dazu ist es hilfreich, sich zunächst über die eigene Positionierung klar zu werden. Weiß ich, was aus mir wird? Wenn nein, wie positioniere ich mich zur eigenen Unsicherheit? Was brauche ich jetzt, um meinen Job gut zu machen? Wer kann mir helfen, was sind meine Netzwerke? Und wenn ich mich mal wirklich zwischen beiden Positionen entscheiden muss – was sind meine Werte, was ist mir wichtiger? Dieser eigenen Positionierung haben wir in den Change-Workshops der vergangenen Monate viel Raum gegeben. Die anfänglich Überraschung der Führungskräfte darüber, wich im Feed-Back meist einer großen Dankbarkeit, diesen Raum gehabt zu haben. Ohne klare eigene Positionierung wird die Bewältigung der Doppelaufgabe aus Change und Tagesgeschäft nämlich noch viel schwerer und für viele Führungskräfte allzu schnell auch zur (gefühlten) Überforderung.

 

Bundesligakonferenz – man war das langweilig…

“Schauen wir am Samstag zusammen Buli?” fragte mein Sohn, der eigentlich nicht mehr bei uns wohnt, zur Zeit aber aufgrund zeitweiliger Arbeitseinsätze in Mecklenburg-Vorpommern Wochenendgast ist. Na klar, was kann ich denn besseres tun, als Zeit mit einem meiner Kinder zu verbringen. Also Sky – die Bundesligakonferenz…

Nach drei Minuten ging es auch gut los, um dann bis nahe auf die Nulllinie nachzulassen. War das langweilig. Keine Tore hier, keine Tore da… zum gähnen. Immerhin gab es zwei rote Karte in der ersten Hälfte, das ist für zwei zuschauende Schiedsrichter ja noch interessant, aber den Rest der Welt interessiert auch das nicht.

Irgendwann begannen die Reporter sich gegenseitig anzufeuern, “wo der XY ist, fallen Tore…”, hat auch wenig geholfen. 7 waren es am Ende in 5 Spielen, davon zwei Tore kurz vor Schluss, als ich schon lange geistig abgeschaltet hatte und die Handys längst interessanter waren, als die Spiele. Tore sind das Salz in der Suppe – sehr fade kann ich da nur sagen.

40 Jahre bin ich jetzt Fußballfan würde ich kurz vor vor meinem 50. Geburtstag schätzen. Selten war das so langweilig wie heute. Dieser Spieltag ist ja keine Ausnahme, Tore Mangelware, das gilt ja nicht erst seit gestern. Den Begriff “tief stehende Abwehrreihen” kann ich schon nicht mehr hören, es geht nur noch darum, Mißerfolge zu vermeiden, aber nicht mehr Erfolge zu erzielen.

Sagt doch tatsächlich der Reporter in Darmstadt sinngemäß, wenn die Darstädter kurz vor Schluss durch einen Freistoß oder so noch zufällig ein Tor erzielen, dann ist das Konzept voll aufgegangen. Das macht die Veränderung deutlich: früher wäre eine Heimmannschaft, die erst gar nicht versucht nach vorne zu spielen, das Spiel zu machen und zu gewinnen, gnadenlos verdammt worden. Heute ist das ein fast schon erstrebenswertes Konzept, Hauptsache am Ende steht der Erfolg. Mag sein, dass der Erfolg im Milliardenbusiness alles rechtfertigt, aber jedenfalls mir macht es keinen Spass mehr, das anzuschauen. Zum mich langweilen brauche ich kein Sky – Abo.

Noch eines nervt mich gewaltig und ist natürlich auch dem Kommerz geschuldet: Immer weniger Spiele zur gleichen Zeit. War das früher schön: Samstag 18 Uhr – Sportschau – “alle Spiele, alle Tore” – um mal den aktuellen Sky-Titel zu klauen. Demnächst, wenn die Liga von Freitag bis Montag (!) spielt, werde ich mir also an jedem Dienstag eine Sendung suchen, die das zu bieten hat – alle Spiele, alle Tore. Und eins ist klar: Ich werde das nicht tun. Natürlich kann ich Karl-Heinz Rummenigge verstehen, der immer wieder auf die TV-Gelder in England verweist, “und wenn wir mithalten wollen…”. Ja, ja…., anderer Blickwinkel, völlig ok. Mehr Live-Spiele, mehr Übertragungen, mehr Einnahmen, mehr TV-Gelder, auch ich kenne die Mechanismen, aber attraktiver wird die Bundesliga dadurch nicht.

Fußballfan bin ich, Tore will ich sehen, mitfiebern mit meinem Verein, Emotionen erleben…

“Das war was für Taktik-Fans”, “immerhin ein 0-0 der besseren Sorte”,”das Spiel lebt wenigstens von der Spannung” – Bundesliga quo vadis?

Ich jedenfalls glaube, dass die Menschen auf die aktuelle Art Fußball zu spielen, nicht dauerhaft zu begeistern sind, von den zum Teil horrenden Eintrittspreisen in die Stadien ganz zu schweigen. Ändert sich nichts, dann ist es für mich eine Frage der Zeit (und vielleicht auch der Alternative?) bis die Stimmung kippt und Stadien und Fernsehsofas leerer werden. Das kann auch nicht im Sinne der Vereine sein, die immer mehr Geld haben wollen.

Vielleicht bin ich mit meiner Meinung aber ja auch ganz alleine…, also dann: Gegenrede erwünscht!

Für mich gilt aktuell jedenfalls: Bundesliga? Nein Danke, erstmal genug davon.