Arbeitswelt und Führung: aktuelle Trends und Umfragen, Ausgabe 28.05.2022

Trotz der Corona-Pandemie mit all ihren Herausforderungen der letzten zwei Jahre haben in Deutschland nur wenige Menschen Angst um ihren Job. Seit 2011 wird der DGB-Index „Gute Arbeit“ erhoben, für dessen aktuelle Ausgabe in 2021 6400 Beschäftigte befragt wurden. 70% von ihnen machen sich nie und 21% nur selten Sorgen um ihren Arbeitsplatz. Damit stieg der Index trotz Corona auf einen Indexwert von 79 Punkten an. Aktuell machen sich also nur wenige Menschen Sorgen um ihren Job.

In dieses Bild passt auch, dass die Arbeitgeber sich auf selbstbewusste Bewerber einstellen müssen. Aus dem aktuellen Jobwechsel-Kompass der Königsteiner Gruppe, die dafür im Januar 2022 500 Beschäftigte in Deutschland befragt hat, geht nämlich ein deutlicher Anstieg der Befragten hervor, die ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt positiv einschätzen. Gegenüber dem November 2021 – also in nur drei Monaten – stieg dieser Wert um 12 Prozentpunkte auf jetzt 60% an. Jeder fünfte Befragte glaubt sogar, besonders gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben, wenn er oder sie sich jetzt nach einem neuen Job umschauen würde. Besonders auffällig ist, dass insbesondre junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit 72% ihre Chancen positiv einschätzen. Noch höher liegt dieser Wert mit 77% in der Gruppe der 30-39-jährigen. Arbeitgeber müssen sich also darauf einstellen, dass sie sowohl inhaltlich und wohl auch finanziell Überzeugungsarbeit für ihr Unternehmen leisten müssen, wenn Sie die richtigen Arbeitskräfte für Ihr Unternehmen gewinnen wollen.

Wie sieht es eigentlich mit der aktuellen Arbeitszufriedenheit aus und wie hat sich diese durch die Corona-Pandemie verändert. Dieser Frage ist forsa im Auftrag von Xing E-Recruiting nachgegangen. Das Ergebnis fällt unterschiedlich aus: Während 18% der Männer den Eindruck hatten, dass sich Corona negativ auf ihre berufliche Situation ausgewirkt hat, waren es bei Frauen mit 28% deutlich mehr. Leider sind aus der Veröffentlichung keine Gründe ersichtlich. Wenig verwundern kann einen die Konsequenz dieser Zahlen: Die Anzahl der Frauen, die sich aktuell einen Jobwechsel vorstellen können, ist im Vergleich zu 2021 um sechs Prozentpunkte auf 38% gestiegen. Also Arbeitgeber: Augen auf, wie es insbesondere Euren Leistungsträgerinnen gerade so geht – es droht Abwanderungsgefahr!

Schon so oft habe ich in diesem Blog darauf hingewiesen, dass Selbstreflexion eine der wichtigsten Kompetenzen für Führungskräfte ist. Es vergeht nämlich kaum ein Monat, in dem nicht eine Studie vorgelegt wird, in der die Einschätzung der Führungskräfte deutlich positiver ausfällt als die der Mitarbeitenden. Eine „heile Welt“ nützt aber nichts, wenn sie nur ein Selbstbild ist und nicht mit der von den Beschäftigten wahrgenommenen Realität übereinstimmt. So werden nämlich die notwendigen Schritte nicht eingeleitet, die wichtigen Themen nicht angepackt und folglich die Mitarbeitenden eher demotiviert. Auch in diesem Monat liegt wieder eine solche Studie auf dem Tisch.

Der Ethik- und Compliance-Berater LRN hat 7.500 Menschen in 14 Ländern zur Kultur ihrer Unternehmen befragt. Das Gefühl der Zugehörigkeit zum Unternehmen schätzten dabei z.B. 83% der Unternehmensleiter als besonders hoch ein. Bei den Mitarbeitenden ohne Führungsverantwortung waren es zehn Prozentpunkte weniger. Sehr vergleichbare Werte ergaben sich auch für Vertrauen und Transparenz. Wir sehen wieder einmal, wie wichtig ehrliches Feed-Back auf allen Ebenen in den Unternehmen ist, denn andernfalls könnte die ein oder andere Führungskraft böse Überraschungen erleben. Es ist also gut und hilfreich, auch sich selbst immer mal wieder in Frage zu stellen.

Schon vor 10 Jahren habe ich Vorträge zum Thema Work-Life-Balance gehalten, in denen moderne „Verfolger“, also z.B. immer blinkende Smartphones, eine große Rolle spielten. „Ich kann nicht abschalten“, ist bei mir bis heute ein häufig vorgetragenes Coachinganliegen.

Da freut es mich in einer Studie des Verbands für Fach- und Führungskräfte (DFK) zu lesen, dass doch zumindest einige Führungskräfte inzwischen Fortschritte in diesem Bereich gemacht haben. Von den 600 Befragten sagten immer noch 75%, dass sie unter der Woche auch abends noch erreichbar sind. 2012 waren das allerdings noch 90% – die Tendenz geht also in eine gute Richtung. Am Wochenende fällt die Tendenz noch deutlicher aus: Waren 2012 noch 70% erreichbar, sind es aktuell noch 47% und ich bin ziemlich sicher, dass wir hier bereits deutliche Auswirkungen des Wertewandels in den jüngeren Generationen sehen. Ähnlich sind die Zahlen bei der Erreichbarkeit im Urlaub, die von 60% (2012) auf 43% zurückgegangen sind. Knapp ein Viertel der Befragten hat erklärt, für sich eine klare Grenze zu ziehen und außerhalb der Arbeitszeiten gar nicht zur Verfügung zu stehen. Eine so klare Aussage tätigten 2012 nur 5%. Der Wandel ist also in vollem Gange und offenbar können sich viele Führungskräfte heute besser abgrenzen als noch vor 10 Jahren. Dazu trägt sicher die zunehmende Digitalkompetenz bei, zu der es auch gehört, die Geräte ruhen zu lassen. Und dennoch sind die Zahlen derer, die sich gesundheitlich beeinträchtigt fühlen, noch immer zu hoch. 49% der Befragten können angesichts der heutigen digitalen Medien schlecht abschalten und 45% sehen darin eine gesundheitliche Belastung. Es ist ein schwacher Trost, dass diese Zahlen vor 10 Jahren noch deutlich höher lagen (78% konnten schlecht abschalten, 67% sahen darin eine gesundheitliche Beeinträchtigung). Das Thema wird also sicher noch eine Weile ein Arbeitsfeld im Coaching bleiben. Ich halte übrigens nicht viel von dem immer wieder mal aufkommenden Ruf nach verbindlichen oder gar gesetzlichen Regelungen im Unternehmen. Viel zu unterschiedlich gehen Menschen mit dem Thema um, es braucht individuelle Lösungen und die kann nur jeder für sich selbst schaffen. Für mich sind wir hier klar im Bereich der Selbstverantwortung.

Zum Schluss noch kurzer Blick auf eine DIHK Umfrage zum Stand der Digitalisierung in Deutschland. Diese kommt – salopp formuliert – nicht voran. Befriedigend bewerteten die befragten Unternehmen auf einer Schulnotenskala den aktuellen Stand der Digitalisierung und mit 2,9 lag der Durchschnittswert unverändert auf Vorjahrsniveau. Ernüchternd, könnte man sagen und natürlich fragt sich, woran das liegt. Die Komplexität vorhandener Systeme wurde mit 39% als größter Hemmschuh genannt, gefolgt von mangelnden zeitlichen Kapazitäten mit 36% und hohen Kosten mit 34%. Es geht also nicht voran, obwohl alle immer wieder die Wichtigkeit des Themas und die zahlreichen damit verbundenen Chancen und Vorteile betonen. Ich lasse das mal unkommentiert.

Ich finde es spannend zu sehen, wie die Auswirkungen des Wertewandels und die Veränderungen der Arbeitswelt durch die Corona-Pandemie immer deutlicher sichtbar werden. Die Herausforderungen für Unternehmer und Führungskräfte werden nicht geringer werden. Spannende Zeiten!

Alle zitierten Umfragen wurden veröffentlicht in der Juni-Ausgabe von managerseminare.

Das Team von MP stockt seine Tierpatenschaften im Wildpark Eekholt auf

Seit mehreren Jahren unterstützt das Team von MP den wunderbaren
Wildpark Eekholt durch Tierpatenschaften. In diesem Jahr haben wir unser Engagement nicht nur verlängert, sondern um eine weitere Patenschaft aufgestockt. Inzwischen freuen wir uns über drei Tierpatenschaften in Eekholt.

Als Coaches ist es immer wieder Teil unserer Arbeit, Menschen mit sich selbst in Kontakt zu bringen, das eigene Erleben bewusst zu machen, zu spüren, wer ich bin und was mit gut tut. Solche Prozesse unterstützt die Natur mit ihrer Schönheit und Vielfalt immer wieder auf besondere Weise. Unsere Natur zu erhalten und vor allem sie für alle Menschen – von klein bis groß – erlebbar zu machen, ist eine Aufgabe, für die wir uns alle engagieren sollten.

Der Wildpark Eekholt ist eine wunderbare Institution in unserer Region, die sich genau dieser Aufgabe verschrieben hat. Die Natur kann man dort in wunderbarer Weise erleben, so dass wir diese Institution sehr gerne unterstützen.

Vielleicht möchten Sie auch Partner des Wildparks Eekholt werden?

Dann finden Sie weitere Informationen zu den Kooperationsmöglichkeiten hier.

Arbeitswelt und Führung: aktuelle Trends und Umfragen, Ausgabe 07.05.2022

Immer mehr scheinen sich die Indizien zu verdichten, dass – wo immer es von der Art der Arbeit her möglich ist – hybrides Arbeiten die präferierte Arbeitsform der Zukunft sein wird. Schon heute ist die Mehrheit der Deutschen, die in Berufen tätig ist, in denen Arbeitsort und -zeit flexibel gestaltet werden können, hybrid tätig.

Die Ergebnisse der aktuellen, globalen Pulse-Studie des Future Forums zeigen für Deutschland eine „Hybrid-Quote“ von 62%, die damit um vier Prozentpunkte über dem globalen Durchschnitt liegt. Damit liegt die Quote immer noch deutlich unter den Wünschen der Mitarbeitenden, denn von diesen wünschten sich sogar 81%, hybrid arbeiten zu können. Besonders viel im Büro arbeiten übrigens nach wie vor die Führungskräfte: 71% der weltweit befragten Führungskräfte arbeiten derzeit drei oder mehr Tage pro Woche im Büro. Und drei von vier Führungskräften, die aktuell im Homeoffice arbeiten, können sich deutlich mehr Zeit im Büro gut vorstellen – ein krasser Gegensatz zu den Mitarbeitenden ohne Leitungsverantwortung, da waren es nur 33%.

Für das Arbeiten im Homeoffice wünschen sich die Beschäftigten mehr finanzielle Unterstützung von ihren Arbeitgebern. Das Trendence-Institut hat 1.800 Menschen befragt und herausgefunden, dass nur 19% Zuschüsse zur Homeoffice-Ausstattung erhalten haben. Zuschüsse zu den laufenden Kosten erhalten nur 9%. Die Erwartungshaltung liegt da doch deutlich höher, denn 38% halten Zuschüsse für PC-Ausstattung und schnelles Internet  für angemessen. Ein Viertel wünscht sich außerdem eine Beteiligung des Arbeitgebers an einer ergonomischen Büroausstattung. ‚Viele Wünsche‘, könnte man meinen, doch realistisch betrachtet, wird man sich annähern müssen, wenn hybrides Arbeiten wirklich die Zukunft ist. Jedenfalls dann, wenn man seine guten Leute binden oder neue gewinnen will.

Denn schon jetzt leidet das Teamklima unter den Auswirkungen der Pandemie. In einer Befragung der HR-Beratung Königssteiner-Gruppe beklagten 26% der Befragten, dass das Teamklima und insb. der Zusammenhalt im Team unter der Krise leiden. Bei jüngeren Mitarbeitenden waren es gar 30%. Homeoffice und Videokonferenzen seien zwar produktiv, aber offenbar weniger geeignet, das Wir-Gefühl und den Zusammenhalt zu stärken. Das hat vielleicht auch damit zu tun, dass virtuelle Führung für viele Führungskräfte eine neue Herausforderung darstellt. Wie wichtig dieses Wir-Gefühl ist, zeigt die Einordnung der Befragten in Bezug auf andere Elemente des Arbeitslebens. 56% der Befragten setzten die Bedeutung des Wir-Gefühls mit ihrem Gehalt gleich, gar 64% mit dem Verhalten ihrer Führungskräfte. 61% empfanden es ebenso wichtig wie ihre individuellen Weiterbildungsmöglichkeiten. Für die Arbeitszufriedenheit und damit die Identifikation mit und die Bindung an den Arbeitgeber ist das Team- bzw. Wir-Gefühl an Bedeutung also kaum zu überschätzen.

Dieser Aspekt nochmals bedeutender, wenn man einen Blick auf die momentane Wechselbereitschaft der Beschäftigten legt. Diese ist aktuell sehr hoch, wie ich bereits in früheren Blogbeiträgen dargelegt habe. Xing-Recruiting hat in der DACH-Region aktuell 2.523 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer befragt und kommt zu dem Ergebnis, dass sich aktuell 37% (vier Prozentpunkte mehr als im Vorjahr) der Beschäftigten vorstellen können, den Arbeitgeber zu wechseln oder dies bereits in die Wege geleitet haben. Spannend ist dabei, dass offenbar auch die Risikobereitschaft der Beschäftigten gestiegen ist. Von den Beschäftigten, die tatsächlich gekündigt haben, hat nämlich jeder Vierte gekündigt, ohne eine neue Stelle in Aussicht zu haben. Die Menschen sind ganz offenbar also nicht mehr bereit, sich „alles gefallen zu lassen“. Die Hauptgründe über eine Kündigung nachzudenken, waren in dieser Studie:

  • Besseres Gehalt 42%
  • Unzufriedenheit mit der Geschäftsführung 38%
  • Unzufriedenheit mit der direkten Führungskraft 30%
  • Interesse an einer anderen Tätigkeit 31%
  • Fehelende Sinnhaftigkeit im Job 26%

Doch wie sah es dann tatsächlich bei denen aus, die auch wirklich gekündigt haben? Für mich wenig überraschend zeigt sich ein anderes Bild, das nicht vom Gehalt dominiert wird. Für die tatsächliche Kündigung gaben die Befragten folgende Gründe an:

  • Unzufriedenheit mit der Führung 28%
  • Work-Life-Balance stimmt nicht 27%
  • Möchte andere Tätigkeit ausüben 24%
  • Gehalt verbessern 19%

Und so zeigt auch diese Studie wieder einmal: Über Gehalt wird viel gesprochen, im Zweifel ist und bleibt es aber nur ein klassischer Hygienefaktor (nach Herzberg). Für die Bindung guter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, eine gute Stimmung, Motivation und Arbeitszufriedenheit sind andere Faktoren deutlich mehr von Bedeutung.

Angesichts von vielen Arbeitgeberwechseln verwundert es nicht, dass auch im Bereich der Personalabteilungen die Nachfrage nach qualifiziertem Personal gestiegen ist. Dem Fachkräfte-Index des Recruiting-Unternehmens Hays zu Folge hat die Nachfrage nach HR-Fachkräften von allen Bereichen am stärksten zugenommen. Vom dritten zum vierten Quartal 2021 stieg dieser Index um 80 Punkte auf 310 Punkte an (Basis 2015=100). Über alle Branchen hinweg war die Nachfrage damit im vierten Quartal 2021 fast doppelt so hoch wie von der Pandemie, also im vierten Quartal 2019. Gute Aussichten also für HR-Fachkräfte sich aktuell eine lukrative und gut bezahlte Stelle aussuchen zu können.

Zum Schluss noch ein anderes Thema, welches die Bertelsmann Stiftung aufgegriffen hat. Sie setzte sich in einer Befragung von 1.026 Führungskräften mit der Frage auseinander, ob es in den Unternehmen eine Geschlechterbenachteiligung gibt oder nicht. Die Ergebnisse fallen sehr eindeutig aus, sind aber nur bedingt ein Grund zum Jubeln:

  • 82% gaben an, in ihrem Unternehmen keine Geschlechterkonflikte zu erleben.
  • 77% glauben, dass in ihrem Unternehmen das Gehalt unabhängig vom Geschlecht gezahlt wird.
  • 70% glauben, dass Diskriminierung bei Neueinstellungen und Beförderungen effektiv vermieden wird.

Kein Wunder also, dass viele verbindliche Regelungen, z.B. Frauenquoten oder gendergerechte Sprache für überflüssig und die Diskussion darüber gar für kontraproduktiv halten.

Einen Unterschied in der Bewertung zwischen männlichen und weiblichen Führungskräften stellten die Studienautoren übrigens nicht fest! Wohl aber einen Unterschied je nach hierarchischer Position im Unternehmen: Je höher die Befragten in der Hierarchie standen, desto weniger Handlungsbedarf sahen sie! Ganz nach dem Motto: „Wo ich das Sagen habe, ist natürlich alles in Ordnung.“

„Das schreit doch alles nach einem Realitätscheck!“, möchten Sie ausrufen? Das kann ich verstehen und genau zu diesem Ergebnis kommen auch die Autoren dieser Studie. Nur liefern sie diesen Realitätscheck leider nicht.

Ich sehe mich außer Stande, die Einschätzungen der Führungskräfte zu widerlegen. Genauso sehe ich mich außer Stande, sie zu bestätigen. Bestätigt sehe ich mich allerdings wieder einmal in meiner These, die mich schon dazu veranlasst hat, zwei Bücher in meiner Reihe „Das knallrote Cabrio“ zu schreiben: Eine der wichtigsten Fähigkeiten für Führungskräfte ist die Fähigkeit zur kritischen Selbstreflexion.

Alle Studien wurden veröffentlicht in der Ausgabe 5/2022 von managerseminare.