Der MP Impuls zum Wochenende

Vor einigen Tagen schickte mir meine Mutter, die inzwischen über 80 ist per Whatsapp ein Video. Es hieß “Gute alte Zeit” und beinhaltete quasi eine zweieinhalbminütige Zusammenfassung der Lebensumstände zur Zeit meiner Kindheit. Ich würde schätzen, die meisten Aufnahmen waren also so ca. 40-50 Jahre alt. Meine Mutter kommentierte es mit: “Das waren noch schöne Zeiten…”.

Einige Highlights: Es gab noch Telefonzellen, die mit 20 Pfenning betrieben werden mussten, dafür gab es keine Handys. Es fuhren noch überwiegend VW Käfer durch die Straßen, dafür wurde in ihnen auch Kette geraucht. Den Familienalltag dominierten Gesellschaftsspiele, virtuelle Welten suchte man vergebens. Wir Kinder spielten vor allem draußen, tobten mit den Fahrrädern herum oder bolzten hinter dem Haus. Elektronik und Computer gab es noch nicht. Im Urlaub führen wir in den Westerwald, etwa 80 Kilometer von zu Hause. Fliegen war nahezu unerschwinglich.

Gute alte Zeit, oder doch nicht? War es wirklich besser als heute oder ist heute alles besser als vor 50 Jahren?

Nein, ich werde keinesfalls melancholisch, aber dieses Beispiel macht so wunderschön deutlich, dass es auf diese Fragen nicht die eine Antwort gibt. Es gibt tausende, wenn nicht Millionen von Antworten, denn jeder beurteilt das durch seine ganz persönliche Brille, mit seinen ganz persönlichen Werten, aus seiner ganz persönlichen Betroffenheit und nach seinen ganz eigenen Gefühlen.

Vielleicht haben Sie Kinder, die in Amerika leben. Dann werden Sie es wahrscheinlich großartig finden, dass Sie ein Telefonat nach USA nicht mehr Tage vorher anmelden müssen, Sie nicht mehr hoffen müssen, dass die Leitung auch wirklich steht, um dann ganz undeutlich die Stimmen Ihrer Lieben zu hören. Heute ist es großartig, mit einem Klick, die Familie jederzeit sprechen und sehen zu können – zoomen Sie mit.

Vielleicht haben Sie es früher immer sehr genossen, Briefe zu schreiben und zu bekommen. Das waren wundervolle idyllische Momente des Schreibens, des Versinkens in den Gedanken an den Freund, der schon auf die Post wartet, die vielleicht Wochen braucht, bis sie ihn erreicht. Die Antwort irgendwann aus dem Briefkasten zu holen und zu lesen, war vielleicht das Highlight des ganzen Monats? Einen PC haben Sie nicht und heute ist jede Email an den Freund auf dem Handy eine echte Quälerei – sowohl beim Schreiben als auch beim Lesen. Dass der Transfer durch die Leitung nur Sekunden dauert, wiegt den Verlust des Schreibens von damals nicht auf. Es fehlt etwas.

Ich könnte zahllose weitere Beispiele anführen und jedes Mal würde wahrscheinlich die eine Hälfte von Ihnen sagen: “Was für ein Blödsinn, den er da schreibt.” Die andere Hälfte aber würde sich zurücklehnen und sagen: “Wie Recht er doch hat…”

Es gibt nicht die gute alte Zeit, damals nicht und heute nicht. In 50 Jahren werden sich die Menschen genauso wie heute wir erinnern und sagen, “weisst Du noch…”.

Sie müssen selbst entscheiden, was für Sie heute besser ist als früher und was für Sie damals besser war als heute. Sie können pflegen, was Ihnen erhaltenswert erscheint. Erinnern Sie sich, was Ihnen gut getan hat und konservieren Sie es. Wir können den Fortschritt und den Wandel der Zeit nicht aufhalten, niemand von uns. Aber wir können selbst und sehr bewusst für uns entscheiden, wie wir damit umgehen. Was wir alles mitmachen und was nicht.

Ich bin absolut sicher, wir alle finden ganz viele Dinge, auf die wir keinesfalls wieder verzichten wollten. Fortschritt ist grundsätzlich zu begrüßen. Aber nichts auf dieser Welt ist nur gut, nichts ist nur schlecht. Sie können innehalten und für sich bewahren, was Ihnen lieb und teuer ist. Allerdings setzt das wie so oft eines voraus – Sie müssen sich mit sich selbst beschäftigen.

Ein Spieleabend mit Freunden wie an Sylvester 1972?

Wer hält Sie davon ab?

Ein schönes Wochenende!

Blitzlicht: Corona ändert die Karrierepläne

Mehr als 3000 Menschen zwischen 16 und 25 Jahren hat das Meinungsforschungsinstitut YouGov befragt. Im Ergebnis gaben 33% der jungen Menschen an, dass der Corona-Ausbruch ihre Karrierepläne geändert habe.

25% gaben sogar an, ihr eigenes Unternehmen gründen zu wollen, wobei 6% dies bereits getan haben. Corona hat die jungen Menschen entweder an ein Problem geführt, dessen Lösung sie zur Unternehmensgründung motiviert hat oder aber sie haben im Lockdown außergewöhnliche Ideen entwickelt, mit denen sie sich selbständig machen wollen.

Großartig möchte man ausrufen, neue Unternehmer braucht das Land! Aber für die bestehenden Unternehmen sollte das auch ein Alarmsignal sein – legt euch ins Zeug und seid offen für Neues, sonst droht ein erheblicher Verlust an Qualität bei jungen Talenten!

Umfrage: Weiterbildungsbedarf wird nicht gedeckt

Obwohl die meisten Mitarbeiter ihren Weiterbildungsbedarf erkannt haben, wird nur ein Teil davon auch wirklich abgedeckt. In einer Studie der Internationalen Hochschule (IUBH) unter mehr als 1200 ArbeitnehmenrInnen gaben zwei Drittel an, dass Sie sich gerne mit neuen Themen, vor allem mit fehlenden digitalen Skills, auseinandersetzen und sich kontinuierlich weiterbilden würden. Häufig kommt es dazu jedoch nicht, wobei ein Hauptgrund fehlende Zeit für Weiterbildung ist, wie 40% der Befragten angaben. Ein Drittel der befragten Führungskräfte gab an, dass im Unternehmen keine entsprechenden Weiterbildungsbudgets vorhanden seien. Auch fehlende Zeit, sich mit den Weiterbildungsangeboten auseinanderzusetzen wurde genannt. Schließlich beklagten die Befragten auch, dass gar keine geeigneten Weiterbildungsmaßnahmen zur Verfügung stehen würden.

Mitarbeiter und Führungskräfte waren sich einig, dass insbesondere im Bereich von IT und Technik ein Weiterbildungsbedarf besteht. 43% der Befragten gaben an, in diesen Bereichen persönlichen Weiterbildungsbedarf zu haben. Auch in den Bereichen Social-Media-Marketing, digitale Businessmodelle und Big Data wurde für die Zukunft eine deutlich steigende Bedeutung attestiert, ohne dass schon ausreichende Kompetenzen geschult seien.

In der Befragung wurde neben den digitalen Kompetenzen auch nach Soft Skills gefragt. In diesem Bereich wurden Konfliktmanagement, Problemlösung und Teamwork als die wichtigsten Bereiche mit Weiterbildungsbedarf genannt.

Spannend ist auch die Studienaussage, dass sich die befragten Führungskräfte gerne mehr Wissen aneignen würden, dass ihnen hilft

-> die eigenen Mitarbeiter weiterzuentwickeln,
-> Stress vorzubeugen,
-> Aufgaben zu delegieren und
-> loszulassen.

Als Anbieter von Weiterbildungsmaßnahmen finde ich es immer schwierig, solche Stufienergebnisse zu kommentieren, da die Gefahr der Eigenwerbung besteht. Deshalb meinerseits nur zwei Anmerkungen.

Zum einen der Hinweis, dass uns das Jahr 2020 sehr deutlich gezeigt hat, wie wichtig digitale Kompetenzen für die Zukunft sind. Die Geschwindigkeit der Ereignisse hat klargemacht, dass mit dem Aufbau nicht erst in der Krise begonnen werden kann. Insofern sollten Unternehmen gerade bei diesen Themen besonders gut überlegen, ob sie weiterbildungswilligen Mitarbeitern diese Weiterbildung nicht auch ermöglichen. Oftmals besteht ja der gegenteilige Effekt, nämlich dass Menschen sich mit Neuerungen, neuen Arbeitsweisen und neuer Technik gar nicht beschäftigen wollen und Schulungen eher “verordnet” werden müssen. Die bestehende Eigenmotivation sollte unbedingt genutzt werden.

Zum anderen ein Hinweis an die Führungskräfte, die sich beim Lesen der obigen blauen Zeilen angesprochen gefühlt haben, weil es ihnen genauso geht. Ihnen kann mit erprobten Mitteln geholfen werden:

Erfolgreich führen mit Coaching-Kompetenz

Sprechen Sie mich gerne an!

mporten@marioporten.de

Blitzlicht: Welche Zusatzleistungen für Arbeitnehmer wichtig sind

Kienbaum hat in mehr als 100 Unternehmen (D/A/CH) fast 5000 MitarbeiterInnen befragt, was Ihnen bei Zusatzleistungen und Benefits des Arbeitgebers wichtig ist.

Die Ergebnisse dürften viele Unternehmen, die in der nahen Vergangenheit viel Geld in große Baumaßnahmen und Standortaufwertungen gesteckt haben, nachdenklich werden lassen. Sie agierten am Trend vorbei.

Schon vor Corona und erst recht danach sind eindeutig am wichtigsten nämlich die flexible Wahl des Arbeitsortes und der Arbeitszeit. Kienbaum stuft diese sogar als “unerlässlich” ein.

Als weitere wichtige Benefits werden Gesundheitsmaßnahmen und Firmen-Smartphones sowie die Möglichkeit von Sabbaticals genannt.

Die Trends liegen also ziemlich kalr auf der Hand und verwundern nicht. Dennoch ist schon der Abschied vom lokalen Büro, in dem ich jeden Tag Zugriff auf meine Mitarbeiter habe, für Führungskräfte mit großen Herausforderungen verbunden. Die Abkehr von geregelten Arbeitszeiten bedeutet des Fokuswechseln von Zeit abarbeiten zu Ergebnisse liefern. Das wird sowohl für die Führungskräfte als auch für viele Mitarbeitenden eine echte Herausforderung werden.

Spannende Zeiten!

Quelle: managerseminare 11/2020

Blitzlicht: Positives Feed-Back wirkungsvoller

Über ein interessantes Experiment der University of Chicago berichtet managerseminare in seiner aktuellen Novemberausgabe. Die WissenschaftlerInnen haben die Wirkung von positivem bzw. negativem Feed-Back auf den Lernerfolg untersucht.

Im Experiment wurden mehr als 1.700 Probanden Fragen gestellt. Während eine Gruppe bei jeder richtigen Antwort eine Rückmeldung bekam (positives Feed-Back), erhielt die andere Gruppe bei jeder falschen Antwort eine Rückmeldung (negatives Feed-Back). Im Anschluss wurden beiden Gruppen die gleichen Fragen nochmals gestellt.

Beide Gruppen konnten im zweiten Durchlauf die Anzahl der richtigen Antworten verbessern. Die Gruppe, die zuvor positives Feed-Back bekommen hatte, verbesserte das Ergebnis jedoch deutlich mehr.

Die Studienverfasser schließen daraus, dass direktes negatives Feed-Back den Selbstwert einer Person bedroht und so ihre gesamte Aufmerksamkeit vereinnahmt, was in logischer Konsequenz den Lernerfolg blockiert.

Für Unternehmen leiten die WissenschaftlerInnen aus der Studie die Empfehlung ab, positives Feed-Back besonders in den Fokus zu nehmen. Außerdem sollte in den Unternehmen verdeutlicht werden, dass ein negatives Feed-Back nach Fehlern keine Bedrohung der Person sondern eine Chance zur Verbesserung darstellt.

Die Ergebnisse sind durchaus interessant, weil sie ein weiteres Mal verdeutlichen, wie wichtig eine auf Anerkennung und Lob basierende Führung ist. Wir sind in Deutschland typischer Weise eher im Modus “nicht kritisiert ist genug gelobt” unterwegs. Hier besteht immer noch erhebliches Potential. Über die Notwendigkeit einer positiven Fehlerkultur insb. auch im Zusammenhang mit den aktuellen Trends des Wertewandels und von New Work habe ich an dieser Stelle schon oft geschrieben. Auch diese Untersuchung belegt wieder einmal, nur wenn es gelingt eine Kultur zu etablieren, in der Fehler erlaubt sind, als positive Lernchance erkannt werden und die Betroffenen nicht mit persönlichen Sanktionen rechnen müssen, werden wir das Potential der Menschen optimal entfalten. Fehler als Chance, das klingt inzwischen schon fast abgedroschen. Überall angekommen ist es trotzdem noch lange nicht.

Der MP Impuls zum Wochenende

Stink sauer knallte mein Klient den Telefonhörer auf die Gabel, sprang aus seinem Sessel auf und zeterte los. Er hatte vielleicht kurzzeitig vergessen, dass ich auch im Raum war, denn ich war als Trainer on the Job nur alle paar Wochen für einen Tag zu Besuch. Er ließ kein gutes Haar an seinem Mitarbeiter, mit dem er gerade telefoniert hatte, die wüsten Details erspare ich Ihnen.

Was war passiert? Mein Klient, immerhin Vertriebschef eines ganzen Bundeslandes in einem Dax-Konzern, hatte seine Mails bearbeitet und eines seines Mitarbeiters gelesen. Ich weiß nicht, was er gelesen hatte, doch noch mit den Augen auf dem Bildschirm griff er zum Telefonhörer, drückte die Schnellwahltaste und keine zwei Sekunden später brüllte er auch schon los. Von einem Gespräch kann man nicht sprechen, es war eher ein etwa dreiminütiger Monolog über Versagen, Dummheit und Faulheit, wobei mein Kunde für diese Begriffe deutlich unschönere Formulierungen fand, die ich nicht wiedergeben möchte.

Nachdem er also weitere fünf Minuten in seinem Büro auf und ab gelaufen war und dabei laut gezetert hatte, kehrte Ruhe ein. Er sah mich an und realisierte, dass ich noch da war, was er auch aussprach.

“Sie sind ja noch da”, sagte er. “Allerdings nur mit Mühe”, gab ich zurück. Danach konnten wir in Ruhe über diesen Vorfall reden.

Aus seiner Sicht hatte sein Mitarbeiter mal wieder viele Ausreden gefunden, um zu erklären, warum seine Verkaufszahlen nicht stimmten. So ging das schon seit Monaten und mein Klient war mit der Leistung seines Mitarbeiters vollkommen unzufrieden. Gespräche gab es schon viele, Besserungen nicht. Die heutige Mail hatte dann das “Fass zum Überlaufen” gebracht und er hatte sich gehen lassen. Vielleicht alles nachvollziehbar – akzeptabel ist es nicht.

Wir können es nicht verhindern. Wenn wir etwas wahrnehmen, laufen automatisch die Vorgänge der Interpretation (wir denken also etwas über das, was wir wahrnehmen) und der Emotion (es löst also ein Gefühl in uns aus) ab. Das passiert vollkommen automatisch und ist nicht steuerbar, auch wenn viele Menschen immer wieder behaupten, Sie hätten ihre Emotionen unter Kontrolle. Wir wissen heute, dass das nicht stimmt. Der gesamte Vorgang dauert etwa eine halbe Sekunde. Ob wir wollen oder nicht, die Emotionen sind einfach da. Der Versuch sie vermeiden zu wollen, ist definitiv zum Scheitern verurteilt.

Bis hier hin ist das auch nicht schlimm, denn noch sind wir auf der inneren Ebene, die Emotionen sind in uns. Erst wenn wir sie rauslassen, dann wird aus der Emotion eine Reaktion mit Außenwirkung und die sollten wir steuern. Genau das hatte mein Klient nicht getan. Er hatte seinen Emotionen, die ausschließlich negativ waren, freien Lauf gelassen, seine Reaktion nicht mehr steuern können und deshalb war ihm die Situation so entglitten.

Was kann uns nun davor bewahren, aus der Emotion raus unangemessen zu reagieren? Das ist relativ einfach, es ist die Zeit! Wenn wir uns etwas Zeit nehmen, flauen die ersten Emotionen ab und wir können viel mehr aus unserem Denken heraus reagieren. Das ist im allgemeinen bewusster, gesteuerter und oft gemäßigter.

Wie also können Sie Zeit gewinnen, hier ein paar Vorschläge:

-> Atmen Sie einmal ganz tief ein und sehr bewusst langsam wieder aus. Das dauert kaum fünf Sekunden und doch werden Sie sofort merken, wie sie die erste Wut regelrecht ausatmen.

-> Stehen Sie auf und gehen Sie einmal zum Fenster, schauen Sie drei Sekunden hinaus. Wenn Sie das im Gespräch tun, wird Sie Ihr Gesprächspartner, über den sie sich gerade geärgert haben, vielleicht sogar fragen, was los ist. Wunderbar, jetzt können Sie erstmal erklären, dass Sie sich gerade ärgern und schon geht weitere Zeit ins Land, die Ihnen hilft, Kontrolle zu behalten.

-> Wenn es “ganz hart” kommt, verlassen Sie den Raum, gehen Sie zur Toilette, holen Sie sich einen Kaffee oder ähnliches. Die gewonnene Zeit und die zusätzliche räumliche Distanz helfen sicher.

-> Falls – wie in meinem Beispiel – ein Mail der Auslöser war, lassen Sie dieses bewusst unbeantwortet, ignorieren Sie es und lesen Sie es am nächsten Tag erneut. In vielen Fällen lesen Sie zwar die gleichen Worte, aber Sie geben Ihnen nicht mehr die gleiche emotionale Bedeutung.

ZEIT ist das einzige Mittel, das uns hilft unsere Reaktionen zu steuern. Was gesagt ist gesagt, der Schaden ist angerichtet. Reaktionskontrolle ist wichtig und bewahrt uns vor vielen unangenehmen Konsequenzen. Nicht umsonst heißt es ja auch, dass man vor wirklich wichtigen Entscheidungen noch einmal darüber schlafen soll. Das ist im Prinzip der gleiche Effekt.

Ich fasse das gern in der BIER-REGEL zusammen:

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!

Der MP Impuls zum Wochenende

„Uff!“, ging es mir durch den Kopf, als ich die Unterlage für den Workshop, den ich in der nächsten Woche moderieren sollte, gesehen hatte. Der Energieversorger einer deutschen Großstadt führte ein neues System leistungsorientierter Bezahlung ein und der Vertriebsbereich wünschte sich die Integration der Zielkarte, die der Vertrieb jährlich ohnehin zu erfüllen hatte, anstatt individueller Ziele, wie sie ansonsten mit jedem Mitarbeiter vereinbart werden sollten.  Die Zielkarte umfasste 15 Einzelziele!

Viele Jahre habe ich auch als Trainer on the job bei großen deutschen Konzernen gearbeitet. Die Hauptaufgabe: Mehr Verkauf möglich machen, also neue Vertriebssysteme in die Praxis umsetzen. Ich war dabei meist in der glücklichen Lage mit den oberen Hierarchieebenen arbeiten zu dürfen und das „glücklicherweise“ beziehe ich nur darauf, dass alles andere noch viel schwieriger gewesen wäre. Wie immer stand am Anfang die Einarbeitung in das System des Mandanten: 12 und mehr Ziele waren die Regel, nicht die Ausnahme. Zusätzlich wurden diese meist noch in ihrer Priorität laufend verändert, fast jede Woche war ein anderes Ziel das wichtigste.

Können Menschen mit solchen Systemen erfolgreich arbeiten? Eher nicht!

Eigentlich sollte der so oft gerühmte „gesunde Menschenverstand“ auch dafür ausreichen, das zu erkennen. Wenn wir es etwas wissenschaftlicher haben wollen, dann können wir auf den amerikanischen Psychologen George A. Miller (1920-2012) zurückgreifen. Er hat bei seinen Forschungen nämlich herausgefunden, dass Menschen nur in der Lage sind sich 7 plus/minus zwei Dinge im Kurzzeitgedächtnis zu merken. Deshalb wird die 7 auch die „Millersche Zahl“ genannt.

Probieren Sie es aus und spielen Sie spontan mit Ihren Kollegen oder Ihrer Familie „Ich packe meinen Koffer und nehme mit…“. Ich behaupte, 5 Dinge konnten Sie sich alle merken, danach begann es schwierig zu werden, acht Dinge hat vielleicht noch der Sieger geschafft, eher keiner.

Nur werden Sie vielleicht einwenden, dass Zielsysteme ja nicht mit dem Kurzzeitgedächtnis zu vergleichen sind und da haben Sie natürlich recht. Ich will auch nicht behaupten, man könne Miller’s Forschungen vollständig und direkt auf Zielsysteme übertragen. Wer jedoch viele Ziele gleichzeitig erreichen soll, der muss seine Aufmerksamkeit eigentlich mehr oder weniger permanent auf sie fokussieren. Und schon sind wir wieder bei Miller, auf mehr als sieben Dinge können wir das nur schwer.

Und vielleicht noch eine Randnotiz: Es heißt sieben plus/minus zwei, was also bedeutet, dass sicher nur die fünf ist. Sie werden schon bei 7 Zielen die ersten haben, die nicht mehr „an Bord“ sind. Sinnvoll ist es also, sich auf fünf Dinge, in diesem Fall Ziele, zu beschränken. Und bitte setzen Sie dann auch keine Unterziele ein, wie ich das so oft erlebt habe. Denken Sie lieber etwas mehr nach, welche Ziele wirklich wichtig sind, vermeiden Sie Komplexität, fokussieren Sie klar, machen Sie die Strategie deutlich und nehmen Sie vor allem alle Ihre Menschen mit!

Weniger ist mehr! An diesem Uraltspruch ist was dran, auch wenn man immer wieder das Gefühl hat, das sei eine noch nie dagewesene Erkenntnis.

Was sind Ihre fünf Big-Points?