Der MP Impuls zum Wochenende

„Monika war so enttäuscht“, sagte meine Klientin. „Ich habe ihr nicht zum Geburtstag gratuliert, aber das war keine böse Absicht.“

Ich wollte mein Coaching eigentlich mit etwas Small-Talk beginnen, dann auf die letzte Sitzung zurückschauen und hören, was sich seitdem bei meiner Klientin so getan hat. Was konnte Sie umsetzen, was bereitete nach wie vor Probleme. Innerlich musste ich schmunzeln, denn mir viel gerade einer der uralten Grundlagensätze aus meiner Coachungausbildung wieder ein: „Folge der Energie.“ Also los!

„Monika?“, warf ich meiner Coachingnehmerin, einer jungen Führungskraft, die ich in ihrer ersten Führungsaufgabe in Langzeitbegleitung hatte, das Stichwort zum weiteren Erzählen zu.

Monika war Auszubildende im ersten Lehrjahr, seit zwei Wochen neu in der Abteilung meiner Coachingnehmerin und hatte Geburtstag gehabt. Den Geburtstag kannte meine Klientin gar nicht und an dem Tag des Geburtstages war sie auch nicht im Hause gewesen – ein wichtiger Auswärtstermin. Als Sie am nächsten Morgen Monika begegnet war, sei diese ganz verschlossen gewesen, sehr reserviert, ja fast hätte man sagen können, schlecht gelaunt. Zunächst habe sie das ignoriert, berichtete meine Kundin, dann aber sei eine andere Kollegin zu ihr gekommen und sie fragte nach, was mit Monika los war.


Es sei ein netter Geburtsgskaffee gewesen gestern Nachmittag, alle waren sie noch für eine halbe Stunde zusammengesessen, hatten Monika „hochleben“ lassen und der Kuchen sei sehr lecker gewesen. „Schade, dass Du diesmal nicht dabei warst!“, schloss die Kollegin ihre kurze Schilderung.

„Klingt doch alles gut, wo genau ist jetzt der Haken?“, fragte ich Petra, meine Klientin.

„Das weiß ich ja auch nicht genau. Ich bin dann zu Monika und habe ihr nachträglich gratuliert. Sie war so enttäuscht, dass ich mich am Vortag nicht gemeldet habe und auch nicht da war. Aber ich wusste ja nicht, dass Sie Geburtstag hat.“

So geht es manchmal im Leben einer Führungskraft – eigentlich hat Petra gar nichts falsch gemacht und doch war ihre junge Auszubildende so enttäuscht von ihr. Dass diese Enttäuschung Petra so belastete, dass sie damit ins Coaching platzte, spricht absolut für sie. So war es ihr auch nicht egal, dass Monika enttäuscht war, verstehen konnte sie es aber nicht.

Ich ahnte, was geschehen war und fragte nach. Viele Fragen später lagen die Fakten auf der Hand und Petra ärgerte sich über sich selbst. Hier also die Auflösung: Petra war in die klassische Erwartungsfalle getappt.

Petra, das war bekannt, legte Wert auf eine gute Stimmung im Team. Sie war jung, engagiert, offen und setzte auf agile Methoden und Freiräume für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Stimmung in Petra‘s Team war super und wenn Du in als Auszubildende in dieses Team kommst, dann galt das als „Joker“. Petra, die so viel Wert auf gute Stimmung im Team legte, führte einen Geburtstagskalender für Ihre Kolleginnen und Kollegen. Einen Geburtstag vergaß sie nie, kam immer sogar persönlich vorbei, gratulierte, setzte sich ein paar Minuten hin und hielt Small-Talk. Den Nachmittag gab sie Geburtstagskindern gerne frei. Wenn Sie nicht im Hause war, rief sie mindestens an. „Geburtstagsmanagement“ bei Petra war vorbildlich!

„Was glaubst Du, wenn ich mal bei den Auszubildenden herumfragen würde, hat sich auch bei Ihnen herumgesprochen, wie Du mit Geburtstagen umgehst?“, fragte ich Petra.

Blöde Frage, Sie haben recht. Petra fand das auch, aber es traf den Kern!

Monika hatte natürlich gehört, wie toll die Stimmung in Petra’s Team war, sie hatte sich gefreut, in der Zeit Geburtstag zu haben, in der sie zu diesem Team gehörte, sie hatte sich auf den Small-Talk mit der Chefin gefreut, kurz: Sie hatte große Erwartungen an diesen Tag, die allesamt enttäuscht wurden.

„Das wollte ich doch nicht“, sagte Petra – nein, natürlich nicht. Aber wir sind für unser Tun verantwortlich und dazu gehört eben auch das, was wir nicht tun. Klingt paradox, ist aber so.

„Wer Erwartungen hat, kann enttäuscht werden.“

So lautet eine alte Weisheit und enttäuschen will eigentlich niemand, schon gar nicht als Führungskraft. Manchmal aber ist uns gar nicht bewusst, welche Erwartungen wir aufgebaut haben und dann passiert uns genau das. So war es Petra ergangen. Ohne es zu wollen, hatte sie große Erwartungen aufgebaut und diese waren wie ein Bumerang wieder vor ihren Füssen gelandet.

Unser wichtigstes Handeln ist manchmal genau das, was wir gerade nicht tun. Damit enttäuschen wir Erwartungen und wie immer gilt: Das war gar nicht unsere Absicht, aber das schützt uns nicht vor negativen Auswirkungen!

Petra konnte viel Positives aus diesem Coachingtermin mitnehmen und damit ihr so ein ungewollter Fauxpas nicht noch einmal passiert, baute sie gleich zwei Routinen in Ihr Verhalten ein, die sie bis heute sehr erfolgreich umsetzt:

Bei jedem Neuzugang im Team, egal wie befristet er ist, lässt sie sich vorab den Personalbogen schicken und hat damit alle relevanten Daten. Außerdem nimmt sie sich immer Zeit für ein längeres Gespräch am ersten Arbeitstag und thematisiert was ihr wichtig ist und auch, dass manchmal etwas schief gehen kann, ohne dass damit eine böse Absicht verbunden ist.

Ist es Ihnen auch schon mal wie Petra ergangen?

Wessen Erwartung haben Sie enttäuscht, ohne es zu wollen?

Wie hätten Sie diese Enttäuschung verhindern können?

Was lernen Sie daraus für die Zukunft?

Wer hat aktuell gerade Erwartungen an Sie und wie gehen Sie damit gerade um?

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!