Der MP Impuls zur Selbstreflexion vom 03.06.2023

Seit mehreren Jahren habe ich auf meinem Schreibtisch einen Abreißkalender stehen, der für jeden Tag im Jahr einen neuen Spruch bereithält. Manchmal sind das Sprüche, von denen ich denke: „Wow, da kann man echt drüber schmunzeln“, und manchmal sind das Sprüche, von denen ich denke: „Na ja, den hätts‘ jetzt nicht gebraucht.“ Manchmal aber sind das auch Sprüche, von denen ich sage: „Klasse, in wie wenig Worte man so eine tolle Botschaft kleiden kann!“

So ein Spruch begegnete mir vor zwei Tagen und deshalb möchte ich unbedingt für Sie daraus einen Impuls zur Selbstreflexion machen. Der Spruch lautet:

All we have is now.

Ist das nicht ein toller Satz? Und auf Englisch kommt er in so wenigen Worten auch so gut rüber. Alles, was wir haben, ist der Moment – lebe den Moment.

Viele meiner Coachingnehmer beschäftigen sich immer wieder genau mit diesem Thema, ich selbst auch und ich glaube, allen Menschen geht es so, dass wir uns immer wieder mit dem Moment beschäftigen, nur nicht immer in konstruktiver Weise.

Wie sind denn zum Beispiel Sie heute Morgen aufgestanden? Was waren Ihre Gedanken? Wird das ein toller Tag oder wird das ein Tag voller Probleme? Geht es Ihnen gut, auch wenn vielleicht irgendwo der ein oder andere Muskel oder Wirbel zwickt, oder dominieren sicher die Schmerzen diesen Tag und das wird sicher ganz furchtbar. Ist das Wetter schön oder ist es nicht schön, egal ob es gerade regnet oder die Sonne scheint? Gehen Sie mit offenen Sinnen in den Tag und freuen sich auf alles, was kommt und was Sie erleben werden? Oder gehen Sie eher mit einem klaren Blick auf eine bestimmte Aufgabe los? Sehen Sie, was links und rechts des Weges alles geboten wird, oder sind Sie nur auf das fixiert, was Sie sich für heute vorgenommen haben?

Sie sehen schon, der Moment kann sehr unterschiedlich sein, und ich möchte Sie einladen, den Moment positiv zu sehen und als Kraftquelle zu nutzen. Es ist sicher eine der größten Aufgaben für uns Menschen, mit offenen Sinnen durch die Welt zu gehen. Wenn wir das tun, dann werden wir immer wieder und an jedem Tag Momente finden, die uns Kraft spenden, die uns schöne Augenblicke bescheren und dafür sorgen, dass es uns gutgeht:

Sehen Sie die zwitschernden Vögel am Straßenrand?
Sehen Sie das Licht des Tages, wenn der Morgen erwacht und die Sonne über die Baumwipfel steigt?
Gehen Sie eigentlich morgens zum Sport? Und wenn ja, mit welchen Gedanken gehen Sie zum Sport?

Was spendet Ihnen überhaupt Kraft, wissen Sie das? Ich stelle immer wieder fest, dass, wenn ich meine Coachingnehmer frage: „Was sind Deine Kraftquellen? Was machst Du gerne? Was spendet Dir Kraft?“, ich darauf nicht von jedem sofort eine Antwort erhalte.

Wenn es Ihnen auch so geht, lade ich Sie ein, darüber nachzudenken, denn das ist eine der wichtigsten Fragen, die wir täglich zu beantworten haben. Was tut mir gut, was spendet mir Kraft? Die Krafträuber und die Energieräuber kommen von ganz allein, seien es Stress, manchmal ist es die Familie, manchmal ist es der Beruf, manchmal der Chef, manchmal die Kollegen, manchmal ist es leider auch die eigene Gesundheit oder die, anderer Familienmitglieder. Was auch immer es ist, die Krafträuber kommen und sie sind im Leben auch nicht zu vermeiden. Wie gehen wir mit Ihnen um und ist der Tank, den wir haben, der mit Kraft gefüllt ist, wirklich voll genug aufladen? Überladen können wir den eigentlich nicht genug. Es ist wie ein Akku, er kann ruhig immer voll sein. Das schadet nichts. Ich weiß, die Elektriker werden sagen: Akkus brauchen auch Entladung, aber die kriegen wir ja als Mensch von ganz allein.

Noch eine Überlegung, die ich Ihnen gerne auch mitgeben möchte: Nichts im Leben ist immer gut oder immer schön. Kein Leben verläuft nur in Höhen. Die Tiefen gehören im Leben dazu und wie auch immer sie gerade drauf sind und wie auch immer gerade ihr aktuelles Befinden, ist, ob sie gerade überlastet sind, zu viel Arbeit haben, vielleicht persönlichen Stress oder was auch immer Sie belastet: Der Tag wird den einen oder anderen schönen Moment für Sie bereithalten – Sie müssen ihn nur sehen!

Ich selbst kann von mir sagen, dass ich viele Jahre meines Lebens mit geschlossenen Sinnen durch die Welt gelaufen bin. Ich war immer fokussiert auf meine Aufgabe, immer unter Anspannung, immer belastet und habe die vielen schönen Dinge im Leben links und rechts des Weges nicht oder viel zu wenig wahrgenommen. Und so ging es mir dann auch. Ich war häufig gereizt, selten ein guter Gesprächspartner für meine Familie und immer, wie man so schön sagt, „unter Strom“.

Zum Glück ist das heute anders und ich kann die Dinge links und rechts des Weges und in der Natur viel besser genießen: Das anregende Gespräch mit einem Freund oder einer Freundin, das wohlschmeckende Glas Wein, den Spaziergang am See, meine morgendliche Randrunde in der Natur, das Sitzen in meinem Garten, ein gutes Buch oder das Bauen an meinen Modellen.

Was auch immer es für Sie ist: Suchen Sie sich etwas, das Ihnen Kraft spendet und gehen Sie möglichst viel raus in die Natur. Genießen Sie den Moment, die Natur spendet unglaublich viel Kraft und die Natur ist in ihrer Schönheit nicht zu übertreffen. Sie müssen diese Schönheit nur sehen, die Augen aufmachen. Die Sinne öffnen, um dem Wasser zu lauschen, wenn sie am Meer sind oder am See, dem Rauschen der Bäume, wenn sie im Wald sind und die Tiere links und rechts des Weges sehen. Positive Gedanken – ich weiß, das klingt immer so ein bisschen abgedroschen. „Ich kann doch nicht immer positiv denken“, geht es Ihnen vielleicht durch den Kopf. Aber selbst wenn Sie morgens manchmal aufstehen und es regnet, sind es ihre eigenen Gedanken, in denen sie frei sind, in denen Sie sagen können: „Es regnet, meine heutigen Aktivitäten fallen ins Wasser“, oder aber: „Es regnet. Deswegen leben wir hier in Deutschland und alles ist so grün um uns herum und eben keine Wüste. Dann ändere ich heute eben meinen Plan und mache etwas, was man auch im Regen gut machen kann.“

Mein bester Freund übrigens ist ein wahrer Regenfan. Er würde sich niemals von einem Spaziergang abhalten lassen, nur weil es regnet. Sie kennen den alten Spruch schon: Es gibt gar kein schlechtes Wetter, es gibt nur falsche Kleidung.

Wir haben nur den Moment: All we have is now!

Machen wir das Beste daraus.

Was also haben Sie sich für dieses Wochenende vorgenommen?

Was sind Ihre Aktivitäten, die Ihnen Kraft spenden werden für die nächste anstrengende (oder vielleicht auch nicht anstrengende?) Arbeitswoche?

Welche Sinne wollen Sie in diesen Tagen besonders öffnen?

Und was wollen Sie ganz besonders genießen, was soll Ihnen Kraft spenden?

Mit welchen Gedanken starten Sie in das Wochenende?

Ich wünsche Ihnen ein ganz tolles Wochenende – genießen Sie den Moment!

Arbeitswelt und Führung: aktuelle Trends und Umfragen, Ausgabe 30.05.2023

Fast kein Monat vergeht, in dem nicht neue Befragungsergebnisse rund um das Thema Homeoffice veröffentlicht werden. Das National Bureau of Economic Research legt aktuell eine Umfrage vor, die der Frage nachging, wie durch nicht mehr vorhandene Arbeitswege gewonnene Zeit eingesetzt wird. Durchschnittlich 72 Minuten pro Tag sparten die Befragten durch ihre Tätigkeit im Homeoffice ein. Der größte Teil dieser Zeit wird für längere Arbeit im Homeoffice eingesetzt. Für Deutschland ermittelte diese internationale Studie, dass im Schnitt 65 Minuten Arbeitsweg eingespart wurden, die zu 31 % wieder in Mehrarbeit investiert wurden. Legt man diese Studie zu Grunde, so führt also eine verstärkte Nutzung von Homeoffice zumindest tendenziell zu Mehrarbeit.

Ein wenig erfreuliches Blitzlicht liefert aktuell der jährliche Bericht der Krankenkasse DAK, denn der kommt für 2022 zu Rekordkrankenständen von 5,5%. Dies ist der höchste Wert, den die Kasse seit Beginn ihrer Aufzeichnungen im Jahr 1997 gemessen hat. Beschäftigte fehlten damit im Durchschnitt des Jahres 2022 ihren Arbeitgebern 20 Tage, was einen Anstieg von mehr als 38% gegenüber dem Vorjahr darstellt. Hauptkrankheitsursache waren – sicher auch noch bedingt durch die Folgen von Covid 19 – Atemwegserkrankungen. Wer hier tiefer einsteigen möchte, dem kann ich die im Internet zugänglichen, sehr guten Jahresberichte der DAK nur empfehlen.

Nach wie vor hoch ist der Bedarf an Weiterbildung in Deutschland, jedenfalls wenn man eine aktuelle Umfrage des TÜV-Verbandes, der rund 1.800 Beschäftigte befragt hat, zu Grunde legt. Dabei steht die Vermittlung von Führungskompetenzen – wohl auch aufgrund des aktuellen Wandels von Führung – besonders hoch im Kurs. 51% der Unternehmen vermeldeten großen oder sehr großen Bedarf an der Vermittlung von Führungskompetenzen. 48% sahen Bedarf an Schulungen zur Entwicklung persönlicher Kompetenzen und auch zu Digitalthemen. Durch Corona hat E-Learning einen regelrechten Schub erhalten. Die Befragten in dieser Umfrage setzen dem jedoch ein sehr nachdenkenswertes Ausrufezeichen entgegen: 83% der Befragten finden gerade Präsenzschulungen vor Ort attraktiv oder sehr attraktiv. Weiterbildung ist eben oftmals deutlich mehr als reine Wissensvermittlung.

Zum Thema Weiterbildung hat auch die IU Internationale Hochschule 955 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer befragt. 88% von ihnen gaben an, für Weiterbildungen, die der Arbeitgeber anbietet, motiviert zu sein. Allerdings nahmen 72% weder an Weiterbildungen teil, noch haben sie sich dafür angemeldet – ein eklatanter Widerspruch. Diese mangelnde Teilnahme kann Arbeitgeber nicht zufriedenstellen und stellt mittelfristig sicher auch ein Qualifikationsrisiko dar. Die dafür angeführten Gründe waren sehr vielfältig. Sie reichten von keine Zeit (20%), über zu hohe Kosten bis zu der Aussage, dass man bereits alle Fähigkeiten besitze und daher kein Weiterbildungsbedarf mehr vorhanden sei (immerhin 21%). Beachtenswerte 27% der Befragten gaben an, dass ihr Arbeitgeber keine Weiterbildung anbiete. Sicher zu Recht kommen die Studienautoren dann auch zu der Empfehlung, Unternehmen täten gut daran, für ihre Beschäftigten den finanziellen und den Zeitaufwand von Fortbildungen zu minimieren und den Nutzen deutlich herauszuarbeiten.

Moderne Führung setzt u.a. auf Partizipation und Agilität. Allerdings scheinen diese Führungsprinzipien zumindest noch nicht besonders krisentauglich zu sein, denn in einer Studie des Instituts für Beschäftigung und Employability gemeinsam mit der Beratungsgesellschaft Hays zeigt sich, dass in den aktuellen Krisen eher klassische Führungsinstrumente verstärkt zum Einsatz kommen. Von den 803 befragten Führungskräften haben z.B. 29% die klassische Top-Down-Kommunikation intensiviert. 20% gaben an, dass auch mehr Top-Down-Entscheidungen getroffen wurden als das zuvor der Fall war. Lediglich 10% der Befragten gaben an, dass agile Arbeitsmethoden verstärkt zum Einsatz kamen. Immerhin: 40% gaben an, die Rolle der Führungskräfte habe sich durch die Krise bei ihnen nicht verändert, wobei leider offenbleibt, wie die Rolle bis dahin definiert war. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle gerne noch den Impuls mitgeben, dass zumindest nach meinen Erfahrungen traditionelle Führungsmethoden auch keinesfalls immer schlecht sein müssen und schon gar nicht gilt, dass agile Methoden zwangsläufig immer besser sind. Der Mix machts, die richtige Methode zur richtigen Zeit. Daher sollten wir auch dem Reflex widerstehen, gänzlich in alte traditionelle Führungsmethoden zurückzufallen.

Wie denken Sie eigentlich über Ihre berufliche Zukunft? Ist diese voller großartiger Möglichkeiten oder kommt da nicht mehr viel? Eine Studie des Demographie Netzwerks e.V. macht zumindest mich nachdenklich. Von mehr als 2.250 Befragten zweifelten 41% der Männer und erschreckende 58% der Frauen an ihren Möglichkeiten. Bei Menschen im fortgeschrittenen Berufsalter, also zwischen 50 und 64 (62%) und über 65 (64%) mag ich das noch nachvollziehen. Das allerdings bereits in der Altersgruppe 18-29 mehr als ein Drittel der Befragten (34%) einer Aussage, dass sie in ihrem Berufsleben noch viele Möglichkeiten erwarten, nicht zustimmen konnten, macht mich doch sehr nachdenklich. Ich möchte ja Menschen zufriedener und dadurch auch erfolgreicher machen. Das aber beginnt nahezu immer im eigenen Kopf. Wer täglich mit negativen Gedanken, eigenen Grenzen und Begrenzungen und ohne positive Gedanken zu Werke geht, der wird Zufriedenheit nach meiner Erfahrung nur sehr schwer erreichen können. Da hoffe ich doch sehr, dass sich noch viele Menschen für einen Perspektiv- und Gedankenwechsel gewinnen lassen.

Zum Abschluss noch ein Blick in Richtung künstliche Intelligenz (KI), die durch einige Textgenerierungsprogramme gerade einmal wieder in aller Munde ist. 70% sagen in einer Studie des Branchenverbandes Bitcom, dass Textgenerierung durch KI in Zukunft zum Berufsalltag gehören wird. 51% der Befragten glauben denn auch, dass durch die Unterstützung mit KI weniger Personal benötigt werden wird und 40% glauben sogar, dass manche Berufe ganz verschwinden werden. Ist KI also als ein Segen oder doch ein Fluch – das wird sich zeigen. 29% der Unternehmen schlossen aktuell die Nutzung von KI für sich vollständig aus. Nur jedes sechste Unternehmen plant aktuell, die Software zur Textgenerierung tatsächlich einzusetzen. Wirklich im Einsatz war die Software noch in keinem der mehr als 600 befragten Unternehmen. Ist also alles aktuell nur ein Hype? Warten wir es ab, ob, wann und in welchem Umfang KI einen Siegeszug antreten wird oder auch nicht.

Ich hoffe, liebe Leserinnen und Leser, Sie haben für sich wieder den ein oder anderen Aspekt gefunden, der Ihnen einen Impuls gibt oder den Sie vielleicht vertiefen möchten. Der nächste Beitrag in dieser Reihe erscheint wieder Ende Juli 2023.

Die in diesem Beitrag zitierten Studien wurden veröffentlicht in den Ausgaben 5/2023 und 6/2023 von managerseminare.

Der Erfolg kommt selten von allein.

Das gilt auch für die Veränderung, wenn wir mit unserer aktuellen Situation nicht zufrieden sind.

“Was tust Du, um Deine Situation zu verbessern?”, lautet immer eine wichtige Frage an meine Klienten.

Wir haben es immer selbst in der Hand, unsere Zukunft aktiv und erfolgreich zu gestalten.

Wir müssen es nur tun.

Also, was tust Du?

Der MP Impuls zur Selbstreflexion vom 22.04.2023

„Genieße den Moment…“ stand über einem Bild, dass in einem der sozialen Netzwerke meine Aufmerksamkeit erregte. Das Bild sorgte für ein Lächeln in meinem Gesicht, ich lehnte mich zurück und freute mich mit der Verfasserin dieser kurzen Botschaft, die auch die Fotografin des Bildes war. Es war „nur“ ein Handyfoto.

Doch am besten erzähle ich diese kurze Geschichte der Reihe nach.

Klaudia, Mitte 50, selbständige Kosmetikerin, hatte mich vor ein paar Wochen angerufen, weil eine gute Freundin ihr meine Telefonnummer gegeben hatte. Ob wir uns mal unterhalten könnten, sie brauche Hilfe und vielleicht könnte ich der Richtige dafür sein.

Nichts lieber als das – als Coach gibt es kaum ein größeres Kompliment als das Empfehlungsgeschäft. Schon im Kennenlerngespräch war Klaudia sehr offen gewesen und hatte ihre Situation ausführlich geschildert. Es kam bei ihr gerade viel zusammen: Stress im Beruf, Herausforderungen in der Beziehung, Krankheit eines Elternteils, Schulprobleme eines Kindes und wohl auch eigene Unzufriedenheit mit sich selbst, was allerdings meine Interpretation ist.

„Gut Klaudia, wofür möchtest Du mit mir zusammenarbeiten?“ So lautete auch für Klaudia die Frage nach der Zieldefinition unseres Coachings. Es fiel Ihr schwer dieses Ziel zu formulieren, denn sie war gefangen in ihrer Problemfokussierung. Alles falle ihr im Moment schwer, sie habe kaum Kraft, könne sich nur mit Mühe zu etwas aufraffen und habe kaum noch Spaß an ihren Hobbys. Selbst das Mountainbiken, dass sie immer mit Hingabe und fast täglich gemacht hatte, sei aktuell ohne Freude. Sie fahre zwar, aber Spaß oder gar Freude mache es nicht. Immer mehr ziehe sie sich auch zurück, wolle allein sein und warte oft nur darauf, dass die Tage zu Ende gehen. Ihr Leben sei freudlos, dass fasse es wohl gut zusammen.

Der ein oder andere von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wird nun sicher denken, das klingt sehr nach einem Burn-Out, doch bei diesem Begriff reagierte Klaudia sofort und wiess das Thema weit von sich. Manchmal muss man Begriffe vielleicht umformulieren und so einigten wird uns auf große Erschöpfung. Damit konnte sie gut leben.

„Ok, das habe ich alles verstanden“, sagte ich zu Klaudia. „Deine aktuelle Situation hast Du gut beschrieben, doch nun zurück zu meiner Frage. Wofür arbeiten wir beide zusammen?“ Einige Zeit später stand ein Ziel auf dem Flipchart, dass für einen Business Coach wie mich nicht alltäglich ist, auch wenn ich stets den ganzheitlichen Coachingansatz der vier Lebensfelder (Beruf, Freunde und Familie, Gesundheit und Ich-Selbst) verfolge.

„Ich möchte wieder Freude am Leben haben und positiv in die Zukunft schauen.“

„Die ich rief, die Geister…“, ging es mir für eine Sekunde durch den Kopf. Das ist ein komplexes Thema und wir beide arbeiten nach wie vor daran.

Ohne auf die Details von Klaudia einzugehen, zeigte sich bei ihr die typische Situation, in der sich viele Menschen gerade zwischen 50 und 60 häufig befinden. Die Belastungen kommen von mehreren Seiten gleichzeitig, sie nehmen einem den Freiraum und der Blick geht nur noch auf die Probleme. Bei Klaudia war es vor allem die Krankheit des Elternteils, die sie sehr belastete. Sie hatte keine Geschwister, die Eltern lebten weit weg, sie musste immer wieder reisen, der Fortgang der Krankheit war ungewiss und die damit zusammenhängenden Folgen auch. Sie hatte Kunden verloren, da sie immer wieder Termine absagen musste, der wirtschaftliche Druck war da.

Nun also zurück zu dem Bild in dem sozialen Netzwerk, mit dem ich diesen Impuls begonnen habe. Eine Aufgabe, die ich Klaudia mit auf den Weg gegeben hatte, war, sich im Alltag immer wieder auf die kleinen, schönen und energiespendenden Momente zu fokussieren. Sie sollte wieder lernen, die schönen, die positiven Seiten der Dinge zu sehen. Ihre großen Belastungen waren nicht durch kurzfristige Maßnahmen zu lösen, es würde dauern, die Dinge nach und nach zu ordnen. Was sie sofort tun konnte, war, ihre Gedanken zu ändern und die Dinge, die Ihr gut taten wieder zu sehen, wertzuschätzen und vor allem zu genießen.

Aktuell wusste ich sie auf einer Reise, die sie nur sehr widerwillig angetreten hatte. Sie, die Landfrau, die Fläche liebte und so gerne durch die Landschaft cruiste, war in einer Großstadt. Eine Tagung zwang sie dorthin und auch die Eltern, die wieder ihre Hilfe brauchten, lebten dort.

Das Bild war ein Schnappschuss aus dem Hotelfenster ihres Zimmers, hoch oben im 23. Stock eines Hochhauses. Die Sonne ging gerade auf und spiegelte sich im Fluss, der an dem Hotel voreifloss. Es sah eigentlich aus wie im Urlaub.

Wenig später bekam ich dann auch eine Whatsapp-Nachricht: „Warmer Kaffee, aufgehende Sonne, könnte schöner auch im Urlaub nicht sein…, BG Klaudia“.

Sie war auf dem Weg, die kleinen schönen Momente wieder zu entdecken und wahrzunehmen, ja vielleicht sogar zu genießen. Das ist der erste wichtige Schritt zurück zu sich selbst, wieder entdecken, was mir guttut. Und das sind oft die kleinen Dinge, die dann vieles besser erträglich und unsere Stimmung positiver machen. Unsere Gedanken können wir sofort verändern – Klaudia war auf dem Weg, daher das Lächeln in meinem Gesicht.

Und nun wie immer zu Ihnen, liebe Leserinnen und Leser:

Wie ist gerade ihr allgemeiner Gemütszustand?

Wenn es auch bei Ihnen gerade an Freude und Leichtigkeit im Leben fehlt, was würde Ihnen guttun?

Wofür könnten Sie wieder einmal den Blick öffnen?

Was sind die kleinen Dinge, die Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern?

Denken Sie positiv, die großen Probleme lösen sich nicht auf die Schnelle, aber immer gibt es auch die schönen, die energiespendenden Momente – Sie müssen Sie nur sehen. Fangen Sie doch gleich damit an!

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!

Der MP Impuls zur Selbstreflexion vom 18.02.2023

Mein Klient wirkte schon am Telefon angeschlagen.
„Wie geht’s“? , fragte ich ihn freudig und zurück kam nur ein gequältes: „Geht so.“

So ließ denn unser nächster Coachingtermin auch nicht lange auf sich warten. Dem engagierten jungen Mann, Teamleiter in einem mittelständischen Unternehmen, finanzierte sein Chef ein Coaching, weil er einer seiner Leistungsträger wahr, sehr engagiert und loyal und sein Chef ihn unbedingt langfristig an das Unternehmen binden wollte.

In seinem Coaching wollte er mehr zu sich finden, um damit die Belastungen noch besser steuern zu können, insgesamt ausgeglichener zu sein und zu wirken. Wir waren auch schon gut vorangekommen und der schon am Telefon spürbare Rückschritt passte nicht so recht ins Bild.

Mit gesenktem Blick saß er also einige Tage später in meinem Coachingraum und sprudelte los:
„Ich schaffe gerade nix weg, ich komme gar nicht zu meiner Arbeit. Alle wollen etwas von mir und mit meiner Kollegin von der Beschaffung bin ich auch schon wieder „zusammengerauscht“. Die kriegt einfach die Dinge nicht auf die Reihe und löchert mich ständig mit Fragen. Mein Chef sorgt auch nicht für Klarheit, der müsste mal eine Ansage machen.“

Immer noch viel es meinem Klienten schwer, mich anzusehen und so fragte ich nochmal nach: „Ok, da gibt es also auf der Arbeit ein paar Rückfälle in alte Muster, das hatten wir ja alles schon einmal. Ist noch was, vielleicht im privaten Bereich?“

„Ja, das auch. Meiner Mutter geht es nicht gut, ich habe gerade viel zu organisieren und ich ärgere mich über meine Schwester, die kümmert sich um nichts. Alles bleibt an mir hängen. Und um ehrlich zu sein, am meisten ärgere ich mich über mich selbst – ich war durch unsere Coachings auf einem so guten Weg und jetzt fühlt es sich an, als hätte ich bislang gar keine Fortschritte gemacht. Das macht mich traurig und wütend.“

Nun lagen die Themen also auf dem Tisch und ich kannte sie alle bereits aus früheren Coachingsitzungen, was mich beruhigte. Mein Klient hatte so etwas wie einen „Rückfall“ in alte Verhaltensweisen und das möchte ich keinesfalls abtun. Für ihn war das eine schwierige Situation, mich aber beruhigte, dass keine neuen Baustellen aufgetaucht waren. Die hohen eigenen Ansprüche taten ihren Teil dazu, denn Rückschritte in seiner Entwicklung, so normal sie auch waren und dazugehörten, konnte meine Kunde immer nur sehr schwer akzeptieren. Der Kern aber lag wahrscheinlich mal wieder darin, dass er vergessen hatte, was ihm gut tat, der Akku war leer, so könnte man es bildhaft sagen. Ich hatte also eine Strategie.

„Ich weiß Rückschritte sind nichts für Dich, aber erinnerst Du Dich an die Grafik, die wir in einer unserer ersten Sitzungen gemalt haben?“, fragte ich ihn. Es war das simple Bild gewesen, dass sich alle Menschen für ihre Entwicklung eine linear steigende Gerade wünschen, der Verlauf meist jedoch eine heftige Zickzacklinie ist, die auch deutliche Ausschläge nach unten hat.

„Du meinst die rote gezackte Linie statt der grünen Geraden“, schmunzelte er. „Ja, ich sollte nicht so streng mit mir sein.“

Der Bann war gebrochen, sein Gesichtsausdruck hellte sich auf.
„Um ehrlich zu sein, ich würde sagen, Du bist schlicht urlaubsreif!“, rief ich ihm zu, um im Anschluss noch ein paar Fragen zu stellen.

„Wie oft hast Du in den letzten Wochen in Deinem Lieblingssessel gesessen und klassische Musik gehört?“ Das war eines seiner großen Hobbys, bei denen er sich entspannen konnte.

„Wie oft bist du spazieren gegangen und hast die Natur genossen? Wann warst Du das letzte Mal in der Sauna, die ja so magst, um Dich zu entspannen? Und wann hast Du das letzte Mal mit Deinem Kumpel an Eurem gemeinsamen Modellbauprojekt gebaut?“

Sie, liebe Leser, ahnen sicher die Antworten. In den letzten sechs Wochen hatte nichts davon stattgefunden.

Mein Klient hatte mich nun durchschaut, denn ich hatte zielgerichtet die Aspekte abgefragt, die wir in meinem ganzheitlichen Coachingansatz seinem Feld der „Ich-Zeit“ zugeordnet hatten. Also die Dinge, die er nur für sich und sein Wohlbefinden tat und die seine Kraftquellen waren. In den vergangenen Wochen hatte er ganz offensichtlich auf alle Ich-Zeit verzichtet und seine Reserven waren nun aufgezehrt. Kein Wunder also, dass er „auf dem Zahnfleisch ging“.

„Hör auf!“, blaffte er mich an und ich lächelte – Volltreffer.
„Du hast ja recht, ich habe mal wieder vollkommen vergessen, auf mich Acht zu geben und das ist das Ergebnis. Mist genau, mein altes Muster.“

Das war natürlich eine tolle Formulierung, denn wenn das sein altes Muster war, dann gab es auch ein neues und das konnten wir jetzt gemeinsam reaktivieren. Der Blick nach vorne war wieder möglich und so diskutierten wir die richtige Strategie für die nächsten Wochen.

„Für schwierige Aufgaben und Gespräche habe ich aktuell keine Kraft, ich muss erst den Akku wieder aufladen.“, so das Fazit meines Klienten.

Sein Weg war also für die nächsten zwei Wochen eine Art „Überdosis Ich-Zeit“ und ich musste gar nicht viel tun und lenkte nur mit ein paar Absicherungsfragen. Er nahm sich vor, die nächsten zwei Wochen drei Tage im Homeoffice konzentriert zu arbeiten und an allen Tagen um 16 Uhr Schluss zu machen. Er legte zwei Saunaabende ein und traf sich mit seinem Freund zu einem ausgiebigen Modellbauwochenende. Noch im Coachingraum kaufte er sich online eine neue Live-Aufnahme der Berliner Philharmoniker und strahlte bei dem Gedanken, sie bald anzuhören.

Es erschien mir zielführend, an diesem Tag nicht weiter auf die Lösungen, der natürlich noch im Raum stehenden Belastungen einzugehen. Er sollte dringend klärende Gespräche mit seinem Chef und auch mit seiner Schwester führen. Wir werden nochmal an seinen Delegationsfähigkeiten arbeiten, aber das alles hatte heute keinen Platz.

„Ok, die nächsten zwei Wochen sind also voll mit Ich-Zeit! Das gefällt mir, es klingt nach Auto an der Schnellladestation. Aber danach möchte ich Dich zeitnah wiedersehen, dann arbeiten wir an den Themen, die hinter der aktuellen Situation stehen.“, schlug ich ihm vor.

Und genau so machten wir es dann auch, wir verabredeten uns zwei Wochen später und mein Klient kam an diesem Tag ganz anders durch die Tür und so konnten wir die Themen sehr gut bearbeiten. Für diesen Impuls ist das jedoch nicht mehr von Belang.

Immer wieder erlebe ich in meiner Arbeit, dass Menschen scheinbar vergessen, auf sich Acht zu geben. Sie vergessen, was Ihnen gut tut und steigern sich in ihre Arbeit und ihre selbstdefinierten Probleme hinein. Eine Zeit lang geht das meist ganz gut, dann irgendwann fühlen sie sich vollkommen ausgelaugt und leer. Die Kräfte sind aufgebraucht und der Akku muss dringend aufgeladen werden, doch das geht nur, wenn man sich an seine Kraftquellen erinnert.

Nun also sind Sie an der Reihe:

Wenn Sie sich den eignen Kräftevorrat als Ladeanzeige eines Akkus vorstellen, auf welchem Ladezustand von 1 (so gut wie leer) bis 10 (vollständig aufgeladen) befinden Sie sich?

Wenn Ihr Akku ziemlich leer ist, sollten Sie ihn aufladen. Was sind denn Ihre Kraftquellen, die Ihnen guttun und dazu beitragen, den Akku aufzuladen?

Was davon wollen Sie zuerst angehen und wann ganz konkret?

Wovon sollten Sie aktuell eine Pause machen, um nicht noch mehr Akkuladung zu verlieren?

Brauchen vielleicht auch Sie mal wieder eine „Überdosis Ich-Zeit“?

Ich wünsche Ihnen ein schönes und entspanntes Wochenende!