Der MP Impuls zur Selbstreflexion vom 16.08.2024: Erleben selbst gestalten – olympische Momente

In meinen inzwischen 15 Jahren, die ich als Coach arbeite, kommen immer wieder Menschen zu mir, weil sie gerade „ein Problem haben“, welches sie allein nicht lösen können. Sehr oft ergibt sich schon in den ersten Schilderungen der Klienten eine Situation, in der sie sich als ausgeliefertes Opfer erleben und andere an ihrer Situation schuldsind. Damit ist für mich auch klar, wo ich die ersten Interventionen anzusetzen habe.

Unser Erleben ist immer geprägt durch unsere persönliche Bewertung einer Situation. Wir sind niemals ein ausgeliefertes Opfer, dessen Erleben fremdbestimmt ist. Die wesentlichen Forschungen dazu gehen auf den Biologen Maturana zurück, der den Begriff der Autopoese geprägt hat. Leben bzw. Erleben ist also ein selbstorganisierter Prozess. Diese Überlegungen liegen auch den hypnosysthemischen Konzepten, wie sie in Deutschland allen voran Dr. Gunther Schmidt aber auch anderen entwickelt haben, zu Grunde. Es ist also niemals die Situation, ein Ereignis oder eine andere Person, die für unser Erleben verantwortlich ist, es ist immer unsere Bewertung und unser Umgang mit dieser Situation – wir sind immer selbst für unser Erleben verantwortlich.

Entschuldigung – eine solch eher wissenschaftliche Einleitung sind Sie von mir nicht gewohnt und ich werde auch sofort bildhaft und habe Beispiele für Sie, denn kaum irgendwo kann man diese Selbstbestimmtheit des Erlebens so gut sehen und hören wie bei den Olympischen Spielen.

Hier sind also einige olympische Bespiele aus Paris, wobei ich sehr bewusst auf Namen verzichte, denn es geht hier keinesfalls darum irgendjemanden anzuprangern oder bloßzustellen – menschlich habe ich für jede Reaktion großes Verständnis. Wir werden aber sehen, wie unterschiedlich bei ähnlichen Erlebnissen die Situationsbewertung das Erleben macht:

  1. Eine Schwimmstaffel steht zum Interview bereit, es ist so gut wie sicher, dass sie im Vorlauf ausgeschieden ist. Das große Ziel – olympischer Endlauf – wird ziemlich sicher verpasst. Nach drei eher traurigen Antworten fragt der Interviewer die Schlussschwimmerin, wie Sie diesen Lauf erlebt habe. Die junge Frau bricht sofort in Freudentränen aus und sagt: „ Ich bin bei Olympia, das ist so großartig. Ich habe alles aufgesogen. Ich habe mein Bestes gegeben, es war so ein tolles Erlebnis!“ Auch so kann man ausscheiden.
  2. Eine Schwimmerin erreicht den Endlauf, es ist ein spannendes Rennen, am Ende reicht es ganz knapp nicht für eine olympische Medaille, sie wird Vierte. Als Sie zum Interview kommt, ist ihr die Enttäuschung anzusehen und sie sagt: „4.Platz, das ist halt die erste Verliererin.“
  3. Eine Judokämpferin steht im Halbfinale und kämpft damit um die Medaillen. Leider verliert sie sowohl das Halbfinale als auch den Kampf um die Bronzemedaille. Da im Judo zwei Bronzemedaillen vergeben werden, wird sie damit Fünfte. Im Interview sagt sie schließlich unter Tränen: „5.Platz, das ist wohl der blödeste Platz, ich wollte unbedingt eine Medaille.“
  4. Es ist das Finale über 200 Meter Rücken und als die acht Finalisten anschlagen, wird der Schwimmer in diesem Endlauf trotz persönlicher Bestzeit letzter. Als er zum Interview gebeten wird, strahlt er und sagt: „Ich habe nochmal (persönliche) Bestzeit geschwommen, mehr kann ich nicht wollen.“
  5. Ein Leichtathlet ist 19. geworden und damit auch hinter seinen eigenen Erwartungen zurückgeblieben. Sichtlich enttäuscht sagt er im Interview: „Ich werde Förderung verlieren, muss also in Zukunft mit weniger auskommen und noch mehr leisten.“
  6. Eine Schwimmstaffel erreicht als achte das olympische Finale. Es ist schon klar, dass sie in diesem Finale keine Chance haben wird, um eine olympische Medaille mitzuschwimmen, zu groß ist der Abstand zu den besten Mannschaften. Im Interview sagt einer der Schwimmer: „Ich bin überglücklich, dieses Erlebnis mit den Jungs, wir stehen im olympischen Finale – großartig!“
  7. Kajak-Cross Finale der Frauen: Vier Boote fahren um die drei Medaillen und die Kanutin wird vierte. Ein Fehler an einem Tor führt zu einer Strafe, damit hat sie keine Chance mehr. Sie bleibt als einzige in diesem Endlauf ohne Medaille. Wenige Minuten später ist das Finale der Herren und ihr Landsmann macht es besser und gewinnt die Bronzemedaille. Kaum ist er mit seinem Boot in Ufernähe springt die eben noch unterlegene Sportlerin ins Wasser, schwimmt zu ihm und ist die erste Gratulantin, die ihm um den Hals fällt.

Mit diesen Beispielen, die ich noch um viele weitere ergänzen könnte, möchte ich es bewenden lassen. Ich glaube es wird sehr deutlich, dass es nicht das Ereignis als solches ist, sondern die ganz persönliche Bewertung der Sportlerinnen und Sportler, die das Erleben bestimmt. Und vielleicht ist ihnen auch aufgefallen, dass überall dort, wo der Fokus auf externer Anerkennung (Medaillen, Förderung, etc.) lag, die Bewertung meist negativer ausgefallen ist, als wenn die persönliche Leistung im Fokus stand.

In meiner Arbeit ist oftmals der Durchbruch erreicht, wenn meine Klientinnen und Klienten verstanden haben, dass Sie selbst für Ihr Erleben verantwortlich sind. Das ist keinesfalls immer leicht, denn oftmals war es viel einfacher einem Dritten die Schuld an der eigenen Situation zu geben und darauf zu warten, dass dieser sein Verhalten ändert, damit es auch mir besser geht. Nur passierte das oftmals leider nicht, bequem war diese Haltung trotzdem.

Sich aufzuraffen und selbst aktiv zu werden, Gedanken und Bewertungen zu ändern, Verhalten neu auszurichten und Verantwortung für sich zu übernehmen, ist anstrengend und keinesfalls einfach, weshalb ich jedes Mal aufs Neue großen Respekt vor meinen Klientinnen und Klienten habe. Die Ergebnisse überzeugen dabei immer wieder, denn die Geschichten ähneln sich am Ende immer und lassen sich vielleicht in folgendem Satz zusammenfassen:

„Seit ich kein ausgeliefertes Opfer mehr bin, sondern die Dinge aktiv selbst gestalte, geht es mir viel besser, selbst wenn nicht jeder Tag nur aus Glücksgefühlen besteht.“

Damit wird auch klar, dass es weiterhin negative Gefühle wie Trauer, Wut oder Ärger geben wird. Diese Gefühle sind auch wichtig und gehören zum Leben dazu, die Frage ist nur, ob wir zulassen, dass sie uns dauerhaft beherrschen oder nicht. Es geht nicht um „alle Tage Sonnenschein“, aber um das Bewusstsein, dass wir niemals ausgeliefert und hilflos sind.

Sie, liebe Leserinnen und Leser, haben also die Wahl, wie Sie Ihr Erleben gestalten möchten – sie erzeugen es selbst – Autopoese eben.

Welche der olympischen Geschichten in diesem Beitrag möchten Sie als Ihr Beispiel wählen?

Wann hatten Sie zum letzten Mal das Gefühl ausgeliefert und hilflos zu sein? Wie sind Sie dieser Situation entkommen?

Welche Geschichte würden Sie mir erzählen, wenn ich nach einem Erlebnis fragen würde, dass sich wie eine Niederlage anfühlte, Sie aber großartig gemeistert haben?

Welche Situation steht Ihnen vielleicht in naher Zukunft bevor, bei der Sie sich schon im Vorfeld klar machen könnten, wie sehr Ihr Erleben dieser Situation von Ihrer Bewertung abhängen wird?

#selbstreflexion

#coaching

#wochenendimpuls

Manchmal reicht ein Zitat völlig aus, um einen Impuls zum Nachdenken zu geben. Deshalb möchte ich zu dem Zitat von Thomas Bach auch gar nicht viel schreiben.

Danke, lieber Thomas Bach für sicher intensive und anspruchsvolle Jahre im Amt des IOC-Präsidenten, in dem vorprogrammiert ist, dass man es nicht allen recht machen kann. Meinen Respekt auch dafür, den Weg frei zu machen für neue Impulse zur rechten Zeit. Wenn die Idee wichtiger ist als die persönlichen Privilegien oder die persönliche Karriere, dann handelt man wie Sie es gerade tun. Chapeau!

Wo, liebe Leserinnen und Leser, ist Ihre Zeit vielleicht abgelaufen und es wäre besser, den Weg frei zu machen?

Wo könnten Sie neue Ideen einbringen und die Sache, welche auch immer es ist, voranbringen und sollten sich deshalb dort engagieren?

Ich wünsche Ihnen eine schöne Woche!

#coaching

#selbstreflexion

#zufriedenheit

Auch für den heutigen Impuls bemühe ich nochmals die olympischen Spiele in Paris und dabei konkret die Goldmedaille von Oliver Zeidler im Rudern.

Rückblick: Schon vor drei Jahren in Tokyo war Zeidler der große Favorit auf die Goldmedaille, der amtierende Weltmeister im Einer, der fast alle Rennen der Saison dominiert hatte. Er war die „Bank“ auf eine Goldmedaille für den deutschen Ruderverband. Doch dann kam alles ganz anders – der ein oder andere erinnert sich vielleicht. Es sind widrige Bedingungen auf der Ruderstrecke, windig und mit Wellengang. Zeidler patzt und scheidet für alle – auch ihn selbst – völlig überraschend im Halbfinale aus. Der große Favorit, der im Kopf vieler Experten schon Olympiasieger war, erreicht nicht einmal das Finale der besten sechs Boote und gewinnt schließlich das B-Finale und wird Siebter.

Drei Jahre später in Paris ist alles anders: Es ist „Zeidler-Wetter“ wie ein Kommentator und auch sein Vater, der auch sein Trainer ist, bemerkt. Ruhig liegt das Wasser da, windstill und sonnig sind die äußeren Verhältnisse. Bereits im Halbfinale hat Oliver Zeidler „einen rausgehauen“: Er rudert olympischen Rekord – nie zuvor war ein Boot schneller auf den olympischen zwei Kilometern unterwegs. Er ist wieder der – scheinbar unschlagbare – Goldfavorit.

Dann ein Störfaktor – einer der Ruderer wird in eine Buspanne verwickelt und ist nicht rechtzeitig vor Ort. Der Start wird nochmals um eine Stunde verschoben. So ist es schließlich das letzte Ruderrennen der olympischen Spiele von Paris als die sechs Boote des Endlaufes schließlich auf den Startpositionen stehen. Vier Abschnitte von je 500 Metern, so haben wir vorher vom Vater und Trainer gehört, so teilt sich Olver Zeidler die Strecke ein. Für jeden Abschnitt haben sie einen konkreten Matchplan ausgearbeitet. Zeidler braucht die Pläne nicht: Es wird ein überlegener Start-Ziel-Sieg – er rudert an diesem Tag in einer anderen Liga, niemand kann ihm folgen! Als die Uhr schließlich stehen bleibt hat er überragende 5,5 Sekunden Vorsprung vor dem Gewinner der Silbermedaille und man hatte nicht den Eindruck, dass er auf den letzten Metern noch voll durchgezogen hat. Es ist ein Triumph – Gold für Zeidler – Olympiasieg!

Nach dem Rennen folgen die Interviews und die Reporterin hat auch Fragen zu Tokyo vor drei Jahren, der großen Niederlage und natürlich dazu, was diesmal anders war. Schließlich fragt Sie Zeidler:

„War das vielleicht Ihre größte Leistung, mental aus dem Loch von 2021 wieder rauszukommen und im Kopf wieder klar und bereit zu sein?“ Zeidler bejaht.

Da steht er, dieser 2,01 Meter große Modellathlet, austrainiert und muskelbepackt. Natürlich hat er auch körperlich sicher viel gearbeitet, sein Boot optimiert und vieles mehr, doch wir alle sind live dabei, als Zeidler der ganzen Welt die Botschaft sendet: Erfolg entsteht vor allem im Kopf!

Vor welchen Herausforderungen stehen Sie gerade? Was sind Ihre Gedanken? Denken Sie Erfolg?

Welche „großen Niederlagen“ gab es schon einmal für Sie und wie sind Sie im Kopf damit klargekommen?

Wer oder was könnte Ihnen helfen, im Kopf klar zu sein und sich auf Erfolg zu fokussieren?

#positivegedanken

#coaching

#selbstreflexion