Arbeitswelt und Führung: aktuelle Trends und Umfragen, Ausgabe 29.04.2021

Langsam aber sicher zeichnet sich durch das fortschreitende Impfen die Zielgerade der Corona Pandemie ab, auch wenn nach wie vor unklar ist, wie das konkrete neue Zusammenleben im Detail aussehen wird.


Für viele Unternehmen geht es insbesondere um die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang arbeiten im Home-Office auch nach Corona fortgesetzt werden soll. Das Beratungsunternehmen Korn Ferry hat dazu mehr als 4000 Unternehmen weltweit befragt. 42% dieser Unternehmen planen das Arbeiten von zu Hause in bestimmten Bereichen auch nach der Pandemie weiterhin zu gestatten. Vor allem Mitarbeitende aus den Bereichen IT, Personal, Finance und Recht dürfen sich freuen. Für diese Bereiche planen sogar zwei Drittel der Unternehmen weiterhin das Arbeiten im Home-Office zu ermöglichen. 64% wollen zudem die Beschäftigten aus dem Bereich Marketing und ihren Managern einen Wechsel zwischen Büro und Home-Office erlauben. Ganz anders sieht es hingegen in den Produktionsbereichen aus, in denen sich 72% der Unternehmen nicht vorstellen können, auf eine Anwesenheit am Arbeitsplatz vor Ort zu verzichten.

In der gleichen Umfrage wird nach wie vor auch deutliche Kritik an den bestehenden Home-Office Lösungen geübt. Viele dieser Lösungen wurden im Jahr 2020 notdürftig „aus dem Boden gestampft“ und bislang wurde noch nicht signifikant nachgebessert. So ergab die Umfrage, dass 72% der befragten Unternehmen sich nicht um die Internetanbindung ihrer Mitarbeiter kümmern, 74% der Unternehmen keinen Zuschuss zu den Telefonkosten zahlen und 90% sich auch nicht an den Stromkosten beteiligen. Lagern die Unternehmen ihre Arbeitsplätze jedoch in Home-Offices aus, so sind diese Fragen für die betroffenen Arbeitnehmer sicherlich von Bedeutung und müssen für die Zukunft gelöst werden, wenn Arbeiten im Home-Office wirklich zu einem nachhaltigen, akzeptierten Arbeitsmodell werden soll.


Wir können also davon ausgehen, dass das Home-Office auch zukünftig deutlich stärker als vor der Corona Pandemie als Arbeitsform genutzt wird. Dann gewinnt eine Befragung der TU Darmstadt von mehr als 1000 Beschäftigten an Bedeutung. Die TU Darmstadt hat nämlich herausgefunden, dass die Beschäftigten umso produktiver arbeiten je mehr sie mit ihrer eigenen Wohnsituation zufrieden sind. Weniger von Bedeutung war die Art der Arbeit oder etwa auch die Anzahl der im Haushalt lebenden Kinder. Je zufriedener die Befragten mit der Lage und Ausstattung ihrer Wohnung waren desto produktiver empfanden sie ihre Arbeit im Home-Office. Auch gemeinschaftliches Arbeiten hat sich weniger als Hindernis erwiesen, im Gegenteil: Es waren eher Singles, die sich schwer taten im einsamen Home-Office produktiv zu arbeiten.


Für die Unternehmen, die auch zukünftig auf das Home-Office als Arbeitsform setzen, dürfte auch das Ergebnis des aktuellen HR Monitors des Marktforschungsinstituts Trendance von Bedeutung sein. Für diesen HR Monitor werden monatlich rund 2000 Personen befragt. Die Umfrage ergab, dass Beschäftigte mit akademischem Hintergrund sich durch die Coronakrise zunehmend mental stark belastet fühlen. Im Vergleich zur Vorbefragung im Oktober ist aktuell eine Steigerung von 15% erkennbar. Auch die Beschäftigten ohne akademischen Hintergrund zeigen einen ähnlichen Verlauf, wobei der Anstieg nicht ganz so stark ausfällt (von 45 auf 57%). In beiden Gruppen fürchtete etwa ein Drittel der Befragten, auf lange Sicht dem vorhandenen Stresspegel nicht gewachsen zu sein.  Die Studienautoren zogen daraus den Schluss, dass es höchste Zeit für die Arbeitgeber wird, jetzt gegenzusteuern und ihren Arbeitnehmern entsprechende Hilfsangebote anzubieten. In den meisten Unternehmen scheint das bislang allerdings nicht der Fall zu sein, denn nur 14% der angestellten Akademikerinnen und Akademiker und gerade einmal 6% der Beschäftigten ohne akademischen Abschluss haben bislang eine Unterstützung hinsichtlich ihrer mentalen Gesundheit angeboten bekommen. In den Unternehmen dominieren offenbar die Leistungen hinsichtlich eines Infektionsschutzes, wie etwa das Bereitstellen von Masken.

Vor diesem Hintergrund verwundert es auch nicht, dass aus dem aktuellen DAK-Report für den die Daten von 2,4 Millionen Erwerbstätigen untersucht wurden, eine Erhöhung des Krankenstandes für das Jahr 2020 hervorgeht. Die Mitarbeitenden fehlten durchschnittlich rund 15% länger, wobei Rückenschmerzen und Anpassungsstörungen die Hauptursachen waren. Diese Erkrankungen sind offenbar auf Home-Office und Isolation zurückzuführen. Unternehmen sollten bedenken, dass derartige Krankheitsbilder oft mit deutlich längeren Fehlzeiten verbunden sind, als zum Beispiel ein normaler Schnupfen. Es macht also absolut Sinn die Mitarbeitenden mit entsprechend ergonomischen Büromöbeln und weiteren Maßnahmen zur Isolationsvermeidung zu versorgen.

Die genannten Maßnahmen sind auch vor dem Hintergrund, dass die wenigsten Unternehmen in Zukunft einen Stellenabbau planen, von Bedeutung. Der Personaldienstleister Robert Half hat insgesamt 1800 Personalverantwortliche aus sechs Ländern befragt, davon 300 aus Deutschland. Aus seiner Befragung geht hervor, dass nur 2% der Unternehmen für 2021 geplant haben, ihre Stellen zu reduzieren. Zwei Drittel hingegen gehen von einem Erhalt der Arbeitsplätze aus und 17% der Befragten gehen sogar von einem Stellenaufbau aus. Hintergrund ist vor allem die positive Prognose für das Jahr 2021, denn 72% der Umfrageteilnehmer aus Deutschland sind zuversichtlich, dass das wirtschaftliche Wachstum in diesem Jahr wieder an Fahrt aufnimmt. Wenn wir jedoch davon ausgehen, dass die Unternehmen planen, ihre Beschäftigten weitgehend zu halten oder sogar auszubauen, rückt die Gesundheit der bestehenden Belegschaft besonders in den Fokus.

Vor diesem Hintergrund ist es auch verwunderlich, dass in vielen Unternehmen aktuell die Weiterbildung vernachlässigt wird. Der Stifterverband für die deutsche Wirtschaft und das Beratungsunternehmen McKinsey haben dazu 550 Führungskräfte und Personalverantwortliche in deutschen Unternehmen befragt. 70% von ihnen gaben an, dass seit dem Ausbruch der Pandemie weniger Budget für Weiterbildung zur Verfügung steht. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund des sprunghaft gestiegenen Weiterbildungsbedarfs in den Bereichen Digitalisierung und des Digital-learnings bedenklich. Immerhin scheint in den meisten Unternehmen inzwischen die mangelnde Weiterbildung in den Fokus der Geschäftsleitungen zu rücken, denn 84% der Befragten gaben an, dass das Thema Fort- und Weiterbildung auf der Vorstandsagenda steht. An der Umsetzung hapert es jedoch ganz offensichtlich. 35% der Personalverantwortlichen machen sich ernsthaft Sorgen, weil es nicht nur am Geld, sondern auch an der Zeit der Beschäftigten für entsprechende Weiterbildungsmaßnahmen fehlt. Zwei von fünf Führungskräften bezeichneten diese als Mangelware.


Zum Abschluss der aktuellen Umfragen noch einen Blick auf ein anderes Thema. Die aktuelle Diskussion um die Corona Pandemie, die Veränderung der Arbeitsformen und allen voran das Thema Home-Office lassen einige Bereiche, in denen auch spannende Veränderungen des Arbeitslebens stattfinden, derzeit in den Hintergrund rücken. Zu diesen Bereichen gehört unter anderem der Bereich der künstlichen Intelligenz. Die internationale Hochschule Bad Honnef hat rund 500 Beschäftigte befragt und kommt zu dem Ergebnis, dass drei Viertel von ihnen der Meinung sind, ihre Arbeit könnte mithilfe von künstlicher Intelligenz effizienter gestaltet werden. Allerdings tun sich offensichtlich viele Unternehmen mit der Umsetzung zum Thema künstliche Intelligenz noch sehr, denn nur 14% der Befragten gaben an, dass in ihren Unternehmen bereits künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt. Fast die Hälfte hat sich mit dem Thema noch gar nicht beschäftigt. Ein Grund für diese zögerliche Auseinandersetzung scheint zu sein, dass es in vielen Unternehmen schlichtweg am Knowhow zum Thema künstliche Intelligenz fehlt. Ein Indiz dafür ist, dass über zwei Drittel der Befragten ausgeführt haben, nicht über die notwendigen Kompetenzen in diesem Bereich zu verfügen. Daran würden die Umfrageteilnehmer gerne etwas ändern, wenn ihr Unternehmen entsprechende Weiterbildungsmaßnahmen zu diesem Thema anbieten würde. Allerdings war das nur bei 20% der Befragten der Fall. Die Mitarbeiterrinnen und Mitarbeiter scheinen also vor künstlicher Intelligenz keine Angst zu haben, sondern eher auf sie zu warten, weil sie sich von ihr eine deutliche Unterstützung in ihrem Arbeitsleben versprechen. Vielleicht ist es sogar verständlich, dass angesichts der aktuellen Entwicklungen in der Corona Pandemie dieses Thema im Moment nicht so sehr im Fokus der Unternehmen steht. Eine Zukunft ohne künstliche Intelligenz scheint jedoch nur noch schwer vorstellbar, so dass auch hier ein Nachholbedarf für die Unternehmen besteht.


Die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt bleiben spannend, denn im Moment zeigen aktuelle Umfragen sowohl vor als auch Nachteile auf. Viele Unternehmen arbeiten an der Lösung der aufgeworfenen Fragen – nachhaltig realisiert erscheinen diese bislang jedoch in den wenigsten Fällen. Das ist ja auch das Schöne an großen Veränderungsprozessen: Sie sind spannend und zeitintensiv, eher ein Marathon als ein Sprint.

alle zitierten Statistiken  wurden veröffentlichet in:
managerseminare 05/2021

Überflüssige Meetings

Die Corona-Pandemie wird vieles verändern, diese Stimmen häufen sich wohl zu Recht. Nur was sich ändern wird und wie genau die Veränderungen aussehen werden, das ist – trotz zahlreicher Stimmen, die glauben, das alles bereits genau zu wissen – jedenfalls für mich noch nicht absehbar.

Die aktuelle Krise sollte auf jeden Fall Anlass zu sein, genau zu überlegen, womit wir weitermachen wollen und womit nicht. Ein kleiner Ausschnitt, auf den ich aufgrund aktueller Umfrageergebnisse mal wieder den Blick richten möchte, sind Sitzungen oder neudeutsch Meetings.

Ich selbst habe in meinem Leben unzählige Stunden in Sitzungen verbracht, in völlig ineffizienten Veranstaltungen, in denen oft schon vor Stunden alles gesagt war, aber noch nicht von jedem. In Veranstaltungen, die je drei Stunden An- und Abreise erforderten, obwohl schon vor der Sitzung aufgrund klarer Mehrheitsverhältnisse alle Entscheidungen feststanden. In Sitzungen, die gerne mal acht Stunden dauerten, obwohl alle übermüdet waren und der Arbeitsmodus längst vollkommen ineffizient war. Zum Glück für mich ist das alles inzwischen mehr als 10 Jahre her. Geändert hat sich allerdings anscheinend seitdem wenig, wie diverse Umfragen immer wieder belegen.

In einer aktuellen Befragung der Personalberatung Korn Ferry unter fast 2000 Befragten, die managerseminare in seiner Aprilausgabe veröffentlicht, gaben 67% der Beschäftigten an , das Gefühl zu haben, zu viel Zeit in Meetings zu verbringen. Dies wird umso bedeutsamer, weil offenbar bei den meisten bereits die Erkenntnis vorherrscht, das dies gar nicht sinnvoll ist. 64% der Befragten gaben nämlich gleichzeitig an, dass sie persönliche Gespräche für sinnvoller halten.

Dennoch traut sich offenbar kaum jemand, Meetings fernzubleiben. Ein Drittel der Befragten gab an, auch an Sitzungen teilzunehmen, bei denen bereits vorher feststeht, dass sie gar nicht sinnvoll sind. Auch eine Quantifizierung bringt die aktuelle Studie hervor, denn jeder fünfte der Befragten gab an, pro Woche fünf Stunden in unproduktiven Besprechungen zu verbringen. Machen wir also ein einfaches Rechenbeispiel mit einer unterstellten 40 Stunden Woche.

5 von 40 Stunden = 12,5%

Wenn nun also 20% der Arbeitenden 12,5% Ihrer Wochenarbeitszeit in unproduktiven Besprechungen verbringen, in denen meist auch noch nicht einmal Entscheidungen getroffen werden, die ein konkretes Weiterarbeiten ermöglichen, dann ergibt das 2,5% unproduktive Personalkapazitäten. anders ausgedrückt: Statt mit 100 Mitarbeitern kämen Sie auch mit 97-98 aus. Die Multiplikation mit den Jahrespersonalaufwänden zur Ermittlung des Gewinnsteigerungspotentials überlasse ich Ihnen. Wenn wir dann noch bedenken, dass wir zu den 20%, die 5 Stunden angaben, noch zahlreiche weitere Stunden hinzuzählen müssen (Dunkelziffer, weniger als 5 Stunden), wird schnell klar, dass ein noch viel größeres Potential zur Effienzsteigerung in diesem Thema schlummert.

Ich weiß nicht, ob uns die aktuelle Krise lehrt, mit unserer wertvollen Arbeits- und Lebenszeit künftig besser umzugehen. Zu viele Unternehmer, die ja alle Kaufleute sind und am Ende vom Gewinn leben, hätten schon lange Anlass gehabt, dies zu tun. Es passierte bislang jedenfalls nichts oder viel zu wenig. Die aktuelle Kontaktreduzierung lehrt uns vielleicht, was alles ohne direkten Kontakt möglich ist. Wie viel (sinnlose) Reisezeit wir einsparen können, wenn wir technische Möglichkeiten besser nutzen. Vielleicht lehrt Sie uns aber auch, wie wertvoll der persönliche Kontakt und das persönliche Gespräch sind, auf das wir gerade so sehr verzichten müssen.

Eines offenbart die Krise mit Sicherheit nicht, nämlich dass uns Meetings fehlen. Was immer auch in der Arbeitswelt konkret an Veränderungen eintreten wird – für dieses Thema habe ich Hoffnung auf Besserung!

Unsere Tipps für effizientere Besprechungen stellen wir Ihnen gerne zu Verfügung. (bitte kurzes Mail).