Der MP Impuls zur Selbstreflexion vom 07.01.2023

Es ist der Abend des 03. Januar 2023, an dem traditionell der erste Sport-Weltmeister des Jahres gekürt werden soll – im Darts, wieder einmal ein Tag, an dem wir alle vom Sport lernen können, wobei die Geschichte des neuen Weltmeisters Michael Smith, Spitzname Bully Boy, ganz verschiedene Facetten als Lernchancen bietet.

Die West Hall des Alexandra Palace im Norden Londons ist wie immer ausverkauft, als sich nach einem ausgeglichenen Beginn zwischen dem Favoriten Michael van Gerwen (Nummer 3 der Weltrangliste) aus den Niederlanden, der ein überragendes Turnier gespielt und sowohl Viertel- als auch Halbfinale zu null gewonnen hat, und dem Herausforderer Michael Smith (Nummer 4 der Welt) aus England, der in Runde 3 nur knapp der Niederlage gegen Deutschlands Nummer 2 Martin Schindler entging, der Showdown anbahnt. Im Laufe des hochklassigen Duells, in dem unter anderem das beste Leg aller Zeiten mit einem perfekten Spiel (9-Darter) von Smith gespielt wurde, wurde der Engländer immer überlegener. Schon minutenlang skandierten die Fans in Anlehnung an einen Fußballsong: „Darts is coming home“ und als Smith schließlich den zweiten Matchdart zum 7:4 Satzerfolg in der Doppel 8 versenkte, gab es kein Halten mehr – weder bei den Fans in der Halle noch bei Michael Smith selbst – doch der Reihe nach.

Die Karriere des Michael Smith aus St. Helens begann eigentlich mit einem Unglück, denn als 15-Jähriger stürzte er mit dem Fahrrad und brach sich die Hüfte. Die Informationen, ob er 16 Wochen lang im Rollstuhl saß oder an Krücken ging, gehen auseinander. Jedenfalls durfte er sich kaum bewegen und begann aus Langeweile mit dem Darts. Dabei bewegt man idealerweise nur den Wurfarm, der Rest des Körpers bewegt sich möglichst nicht. Er entdeckte schnell sein Talent, wurde besser und besser, begann die ersten Turniere zu spielen und zu gewinnen.

So bietet uns schon Michaels Einstieg in den Dartssport die erste Chance der Selbstreflexion. Rückschläge und Unglücke sind im Leben leider unvermeidlich. Wie wir damit umgehen, können wir selbst entscheiden. Wir können ins Jammern verfallen oder ins Selbstmitleid. Wir können aber auch die Chance suchen, die sich jetzt vielleicht bietet, die Situation annehmen und das Beste aus ihr machen. Jede Krise ist auch eine Chance – wir müssen sie nur sehen. Wer weiß, was aus Michael Smith, gelernter Tischler, geworden wäre, wenn er nicht zufällig sein Talent entdeckt hätte.

Schnell begann Michael Smith auch im Profi-Darts Spuren zu hinterlassen und erste Turniere zu gewinnen. Alle Experten würdigten sein Talent, allen voran Gary Anderson. Der Schotte, selbst Doppelweltmeister der PDC, sagte Smith schon früh eine große Karriere voraus. Als der Bully Boy 2013 den Titel des World Youth Champions der PDC gewann, sah es auch tatsächlich so aus, als sei sein Aufstieg unaufhaltsam, denn auch in der Weltrangliste kletterte er stetig nach oben. Er gewann kleinere Profi-Turniere und European-Tour Events.

Schließlich erreichte er auch die ersten Endspiele der großen Fernsehturniere, ging jedoch mehrfach als Verlierer vom Board. Selbst gegen Spieler, die in der Weltrangliste weit hinter ihm standen, setzte es Niederlagen. Über Jahre schien es, als könne er keinen großen TV-Titel gewinnen. Insgesamt 8 mal stand er in einem solchen Finale, mehrfach als der „haushohe“ Favorit – und verlor. Wie üblich wurden schnell die ersten Stimmen laut, er sei ein „Looser“, werde nie einen großen Titel gewinnen und habe seine Nerven nicht im Griff. Und keine Frage – es war keine leichte Zeit für das Supertalent Michael Smith.

Objektiv betrachtet waren aus meiner Sicht wohl insbesondere zwei Gründe für diese Niederlagenserie des Bully Boy verantwortlich: Zum einen muss man feststellen, dass mehrfach seine Gegner gegen ihn das „Spiel ihres Lebens spielten“. Es war einfach der Tag, an dem ihnen alles gelang, da konnte Smith spielen, wie er wollte (siehe etwa die berüchtigten 15 Minuten des Peter Wright im WM-Finale 2022). Viele selbsternannte Experten, die schnell vom Leder ziehen, vergessen gerne, dass ja auch ein Gegner am Spiel beteiligt ist. Michael Smith trieb sie alle zu Höchstleistungen an – eigentlich ein Kompliment für ihn, leider mit der unangenehmen Nebenerscheinung der Niederlage. Zum anderen aber konnte jeder sehen, dass Michael Smith sich nicht immer im Griff hatte und an seinen eigenen Ansprüchen scheiterte. Er war ständig genervt, teilweise selbst mit fast perfekten 140er-Aufnahmen nicht zufrieden. Offenbar konnte er nicht akzeptieren, dass nicht jeder seiner Darts perfekt im Board steckte, was bei nur 8 Millimeter breiten Zielfeldern nun mal unvermeidlich ist, egal wie gut man spielt. . Er schimpfte auf der Bühne mit sich selbst, wirkte genervt, fast lustlos, brachte sich selbst völlig aus der Balance und baute damit den Gegner auf. Das Ergebnis war nur folgerichtig – er verlor.

Dieser Aspekt bietet uns gleich zwei Chancen der Selbstreflexion: Niederlagen gehören zum Leben dazu, aus ihnen lernen wir am meisten. Erst muss man lernen zu verlieren, dann kann man auch gewinnen. So schrieb es auch Michael Smith auf Twitter: „But because I had to wait so long and I had to fail over and over again to get to where I’m at.”

Erfolg kommt niemals von allein, er ist immer auch mit Rückschlägen und Niederlagen verbunden.

Wie gehen wir damit um? Wie ging Michael Smith damit um? Wie hat er es geschafft, an den vielen Niederlagen zu wachsen und letztlich gestärkt aus ihnen hervorzugehen? Natürlich wurde er oft danach gefragt und ich habe vieler dieser Interviews im TV gesehen. Immer wieder ließ er zum einen seinen Gefühlen und seiner Enttäuschung freien Lauf – die Gefühle mussten raus. Immer aber sagte er auch (sinngemäß): „Ich mache einfach weiter, es ist nur Sport. Was wirklich zählt sind meine Frau und meine Kinder, nichts ist wichtiger als meine Familie.“ Er zeigte uns allen seine Prioritäten im Leben und was für ihn wirklich zählt. Ich glaube, es waren u.a. auch diese Interviews, die ihn zu einem der absoluten Sympathieträger im Darts bei den Fans aber sogar bei den Kontrahenten gemacht haben.

Michael Smith wusste wahrscheinlich selbst am besten, dass er sein Bühnenverhalten ändern musste, wenn er noch erfolgreicher sein wollte. Wie er es gemacht hat, wird sein Geheimnis bleiben, aber ab Jahresbeginn 2023 sahen wir alle einen anderen Michael Smith. Wir konnten noch manchmal erahnen, wie unzufrieden er wohl gerade mit seinem eigenen Spiel war, gezeigt hat er es fast nicht mehr. Er blieb stets cool, vertraute auf seine Fähigkeiten, er schimpfte nicht mehr und wurde besser und besser. Schnell sprachen die Experten vom „neuen Bully Boy“. Er konnte plötzlich akzeptieren, dass auch er nicht immer perfekt spielen kann.

Das ist der nächste Aspekt, den wir von ihm lernen können. Akzeptieren, wie es ist, die Dinge annehmen, wie sie sind, nicht hadern, nicht zweifeln, sondern auf die eigenen Stärken vertrauen. Perfektion ist kein Zustand, der ununterbrochen erreicht werden kann, Fehler zu machen ist Teil des Lebens.

Der „neue Bully Boy“ gewann schließlich mit dem Grand Slam of Darts 2022 seinen ersten großen TV-Titel und das mehr als deutlich mit 18-5 Legs im Finale. Selbst sein an diesem Tag vollkommen chancenloser Gegner Nathan Aspinall jubelte mit ihm und die beiden wälzten sich gemeinsam vor Freude am Boden. Bully Boy, der Sympathieträger!

Jetzt der WM-Titel gegen den klar favorisierten Michael van Gerwen, selbst bereits dreimal Weltmeister, der bis dahin ein grandioses Turnier gespielt hatte. Sportlich war das Spiel überragend, doch für den heutigen Impuls möchte ich noch zwei andere Aspekte aufgreifen. Es sind so oft die kleinen Geschichten am Rande, die uns wirklich die Chance zur Selbstreflexion bieten.

Matchdart auf Doppel 8 – passt – der Bully Boy ist Weltmeister – er reißt die Arme hoch, dreht sich um und nimmt kurz die Gratulation seines Gegners entgegen. Dann rennt er los, es gibt kein Halten mehr, er stürmt von der Bühne zu seiner Familie, er wirft sich in die Arme seiner Frau und seiner beiden Söhne. Es braucht keine Worte, jeder in der Halle versteht, was Michael Smith sagen möchte. Ihr seid das Wichtigste, ohne euch hätte ich es nie geschafft.

Kurz darauf bekommt er den riesigen WM-Pokal und die Interviews auf der Bühne stehen an. Als der Interviewer mit dem unterlegenen Michael van Gerwen fertig ist, bittet er Smith, ein Wort zu seinem Gegner zu sagen. Und die Antwort ist typisch für den stets bescheidenen Michael Smith. Frei übersetzt lautet sie etwa: „Was soll ich zu ihm sagen, Michael van Gerwen ist der beste Dartspieler der Welt.“ Respekt vor dem Spiel und Respekt vor dem Gegner – so steht es im Ehrencodex der PDC und niemand verkörpert das mehr als Michael Smith – bravo! Das ist keinesfalls selbstverständlich. Vielleicht erinnert sich der ein oder andere noch an das Siegerinterview von Adrian Lewis, den ich sehr schätze, nach dessen WM-Sieg. Er sagte vor den Kameras der Welt: „I am the best in the world!“ Das ist der Unterschied.

Nun dürfen wir alle gespannt sein, was die nächsten Jahre bringen, werden es die dominanten Jahre des Michael Smith, des vielleicht talentiertesten Spielers dieser Zeit? Wir werden es erleben.

Sie, liebe Leserinnen und Leser, können sich nun einen der vielen Aspekte zur Selbstreflexion aussuchen:

Wie gehen Sie mit Rückschlägen und Niederlagen um?

Können Sie die Chancen in der Krise erkennen?

Können Sie die Dinge annehmen, wie Sie sind und sie akzeptieren?

Schaffen Sie es, Ihre Schwächen zu verbessern und Ihr Verhalten zu optimieren für mehr Erfolg?

Was sind Ihre wichtigsten Werte, was zählt wirklich in Ihrem Leben?

Respekt – was bedeutet dieser Begriff für Sie?

Und zum Schluss natürlich noch einmal ein „HOCH“ auf Michael Smith, den Bully Boy – PDC World Darts Champion 2023!

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!

(Lizensierte Bilder des Bully Boy von Imago)

Der MP Impuls zum Wochenende

„Langsam fällt mir wirklich die Decke auf den Kopf!“

„Wenn wir wenigstens mal wieder … könnten.“

„Es nervt einfach nur noch.“

Ist das auch die aktuelle Tonlage, wenn Sie mit Ihren Freunden und Bekannten sprechen? Es ist keine Frage, der neue Lockdown beginnt für uns alle mehr und mehr eine echte Belastungsprobe zu werden. Das gilt vor allem und in erster Linie für die betroffenen Unternehmen, die von Einschränkungen oder gar Schließungen betroffen sind. Doch das ist nur die eine Seite. In meinen Coachings gewinnt auch die private Seite zunehmend an Bedeutung.

Es ist diese dunkle und kalte Jahreszeit, die viele Menschen als schwierig empfinden. Diese Jahreszeit, in der besonders viele Kraft aus den Kontakten zu Freunden und Bekannten, aus Ihren Hobbies und den damit zusammenhängenden Begegnungen schöpfen. All das geht im Moment leider nicht.

Keine Fitnessstudios oder Schwimmbäder um sich fit zu halten, kein Breitensport, keine Kinos, keine Konzerte, ja aktuell nicht einmal mehr der Skatabend im Freundeskreis. Immer mehr Menschen thematisieren auch in meinen Gesprächen diese Einschränkungen und erleben sie als harte Belastungsprobe. Wohlgemerkt als Belastungsprobe zusätzlich zu allen beruflichen Einschränkungen oder den Kindern im Home-Schooling.

Dazu kommen die täglichen Meldungen, die die Unsicherheit weiter schüren. Immer neue Virusmutationen, konstant hohe Infektions- und Todeszahlen. „Ich habe es lange nicht wirklich als bedrohlich empfunden, das ist inzwischen anders.“, sagte erst vor ein paar Tagen einer meiner Klienten zu mir. Silberstreifen am Horizont sind vorhanden, aber die Zeitschienen sind unklar und für viele Menschen reicht das daher nicht als „Stimmungsaufheller“.

Soweit, so schlecht, können wir es ändern? Nein, können wir nicht! Wahrscheinlich geht es Ihnen wie mir, wir müssen abwarten, bis sich die Gesamtlage verbessert und daran arbeiten tausende Menschen. Doch wir alle können in unserem Umfeld auch einen Beitrag leisten,  dass sich die Stimmung verbessert. Und das ganz schnell.

Ich habe absolutes Verständnis, für jeden, der seine Hobbies, seine Freunde und Bekannte, seine Freizeitgestaltung und sein „normales“ Leben vermisst. Und mit diesem Impuls will ich mal im privaten Bereich bleiben. Doch was wir nicht ändern können, müssen wir akzeptieren, jammern hilft nicht. Voran bringen uns nur die Fragen, die sich mit unseren Gestaltungsmöglichkeiten in der aktuellen Lage beschäftigen. Was können wir bei den gegebenen Rahmenbedingungen tun?

Es wird also Zeit für eine andere Denkweise – blicken Sie bitte auf die Chancen, die sich Ihnen bieten.

„So viel Zeit hatte ich noch nie, endlich hetze ich nicht mehr von Termin zu Termin.“ Mein Freund hat begonnen zu malen – hätte ich nicht erwartet, aber er geht gerade darin auf. Er hat die viele Zeit genutzt, Neues auszuprobieren und Spaß an einem neuen Hobbie gefunden.

„Ich habe endlich mal wieder meine Freundin angerufen und wir haben gleich zwei Stunden gequatscht – herrlich!“ So viele Kontakte warten oft darauf, mal wieder gepflegt zu werden. Für wen hatten Sie immer zu wenig oder gar keine Zeit? Wer hat sich plötzlich mal wieder bei Ihnen gemeldet? Welche Kontakte können bzw. wollen Sie reaktivieren?

„Ich habe die Zeit genutzt und unterstütze jetzt einmal die Woche eine Hilfsorganisation.“ Meine Klientin fühlt sich dabei sehr gut, wertgeschätzt und gebraucht.

Mein Freund ist eigentlich Pianist, plötzlich spielt er auch Tuba. „Ach weißt Du, man ist nie zu alt, etwas Neues auszuprobieren!“ Ich konnte mir ein Lächeln nicht verheben – recht hat er.

Die alles sind Beispiele von Menschen, die mit den gleichen Rahmenbedingungen kämpfen, aber den Blick auf das gerichtet haben, was möglich ist. Sie hadern nicht mit den Dingen, die gerade nicht gehen, sondern richten den Blick auf das, was gerade möglich ist. Wer auf seine Möglichkeiten im Blick hat, kann neue Fähigkeiten entwickeln und neue Chancen erkennen, die bisher vielleicht für ihn unsichtbar waren. Damit geht es den meisten Menschen gleich viel besser.

Und noch ein Gedanke, den ich Ihnen für die aktuelle Zeit ans Herz legen möchte: Was fehlt Ihnen eigentlich gerade nicht? Was haben Sie nur noch aus Routine getan und jetzt, da es nicht möglich ist, fehlt Ihnen das auch nicht? Vielleicht ist dies ja auch die Zeit zum Aufhören, dann haben Sie auch Zeit für Neues. Die Pandemie wird nicht ewig dauern und unsere Zeit wird wieder knapper werden. Um Neues zu beginnen, muss man manchmal auch mit etwas aufhören. Jetzt könnte genau die richtige Zeit sein, um zu erkennen, womit Sie aufhören können, ohne dass Ihnen etwas fehlt.

Ich möchte die aktuelle Lage keinesfalls schönschreiben und ich habe großes Verständnis für jeden, dem die aktuellen Einschränkungen im privaten Bereich schwer fallen. Aber es wird nicht besser, wenn Sie ständig auf das schauen, was aktuell gerade nicht geht. Fokussieren Sie auf Ihre Möglichkeiten und Gestaltungschancen – Sie werden sehen, es fühlt sich besser an.

Deshalb noch ein paar Fragen, die Ihnen dabei helfen können:

Was könnten Sie Neues entdecken? Was wollten Sie immer schon einmal, aber es war nie Zeit dafür?

Wer war in den letzten Wochen für Sie da und hat Sie unterstützt? Vielleicht gibt es neue Freunde und Bekannte, neue Beziehungen, die intensiviert werden können oder alte die die reaktiviert werden können? Und – wie geht das, auch wenn man sich gerade nicht treffen kann?

Wen wollten Sie schon so oft mal wieder anrufen, aber irgendwie hat es nie gepasst? Wer freut sich auf Sie?

Was von dem, was Sie immer getan haben, fehlt gerade nicht? Ist vielleicht die Zeit gekommen, damit aufzuhören?

Und was noch?

Fokussieren Sie Ihre Möglichkeiten – viel Spaß dabei!

Ein schönes Wochenende!