Einladung zu Rück- und Ausblick

Das Jahr 2021 geht seinem Ende zu. Dies ist die Zeit, in der ich meine Klienten gerne einlade, einen Moment innezuhalten. Die “beschauliche Vorweihnachtszeit” gibt es ja nicht mehr, längst sind die Wochen vor Weihnachten für die meisten Menschen mit Terminen vollgestopft, die Hektik regiert. Gerade deshalb lade ich meine Klienten ein, jetzt innezuhalten.

Das wozu ich einlade, könnte man auch an jedem anderen Tag im Jahr tun und dennoch hat es sich bewährt, den bevorstehenden Jahreswechsel zu nutzen. Ich lade ein, zurück- und vorauszuschauen. Wenn diese beiden Blicke in zwei unterschiedliche Richtungen wirklich etwas bewirken sollen, dann geht das nicht in der Hektik des Alltages – es braucht die Muße der kleinen Auszeit. Vor Weihnachten kommen solche Termine fast nie zu Stande, das weiß ich natürlich, aber die Einladung dazu sende ich dennoch. Meistens sind es nämlich die Tage zwischen Weihnachten und dem Jahreswechsel, die sich zumindest in vielen Berufen ein wenig zum innehalten anbieten und “etwas langsamer ablaufen”. Jetzt ist Zeit für mich, jetzt kann ich zurück- und vorausschauen – also muss die Einladung dafür schon vorher vorhanden sein.

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Manche meiner Klienten nehmen dann tatsächlich einen Coachingtermin bei mir wahr, um mit mir gemeinsam zu arbeiten. Andere kennen inzwischen das Procedere und können sich auch ohne mich gut selbst coachen. Das ist mir immer ein Anliegen in meiner Arbeit: Ich möchte meinen Klienten soweit bringen, dass sie sich auch selbst coachen können – sie sollen unabhängig sein von mir. Bei vielen ist mir das bereits gelungen, ohne dass wir gar nicht mehr zusammenarbeiten – manche Themen lassen sich dann doch mit einem externen Coach noch besser bearbeiten und genau so soll es sein. Noch besser.

Ich möchte auch Sie einladen innezuhalten, gerade in dieser aktuell so schwierigen Zeit, in der so viele verschiedene Themen und Meinungen zusammenkommen. Ich erwarte nicht, dass Sie jetzt sagen: “Super, den rufe ich sofort an!” Das wäre vollkommen vermessen und darum geht es mir auch gar nicht. Ich stelle immer wieder fest, wie zufrieden meine Klienten sind und wie viel kraftvoller sie nach einem Rück- und Ausblick in das neue Jahr starten. Das wünsche ich mir auch für Sie!

Für die folgende Selbstcoachingübung brauchen Sie einen Stift und einen Block. Hier sind ein paar Fragen, die Sie sich selbst stellen können:

Vorab: Suchen Sie sich eine entspannte Situation, etwas Ruhe und Zeit. Stellen Sie sich vor, Sie steigen in Höhe, vielleicht auf einen Hügel, auf einen Turm oder was immer Ihnen vorschwebt. Steigen Sie so hoch, dass Sie sich in Gedanken gut sehen können, wenn Sie von oben auf Ihren Alltag schauen.

Was hat im letzten Jahr besonders gut funktioniert – beruflich und privat?

Was hat Sie besonders zufrieden gemacht?

Was waren Ihre drei größten Erfolge?

Was möchten Sie deshalb unbedingt auch in Zukunft genauso weitermachen wie bisher?

Was hat Sie im letzten Jahr besonders gestresst?

Was ist so richtig schief gegangen?

Was war der größte Energieräuber im Jahr 2021?

Nehmen Sie sich eine Skala von 1 bis 10 (1=ein ganz klein wenig und 10=perfekt) und tragen Sie nun die Gesamtbewertung, die sich aus Ihren Antworten auf die vorstehenden Fragen ergibt, auf dieser Skala ein.
Wie zufrieden sind Sie aktuell mit Ihrer Situation?

Nun stellen Sie sich vor, dass Sie sich in Ihrer Position um 180 Grad drehen – jetzt schauen Sie in die Zukunft und zwar ganz konkret in das Jahr 2022!

Was – ganz konkret – werden Sie anders machen, um noch zufriedener zu werden?

Wenn ich Ihren besten Freund/Ihre beste Freundin fragen würde, welchen Rat für noch mehr Zufriedenheit würde er/sie Ihnen geben?

Was möchten Sie sich in 2022 gönnen, das in 2021 zu kurz gekommen ist?

Vielleicht braucht es noch konkrete Umsetzungsschritte? Kleine Schritte gehen sich besser, gerade am Beginn einer Veränderung. Wenn ja, dann definieren Sie diese jetzt. Und – terminieren Sie sie!

Wagen Sie eine Prognose: Wenn Sie alles umsetzen, was Sie sich vorgenommen haben: Wie wird sich die Zufriedenheit auf Ihrer Skala verändern? Tragen Sie Ihr Zufriedenheitsziel mit einer anderen Farbe auf der Skala ein.

Jetzt können Sie wieder aus der Höhe hinabsteigen.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung Ihrer Schritte zu mehr Zufriedenheit und damit auch zu mehr Erfolg in 2022!

Wenn Sie jetzt trotz allem noch das Gefühl haben, das ein oder andere ist noch offen und könnte vielleicht mit einem Coach noch besser bearbeitet werden, dann freue ich mich natürlich sehr, wenn Sie Lust haben, mit mir Kontakt aufzunehmen.

Ein schöne Weihnachtszeit und alles Gute für 2022!

Renegade Tea Estate – Kooperation

Manche Bilder brauchen nicht viele Worte – wir freuen uns sehr!

Der Tee ist übrigens ausgezeichnet!

Viel Erfolg dem Team von Renegade Tea Estate in Georgien – vielleicht mag ja der ein oder andere auch als Unterstützer mithelfen, die Natur und die Menschen in dieser armen Region zu fördern!

Arbeitswelt und Führung: aktuelle Trends und Umfragen, Ausgabe 27.11.2021

Zum letzten Mal in diesem Jahr möchte ich Ihnen einige aktuelle Befragungsergebnisse vorstellen. Im Dezember wird es dann keinen Artikel und somit auch keinen Podcast in dieser Reihe geben – Weihnachtspause!

Das unsere Gedanken bestimmen, wie wir uns fühlen, haben Sie von mir schon häufiger gehört. Gleich zwei aktuelle Studien belegen das wieder einmal eindrucksvoll. So hat die University of California in Los Angeles eine Studie vorgelegt, dass Menschen, die sich das Wochenende als einen Miniurlaub vorstellen, sich besser erholen als Menschen, die nur ein „normales“ Wochenende verbringen. „Miniurlauber“ waren am darauffolgenden Montag positiver und zufriedener! Die Urlaubsvorstellung führt wahrscheinlich dazu, dass man den Moment intensiver erleben und sich dadurch besser entspannen kann. Diese Effekte könnten abflachen, wenn der „Mini-Urlaub“ zur „Vorstellungsroutine“ wird, aber das ist aktuell nur eine Vermutung.

In eine ähnliche Richtung gehen die Untersuchungsergebnisse der Uni Leipzig, die herausgefunden hat, dass viele Menschen den Montag als den schwierigsten Arbeitstag der Woche empfinden. Dabei ist das eigene Wohlbefinden gar nicht schlechter als an allen anderen Wochentagen, so die Befragungen. Wahrscheinlich ist es nur der Kontrast zum Sonntag, der uns den Montag als so viel schwieriger erleben lässt. Wie also lässt sich das Erleben des Montags positiv beeinflussen? Da kommen dann wieder unsere Gedanken ins Spiel: Wer mit Vorfreude, z.B. auf die netten Kolleginnen und Kollegen oder die spannenden Aufgaben zur Arbeit geht, erlebt auch den Montag ungleich positiver.

Ich freue mich immer, wenn wissenschaftliche Studien belegen, wie sehr unsere Gedanken, die wir selbst steuern können, unser Erleben beeinflussen – positive Gedanken, positive Gefühle und angenehmes Erleben. Probieren Sie es aus: Eine Hilfe könnte mein Buch „Das knallrote Cabrio – 52 Impulse zur Selbstreflexion“ sein. Vielleicht ist das ja ein schönes Geschenk zu Weihnachten.

Kehren wir alle ins Büro zurück, wenn Corona irgendwann vorbei ist? Eine Befragung des Beratungsunternehmens Korn Ferry mit 580 Teilnehmern legt nahe, dass zumindest die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht davon ausgehen. 70% der Befragten empfinden das Homeoffice bereits als neue Realität und der Gedanke an die Rückkehr ins Büro löst zumindest bei jedem zweiten Stress aus! Viele fürchten im Büro nicht mehr konzentriert und produktiv arbeiten zu können. Allerdings schränken die Studienautoren ein, dass es auch andere Trends gibt, manche vermissen z.B. den persönlichen Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen. So wird es wohl auch für dieses Thema keine Musterlösung, sondern viele individuelle Lösungen geben. Gesucht wird ein Ansatz der remote arbeiten erlaubt und auch persönliche Begegnungen ermöglicht. Ich nenne das oft: So viel Homeoffice wie möglich und so viel Büro wie nötig – klingt zwar nicht so wissenschaftlich, bringt es für mich aber auf den Punkt.

Eine interessante Umfrage legt das Institute for New Work and Coaching der der SRH Berlin University of Applied Sciences gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen Commax Consulting vor. Dem von ihnen erstellten New-Work-Barometer zu Folge ist der Einsatz vieler New Work Maßnahmen im Jahr 2021 deutlich zurückgegangen. Nur wenige Bereiche, allen voran der Bereich Arbeitsautonomie mit Mobile Work und Homeoffice erlebten deutliche Fortschritte. In insgesamt 28 Bereichen wurden zum Vorjahr Rückgänge festgestellt, wobei besonders der Einsatz der agilen Methoden (von 69% auf 49%) und die agile Führung (von 63% auf 46%) gelitten haben. Eine Ursache könnte sein, dass es unter Corona-Bedingungen schwieriger war, diese Methoden anzuwenden. Vielleicht hat sich aber auch schlicht gezeigt, dass der „Agil-Hype“ vielleicht doch etwas übertrieben war, aber das ist nur meine ganz persönliche Meinung.

Eines erscheint unabhängig von der ganz persönlichen Zukunftseinschätzung eines jeden einzelnen bereits heute eindeutig: Hybride Führung ist ein Zukunftsmodell, denn hybrides Arbeiten wird zukünftig weit mehr verbreitet sein. Verlässliche Regelungen und ein hohes Maß an Vertrauen sind zwei wesentliche Elemente, damit hybride Führung gelingt. Die Hochschule Mittweida und berufundfamilie GmbH haben dazu ein interessantes Modell, das „Führungsfahrrad Hybrides Arbeiten“ entwickelt. Ein Blick in den kostenfreien Download lohnt sich: Führungsfahrrad

Haben Sie sich eigentlich schon mal gefragt, ob Sie lieber alleine oder im Team arbeiten? „Natürlich im Team“, andere Antworten sind doch heute gar nicht mehr zulässig, oder? Motiviert denn Teamarbeit wirklich? Dieser Frage ist die TU Dortmund nachgegangen und kommt zu dem Ergebnis: Es kommt drauf an! In der Metastudie wurden Daten von 320.000 Teilnehmenden ausgewertet und festgestellt, dass Teamarbeit sowohl motivierend als auch demotivierend wirken kann. Motivierend wirkt, wenn die Beiträge von niemandem verzichtbar sind, der gegenteilige Effekt demotiviert. Auch die Tatsache, dass am Ende die Beiträge nicht mehr einzeln bewertbar sind, demotiviert. Positiv wirkt sich hingegen aus, wenn man sich während der Teamarbeit mit einem moderat besseren Teammitglied vergleichen kann, weil so auch persönliches Wachstum ermöglicht wird. Unterstützen sich die Teammitglieder gegenseitig bei der Zielerreichung, so wirkt auch das motivierend. Teamarbeit ist also kein „Allheilmittel“ für die Motivation, sondern sollte strategisch und zielgerichtet eingesetzt und gestaltet werden.

Zum Abschluss noch ein Thema, dass durch Corona zuletzt etwas aus dem Fokus der Aufmerksamkeit geraten ist, nämlich das Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz. In einer Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung sprachen sich 55% der 5.000 Befragten dafür aus, dass ihre Unternehmen in diesen Bereichen mehr Engagement zeigen sollten. Dabei zeigten sich zwischen den Bundesländern allerdings erhebliche Unterschiede. Veränderungen aufgrund eines stärkeren Engagements ihrer Unternehmen in diesen Bereichen, möchte die Mehrheit der Beschäftigten allerdings nicht haben. Nur 42% der Befragten würden konkrete Maßnahmen bei ihnen im Betrieb begrüßen. Gar nur 33% wären bereit, die Kosten für mehr Nachhaltigkeit im Unternehmen mitzutragen. Nachhaltigkeit gilt als teuer, diese Haltung hat sich offenbar auf die Beschäftigten übertragen. Zudem bezweifelt über die Hälfte der Befragten, dass ihr Unternehmen durch Nachhaltigkeit und Klimaschutz einen Wettbewerbsvorteil hätte. Ob wir so alle zusammen erfolgreich sein werden, darf bezweifelt werden. Angesichts der dramatischen Auswirkungen, welche die aktuellen Klimaveränderungen bereits heute auslösen und der mehr als düsteren Prognosen nahezu aller seriösen Wissenschaftler, erscheint es höchste Zeit, dass wir Nachhaltigkeit und Klimaschutz als eine Aufgabe begreifen, zu der jeder seinen Beitrag leisten muss. Liebe Unternehmer, fangt schon mal an, wird dafür sicher nicht ausreichen.

Die Corona-Infektionen erreichen täglich neue Höchststände, das sollte uns alle nachdenklich machen. Alle Hoffnungen auf ein „normales“ Weihnachtsfest 2021 sind inzwischen dahin. Umso mehr wünsche ich Ihnen, dass Sie gesund bleiben. Kommen Sie gut in das Jahr 2022. Es wird spannend bleiben, die vielfältigen Veränderungen der Arbeitswelt und Führung zu beobachten.

Im Januar 2022 starten dann auch wieder meine Impulse zur Selbstreflexion, sowohl als Podcast als auch in geschriebener Form. Hören oder lesen Sie doch mal rein.
Eine schöne Weihnachtszeit wünscht

Ihr
Mario Porten

Alle zitierten Studien wurden veröffentlicht in der Dezemberausgabe von managerseminare.

MP unterstützt Renegade Tea Estate

Im Rahmen unseres Engagements für Natur und Nachhaltigkeit haben wir bereits zwei Tierpatenschaften im Wildpark Eekholt und die Patenschaft für ein Bienenvolk auf Gut Dietelhofen (Peter Maffay Stiftung) übernommen. Nun hat uns das RENEGADE TEA ESTATE überzeugt. Hier werden in Georgien nicht nur Arbeitsplätze geschaffen, sondern es wird auch auf sehr nachhaltige Art und Weise Tee angebaut. Wir haben uns für einen eigenen Teegarten in Georgien entschieden und unterstützen diese wunderbare Initiative sehr gerne. Natürlich freuen wir uns auch schon auf die erste Teelieferung, die Gegenleistung des Sponsorings ist.

Die Natur zu schützen sehen wir als wichtige Aufgabe an, auch wenn wir dafür nur kleine Beiträge leisten können.

Machen auch Sie mit!

Vielleicht überzeugt Sie das RENEGADE TEA RESSORT ja auch, schauen Sie doch mal die Internetseite der sehr freundlichen und engagierten Menschen dort.

Zum Ressort!

Kundenbefragung: Mitmachen und gewinnen!

Im Januar starten meine Impulse zur Selbstreflexion in einem veränderten Format. Die Podcasts werden dann frei gesprochen und aufgenommen. Ein Skript wird es also künftig nicht mehr geben. Die ersten Tests dafür in diesem Jahr haben viel positives Feedback erhalten und mir noch mehr Spaß gemacht.

Die fertigen Podcasts werden dann auch schriftlich veröffentlichet, um alle diejenigen von Euch zu bedienen, die lieber lesen als hören.

Die ersten Themen habe ich schon im Kopf, aber jetzt seid Ihr daran:

Welche Themen wären für Euch in 2022 interessant?
Wozu hättet Ihr gerne einen Impuls im Jahr 2022?

Macht mit und schickt mir Eure Themenwünsche unter: post@marioporten.de

Unter allen, die sich an meiner Ideensammlung beteiligen verlose ich am 02.Januar 2022 je ein Exemplar meiner Bücher “Inspiration Eichhörnchen – ein Leitfaden für Ihr Selbstcoaching” und “Das Knallrote Cabrio – 52 Impulse zur Selbstreflexion” sowie einen Gutschein für mein neues Buch “Freie Fahrt für Ihre Gedanken – Das Knallrote Cabrio 2 – 52 neue Impulse zur Selbstreflexion” (erscheint im Frühjahr 2022).

Also macht mit – ich freue mich auf Eure Ideen!

Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt.
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Der MP Impuls zur Selbstreflexion

Ein neuer Klient und ich kenne das inzwischen schon. Ein wenig Small-Talk, dann die erste halbe Stunde Erzählung, worum es grob geht und schließlich stelle ich immer die gleiche Frage:

„Wofür arbeiten wir beide zusammen?“

Es ist die erste wichtige Intervention, denn mein Klient muss sein Coachingziel definieren und das ist häufig genug bereits für sich genommen eine sehr wichtige, manchmal gar die zentrale Erkenntnis. Den wenigsten meiner Klienten fällt es leicht, ihr Ziel mal eben so an den Flipchart zu schreiben. Manchen fällt es gar sehr schwer, sie müssen lange überlegen, brauchen viel Unterstützung und die wichtige innere Suche öffnet bereits zahlreiche neue Türen.

Diesem neuen Klienten viel es ganz besonders schwer.

„Ich weiß nicht, eigentlich ist ja alles gut in meiner neuen Firma, aber irgendwie auch nicht. Die Kolleginnen und Kollegen sind alle nett und doch fühle ich mich manchmal ausgeschlossen – sie sind anders. Mein Chef ist auch ein netter Mensch, aber ich werde nicht wirklich warm mit ihm. Ich kann es nicht besser beschreiben, aber irgendetwas passt nicht.“

„Also, wofür arbeiten wir beide zusammen, was ist Dein Ziel?“, wiederholte ich meine Frage, obwohl ich wusste, dass mein Klient sie nicht beantworten konnte. Im Moment gab es auch gar nichts zu ändern, es ging erst einmal darum, zu verstehen. Die Anderen konnte er nicht ändern, das war ihm klar. Sich selbst wollte er nicht ändern, er war mit sich „im Reinen“. Aber warum nur fühlte er sich unwohl unter lauter netten Menschen?

„Vielleicht musst Du ja als Erstes Erkenntnisse sammeln, bevor Du irgendetwas verändern kannst oder willst?“, versuchte ich ein wenig zu steuern. Das passte gut für ihn und er formulierte für unseren ersten Arbeitsschritt ein passendes Ziel, verkürzt: Erkenntnisse sammeln, was das Störgefühl bei ihm verursacht.

Vielleicht ist Ihnen das ja auch schon einmal so ergangen, „irgendetwas“ passt nicht, aber Sie konnten nicht beschreiben, was es war. Die Menschen sind alle nett, aber irgendwie sind sie anders, Sie fühlten sich unwohl. Das ist keinesfalls ungewöhnlich, denn oft kann man auf den ersten Blick die eigentliche Ursache nicht sehen. So ging es auch meinem Klienten, mit dem ich mich zunächst ein wenig in die Vergangenheit begab.

Er hatte die letzten Jahre in einem kleinen Start-up gearbeitet und viele Freiräume genossen. Er arbeitete selbständig und das gefiel ihm gut. Er konnte sich seine Ziele selbst setzen, er strebte voran, konnte seine Ideen ausleben. Die Entscheidungswege, wenn es sie denn überhaupt gab, waren kurz, meistes entschied er selbst. Er stand gerne im Mittelpunkt und heimste Lob für seine Leistungen ein. Irgendwann aber wurde ihm alles zu klein und er wollte etwas Größeres erreichen. Er wechselte in einen großen Konzern.

„Ok, nun bist Du also im Konzern, was ist anders?“, fragte ich ihn. Er schwieg eine Zeit, dann berichtete er von vielen Regeln und Vorschriften, von langen Entscheidungswegen. Er bekam die Themen, an denen er arbeiten sollte, vorgegeben, selbst aussuchen konnte er nur noch selten. Er hatte immer dafür gebrannt, seine Sache gut zu machen, die Idee musste überzeugen, der Rest war nicht so wichtig. An seinem neuen Arbeitsplatz war das anders: „Entspann Dich, Du musst nicht immer die besten Ideen haben, Du kommst auch mit Durchschnitt weiter, Hauptsache die Form stimmt.“ Diesen Satz einer erfahrenen Kollegin wiederholte er leise, zumindest die zweite Hälfte: „… Hauptsache die Form stimmt.“

So langsam kamen wir an den Kern der Sache und ich entschied mich, meinen Klienten mit dem Werte- und Organisationsmodell des Psychologen Graves bekannt zu machen. Der ehemalige US-Professor für Psychologie Clare Graves, der 1986 verstorben ist, hat ein Werte- und Entwicklungsmodell für Menschen und auch für Organisationen entwickelt. Dabei wechseln sich jeweils eine individuumsorientierte und eine gruppenorientierte Stufe ab. Sowohl Menschen als auch Organisationen entwickeln sich in diesen Stufen, können jedoch zwischendurch auch Rückschritte haben. Es geht nicht immer nur aufwärts. Das Modell von Graves ist im übrigen nach oben offen, weil er davon ausging, dass noch nicht alle zukünftigen Entwicklungstufen bekannt sind.

Ich erläuterte meinem Klienten die Stufen und bat ihn, sich auf einer Stufe einzuordnen. Er ordnete sich auf der Stufe Leistung & Gewinn ein. Ihm ging es darum, Ziele zu erreichen. Er wollte gute Ergebnisse erzielen und Erfolg haben. Er dachte unternehmerisch und er wollte der Beste sein. Und dann sagte er den Satz, der für sein Thema unseren Durchbruch darstellte: „… so waren wir alle bei meinem früheren Arbeitgeber, die ganze Firma war so, dass war unsere DNA!“

Seine Augen waren weit offen, er starrte mich geradezu an, ich lächelte und fragte: „Und der Konzern, ist der nicht so? Und wenn nicht, auf welcher Stufe ist der Konzern?“

„Eine Stufe darunter“, sagte mein Coachingnehmer sofort. Es dominieren die Regeln, die Organisation ist wichtiger als der Einzelne und wichtiger als das Ergebnis. Es muss nicht super sein, aber die Spielregeln müssen eigehalten werden.“

Wir gingen seine Kolleginnen und Kollegen durch, die er ja alle als nett beschrieben hatte und das waren sie auch. Aber sie vertraten andere Werte, sie lebten die Strukturen, sie waren diszipliniert und zuverlässig. Aber irgendwie war halt alles starr und unbeweglich, es fehlte – salopp gesagt – der Pepp.

Plötzlich war ganz klar, was vor zwei Stunden noch ein Koffer voller Fragezeichen war. Sein aktueller Arbeitgeber und er lagen nicht mehr auf der gleichen Werteebene, der Wohlfühlfaktor aus Start up Zeiten war dahin.

Ich kürze ab: Diese Erkenntnis war großartig für meinen Klienten. Er dachte einige Wochen darüber nach, ob er eine Werteebene zurück gehen wollte und sich in das Konzerngefüge einordnen konnte – wollte und konnte er nicht. Er dachte darüber nach, ob sich der Konzern auf seine Wertebene fortentwickeln würde – würde er wohl nicht. Er überlegte auch, ob er in Kenntnis dieser Differenzen sich mit dem täglichen Erleben arrangieren könnte – nein, auch nicht. Inzwischen hat er sein eigenes Start up gegründet.

Das Werteebenen-Modell von Graves liefert uns wertvolle Hinweise, wenn wir uns bewusst werden, wo wir gerade stehen – das ist immer der erste Schritt. Befindet sich unser Umfeld dauerhaft auf einer anderen Ebene, dann passt etwas nicht zusammen, das wir manchmal gar nicht so einfach in Worte fassen können. Es ist häufig eher so ein latentes Unwohlsein, kein klares Wissen. Ein kurzfristiges Auseinanderfallen der Ebenen, ist meist auszuhalten. Ein dauerhaftes Auseinanderklaffen ist es hingegen in der Regel nicht.

Auf welcher Wertebene von Graves würden Sie sich aktuell einordnen?

Wo steht die Organisation, für die Sie arbeiten?

Wo stehen die Menschen, die Ihr unmittelbares Umfeld bilden?

Welche Harmonien oder Disharmonien werden gerade besser nachvollziehbar?

Was müssen Sie vielleicht verändern?

Viele weitere Informationen zum Wertemodell von Graves finden Sie im Internet, es lohnt sich.