Der MP Impuls zur Selbstreflexion

Als ich das übergroße Buch zuschlug, hielt ich es noch viele Minuten in der Hand. Ich saß auf meiner Terrasse in der Abendsonne und hatte mehr geblättert als gelesen. Es war ein Bildband, den ich in den Händen hielt und der ohnehin spärliche Text war zweitrangig. Die Bilder sollten beim Leser, oder in diesem Fall besser Betrachter, Wirkung entfalten und jedenfalls bei mir taten sie es. Es war ein Bildband der 10 Jahre dauernde Expeditionen zusammenfasste auf den Spuren der letzten Schneeleoparden, die noch auf der Welt leben. Das Team um den bekannten Tierfotografen Vicent Munier war unterwegs in Tibet, so gut wie nie unterhalb von 4000 Höhenmetern. Die Landschaften auf den Bildern muteten unwirklich an, bizarre Felsen, die Kälte vor Ort war sichtbar in Eis und Schnee: Tagsüber -20 Grad Celsius, nachts bis -35 Grad Celsius. Es fühlte sich komisch an, aber die Bilder machten die Kälte sogar spürbar, hier im Hochsommer in Deutschland.

Ich hatte ein Buch (Syvain Tesson, Der Schneeleopard) über diese Expeditionen gelesen und war dadurch auf diesen Bildband gestoßen. Die Bilder waren großartig, sie zogen mich in ihren Bann. Die skurrilen Landschaften, das Eis und die Leere, die auf vielen Bildern zu sehen war. Kein Vergleich mit der dichten Bebauung bei uns, selbst wenn Sie ein kleines, weitläufiges Dorf als Vergleichsmaßstab nehmen. Und schließlich die Schönheit der Tiere, allen voran des Schneeleoparden. Er wirkte majestätisch, erhaben und bildschön. Doch auch die anderen Tiere strahlten Schönheit aus, obwohl sie im klassischen Sinne gar nicht unbedingt schön sind, wobei in besonders an die mächtigen Yaks denke. Wilde, zottelige Büffel mit großen Hörnern – schön sind die eigentlich nicht. Doch sind sie, es ist alles eine Frage des Betrachtungswinkels.

https://bigcatfacts.net/snow-leopard/ 

Da saß ich nun also und was war es, das gerade mit mir geschah? Ich hatte den mächtigen Bildband immer noch auf meinen Beinen liegen, meine Gedanken waren noch immer in Tibet, einem Land, dass ich persönlich nie zu Gesicht bekommen werde und über das ich so wenig weiß.

Erst heute, etwa zwei Wochen später, wird mir klar, was in diesen Minuten wirklich geschah – ich genoss die Schönheit der Natur. „Aber kann man den Schnee, das Eis und einzelne Tiere in skurriler Landschaft genießen?“, fragen Sie sich gerade. Ja, ich konnte das, genau in diesem Moment. Ich war frei im Kopf, müßig in der Zeit und bereit zu reisen mit allen Sinnen in eine andere Welt, die Natur genießend.

Genuss, das ist das „Zauberwort“ in diesem Impuls, denn ich erlebe so viele Menschen, die nicht mehr genießen können. Unsere Zeit ist so hektisch und schnelllebig geworden, die Themen wechseln permanent, die Katastrophen sind so bedrohlich geworden, es ist immer etwas zu tun. Für Genuss bleibt da oftmals keine Zeit.

Genießen ist etwas Wundervolles, es tut uns gut, es wärmt die Seele. Immer wieder frage ich meine Klienten: „Was tut Dir gut, was kannst Du genießen?“ Es macht mich glücklich, wenn ich spüre, dass da spontane, ehrliche Antworten kommen, Antworten aus dem Innersten heraus. Dann weiß ich, da ist jemand auf einem guten Weg, meine Coachingmaxime zu erreichen: Ich möchte Menschen zufriedener und dadurch auch erfolgreicher machen. Doch immer wieder schauen mich zwei Augen fragend an, als hätten sie meine Frage nicht verstanden und mein Gegenüber murmelt: „Tja, was tut mir gut…?“

Viele von uns haben leider verlernt, zu genießen. Sie sind nicht mehr bei sich, sondern ständig irgendwo anders, getrieben von Themenvielfalt, Sorgen, Aufgaben, eigenen und fremden Ansprüchen und vielem mehr. Doch genießen kann man nur bei sich und für sich, zuerst muss man wissen, was es ist, das einem gut tut, dann kommt der Genuss.

Auch ich konnte früher nur schlecht genießen, für mich galt alles, was oben geschrieben steht. Ich war getrieben, selten oder nie wirklich bei mir, mein Kopf arbeitete immer, die Seele „baumelte“ nie, Genuss kannte ich nicht wirklich. Ich habe es gelernt und Sie können es auch, Sie werden es spüren, wenn Sie wirklich genießen, wenn Sie ganz bei sich sind, es ist so schön.

Genuss kann von allen Sinnen ausgehen. Mein Beispiel war visuell, die Bilder sogen mich in Ihren Bann. Viele Menschen können wirklich genießen, wenn sie sich ganz dem Geschmack hingeben, z.B. bei einem guten, stressfreien Essen oder auch nur dem Cappuccino in der Abendsonne auf der Terrasse. Andere versinken in klassischen Konzerten und gehen ganz im Hören auf. Und ich kenne auch Menschen, die können genießen, bei Sturm an der Nordsee spazieren zu gehen, den kalten Wind im Gesicht – einfach spüren.

Ganz besonders schön wird es, wenn man das eigene Tun genießen kann. Ich darf das immer mal wieder erleben, wenn ich in meiner Heimatstadt bin und meinen guten Freund Wolfgang besuche. Er ist ein wundervoller Jazz-Pianist und wenn er am Flügel sitzt und spielt, dann verwandelt er sich. Er wird eins mit der Musik, er „taucht ab“, er ist scheinbar ganz woanders. Er nimmt nichts mehr um sich herum wahr, er spielt nur noch und genießt sich selbst. Es sind Momente des Glücks, auch spürbar, wenn man nur Zuschauer ist.

Wir müssen wieder mehr genießen, gerade in dieser aktuellen Zeit. Genuss ist Lebensqualität und gibt uns Kraft. Wirklicher Genuss aber braucht ein paar Voraussetzungen, die ich zu Beginn schon einmal angedeutet habe:

  • Ich muss ganz bei mir sein und wissen, was mit guttut – genießen kann man nur für sich! Dazu gehört auch die Schärfung des Bewusstseins, dass es mit dem Genuss so ähnlich ist wie mit dem Glück: Beides liegt oft in kleinen Dingen. Und wie es passender nicht sein könnte, besucht mich just in diesem Moment ein Eichhörnchen auf meiner Terrasse und ich höre für einen Moment zu schreiben auf, um seine Nähe zu genießen. Natur tut mit immer gut.
  • Genießen braucht Muße in der Zeit – Hektik und Termine sind fehl am Platz.
  • Wir können mit allen Sinnen genießen, doch dafür müssen wir uns ihrer häufig erst einmal wieder bewusstwerden und uns von der Reizüberflutung – vor allem im visuellen – verabschieden.

Ich vermute, ich habe noch den ein oder anderen Aspekt vergessen und Sie können ihn ergänzen, denn Sie sind nun ohnehin an der Reihe:

Können Sie die Frage, was Ihnen wirklich guttut, sofort beantworten?

Wenn nein, gehen Sie auf die Suche!

Wann haben Sie das letzte Mal in vollen Zügen genossen? Erinnern Sie die Situation und holen Sie die Bilder und das positive Gefühl wieder hervor.

Wann werden Sie das nächste Mal so richtig genießen?

Was – ganz konkret – wollen Sie zukünftig anders machen, für mehr Genuss in Ihrem Leben?

Ich wünsche viel Erfolg dabei und natürlich ein wunderbares Wochenende!

Der MP Impuls zur Selbstreflexion

Ein neuer Klient und ich kenne das inzwischen schon. Ein wenig Small-Talk, dann die erste halbe Stunde Erzählung, worum es grob geht und schließlich stelle ich immer die gleiche Frage:

„Wofür arbeiten wir beide zusammen?“

Es ist die erste wichtige Intervention, denn mein Klient muss sein Coachingziel definieren und das ist häufig genug bereits für sich genommen eine sehr wichtige, manchmal gar die zentrale Erkenntnis. Den wenigsten meiner Klienten fällt es leicht, ihr Ziel mal eben so an den Flipchart zu schreiben. Manchen fällt es gar sehr schwer, sie müssen lange überlegen, brauchen viel Unterstützung und die wichtige innere Suche öffnet bereits zahlreiche neue Türen.

Diesem neuen Klienten viel es ganz besonders schwer.

„Ich weiß nicht, eigentlich ist ja alles gut in meiner neuen Firma, aber irgendwie auch nicht. Die Kolleginnen und Kollegen sind alle nett und doch fühle ich mich manchmal ausgeschlossen – sie sind anders. Mein Chef ist auch ein netter Mensch, aber ich werde nicht wirklich warm mit ihm. Ich kann es nicht besser beschreiben, aber irgendetwas passt nicht.“

„Also, wofür arbeiten wir beide zusammen, was ist Dein Ziel?“, wiederholte ich meine Frage, obwohl ich wusste, dass mein Klient sie nicht beantworten konnte. Im Moment gab es auch gar nichts zu ändern, es ging erst einmal darum, zu verstehen. Die Anderen konnte er nicht ändern, das war ihm klar. Sich selbst wollte er nicht ändern, er war mit sich „im Reinen“. Aber warum nur fühlte er sich unwohl unter lauter netten Menschen?

„Vielleicht musst Du ja als Erstes Erkenntnisse sammeln, bevor Du irgendetwas verändern kannst oder willst?“, versuchte ich ein wenig zu steuern. Das passte gut für ihn und er formulierte für unseren ersten Arbeitsschritt ein passendes Ziel, verkürzt: Erkenntnisse sammeln, was das Störgefühl bei ihm verursacht.

Vielleicht ist Ihnen das ja auch schon einmal so ergangen, „irgendetwas“ passt nicht, aber Sie konnten nicht beschreiben, was es war. Die Menschen sind alle nett, aber irgendwie sind sie anders, Sie fühlten sich unwohl. Das ist keinesfalls ungewöhnlich, denn oft kann man auf den ersten Blick die eigentliche Ursache nicht sehen. So ging es auch meinem Klienten, mit dem ich mich zunächst ein wenig in die Vergangenheit begab.

Er hatte die letzten Jahre in einem kleinen Start-up gearbeitet und viele Freiräume genossen. Er arbeitete selbständig und das gefiel ihm gut. Er konnte sich seine Ziele selbst setzen, er strebte voran, konnte seine Ideen ausleben. Die Entscheidungswege, wenn es sie denn überhaupt gab, waren kurz, meistes entschied er selbst. Er stand gerne im Mittelpunkt und heimste Lob für seine Leistungen ein. Irgendwann aber wurde ihm alles zu klein und er wollte etwas Größeres erreichen. Er wechselte in einen großen Konzern.

„Ok, nun bist Du also im Konzern, was ist anders?“, fragte ich ihn. Er schwieg eine Zeit, dann berichtete er von vielen Regeln und Vorschriften, von langen Entscheidungswegen. Er bekam die Themen, an denen er arbeiten sollte, vorgegeben, selbst aussuchen konnte er nur noch selten. Er hatte immer dafür gebrannt, seine Sache gut zu machen, die Idee musste überzeugen, der Rest war nicht so wichtig. An seinem neuen Arbeitsplatz war das anders: „Entspann Dich, Du musst nicht immer die besten Ideen haben, Du kommst auch mit Durchschnitt weiter, Hauptsache die Form stimmt.“ Diesen Satz einer erfahrenen Kollegin wiederholte er leise, zumindest die zweite Hälfte: „… Hauptsache die Form stimmt.“

So langsam kamen wir an den Kern der Sache und ich entschied mich, meinen Klienten mit dem Werte- und Organisationsmodell des Psychologen Graves bekannt zu machen. Der ehemalige US-Professor für Psychologie Clare Graves, der 1986 verstorben ist, hat ein Werte- und Entwicklungsmodell für Menschen und auch für Organisationen entwickelt. Dabei wechseln sich jeweils eine individuumsorientierte und eine gruppenorientierte Stufe ab. Sowohl Menschen als auch Organisationen entwickeln sich in diesen Stufen, können jedoch zwischendurch auch Rückschritte haben. Es geht nicht immer nur aufwärts. Das Modell von Graves ist im übrigen nach oben offen, weil er davon ausging, dass noch nicht alle zukünftigen Entwicklungstufen bekannt sind.

Ich erläuterte meinem Klienten die Stufen und bat ihn, sich auf einer Stufe einzuordnen. Er ordnete sich auf der Stufe Leistung & Gewinn ein. Ihm ging es darum, Ziele zu erreichen. Er wollte gute Ergebnisse erzielen und Erfolg haben. Er dachte unternehmerisch und er wollte der Beste sein. Und dann sagte er den Satz, der für sein Thema unseren Durchbruch darstellte: „… so waren wir alle bei meinem früheren Arbeitgeber, die ganze Firma war so, dass war unsere DNA!“

Seine Augen waren weit offen, er starrte mich geradezu an, ich lächelte und fragte: „Und der Konzern, ist der nicht so? Und wenn nicht, auf welcher Stufe ist der Konzern?“

„Eine Stufe darunter“, sagte mein Coachingnehmer sofort. Es dominieren die Regeln, die Organisation ist wichtiger als der Einzelne und wichtiger als das Ergebnis. Es muss nicht super sein, aber die Spielregeln müssen eigehalten werden.“

Wir gingen seine Kolleginnen und Kollegen durch, die er ja alle als nett beschrieben hatte und das waren sie auch. Aber sie vertraten andere Werte, sie lebten die Strukturen, sie waren diszipliniert und zuverlässig. Aber irgendwie war halt alles starr und unbeweglich, es fehlte – salopp gesagt – der Pepp.

Plötzlich war ganz klar, was vor zwei Stunden noch ein Koffer voller Fragezeichen war. Sein aktueller Arbeitgeber und er lagen nicht mehr auf der gleichen Werteebene, der Wohlfühlfaktor aus Start up Zeiten war dahin.

Ich kürze ab: Diese Erkenntnis war großartig für meinen Klienten. Er dachte einige Wochen darüber nach, ob er eine Werteebene zurück gehen wollte und sich in das Konzerngefüge einordnen konnte – wollte und konnte er nicht. Er dachte darüber nach, ob sich der Konzern auf seine Wertebene fortentwickeln würde – würde er wohl nicht. Er überlegte auch, ob er in Kenntnis dieser Differenzen sich mit dem täglichen Erleben arrangieren könnte – nein, auch nicht. Inzwischen hat er sein eigenes Start up gegründet.

Das Werteebenen-Modell von Graves liefert uns wertvolle Hinweise, wenn wir uns bewusst werden, wo wir gerade stehen – das ist immer der erste Schritt. Befindet sich unser Umfeld dauerhaft auf einer anderen Ebene, dann passt etwas nicht zusammen, das wir manchmal gar nicht so einfach in Worte fassen können. Es ist häufig eher so ein latentes Unwohlsein, kein klares Wissen. Ein kurzfristiges Auseinanderfallen der Ebenen, ist meist auszuhalten. Ein dauerhaftes Auseinanderklaffen ist es hingegen in der Regel nicht.

Auf welcher Wertebene von Graves würden Sie sich aktuell einordnen?

Wo steht die Organisation, für die Sie arbeiten?

Wo stehen die Menschen, die Ihr unmittelbares Umfeld bilden?

Welche Harmonien oder Disharmonien werden gerade besser nachvollziehbar?

Was müssen Sie vielleicht verändern?

Viele weitere Informationen zum Wertemodell von Graves finden Sie im Internet, es lohnt sich.

Arbeitswelt und Führung: aktuelle Trends und Umfragen, Ausgabe 23.08.2021

In der Sommerzeit fallen auch die Veröffentlichungen von aktuellen Umfragen etwas knapper aus, so dass es in diesem Monat weniger zu berichten gibt. So hoffe ich, dass auch Sie alle Gelegenheit hatten, die sonnige Jahreszeit zu nutzen und viel Zeit an der frischen Luft zu verbringen. Falls das nicht der Fall war, rate ich dazu, dies baldmöglichst nachzuholen, denn das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und das Uniklinikum Hamburg Eppendorf haben in einer Studie die positive Wirkung von Zeit im Freien für unser Gehirn nachgewiesen. Verbrachten die Probanden Zeit im Freien, so profitierte davon ein Gehirnareal, das u.a. an der Handlungsplanung und der kognitiven Kontrolle beteiligt ist. Um ganz ehrlich zu sein: Das mir Zeit im Freien guttut, dafür brauchte ich eigentlich keine wissenschaftliche Studie, aber schaden tut sie ja auch nicht. Also: So oft wie möglich raus an die frische Luft!

Eines der aus meiner Sicht so überstrapazierten „Zauberworte“ unserer aktuellen Zeit ist Purpose. Als wenn eine sinnvolle und sinnstiftende Tätigkeit nicht schon immer einer der größten Arbeitsmotivatoren gewesen wäre – Studien dazu gibt es jedenfalls schon seit sehr langer Zeit. Die HR Agentur Königsteiner Gruppe legt nun eine neue Befragung von 1000 Berufstätigen vor. In dieser erklärt mehr als die Hälfte der Befragten, dass der Sinn der Arbeit einer der drei größten Anreize ist, wenn es um die Arbeitgeberwahl geht. 47% der Befragten stellen fest, dass ihr Job sie voll und ganz erfüllen sollte. Weitere 49% sagen, dass dies zumindest überwiegend der Fall sein sollte. Eine sinnstiftende Tätigkeit anzubieten, scheint damit also mehr denn je die Aufgabe der Arbeitgeber zu sein, zumal sich auch zwischen Akademikern und Nicht-Akademikern keine großen Unterschiede im Antwortverhalten ausmachen lassen. Die Corona-Krise hat offenbar auch dazu beigetragen, eine sinnhafte Tätigkeit noch mehr in den Fokus zu rücken, denn 28% der Befragten gaben an, dass ihnen dies heute noch wichtiger ist als vor Corona. Bemerkenswert ist, dass diese Verstärkung mit 41% der Befragten bei den unter 30jährigen am stärksten ausgeprägt ist. Da ich immer wieder von meinen Kunden höre, wie schwierig die Gewinnung guter Nachwuchskräfte bereits heute ist, kann man den Unternehmern nur raten, auf die Frage nach dem Sinn der Arbeit in ihren Unternehmen eine möglichst überzeugende Antwort zu haben und diese auch offensiv zu vermitteln. Ohne Sinnstiftung scheint eine Rekrutierung guter Nachwuchskräfte aktuell nur schwer möglich.

Immer wieder gern werden auch die Zukunftskompetenzen hinterfragt. Dieses Mal ist es das berufliche Netzwerk Xing, welches in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Marketagent eine entsprechende Befragung mit 1000 Teilnehmern durchgeführt hat. 82% der Teilnehmerinnen und Teilnehmer halten die Bereitschaft Neues zu lernen in ihrem Berufsleben künftig für sehr oder zumindest eher wichtig. Auch hier ist die Deutlichkeit des Ergebnisses möglicher Weise durch Corona beeinflusst worden, denn die Krise hat uns ja nahezu allen gezeigt, wie schnell die Notwendigkeit sich mit Neuem zu befassen, akut werden kann. Als weitere wichtige Zukunftskompetenzen wurden genannt:

Kommunikationsfähigkeit                  82% (halten sie für sehr oder eher wichtig)
Leistungsbereitschaft                         72% (dto.)

Die Befragung kommt auch zu dem sehr erfreulichen Ergebnis, dass nur 10% der Befragten keine Weiterbildungsbereitschaft zeigten. Das Gros der Beschäftigten ist also gewillt, sich den Herausforderungen aktiv zu stellen. Bei der Wahl der Trainingsform ergeben sich zwischen online und Präsenztrainings relativ ausgewogene Ergebnisse. Und schließlich bleibt noch die Frage, wer die Weiterbildung denn finanzieren sollte. 51% der Befragten waren nicht bereit, ihre Weiterbildung auch selbst zu finanzieren. Auch hier ist die Altersverteilung auffällig, denn die Jüngeren zeigten viel mehr Bereitschaft, sich an den Kosten zu beteiligen. In der Gruppe der 50-59jährigen waren hingegen nur noch 10% dazu bereit, ihre Weiterbildung auch selbst zu finanzieren. Wenn wir vielleicht alle bad bis 70 oder noch länger arbeiten müssen, kann man eigentlich nur dazu raten, diese Haltung doch noch einmal zu überdenken.

Welche persönlichen Eigenschaften einen beruflichen Erfolg fördern, ist häufig Gegenstand von Forschung, schließlich ist das ja auch eine spannende Frage. Die Universitäten Bern und Gent haben nun die andere Richtung untersucht, nämlich welchen Einfluss beruflicher Erfolg auf die Persönlichkeit hat. Wie ich finde, ist auch das eine ausgesprochen spannende Frage!

Über einen Zeitraum von 8 Jahren wurden dabei 4700 repräsentativ ausgewählte Berufstätige dreimal zu ihrem beruflichen Erfolg befragt. Gleichzeitig wurden die Ausprägungen der Persönlichkeitsmerkmale emotionale Stabilität, Extraversion, Offenheit für Erfahrungen, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit erhoben.

Die Psychologen konnten dabei einige signifikante Zusammenhänge feststellen. So sind erfolgreiche Menschen emotional stabiler und offener für Erfahrungen. Gleichzeitig sind sie auch weniger extravertiert. Man kann also sagen, dass erfolgreiche Menschen mehr Entspanntheit zeigten und besser mit Stress umgehen konnten bzw. sich weniger Sorgen machten. Die Forscher stellten außerdem fest, dass Erfolgreiche mit der Zeit offener im Denken und aktiver in ihrer Vorstellungskraft waren. Etwas schade ist, dass die Studie nicht nach den Gründen gesucht hat und so bliebe hier nur die Spekulation, auf die ich aber verzichten möchte. Erstrebenswert erscheinen diese Ergebnisse aber allemal.

„Diesmal kein Homeoffice?“, fragen Sie vielleicht. Nein, diesmal nicht. Sicher wieder beim nächsten Mal.

Der MP Impuls zur Selbstreflexion

Sonntagmorgen und ich habe einen klaren Plan, was ich tun will. Es ist Zeit wieder den ein oder anderen Impuls zur Selbstreflexion zu schreiben. In der letzten Woche hatte ich auch ein Coaching, dessen Thema sich wunderbar für eine allgemeine Aufbereitung eignet. Mein Klient hatte ein Thema, das für viele Führungskräfte aktuell ist.

Hochsommer, strahlender Sonnenschein schon am frühen Morgen, da zieht es mich immer in mein Outdoorbüro – nirgendwo arbeite und schreibe ich lieber als in der Morgensonne auf meiner Terrasse. Also richte ich meinen Laptop und habe die ersten Sätze im Kopf quasi schon druckreif, da raschelt es im Baum über mir.

Ein Eichhörnchen gibt sich die Ehre und besucht mich. Sie müssen wissen, dass Eichhörnchen meine absoluten Lieblingsfotomotive sind. Ich habe schon viele tausend Bilder von Ihnen gemacht und ein Buch mit Selbstcoachingtechniken geschrieben, welches das Eichhörnchen als Aufhänger nimmt. Ich beschäftige mich also viel mit diesen Tieren und Bilder von ihnen kann ich nie genug haben.

Was also tun? Beitrag schreiben oder Fotosafari?

„Energy flows where attention goes“ heißt ja ein Hauptleitsatz im Coaching (und eigentlich im ganzen Leben). Mir war schnell klar, solange es da oben raschelt, wird das mit schreiben ohnehin nichts, also schnappte ich mir die Kamera und schoss die ersten Fotos. Wir sind mit den Tieren inzwischen sehr vertraut und so kommen sie oft in unsere unmittelbare Nähe und verweilen lange auf unserer Terrasse oder unserem Grundstück. So auch diesmal, ich war also eine ganze Zeit beschäftigt.

Kaum war „mein Gast“ gegangen, tauchte das nächste Tier auf und zeitgleich sogar noch ein weiteres. „Jetzt wird es spektakulär“, sagte ich innerlich zu mir und so war es auch. Es begann die Jagd, wer den Futterplatz zuerst beanspruchen darf und wer zunächst weichen muss. Ich kürze ab: die nächste Stunde war ich voll und ganz damit beschäftigt, die beiden Tiere zu beobachten und Fotos zu machen.

Erst nach insgesamt rund 1,5 Stunden war alles wieder ruhig und ich kehrte an meinen Arbeitsplatz zurück. Mein Laptop war längst im Ruhemodus angekommen. Meine Gedanken, die heute früh schon so strukturiert gewesen waren, kreisten noch um die Tiere. Mit welcher Formulierung wollte ich meinen Text nochmal beginnen? Außerdem hatte ich inzwischen Hunger und leerer Bauch schreibt nicht gut.

Diesmal bestimmte mein Körper die Aufmerksamkeitsfokussierung und die lautete: Jetzt erstmal frühstücken.

Um das Ergebnis vorwegzunehmen: An diesem Tag schrieb ich nichts mehr von dem, was ich mir vorgenommen hatte. Nach dem Frühstück war die morgendliche Frische verflogen. Die Atmosphäre, in der ich so gerne und kreativ arbeite, war nicht mehr da. Jetzt war es viel zu warm, mein Kopf war nicht mehr frisch, die Texte würden zäh aus meinen Tasten fließen, das wollte ich nicht. Ich vertagte meine Planungen auf den nächsten Tag.

Das kennen Sie auch? Sie haben sich etwas ganz fest vorgenommen und dann kommt irgendetwas dazwischen? Kennen wir alle, würde ich vermuten.

Wie gehen wir mit solchen Situationen um? Ich könnte mich ärgern, nichts von dem, was ich mit vorgenommen habe, geschafft zu haben. Vielleicht tadle ich mich sogar mit den Worten: „Immer lässt Du Dich ablenken, so schaffst Du nie etwas.“ Was ändert das an der Situation, außer dass ich mich schlecht fühle? Nichts.

Also doch lieber die zweite Variante: Ich freue mich über einen super Vormittag mit tollen Beobachtungen und Erlebnissen. Ich freue mich auf die Sichtung der mehreren hundert Fotos, die ich gemacht habe und ich lasse die Bilder in meinem Kopf nachwirken, denn das Erlebnis in der Natur fühlt sich so gut an. Schreiben kann ich auch morgen noch, warum sollte ich mich selbst abwerten, mir ein schlechtes Gewissen machen und mir den Tag vermiesen?

Ich habe für inzwischen gelernt, dass es immer anders kommen kann, als ich geplant habe. Damit ich immer flexibel reagieren kann, habe ich stets Zeitpuffer in allem, was ich tue. Texte und Podcasts sind immer mindestens vier Wochen vorproduziert. Stress kommt nicht auf, wenn ich mal eine Schreibphase verschieben muss. Leben ohne Hetze, weg vom Zeitdruck, das schafft mir Freiräume und fühlt sich für mich gut an. Planung ist das halbe Leben? Schaden tut sie jedenfalls nicht.

Wie geht es Ihnen?

Wann haben Sie das letzte Mal in einer Zwickmühle gesessen, eigentlich etwas anderes geplant zu haben und nun doch lieber etwas anderes machen zu wollen?

Wie haben Sie sich entschieden und wie fühlte sich das an?

Welche Gedanken gehen durch Ihren Kopf, wenn etwas nicht so läuft wie geplant? Loben Sie sich für Ihre Flexibilität oder verurteilen Sie sich, weil Sie nichts geschafft haben?

Wie eng sind Ihre Zeitpuffer? Führt jede Abweichung zu Stress und Druck oder haben Sie Spielräume, die Umgestaltungen jederzeit möglich machen?

Können Sie den Moment genießen, auch wenn er plötzlich kommt und so gar nicht geplant war?

So viele Fragen, ich weiß.

Viel Spaß beim Nachdenken wünsche ich Ihnen und natürlich auch ein wunderbares Wochenende!

Der MP Impuls zur Selbstreflexion

Vorab: Diesen Impuls widme ich meinem besten Freund Carlo, dem größten Regenfan, den ich je in meinem Leben begegnet bin.

Sommerzeit, Fahrradzeit. Jeden Tag fahre ich, wann immer es geht mit dem Fahrrad eine Runde an unserem schönen See entlang, um den Tag ausklingen zu lassen. Jeden Tag, naja vielleicht heute nicht, denn es regnet.

Sofort meldet sich Günter: „Bleib zu Hause. Es regnet, du musst heute nicht Fahrradfahren, du fährst doch jeden Tag. Heute lass es einfach sein!“

Ach Entschuldigung, Sie möchten wissen, wer Günter ist? Günter ist mein innerer Schweinehund und Ihrer übrigens auch. Sie kennen Günther noch nicht, dann googeln Sie doch einmal „Günter der innere Schweinehund“. Über Günther wurden schon ganz viele Bücher geschrieben, sehr viele Geschichten und einiges mehr. Im Internet können Sie an Günter nicht vorbei.

„Günter sei still. Ich will im Regen Fahrradfahren. Das ist doch mal ein neues Erlebnis!“ Also rauf auf mein Fahrrad und raus in den Regen. Es fühlt sich sofort ganz anders an als an all den Tagen zuvor. An all den Tagen zuvor war ich froh über den kühlenden Fahrtwind, weil die Luft heiß war und stand. Jetzt ist es in meinen kurzen Hosen ziemlich kühl und der Regen auf meine Haut fühlt sich fröstelig an, aber irgendwie ist das auch schön. Es ist so ganz anders als sonst immer.

Es geht zunächst die Radwege entlang Richtung Campingplatz und was sofort auffällt: Ich bin quasi allein. Kaum jemand kommt mir entgegen. Ich muss nicht dauernd ausweichen, klingeln und auf kleine Kinder Acht geben, die natürlich nicht auf mich achten. Das kann man ja auch nicht erwarten. Es geht den langen Berg hinauf zum Campingplatz und ich muss ganz schön treten, aber das ist diesmal gar nicht so schlimm. In der Hitze fühlte sich das viel schlimmer an. Bei dem kühlen Regen ist das eigentlich kein Problem. An der Spitze angekommen geht es die lange Abfahrt hinunter zum See. Für einen kleinen Moment rutschen mir die Reifen weg und das bei ziemlich hoher Geschwindigkeit. Adrenalinschub, oh Gott oh Gott, wenn ich mich jetzt hinlege, nein, bloß nicht dran denken! Aber ich habe ganz schnell wieder alles unter Kontrolle. Es geht hinunter zum See, Kehrtwende und dann geht es am See entlang wie jeden Tag Richtung Heimat zurück, naja erstmal Richtung Eisdiele.

Plötzlich regnet es nicht mehr, denn hier ist dichter Wald. Es geht unmittelbar an unserem schönen, großen See entlang, aber auch durch das Dichte Laubdach der Wälder. Kein Regen mehr, dafür ziemlich matschiger Boden. Ich muss aufpassen, dass ich nicht auf meiner Nase lande. Kaum jemand begegnet mir, sonst ist dieser Weg am Abend immer ziemlich voll: Jogger, Radfahrer, Spaziergänger. Jetzt begegnen wir nur drei oder vier Leute und jeder von ihnen hat mindestens einen Hund dabei.

Sofort meldet sich Günter wieder: „Siehst Du, siehst du, wenigstens das hast du richtig gemacht. Deine Katze will bei Regen gar nicht raus, liegt im Sessel und lässt dich in Ruhe. Die da müssen alle mit ihrem Köter Gassi gehen.“

Günter, halt doch mal die Klappe. Die Menschen sehen eigentlich alle ganz glücklich aus. Sie wollen offensichtlich raus. In dem Regen scheint es ihnen mit ihren Hunden ganz gut zu gehen.

Ansonsten macht das hier richtig Spaß. Es ist nicht warm und auch nicht mehr kalt. Ich habe mich an die nassen Beine gewöhnt. Es regnet ja gerade nicht mehr. Ich kann zwar durch meine Brille nicht mehr alles so gut sehen, viele Regentropfen versperren mir den Blick, aber es macht so richtig Spaß. Ich kann Gas geben, hier am Wald entlang, sonst geht hier nur – naja ganz langsam voran, man will ja keinen Fußgänger überfahren.

Am Ende des Waldweges kommt die große Seepromenade. Hier wimmelt es sonst im Sommer abends vor Menschen. Skatebordfahrer, Eisesser, Liebespaare, alles Mögliche sitzt hier am See und lässt den Tag ausklingen. Ich bin – ganz allein. Ich schaue auf den See, diese riesige dunkle Fläche mit Tropfen ohne Ende. Sieht richtig cool aus! Nicht mal, die Enten sind auf dem Wasser. Die ganze Horde liegt am Rand im Gras.

Anstieg zur Eisdiele hinauf und natürlich habe ich gedacht: ‚Da sitzt heute Abend kein Mensch.‘ Aber wie cool, unter den großen Regenschirmen sitzen vielleicht 10 Menschen. Es zieht die Menschen einfach raus. Corona hat uns alle so lange eingesperrt. Selbst im Regen gehen die Leute Eis essen. Wie großartig denke ich. Ich habe wie üblich beim Radfahren kein Geld in der Tasche, also auch kein Eis für mich.

Den langen Radweg an einer unserer Hauptstraßen entlang geht es zurück nach Hause. Das ist nicht so schön hier im Regen. Hier wird man ziemlich nass und an der Straße entlang gibt es ziemlich viele Autos. Egal, bald bin ich wieder zuhause. Auf den letzten zwei-, dreihundert Metern nimmt der Regen nochmal so richtig zu.

„Du hast ja recht gehabt, Günter!“, sage ich, bevor sich Günter überhaupt wieder melden kann, um mich daran zu erinnern, dass er ja darauf hingewiesen hat, dass man im Regen nicht Rad fahren soll. Ich komme nach Hause. Ich bin pitsche patsche nass: Trainingsjacke durch, T-Shirt durch, Hose durch. Total egal! Ich Dusche eh nach dem Fahrrad fahren. Sonst dusche ich immer, weil ich verschwitzt bin und sich das für den Rest des Abends nicht so schön anfühlt. Heute dusche ich eben, um ich aufzuwärmen. Einfach mal andersrum, sonst dusche ich ziemlich kalt, um mich wieder abzukühlen, jetzt dusche ich richtig warm, um mich wieder aufzuwärmen.

Und dann ist das ganz typisch: Ich stelle mein Fahrrad in die Garage und will den Schlüssel meiner Fahrradbox in der Garage aufhängen. Was mache ich? Ich hänge meinen Hausschlüssel auf, also noch einmal im strömenden Regen rund um das ganze Haus meinen Hausschlüssel holen. Dann aber rein und ab unter die Dusche.

Na Günther, hast du noch was zu sagen? Günter ist, glaube ich, beleidigt. Es hat mir so gut gefallen. Es hat so viel Spaß gemacht. Es war so ganz anders, einfach mal ein anderes Erlebnis, andere Gefühle, andere Gerüche, eine andere Luft. Es war fröstelig, statt immer nur warm. Aber es war einfach  – sau geil. Entschuldigen Sie bitte diese Aussprache.

Und Sie? Wie geht es denn Ihrem inneren Schweinehund? Vielleicht wollen Sie ja mit ihm am Wochenende auch mal wieder diskutieren? Mal schauen, wer bei Ihnen gewinnt.

Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall ein wunderbares Wochenende!