Der MP Impuls zum Wochenende

Mein Klient war zerknirscht. Das Gespräch, das er gestern mit seinem Chef gehabt hatte, war nicht besonders gut gelaufen. Er hatte sogar eine ziemliche Abfuhr erhalten, als es um die Frage einer möglichen neuen Position und die damit verbundene Gehaltserhöhung gegangen war.

„Mein Chef sieht mich nicht auf der neuen Stelle und wird das nicht befürworten. Er wirft mir mangelndes Engagement vor, unfassbar.“ Er war ganz offensichtlich vom Feed-Back des Chefs vollkommen überrascht worden.

„Woran ganz konkret macht denn Dein Chef das fest?“, fragte ich zurück.  Das hatte mein Coachingnehmer seinen Chef auch gefragt. Die Antwort, er habe in letzter Zeit an kaum einer Weiterbildung teilgenommen, konnte er gar nicht mehr verstehen.

„Stimmt das denn nicht?“, fragte ich weiter. Doch, es stimmte schon, aber das habe doch nichts mit seinem Engagement zu tun. Er habe die Weiterbildungen für sich nicht für nötig gehalten, darin keinen Mehrwert gesehen. Die meisten waren ohnehin nach Dienstschluss bzw. am Wochenende gewesen und er habe da die Prioritäten mehr auf seine Familie gesetzt. Das müsse doch auch sein Chef verstehen.

„Hättest Du Dich anders entschieden und an den Weiterbildungen teilgenommen, wenn Du gewusst hättest, dass deine Präsenz dort für die neue Stelle relevant ist?“, wollte ich wissen.

„Natürlich hätte ich das…“, platzte mein Klient sofort heraus.

Ein typischer Fall von Fehleinschätzung könnte man meinen, doch ist dem wirklich so? Die Analyse legt eher nahe, dass mein Klient – natürlich ohne jede Absicht – den möglichen Zusammenhang gar nicht erkannt hat und ihn so auch nicht bei seiner Entscheidung berücksichtigen konnte. Er war auf die fachlichen Inhalte fixiert, die er für sich als „nicht relevant“ eingestuft hatte. Den Aspekt, dass ihm sein Fernbleiben auch als allgemeines Desinteresse und mangelndes Engagement ausgelegt werden könnte, hatte er nicht auf dem Zettel gehabt. Es handelt sich also weniger um eine Fehleinschätzung als um eine mangelnde Reflexion möglicher Zusammenhänge und Wirkungen. Er war sozusagen „betriebsblind“ für das eigene System gewesen und bekam nun die Quittung, die er als ungerecht empfand.

Wir arbeiteten das auf und mein Klient konnte aus der Perspektive des Chefs diesen auch gut verstehen. „Wenn ich das gewusst hätte, wäre es ja ein leichtes gewesen, das mit ihm zu besprechen.“, sagte er schließlich. Ja genau, das wäre ein leichtes gewesen und er hätte mit seinem Chef besprechen können, dass er in diesen Weiterbildungen keine fachliche Notwendigkeit sah und bei den nächsten, gerne wieder dabei war. Dann wäre die negative Wirkung vermieden worden und er wäre jetzt nicht so enttäuscht.

Dieser Gefahr aber sind wir im Alltag immer wieder ausgeliefert. Wir sind auf einen Punkt fixiert und sehen die möglichen Konsequenzen rechts und links manchmal nicht. In diesem Fall war es, dass jemand gar nicht auf die Inhalte, sondern auf die allgemeine Weiterbildungsbereitschaft schaut und diese bewertet.

In anderen Konstellationen können es ganz andere Aspekte sein. Vorschnell sollten wir also keine Entscheidungen treffen. Einen Moment innehalten, die Konsequenzen aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten und zumindest kurz überlegen, welche Wirkung mein Verhalten vielleicht auf andere hat und ob ich mit dieser Wirkung leben will, ist immer hilfreich. Dann können Sie immer noch und zwar sehr reflektiert die Entscheidung treffen, die für Sie die richtige ist. Aber eben im vollen Bewusstsein aller möglichen Konsequenzen. Diese Entscheidungsfreiheit ist dann echte Kompetenz zur Selbststeuerung.

Ein schönes Wochenende!

Der MP Impuls zum Wochenende

Vielleicht kennen Sie das auch: Sie bekommen ein Geschenk und es ist so zauberhaft schön verpackt, dass Sie sich kaum trauen, die Verpackung aufzureißen. ‚Wow‘, denken Sie wie wunderbar der Schenker das verpackt hat – großartig, ein kleines Kunstwerk.

Sie erinnern sich vielleicht, dass Sie nicht so ein Talent haben, wenn es um das Einpacken von Geschenken geht. Ein schmales Buch, das geht ja gerade noch, weil die Kanten gerade sind und der Teil, der jetzt hochgebogen und verklebt werden muss, kurz ist. Aber es fallen Ihnen auch die Dinge ein, die nicht so eine verpackungsfreundliche Form hatten und Sie denken daran, wie Sie mit ihnen „gekämpft“ haben. Je mehr sich das Papier wehrte in Form zu bleiben, desto energischer wurden Ihre Bemühungen mit Klebeband und Bindfaden. Wahrscheinlich kam es schnell zu ersten Rissen im Geschenkpapier, die energisch mit Tesafilm korrigiert wurden. Am Ende gab es viel Geknitter, die Klebebandrolle war fast leer und Ihr Werk war nicht schön, aber einzigartig. ‚Immerhin habe ich es selbst gemacht‘, war vielleicht ihr beruhigender Gedanke und schließlich wird das Geschenk ja eh nur eingepackt, um vom Beschenkten wieder ausgepackt zu werden.

Fast jeder, dem ich diese kleine Episode erzähle, muss dabei schmunzeln, weil wir nahezu alle, eine solche Begebenheit schon einmal erlebt haben oder uns vorstellen können. Auf das Vorstellen müssen dabei diejenigen zurückgreifen, die zu den Verpackungskünstlern gehören und die „Kunstwerke“ erstellen, die zum Auspacken fast zu schade sind. Diese Menschen haben aber nahezu alle schon mal ein Präsent geschenkt bekommen, das in der oben beschriebenen Art und Weise verpackt war. Sie kennen die Situation also auch.

Die Geschichte ist banal und bietet dennoch für den Zweck der Selbstreflexion wunderbare Möglichkeiten. Dabei eröffnet sie gleich mehrere Denkrichtungen und ich biete Ihnen diese an. Sie können dann wählen, in welche Richtung, Sie intensiver nachdenken möchten.

  1. Sie haben die Wahl: Sie sind mit dem „Knitterergebnis“ zufrieden und entscheiden sich, dass es auch beim nächsten Mal ruhig wieder so ein Verpackungsergebnis geben darf. Schließlich wird es eh ausgepackt, also „Haken dran“. Treffen Sie diese Entscheidung, dann ist für Sie ohnehin alles gut. Und bevor Sie vielleicht überlegen, ob es wirklich so einfach sein darf: Natürlich darf es so einfach sein!
    Vielleicht kommen Sie aber auch zu dem Entschluss, dass Sie beim Geschenkeverpacken besser werden müssen. So hässliche Geschenke möchten Sie in Zukunft nicht mehr übergeben! Die erste Frage, die Sie dann zu beantworten ist, lautet: Welche Kompetenzen müssen Sie verbessern? Vielleicht müssen Sie kreativer werden und mehr Ideen entwickeln, wie eine passende Verpackung aussehen könnte? Vielleicht müssen Sie eine bessere Fingerfertigkeit entwickeln, um besser falten zu lernen? Vielleicht müssen Sie aber auch lernen, Hilfen in Anspruch, weil der nächste „Verpackungskünstler“ eigentlich gleich nebenan gewesen wäre, Sie sich aber keine Blöße geben wollten?
    Die erste Reflexion lautet also: Womit sind Sie zufrieden und wo wollen Sie besser werden? Und wenn Sie besser werden wollen: Welche Kompetenzen müssen dafür weiter ausbauen?
  2. Vielleicht hätten Sie ja auch die Vorbereitung Ihres Verpackungsvorganges verbessern können, um zu einem anderen Ergebnis zu kommen. Auf welche Ressourcen hätten Sie zurückgreifen können? Den „Verpackungskünstler“ nebenan haben wir ja schon im letzten Absatz angesprochen. Wenn Sie ihn nicht bitten wollten, das Geschenk für Sie einzupacken, so hätten Sie ja vielleicht nach Tipps fragen können. Diese Tipps hätten Sie vielleicht auch im Internet oder einem Buch gefunden. Auch beim Verpackungsmaterial hätten Sie sich vorher Gedanken machen können. Vielleicht wäre eine schöne Schachtel besser gewesen als das billigste Geschenkpapier?
    Die zweite mögliche Reflexion lautet also: Auf welche Ressourcen können Sie zurückgreifen? Wer verfügt gegebenenfalls über diese Ressourcen? Wie können Sie mit diesem jemand in Kontakt treten und ihn überzeugen, Ihnen diese Ressourcen bereitzustellen?
  3. Vielleicht hätte es auch ganz andere Möglichkeiten gegeben, anstatt das Geschenk einzupacken? Hätten Sie es beim Lieferanten einpacken lassen können (Geschenkservice)? Oder hätten Sie es einfach unverpackt schenken können, weil Verpackungsmüll ohnehin eines unserer aktuellen Umweltprobleme ist? Hätte der Empfänger des Geschenks ein unverpacktes Geschenk vielleicht sogar begrüßt?
    Die nächste Reflexion könnte also lauten: Ist das, was Sie tun überhaupt notwendig bzw. sinnvoll? Gibt es Alternativen, die vielleicht in Frage kommen, an die Sie aber aus Gewohnheit gar nicht gedacht haben? Wo handeln Sie einfach aus Routine und was könnten Sie auch mal anders machen?
  4. Ein letzter Gedanke: Manchmal ist es eigentlich gar nicht das Ergebnis, in diesem Fall also das mehr schlecht als recht verpackte Geschenk, welches uns im Nachhinein ärgert. Es ist eher die Tatsache, dass wir mal wieder den Weg des geringsten Widerstandes gegangen sind und dann akzeptiert haben, was halt dabei herauskam. Wir haben gar nicht nachgedacht, sondern einfach getan. Hauptsache schnell fertig damit, egal wie es aussieht.
    Die vierte Reflexion könnte also lauten: Wo gehen Sie zu oft den Weg des geringsten Widerstandes, was bewirkt das und wollen Sie es ändern?

Was mit einer scheinbar banalen Geschichte begann, liefert so viele Chancen, uns selbst zu reflektieren. Vielleicht fallen Ihnen auch noch weitere ein.

Sie haben jetzt die Wahl, in welche Richtung möchten Sie weiterdenken?

Ich wünsche ihnen viel Freude dabei und natürlich ein schönes Wochenende!

Der MP Impuls zum Wochenende

„So bin ich eigentlich gar nicht und so möchte ich auch nicht gesehen werden!“, sagte mein Coachingnehmer zu mir. Was war passiert? Er hatte an einem 360grad-Feedback teilgenommen, welches für ihn als Führungskraft in seinem Unternehmen alle drei Jahre obligatorisch durchgeführt wurde. Das Ergebnis war für ihn nicht gerade erfreulich gewesen.

Seine MitarbeiterInnen bescheinigten ihm er sei viel zu weit weg von der Mannschaft und teilweise arrogant. Gerade der Punkt arrogant zu sein, hatte ihn völlig aus der Bahn geworfen. „Ich bin doch nicht arrogant!“, sagte er etwas weinerlich und schüttelte den Kopf.

Meinen Klienten kannte ich schon lange. Er ist eine hochrangige Führungskraft eines großen Unternehmens. Ich erlebte ihn eigentlich nie arrogant und konnte daher gut nachvollziehen, dass ihn das Feedback seiner MitarbeiterInnen erschüttert hatte.

Wie aber war es dazu gekommen?

„Hast Du denn die Ergebnisse schon mit deinem Team besprochen?“, fragte ich ihn. Das hatte er und so konnten wir die einzelnen Situationen, die zu seiner Bewertung geführt hatten, miteinander besprechen. „Also, welche Beispiele haben Deine Mitarbeiter Dir genannt?“, fragte ich nach.

Da war zunächst die Situation der Mitarbeiterbesprechung vor ein paar Wochen gewesen, als er wichtige Themen zu verkünden hatte. Er war sehr schnell durch die Agenda gehastet, er stand unter großem Zeitdruck. Offenbar hatte er auch viele Fremdworte verwendet, die seine MitarbeiterInnen nicht verstanden hatten. Nachgefragt hatte niemand. Er war davon ausgegangen, dass „alles klar“ war und seine MitarbeiterInnen inhaltlich alles verstanden hatten. Tatsächlich hatte er sie offenbar bei vielen Punkten im Unklaren gelassen und dadurch große Unsicherheiten erzeugt. Nur hatte ihm das niemand  gesagt.

In den nächsten Tagen hatte er daher weitergearbeitet wie immer. Jetzt warfen seine MitarbeiterInnen ihm vor, er würde sich nicht um sie kümmern und nur seine eigenen Interessen verfolgen. Das war natürlich überhaupt nicht seine Absicht gewesen. Er hätte sich ganz anders verhalten, wenn er gewusst hätte, dass noch Unklarheiten vorhanden sind. Hatte er aber nicht, er hatte das ja so nicht wahrgenommen.

„Okay, gibt es noch ein Beispiel, das Du mir erzählen möchtest?“, fragte ich ihn. Das nächste Beispiel, welches er daraufhin erzählte, kam von einer jungen Mitarbeiterin, an der er vor ein paar Tagen auf dem Flur offensichtlich vorbeigelaufen war, ohne sie zu grüßen. Er war in großer Hektik gewesen, weil es ohnehin schon zu spät war, um rechtzeitig zu dem Termin mit seinem Chef zu kommen. Gedankenverloren war er über den Flur gestürmt und hatte seine junge Mitarbeiterin tatsächlich gar nicht wahrgenommen. Sie fühlte sich ignoriert und legte das als Arroganz ihres Chefs aus.

„Aber das wollte ich doch gar nicht!“, sagte mein Klient resigniert. Er war in Hektik gewesen und hatte sich über die Wirkung auf die junge Mitarbeiterin keine Gedanken gemacht. Tatsächlich hatte er sie in diesem Moment wahrscheinlich nicht einmal registriert.

„Vielleicht hast du ja auch noch ein drittes Fallbeispiel für mich und dann können wir gemeinsam reflektieren?“, bat ich ihn um eine weitere Begebenheit.  „Ja, das habe ich. Eine Begebenheit habe ich nämlich noch so richtig „um die Ohren gehauen“ bekommen. Vor ein paar Wochen habe ich einen Artikel verteilt, den ich großartig fand. In dem Artikel ging es um Kundenorientierung und die Beispiele darin waren so überzeugend. Wir alle konnten anhand dieser Beispiele Ansatzpunkte finden, um noch besser zu werden.“

Auch zu diesem Artikel hatte er von seinen MitarbeiterInnen zunächst kein Feedback bekommen. In der Besprechung seiner Feedback-Ergebnisse jedoch hatten sie ihm diesen Artikel quasi vor die Füße geworfen. Wenn er mit ihrem Verhalten nicht zufrieden sei, dann solle er das doch offen sagen und es mit ihnen besprechen, anstatt ihnen einen Artikel zu geben. Ganz offensichtlich fühlten sie sich angeklagt, weil sie glaubten mit den positiven Beispielen wolle ihr Chef ihnen indirekt sagen, dass sie derzeit alles falsch machten und er mit ihnen ganz und gar nicht zufrieden war. Das war nicht seine Absicht gewesen, aber so war es bei ihnen angekommen.


Beispiele wie diese finden wir im Alltag sehr viele. In keinem der genannten Fälle war es die Absicht meines Klienten gewesen, eine negative Wirkung auf seine MitarbeiterInnen zu erzeugen. Seine Absicht war immer positiv gewesen. Die Wirkung war es nicht.

Das war dann auch der zentrale Punkt, den ich mit meinem Klienten aufarbeitete. Es ist ein großer Unterschied, was wir beabsichtigen und welche Wirkung wir erzielen. Positive Absicht – negative Wirkung, das ist leider ganz oft das Ergebnis.

Die Wahrnehmung, die andere Menschen von uns haben, unterscheidet sich häufig von dem, was wir gerne als Wirkung erreichen würden. Sie schauen aus ihrem Blickwinkel auf uns und dieser ist möglicherweise gerade durch ganz andere Ereignisse, durch andere Werte, durch andere Bewertungen oder schlicht ein anderes Erleben der gleichen Situation geprägt. Sie kommen dann zu ihren Bewertungen und diese weichen wahrscheinlich deutlich von unseren eigenen Bewertungen ab. Nehmen wir diese Differenzen nicht wahr, sind die Probleme vorprogrammiert. Wir können auch nicht angemessen reagieren, da wir ja gar kein Problembewusstsein haben. Wie sollen wir auf ein Problem reagieren, das für uns gar nicht existiert?

„Aber warum sagt mir das denn keiner? Warum fragen meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter denn nicht nach, wenn sie die Begriffe, die ich verwende, nicht verstehen?“, fragte mein Coachingnehmer fast flehentlich.

So ist es leider ganz oft. Die Menschen geben uns keine offene Rückmeldung, wie sie uns gerade wahrgenommen haben oder wenn sie etwas nicht verstanden haben. Dafür gibt es viele Gründe, die ganz unterschiedlicher Natur sein können. Das ist nicht schön, aber so ist es. Es braucht also eine andere Sensibilität, damit wir selbst wahrnehmen können, wie wir auf andere wirken. Sonst nützt die beste positive Absicht nichts.

Natürlich wollte mein Klient weder seine MitarbeiterInnen verunsichern noch seine junge Kollegin ignorieren und auch keine versteckte Kritik äußern, aber auch ohne es zu wollen, hatte er es getan.

Mein Coachingnehmer entschloss sich dazu, eine weitere Teambesprechung mit seiner Mannschaft durchzuführen und das Thema nochmals grundlegend aufzuarbeiten. Er bat seine KollegInnen um Verständnis für seine Situation. Er erklärte, warum er manchmal in Hektik war und dann gedankenverloren wirkte. Er ließ sich von seinen MitarbeiterInnen beraten, wie er besser mit seinen Ideen umgehen könne, damit sie nicht als versteckte Kritik wahrgenommen werden. Die Lösung war im Übrigen ganz einfach: er hätte das Thema besser einführen und seine Absicht erklären sollen und nicht einfach kommentarlos den Artikel verteilen sollen. Man traf gemeinsam Vereinbarungen, sich zukünftig regelmäßig offen auszutauschen, Lob und Kritik zu äußern und nicht zu warten, bis die nächsten Beurteilungen in die eine oder in die andere Richtung anstünden.


Als ich einige Wochen später wieder mit ihm zu einer Coachingsitzung zusammenkam, berichtete er, das Teamklima habe sich bereits deutlich verbessert. Er sei jetzt viel sensibler was seine Wirkung auf das Team angehe und überlege häufig, wie sein Verhalten wirken könnte, bevor er etwas tat.

Sein Team sei auch bei weitem nicht mehr so angespannt und nehme das ein oder andere inzwischen mit einem Lächeln hin. Zum Beispiel wenn er mal wieder über den Flur stürme und links und rechts von ihm nichts wahrnehme. „Na Chef“, habe die junge Mitarbeiterin ihm vor kurzem zugerufen, „wohl wieder mal in Hektik heute!“ Da mussten sie beide lachen und die Spannungen waren verflogen.

Mein Klient hatte also letztlich aus der negativen Erfahrung seines 360grad-Feedbacks viel gelernt. Er war sensibler geworden und hatte somit als Führungskraft große Fortschritte gemacht.

Positive Absicht – negative Wirkung: Diesen Zusammenhang müssen wir alle uns immer wieder klarmachen. Unsere Absichten kann niemand erkennen und deshalb kommt es in allererster Linie auf die Wirkung an! Ist diese negativ, nützt es uns nichts, dass wir eine positive Absicht hatten.

Nun können auch Sie reflektieren:

Sind Sie immer ausreichend sensibel für die Wirkung, die Sie auf andere haben könnten?

Hasten Sie auch manchmal an Menschen vorbei, ohne diese wahrzunehmen?

Sprechen Sie immer die Sprache, die ihr gegenüber auch versteht?

Sind die Maßnahmen, die Sie ergreifen immer eindeutig oder könnten sie auch als Kritik missverstanden werden, ohne dass Sie eigentlich Kritik üben wollen?

Und so gibt es natürlich noch viele andere Dinge, die eine negative Wirkung entfalten könnten und die Sie deshalb im Blick haben sollten. Ich möchte schließlich nicht, dass es ihnen so geht wie meinem Coachingnehmer und Sie als arrogant wahrgenommen werden, obwohl sie das in Wirklichkeit gar nicht sind.

Deshalb gehen Sie in sich und überdenken Sie, welche Wirkung Sie an der ein oder anderen Stelle möglicherweise erzeugt haben könnten, obwohl Sie eine ganz andere Absicht hatten.

Ich wünsche Ihnen ein schönes und reflektiertes Wochenende!

Der MP Impuls zum Wochenende

Es gibt Tage, an denen kann man als Coach sofort spüren, dass der Klient heute „unter Dampf“ steht. So ein Tag war heute. Mein Kunde kam sichtlich schlecht gelaunt durch die Tür, warf seine Tasche mit einiger Dynamik auf den Boden und sich selbst auf den Stuhl?

„Gibt’s auch ein Bier, statt Mineralwasser?“

OK, Zeit, dass er Dampf ablassen kann.

„Na auf, erzählen Sie mir, was los ist!“, rief ich ihm zu und er sprudelte los.

Da war dieser Kunde, der sich auf sein Internetangebot hin gemeldet hatte und mit dem er ein nettes Telefonat hatte. Mein Klient ist selbständiger Berater, es war eine Neukundenakquise. Der Kunde bat um ein Angebot und mein Klient hatte sich hingesetzt und ein ausführliches Angebot geschrieben. „Es hat mich viel Zeit gekostet!“, sagte er, sichtlich genervt. Er hatte alles detailreich ausgearbeitet und schließlich per Mail an seinen potentiellen Austraggeber verschickt. Das war vor 10 Tagen, eine Reaktion auf sein Mail gab es nicht.

„Und, haben Sie nochmal nachgefasst, ein nettes Erinnerungsmail geschrieben oder noch besser angerufen?“, hakte ich nach. Die Antwort kam, als hätte ich eine Lunte angezündet.

“Sorry, aber so bin ich nicht!”, donnerte mein Klient fast zurück. „Ich lauf ihm doch nicht nach, der wollte doch was von mir. Ich habe geliefert, jetzt ist er dran, sonst will ich auch gar nicht ihm arbeiten, kein Respekt. So geht das nicht!“

Ich schmunzelte in mich hinein, ich wollte ja, dass er Luft ablassen kann und hatte es erreicht. Die Emotionen waren erstmal raus und der Weg war frei, jetzt konstruktiv an dem Thema zu arbeiten. Natürlich nicht, ohne dass ich ihm erstmal Verständnis und aufmunternde Worte zukommen ließ.

„Haben Sie sich schon einmal nicht mehr gemeldet, nachdem Ihnen jemand etwas geschickt hat?“, fragte ich meinen Klienten. „Schon ganz oft“, kam die schnelle Antwort. Das „Aber“, welches er gerne hinterherschicken wollte, unterdrückte ich und bat ihn stattdessen, er möge doch einmal mögliche Gründe auf Moderationskarten schreiben, warum sich sein Kunde nicht gemeldet haben könnte. Die Karten sollte er bitte am Flipchart sammeln, ich würde derweil aus dem Bistro auf dem Gelände meines  Coachingraumes zwei Kaffee für uns holen. Und ich kann sehr langsam gehen, wenn ich volle Kaffeebecher tragen muss…

Als ich mehr als zehn Minuten später wieder durch die Tür kam, war das Flipchart voller Karten. „Großartig“, rief ich ihm zu, „lesen Sie vor!“

Die ersten Karten zielten auf mangelnde Qualität seines Angebotes ab, das dem Kunden entweder inhaltlich oder preislich nicht gefallen haben könnte. Danach kamen Themen, die mit ihm gar nichts zu tun hatten. Ist krank geworden, hat kurzfristig eine andere wichtigere Aufgabe bekommen, Prioritäten haben sich geändert, ist einfach noch nicht dazu gekommen und vieles mehr – es waren fast 20 Karten, die mein Kunde geschrieben hatte.

Ich ging ein paar Schritte zum Fenster lehnte mich dagegen und gab meinem Klienten ein Handzeichen mir zu folgen. „Charly“, begrüßte ich ihn, „schön, dass Du mal wieder da bist. Du bist schon sehr alt und ich weiß, Du hast als Berater alles erlebt, was man erleben kann. Du hast alles gesehen und Du weißt für alles eine Lösung. Klasse, dass Du gekommen bist, um meinem Klienten, dem Du ja zugesehen hast einen Rat zu geben. Wie lautet er?“

Charly, also natürlich mein Coachingnehmer, schmunzelte: „Wenn er weiterkommen will, muss er wohl anrufen!“

Es ist so menschlich, wir sind in Vorleistung gegangen, der andere ist am Zug. Es passiert aber – nichts. Derartige Situationen begegnen uns häufig, sowohl im Berufs- wie auch im Privatleben. Es ist nachvollziehbar, dass wir dann erstmal verletzt und enttäuscht sind. Die innere Stimme sagt, „dann eben nicht, mir doch egal“. So logisch diese Reaktion scheint, sie führt doch oft zu unbefriedigenden Ergebnissen. Im Geschäftsleben ist eine gewisse Hartnäckigkeit gar unentbehrlich. Über den eigenen Schatten zu springen, auch wenn eigentlich der andere am Zug ist, ist ständig erforderlich, sonst entgeht uns viel zu viel Geschäft. Immer sollten wir uns klar machen, dass es so viele Gründe gibt, warum der andere sich nicht meldet. Wenn wir sie nicht kennen, beginnt die „wilde“ Hypothesenbildung und je nach Charakter endet diese im worst-case noch damit, dass wir zu dem Ergebnis kommen, wir seien einfach zu blöd und beginnen uns selbst abzuwerten. Willkommen in der – wahrscheinlich vollkommen überflüssigen – Abwärtsspirale.

Zurück zu meinem Kunden, der am nächsten Tag gleich angerufen hat und die Auflösung war ganz einfach. Sein Kunde war eine Woche in Urlaub gewesen, hatte dann erstmal aufräumen müssen und war noch nicht bis zu seinem Angebot, das er sehr gut fand, vorgedrungen. Ins Geschäft kamen die beiden dann trotzdem nicht, aber man ist bis heute miteinander im Gespräch.

Es war so banal und es gab gar keinen Grund für all die negativen Emotionen, mit denen mein Klient durch die Tür gekommen war. Na klar, wenn wir in Vorleistung gehen, dann ist es immer schön, wenn es auch eine Gegenleitung, zumindest in Form einer Rückmeldung gibt. Dafür sollte man auch daran denken, dass man eine solche inklusive Termin auch gleich vereinbaren kann, dass entsteht für beide Seiten eine noch größere Verbindlichkeit. Bleibt die Gegenleistung aus, denken Sie immer daran, dass es dafür viele Gründe geben kann. Spekulieren Sie nicht, fassen Sie nach, springen Sie über den Schatten, der Sie zurückhalten möchte.

Meistens lohnt es sich, mindestens durch Erkenntnisgewinn!

Ein schönes Wochenende.

Der MP Impuls zum Wochenende

Weihnachten 2020 war ein besonderes – es war geprägt von den Diskussionen rund um die Corona Pandemie. Was dürfen wir und was dürfen wir nicht? Wen dürfen wir treffen und wen dürfen wir nicht treffen? Oder auch wen wollen wir treffen und wen wollen wir lieber nicht treffen?

Die Auffassungen gingen weit auseinander und so wundert es auch nicht, dass das Handeln der Menschen ebenso weit auseinander ging. Für einige dominierte die Sorge oder gar Angst um die eigene Gesundheit oder um die Gesundheit der Angehörigen. Einige hielten alles für übertrieben und verhielten sich auch so.

“Können wir bitte meinen Coachingprozess erst im neuen Jahr beginnen?”, bat mich ein neuer Klient. “Ich möchte unbedingt meine Eltern zu Weihnachten sehen und deshalb jedes Risiko ausschließen und meine Kontakte auf ein absolutes Minimum beschränken.” Natürlich konnten wir das und ich hatte absolutes Verständnis dafür.

Im Fernsehen habe ich gar Berichte gesehen, in denen Menschen geschildert haben, dass Sie sich, obwohl symptomfrei und negativ getestet, vor den Feiertagen freiwillig in Quarantäne begeben haben, weil sie unbedingt sicherstellen wollten, an Weihnachten ihre Familienangehörigen besuchen zu können.

Andere Menschen haben sich entschieden, an Weihnachten ganz bewusst auf Familienbesuche zu verzichten und damit auch aufs Reisen. Es erschien ihnen nicht richtig, in diesen Zeiten unnötige Reisen und Kontakte einzugehen. Ich weiss aus zahlreichen Gesprächen, dass das vielen schwer gefallen ist, aber es war für sie der richtige Weg.

Und dann gab es natürlich auch die “andere Fraktion”, die wir immer wieder im Fernsehen zu sehen bekamen. Menschen ohne Masken, feiernd, sich in den Armen liegend, alle Abstandregeln ignorierend, als gäbe es keine Pandemie und keine Vorschriften. Sie setzten für sich offenbar ganz andere Maßstäbe und gingen so einen gänzlich anderen Weg.

Was mir in diesen Wochen immer wieder begegnete war auch die Zerrissenheit vieler Menschen zwischen der Frage, wie schütze ich mich selbst und was ist gut für andere? Für andere, z. B. meine Eltern wäre es vielleicht schön, wenn ich sie Weihnachten besuche und sie nicht alleine sind. Für mich aber würde das bedeuten, reisen zu müssen und ich fühle mich schlecht dabei und würde lieber zu Hause bleiben. Was tun?

Diese Überlegungen sind auch nicht Pandemie spezifisch, sie traten in diesen Tagen vor Weihnachten 2020 nur verstärkt auf. Sehr häufig fragen mich meine Klienten, wie sie mit diesem Spagat umgehen sollen: Was ist gut für mich und was ist gut für die anderen, z.B. meine Familie, meine MitarbeiterInnen, meine Kunden und andere mehr? Wie weit darf oder muss ich mich gar “opfern”, weil das von mir erwartet wird oder weil das einfach Teil meiner Aufgabe ist? Wo muss ich zurückstehen und wo bin ich wichtiger und setze die Prioritäten auf mich?

Tja, das ist oft keine leichte Frage und eine Schablone, die man in jeder Situation anlegen könnte und die einen zwangsläufig zur richtigen Lösung führt, gibt es nicht. Ich frage dann meine Klienten oft, was wäre, wenn Du kollabierst? Das erzeugt sofort Betroffenheit und das war mein Ziel. Dann erzähle ich regelmäßig folgende Geschichte:

“Du bist doch sicher schon einmal geflogen und kannst dich mit mir erinnern, wie das abläuft. Wenn das Flugzeug seine Parkposition verlässt, machen die Stewards und Stewardessen die üblichen Sicherheitshinweise. Einer davon lautet meistens in etwa wie folgt: Im unwahrscheinlichen Fall eines Druckverlustes in der Kabine fallen automatisch Sauerstoffmasken aus den Fächern über ihnen. Ziehen Sie eine Maske zu sich, setzen Sie diese auf Mund und Nase, danach helfen Sie mitreisen Kindern oder hilfsbedürftigen Personen.”

Dann schweige ich für ein paar Sekunden und oft murmelt mein Klient dann schon leise das Schlüsselwort vor sich hin. Falls nicht frage ich nach dem Schlüsselwort: DANACH!

Ohne Selbstfürsorge können wir anderen nicht helfen – das gilt immer! Es ist nicht egoistisch an sich zu denken, sich zu schützen, zu schauen, dass es mir gut geht und erst danach den Blick auf andere zu richten und anderen auch zu helfen.

Nach dieser Geschichte muss ich im Coaching ganz oft nichts weiter tun, meine Klienten sind sofort wieder klar und treffen die richtigen Entscheidungen. Mindestens aber sind Sie nachdenklich geworden und es ist Zeit, Ihnen den Freiraum zu gewähren, über ihr aktuelles und zukünftiges Verhalten nachzudenken.

Denken Sie immer daran: Wenn es ihnen schlecht geht, können Sie auch nicht für andere da sein. Selbstfürsorge können Sie nur selbst leisten.

Am besten fangen Sie gleich damit an.

Ein schönes Wochenende!