Arbeitswelt und Führung: aktuelle Trends und Umfragen, Ausgabe 23.06.2022

Wie schon häufig, so liegen auch in diesem Sommer weniger Studienergebnisse vor als dies in anderen Jahreszeiten der Fall ist. Daher belasse ich es in diesem Monat bei diesem kurzen Blogartikel, der nicht als Podcast erscheint.

Die Karriereplattform Jobteaser kommt in einer Befragung mit 3.200 Teilnehmenden in Deutschland und Österreich zu dem Ergebnis, dass sich aktuell offenbar viele junge Menschen Sorgen um ihre berufliche Zukunft machen. Die befragten jungen Talente sorgen sich vor allem um die Zukunft ihrer Karriere, was 78% der Studierenden und gar 87% der Absolventinnen und Absolventen auf Jobsuche angaben. Die Hälfte der Befragten hat gar Angst, seinen Lebensunterhalt nicht finanzieren zu können und 48% haben Angst, dass gar nicht genug Jobs vorhanden sein könnten. Die aktuellen Entwicklungen auf der Welt, wie eine für viele Menschen erstmalig erlebbare Inflation oder ein Krieg in Europa gehen also alles andere als spurlos an jungen Menschen vorbei. Auch Corona hinterlässt Spuren: In Zeiten, in denen Onboarding vor allem virtuell stattfindet, haben 20% auch Angst im Unternehmen bzw. in ihrem Team gar nicht Fuß fassen zu können.

Das Trendence Institut hat sich in einer großen Befragung von 5.400 Teilnehmenden dem Thema Arbeitszufriedenheit zugewandt. Im Ergebnis zeigten sich 53% der befragten Führungskräfte aktuell im Job zufrieden, 26% sogar sehr zufrieden. Bei Mitarbeitenden ohne Führungsfunktion fielen diese Werte mit 48% bzw. 20% etwas niedriger aus. In jedem Fall sollten Arbeitgeber aus diesen Zahlen aber nicht den Schluss ziehen, dass ihre Mitarbeitenden nicht abwanderungsgefährdet sind, denn der Markt wird offenbar trotzdem gut sondiert. 35% der Befragten zeigten sich offen für Angebote und weitere 26% sondieren zumindest von Zeit zu Zeit regelmäßig den Arbeitsmarkt. 13% gaben an, aktiv auf der Suche nach einer neuen Herausforderung zu sein. Es wäre also fatal aus den aktuellen Zufriedenheitswerten zu schließen, dass kein Abwanderungspotential besteht. Nach wie vor zeigte sich in dieser Befragung übrigens das Gehalt als Hauptgrund, warum ein Stellenwechsel in Betracht gezogen würde: 67% würden für mehr Geld den Arbeitgeber wechseln.

Zum Schluss noch ein Studienergebnis, dass wir besonders gefällt, weil es auf einen Leitsatz, den ich immer wieder verwende, einzahlt: „Weniger ist mehr!“

Eine Professorin an der Darden School of Business in den USA hat Experimente durchgeführt und herausgefunden, dass Menschen das Potential der Subtraktion deutlich unterschätzen. Anders ausgedrückt, wir neigen viel mehr dazu, mehr zu tun bzw. etwas hinzuzufügen als etwas wegzulassen, obwohl das zum gleichen oder gar einem besseren bzw. effizienteren Ergebnis führen würde. In einem Experiment sollten die Probanden beispielsweise eine Legoplattform stabilisieren, was möglich war, indem man einen einzigen Baustein entfernte. 59% der Probanden fügten aber lieber mehrere Bausteine hinzu. Diverse weitere Experimente führten zu vergleichbaren Ergebnissen, so dass die Studienautorin zu dem Ergebnis kommt: „Menschen übersehen systematisch Möglichkeiten, die Welt durch Subtraktion zu verändern.“

“Wenn es besser werden soll, muss es leicht sein!”
Thomas Baschab

Also: Wir alle sollten erstmal schauen, ob man nicht einfach etwas weglassen bzw. etwas nicht mehr tun könnte, bevor wir die Dinge immer komplexer und schwieriger gestalten.

Hurra, am besten wir fangen sofort damit an…!

Alle zitierten Studien wurden veröffentlich in der Juliausgabe von manangerseminare.

Sicherheit und Anerkennung gewinnen an Bedeutung

Auf dem Weg in das dritte Jahr der Corona Pandemie verwundert es nicht, dass diese Situation inzwischen auch Auswirkungen auf die Anforderungen junger Menschen an Ihren Arbeitsplatz hat. Das Unternehmen Universum hat dazu 16.500 Young Professionals, also Akademikerinnen und Akademiker unter 40 mit weniger als 8 Jahren Berufserfahrung, befragt.

Deutlich an Bedeutung gewonnen hat einerseits die Anerkennung der eigenen Leistung durch Dritte, insbesondere natürlich die Vorgesetzen. Hintergrund dürfte u.a. die Angst sein, in der neuen, viel stärker durch Homeoffice geprägten Arbeitswelt nicht mehr ausreichend wahrgenommen zu werden.

Anderseits hat die Sicherheit des Arbeitsplatzes deutlich an Bedeutung gewonnen, was in einem allgemeinen Umfeld, in dem die Unsicherheiten so stark zugenommen haben, nicht verwundert. Dies könnte Chancen für die Arbeitgeber bieten, die mit besonderer Arbeitsplatzsicherheit aufwarten können, wie dies beispielsweise im öffentlichen Dienst der Fall ist.

Insgesamt scheint die Krise den Studienautoren zu Folge auch das Bedürfnis nach einem respektvollen Umgang untereinander insgesamt gestärkt zu haben. Ein respektvoller Umgang sollte ohnehin selbstverständlich sein – ist es leider jedoch nach wie vor nicht immer. Führungskräfte aufgepasst – ihr seid (mal wieder) besonders gefordert.

Home-Office: Verständnis ist gut, Unterstützung noch besser!

Mit großer Entschlossenheit und teils nicht für möglich gehaltenem Tempo haben viele Firmen im Rahmen der Corona-Krise ihre Arbeitsplätze auf Home-Office oder Mobile-Office umgestellt. Die Geschwindigkeit, mit der dieser Change-Prozess vielerorts von Statten ging, beeindruckt.

Wie geht es nun den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der neuen Arbeitssituation?

Einer Studie der Bewerbungsplattform Stepstone, die dafür 7000 Personen befragt hat, zufolge entsteht insb. durch die Kombination mit geschlossenen Schulen und Kitas sehr viel Stress, der vor allem die berufstätigen Mütter trifft. 67% von ihnen gaben, sich sehr gestresst zu fühlen. Die Väter kamen zwar etwas besser weg, aber auch hier gaben 50% an, sehr gestresst zu sein. Dies mag vielleicht auch daran liegen, dass 40% der Eltern erklärten, aktuell mehr zu arbeiten als sonst. Der Anteil der Mehrarbeiter lag bei den Eltern damit leicht höher als bei Mitarbeitenden ohne Kinder.

Die Stressfaktoren liegen ja auch auf der Hand, kamen doch mehrere gravierende Veränderungen gleichzeitig zum Tragen, für die in vielen Fällen kein Erfahrungswissen vorhanden war. Da ist es erfreulich zu sehen, wie viel Verständnis die Arbeitgeber offenbar für die aktuellen Probleme ihrer Mitarbeitenden aufbringen. 79% der befragten Mütter und gar 83% der Väter gaben nämlich an, dass ihre Arbeitgeber Verständnis für die Kinderbetreuungsaufgaben zeigen.

Bei soviel Verständnis sollte man meinen, dass die Unternehmen auch entsprechende Maßnahmen als Hilfestellungen für die schwierige Situation ihrer Mitarbeitenden eingeleitet haben. Damit befasst sich eine andere Studie, deren Ergebnisse ebenfalls von managerseminare in der aktuellen Juli-Ausgabe aufgegriffen werden.

Diese zweite Studie hat das Beratungsunternehmen KKAG unter 250 Führungskräften aus den Bereichen Personal und Organisation durchgeführt. In dieser Studie erklärten nur ca. 33% der Befragten, dass ihr Unternehmen die Arbeit im Home-Office mit gezielten Maßnahmen unterstützt. Das verwundert umso mehr, weil gleichzeitig 61% erklärten, dass 80% der Arbeit im Home-Office erledigt werde. Natürlich kann man nachvollziehen, dass viele Unternehmen mit technischen, organisatorischen und rechtlichen Fragen mehr als ausgelastet waren. Dennoch war es noch nie gut, seine Menschen bei gravierenden Veränderungsprozessen allein zu lassen, anstatt sie professionell zu begeliten. Warum sollte das also ausgerechnet bei dieser – für viele so drastischen – Veränderung erfolgsversprechend sein?

Eine Qualifizierung für mobiles Arbeiten etwa fand nur in ca. 33% der Unternehmen statt. Eine virtuelle Teamentwicklung führten gar nur 17% der Befragen durch. Dass die Unternehmen für solche Maßnahmen keine eigenen Kapazitäten haben, ist in der Krisensituation plausibel. Sie griffen aber überwiegend auch nicht auf verfügbares externes Know-How zurück, wofür möglicherweise Kostengründe eine Rolle gespielt haben könnten. 69% der Befragten Führungskräfte gaben an, sie schalteten lieber eigenständig auf Notbetrieb um.

Eine solche Einschätzung verwundert dann doch sehr, wenn man bedenkt, dass ja diese Führungskräfte selbst in der Regel kein oder nur wenig Erfahrungswissen mit vergleichbaren Situationen haben dürften. Viele nahmen dabei offenbar auch in Kauf, ihre eigentlichen Führungsaufgaben zu vernachlässigen. Nur 50% der Befragten gaben an, aktuell noch Mitarbeitergespräche zu führen.

Es liegt mir fern, als Besserwisser aufzutreten, aber das kann auf keinen Fall richtig sein. Wenn wir heute etwas gut ausgeforscht und untersucht haben, dann ist es der Ablauf von Veränderungsprozessen und ihren Anforderungen an die Führungskräfte, die ich hier nicht im Detail auflisten möchte. Die Anforderung an Präsenz der Führungskräfte gegenüber den Mitarbeitern/-innen und die Anforderungen an Kommunikation mit den Mitarbeitern/-innen steigen aber in jedem Fall.

Da wäre es sicher für das Management des ein oder anderen Unternehmens nochmals angezeigt, zu hinterfragen, ob es nicht sinnvoller wäre, die Führungskräfte in die Pflicht hinsichtlich ihrer Kernaufgaben zu nehmen und Unterstützung zu fachlichen Themen der virtuellen Zusammenarbeit bei erfahrenen Experten einzukaufen.

Ansonsten könnte das aktuelle Vorgehen – angesichts der oben aus der anderen Studie zitierten Werte in Sachen Stressbelastung – für einige Unternehmen ein ziemlicher Drahtseilakt mit unangenehmen Langzeitfolgen werden.

Work-Life-Balance offenbar entscheidendes Auswahlkriterium für die Arbeitgeberwahl

Glaubt man einer aktuellen Umfrage des Dienstleisters berufundfamilie, für die 2500 Berufstätige befragt wurden, dann dürfte die Vereinbarkeit von Familie und Beruf aktuell das wichtigste Kriterium der Arbeitgeberwahl sein. Dies gilt erstaunlicher Weise offenbar in allen Altersgruppen und relativ unabhängig von den persönlichen Verhältnissen.

In keiner der befragen Gruppen, egal ob ledig, verheiratet, geschieden, egal ob jung oder alt, egal ob mit oder ohne Studien- bzw. Berufsabschluss lag die Zustimmung zu der Aussage, dass die Work-Life-Balance das entscheidende Auswahlkriterium bei der Wahl des Arbeitgebers ist, unter 70%! Solche Zustimmungswerte dürfen durch als außergewöhnlich bezeichnet werden.

In der Gruppe der Erwerbstätigen mit Kindern lag die Zustimmung gar bei 84%, was wenig verwundert. Wer nun jedoch glaubt, die Kinderlosen würden dieses Thema vollkommen anders sehen und vielleicht die Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten höher priorisieren, werden eines Besseren belehrt. Auch in dieser Gruppe lag die Work-Life-Balance bei knapp 75%.

Stellt sich natürlich die Frage, mit welchen Konsequenzen die Unternehmen rechnen müssen, wenn sie den Vorstellungen ihrer Mitarbeitenden nicht gerecht werden. 77% der 18-29jährigen gaben an, in diesem Falle den Job wechseln zu wollen, womit gerade für die Nachwuchskräftegewinnung und -bindung diesem Thema offenbar mehr denn je Bedeutung zukommt. Ich kann das im übrigen aus meinen persönlichen Kontakten zur Generation Y und Z nur bestätigen. Interessant jedoch auch, dass ältere Arbeitnehmer nicht ganz so offensiv an das Thema Arbeitgeberwechsel herangehen, aber immerhin noch etwa, die Hälfte der Arbeitnehmer über 65 den Wechsel vornehmen würde.

Work-Life-Balance – diesen Begriff mag man so abgedroschen und veraltet finden, wie man will. Oft erlebe ich nämlich viel mehr Diskussion über die Begrifflichkeit als über die Inhalte, die sich dahinter verbergen. Die Inhalte aber, egal mit welchem Begriff Sie diese für sich benennen wollen, sind aktueller denn je. Und die Corona-Pandemie wird diesen Trend zusätzlich verstärken, aber das ist nur meine Meinung.

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Was Arbeitnehmer “happy” macht…

… ist für Arbeitgeber immer wieder eine wichtige Frage, wenn man davon ausgeht, dass Arbeitnehmer, die “happy” sind, auch motivierter arbeiten und damit bessere und effizientere Leistungen erbringen.

In seiner Januarausgabe 2020 geht managerseminare dazu auf zwei Studien ein, die aufzeigen, dass weder New Work noch die Schaffung einer “Wohlfühlatmosphäre” jeweils für sich alleine ausreichend sind, um auch tatsächlich bessere Leitungen der Arbeitnehmer zu erreichen.

Die Initiative Neue Qualität der Arbeit aus dem Bundeswirtschaftsministerium hat über vier Jahre die Aussagen von etwa 7500 ArbeitnehmernInnen miteinander verknüpft.

76% der Befragten dieser Studien erklärten, sie fühlten sich gesund und wohl in ihren Unternehmen. Ein Drittel von Ihnen erbrachte deshalb aber kein höheres Engagement. Auf die Frage, wie man dieses steigern könnte, rückten – wenig überraschend -die Führungskräfte in den Vordergrund. Dabei wurden eine faire und direkte Kommunikation, das entgegengebrachte Vertrauen und ein klares Feedback als die wichtigsten Führungsaspekte genannt. Auch Kollegialität und die Möglichkeit zur eigenen Weiterentwicklung wurden als wichtige Aspekte, das eigene Engagement zu steigern, genannt.

Ohne die Bemühungen zahlreicher Firmen, die sich mit vielfältigen Aktionen um positive, zum “Wohlfühlen” geeignete Arbeitsbedingungen, eigene Fitnessbereiche und vieles mehr bemühen, kritisieren zu wollen, zeigt uns auch diese Studie wieder einmal, dass der eigentliche Schlüssel zum Erfolg, in den Händen der Führungskräfte liegt. Deren Auswahl, Aus- und Fortbildung ist also der wahrscheinlich renditestärkste Investionsbereich im Unternehmen überhaupt. Vielleicht ist das zumindest mal eine kritische Selbstreflexion wert, ob Ihre Investitionen in diesem Bereich noch stimmig sind?!

In einer zweiten Studie haben Ingo Hamm und Wiebke Köhler rund 1100 Mitarbeiter und Führungskräfte in Deutschland nach den Zufriedenheitsfaktoren befragt. Die wesentlichen Elemente von “New Work” wurden dabei deutlich seltener genannt als einige “alte Klassiker”, was zeigt, dass mit “New Work” alleine noch nichts zum Besseren gewendet ist.

Offenheit und Toleranz sowie das Thema “Fehlerkultur” bekamen 16% Nennungen und lagen damit “nur” auf Platz 19, aber immer noch vor einem coachenden Führungsstil (14%, Platz 20). Überraschend?

Nein, würde ich sagen, denn auf den TOP-Platzierungen liegen wieder einmal zwei der “Allzeit-Favoriten” der letzten Jahr(zehnte). Eine erfüllende, ich füge hinzu sinnstiftende, Tätigkeit, also die Aufgabe selbst wird als wichtigster Aspekt für Mitarbeiterzufriedenheit erlebt. Danach folgen erneut die Führungskräfte, diesmal mit der Ausprägung auf Fürsorge und authentische Führung.

Auch diese Erkenntnisse sind also nicht neu, sondern nur eine Bestätigung zahlreicher Umfragen zuvor. Die Aufgabe selbst ist oftmals der größte Zufriedenheitsfaktor überhaupt und das ist auch kein Widerspruch zu “New Work”. Eine sinnlose, langweilige und perspektivlose Tätigkeit macht eben niemanden glücklich, egal in welcher Arbeitsform wir ihr nachgehen. Zum Thema Führungskräfte ist alles gesagt.