Arbeitswelt und Führung: aktuelle Trends und Umfragen, Ausgabe 29.01.2022

Erst vor ein paar Tagen (10.01.2022) habe ich in meinem Blog einen Blick auf eine Studie zum Thema Depressionen geworfen. Rund 40% der Befragten in dieser Studie hatten schon einmal eine diagnostizierte Depression oder nahmen an, sie seien an einer Depression erkrankt, ohne dass sie diese von einem Arzt diagnostizieren ließen. Nun legt eine Befragung im Auftrag der Dekra den Schluss nahe, dass gerade psychische Erkrankungen von den Arbeitgebern oft ignoriert werden. Von den 1.014 befragten Beschäftigten gaben nämlich nur 31% an, dass es in ihrem Unternehmen eine psychische Gefährdungsbeurteilung gibt. Kein Wunder also, dass die Studienautoren an die Unternehmen appellieren, dieses Thema ernst zu nehmen. Seit Jahren nehmen in allen Veröffentlichungen der großen Krankenkassen die Fehlzeiten aufgrund von psychischen Erkrankungen kontinuierlich zu und sind vielfach bereits zur Hauptursache für Krankschreibungen geworden. Im Jahr 2020 wurde mit 265 Fehltagen aufgrund psychischer Erkrankungen pro 100 Beschäftigten ein neuer Höchstwert erreicht. Kaum verwunderlich angesichts der vielfältigen Herausforderungen, vor denen Menschen durch Corona plötzlich standen. Bei solchen Zahlen sollten die Unternehmen auch ein signifikantes Eigeninteresse haben, sich diesem Thema intensiver anzunehmen. 65% der Befragten hatten übrigens den Eindruck, dass sich ihr Arbeitgeber aktiv um das Wohlbefinden und die Gesundheit seiner Mitarbeitenden kümmert – insgesamt scheinen die Arbeitgeber also bereits auf einem guten Weg.

Dass gerade das Thema psychischer Erkrankungen noch Nachholpotential bei den Unternehmen hat, könnte auch mit dem Führungsverhalten der leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu tun haben. Das jedenfalls legt eine Befragung der Fa. Softgarden, Anbieter einer Recruitingsoftware, nahe, in der 3.500 Bewerberinnen und Bewerber sowie 250 HR-Verantwortliche zu den künftigen Herausforderungen im Führungsalltag befragt wurden. Gleichzeitig sollten die Studienteilnehmer auch einschätzen, wie gut die aktuellen Führungskräfte bereits heute auf diese Herausforderungen vorbereitet sind. Während 88% der Befragten es für wichtig hielten, auf die psychische Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu achten, glaubten nur 39%, dass die Führungskräfte dafür aktuell bereits die notwendigen Fähigkeiten haben. Eine größere Diskrepanz in den Einschätzungen ergab sich in keinem anderen Punkt!

Auffällig auch die Diskrepanz beim Thema Führung auf Distanz. Hier glaubten 80% der Befragten, dass dieses Thema künftig eine wichtige Führungsherausforderung ist. Nur 41% glaubten, dass die Führungskräfte dafür bereits heute gut aufgestellt seien. Hier muss man sicher die Entwicklung der letzten zwei Jahre berücksichtigen, in denen das Thema für viele Führungskräfte neu hinzugekommen ist. Die Diskrepanzen in diesem Bereich verwundern also nicht.

Angesichts der weiteren Differenzen, etwa bei den Themen „Mitarbeitende motivieren“ oder „Zusammenarbeit organisieren“, überrascht es nicht, dass etwa die Hälfte der Befragungsteilnehmer auch dafür plädierte, „ungeeignete“ Führungskräfte zu entlassen bzw. zu ersetzen. Aber selbst wenn Unternehmen dies wollten, dürften sie in ein Dilemma laufen, denn ich habe schon mehrfach auf Studien verwiesen, dass gar nicht genug Führungskräfte nachwachsen. Verantwortung in Form von Führung wird von vielen jungen Menschen heute gar nicht mehr angestrebt, also woher sollen neue Führungskräfte kommen? Vielleicht ist daher der zweite Lösungsansatz, der in dieser Befragung herausgearbeitet wurde, vielversprechender: Immerhin jeder dritte Bewerber und jeder vierte HR-Verantwortliche sprach sich dafür aus, Führungskräfte zu reduzieren und stärker auf Selbstorganisation der Teams zu setzen. Ein „Allheilmittel“ wird auch das in meinen Augen allerdings nicht sein.

Mit einer weiteren wichtigen Führungsaufgabe, nämlich dem Feedback, haben sich Forscherinnen in zwei weiteren Experimenten mit insgesamt 250 Teilnehmenden befasst. Einigkeit herrscht sicher schnell darin, dass Feedback eine wichtige Voraussetzung für die persönliche Weiterentwicklung der Mitarbeitenden ist. Es ist umso nützlicher, je ehrlicher und qualifizierter es gegeben wird. Vermuten könnte man eigentlich, dass sich bei einer solchen Untersuchung keine geschlechtsspezifischen Unterschiede feststellen lassen, also Männer und Frauen gleichermaßen ein qualifiziertes Feedback erhalten. Doch die Studie kommt zu anderen Ergebnissen. Frauen erhalten ganz offenbar ein weniger akkurates Feedback als Männer und außerdem eines, das deutlich ins Positive verzerrt ist. Im Experiment wurde Frauen gegenüber deutliche Kritik vermieden und die den Probandinnen kommunizierte Bewertung wich um eine volle Note nach oben ab. Damit wurden Frauen viel stärker in ihren Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt als Männer, denn wie soll jemand sein Verhalten ändern, wenn ihm die Notwendigkeit dazu gar nicht vermittelt wird? Im Ergebnis kommen die beiden Forscherinnen dazu, dass Frauen in ihren Möglichkeiten, die eigenen Leistungen aufgrund des erhaltenen Feedbacks adäquat einzuschätzen, deutlich eingeschränkt sind. Wenig verwunderlich appellieren sie daher an die Führungskräfte, Feedback möglichst wahrheitsgemäß zu geben und nicht zu verweichlichen – und dies bitte egal, ob gegenüber Männern oder Frauen. Ich fände es an dieser Stelle sehr interessant, in die Ursachenforschung einzusteigen. Warum wird Männern gegenüber Feedback, insbesondere kritisches Feedback, ehrlicher und offener gegeben als Frauen gegenüber? Die Studie sagt dazu nichts aus und spekulieren möchte ich wie immer nicht.

Ein qualitativ wertvolles Feedback zu bekommen und sich beruflich weiterentwickeln zu können – wie wichtig ist das in der heutigen Zeit überhaupt noch? Verstärkt lesen wir doch immer wieder, dass gerade viele junge Menschen, den Fokus nicht mehr primär auf den beruflichen Erfolg richten und Karriere zu machen, nicht mehr das Wichtigste ist.

Das Rheingold Institut, ein Anbieter für tiefenpsychologische Marktforschung, hat in einer online-Befragung 1.000 Deutsche ab 18 Jahren zu ihren Lebenszielen befragt. 25% der Teilnehmer rankten „sich beruflich verwirklichen, erfolgreich sein und sich stetig weiterentwickeln“ mit 1, also als sehr wichtiges Lebensziel (Skala von 1 bis 4). Weitere 27% vergaben eine 2 und 29% eine 3. Nun überlasse ich die Bewertung Ihnen: Nur 25% vergaben eine 1? Empfinden Sie das als wenig oder ist es weit mehr, als Sie erwartet hätten? Unter den 9 Themen, die in der Befragung gerankt werden sollten, wurden jedenfalls nur zwei Themen häufiger mit einer 1 gerankt: „Zurücklehnen und das Leben genießen“ rankten 34% der Teilnehmenden mit 1 und „eine Familie gründen und sich um diese kümmern“ rankten 32% als sehr wichtiges Lebensziel. Ich für mich komme jedenfalls zu folgendem Fazit: Als unwichtig kann man die berufliche Entwicklung für die allermeisten Menschen auf keinen Fall einstufen.

Ein interessantes Nebenergebnis dieser Umfrage ist , wie zufrieden die Menschen eigentlich mit ihrer aktuellen Lebensphase sind. In der öffentlichen Berichterstattung dominieren nach meiner Wahrnehmung deutlich die Stimmen der Unzufriedenen, die sich mit den aktuellen Gegebenheiten und Einschränkungen schwertun. Die Befragungsergebnisse sind sehr geteilt: 30% empfinden das Leben aktuell als schwierig und herausfordernd, während 31% gerade ihren Lebensstandard genießen und froh sind, „einen Gang runterschalten“ zu können. Wie so oft sehen wir, dass die öffentliche Wahrnehmung, die die Medien vermitteln, keinesfalls die ganze Wahrheit ist. Ihre persönliche Bewertung der aktuellen Situation können Sie ohnehin nur selbst vornehmen.

Ein ganz anderes Befragungsthema begegnete mir auch in den letzten Tagen und wenn man wie ich mit Star Wars aufgewachsen ist, dann hat man von der „dunklen Seite der Macht“ ja sofort eine gewisse Vorstellung. Konkret setzte sich die Forschung mit dem Thema auseinander, inwieweit die Persönlichkeitseigenschaften Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie bei Führungskräften ausgeprägt sind. Diese drei Eigenschaften werden gern als die „Dunkle Triade“ bezeichnet. Wenig überraschend sind diese drei Persönlichkeitsmerkmale bei Führungskräften häufiger anzutreffen als bei Mitarbeitenden ohne Führungsaufgaben. Aber gibt es auch eine Korrelation zwischen Hierarchie und Ausprägung, also sind diese Persönlichkeitseigenschaften im TOP-Management tatsächlich häufiger und stärker ausgeprägt? Was meinen Sie? Darüber spekuliert haben wir doch sicher alle schon einmal, weil fast jeder den ein oder anderen kennt, auf den das eine oder andere Persönlichkeitsmerkmal zutrifft. Tatsächlich stellten die Forscher eine positive Korrelation fest:

Je höher die Führungsebene, desto stärker und häufiger ausgeprägt waren die Persönlichkeitseigenschaften Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie.

Bei der Suche nach Erklärungen konnte gezeigt werden, dass solche Menschen oft sehr charismatisch sind. Sie sind auch gut darin, die Gedanken ihrer Mitmenschen zu verstehen und diese entsprechend zu lenken. Sie haben außerdem eine große Motivation an die Spitze zu gelangen, Macht auszuüben und bewundert zu werden. Alles Eigenschaften, die für Karrieren in Unternehmen durchaus hilfreich sind.

Die Befragungsergebnisse sind brisant, denn dieser Typus Mensch kann auch großen Schaden anrichten. Umso wichtiger ist es gerade auf den oberen Hierarchieebenen sich regelmäßig selbst zu reflektieren und sich mit „Sparringspartnern“ zu umgeben, die den Spiegel vorhalten und helfen, sich selbst, die Unternehmen und die Mitarbeitenden vor möglichen negativen Auswirkungen dieser Persönlichkeitseigenschaften zu schützen.

Zum Schluss dieses aktuellen Überblicks noch drei kurze Blitzlichter, ohne dass ich die Ergebnisse vertiefen möchte:

In einer Befragung der IU Internationale Hochschule unter 3.500 Menschen zwischen 26 und 55 Jahren sahen 65% der Befragten regelmäßige Weiterbildung als wichtig an. Nur 48% waren allerdings an einer privaten Weiterbildung mit beruflichem Fokus interessiert. Das liegt möglicherweise auch daran, dass sie gar nicht wissen, worin sie sich weiterbilden sollen. 29% waren nämlich unsicher und 27% wussten überhaupt nicht, welche Qualifikationen von ihnen verlangt werden. Auch die Kosten spielen eine Rolle, denn 35% war eine private Weiterbildung schlicht zu teuer.

Das Umweltbewusstsein der Unternehmen wird offenbar immer wichtiger. In einer Befragung der HR-Beratung Königssteiner Gruppe gaben 60% der Befragten an, dass ihnen das Umweltbewusstsein des Arbeitgebers wichtig sei.

Als letztes noch ein Blick in Richtung Homeoffice, dem aktuellen Dauerthema. Viele Beschäftigte haben das Homeoffice schätzen gelernt, so ermittelte die Uni Konstanz. In ihrer Studie, für die in regelmäßigen Abständen immer wieder über 700 Beschäftigte befragt wurden, möchten Arbeitnehmende seit Frühjahr 2020 durchschnittlich 2,9 Tage pro Woche im Homeoffice arbeiten. Auffällig: Besonders Jüngere präferieren das Homeoffice und würden dafür sogar Gehaltseinbußen akzeptieren.

Viele spannende Themen, die uns aktuell begleiten. Auch in meiner Arbeit mit Führungskräften sind die Themen vielfältig und herausfordernd. Keine Frage, die aktuelle Zeit ist spannend und wird es bleiben. Also, bis zum nächsten Mal und sollten Sie ein Thema mit mir vertiefen wollen, dann freue ich mich darüber natürlich.

Remote Leadership als Herausforderung?

Führung auf Distanz bringt Herausforderungen mit sich und viele Führungskräfte müssen sich aktuell diesen Herausforderungen stellen, denn die Pandemie hat Remote Leadership sehr schnell erforderlich gemacht. Für Vorbereitung, Ausbildung und Üben blieb vielen Führungskräften wenig Zeit.

Der aktuelle Hernstein Management Report legt allerdings nahe, dass diese Herausforderungen möglicherweise auch überschätzt werden. Führungskräfte, die noch nicht remote führen, schätzen nämlich die Herausforderungen grundsätzlich als stärker ein denn ihre Kolleginnen und Kollegen, die bereits remote führten.

So schätzten 80% der Führungskräfte ohne Erfahrung im Remote Leadership dieses als herausfordernd ein, während nur 74% der erfahrenen Führungskräfte dies taten. Die Kommunikation und der spontane Kontakt zu den mitarbeitenden wird dabei als die größte Herausforderung gesehen. Während 37% der unerfahrenen Führungskräfte dies so einschätzen, taten dies nur noch 27% der Führungskräfte, die bereits Erfahrungen mit remote Leadership hatten.

Ähnliche Ergebnisse zeigten sich auch bei anderen Einzelaspekten, etwa einer aufwendigeren Planung oder Kontrolle bzw. einer schwierigeren Koordination der Tätigkeiten.

Eigentlich müssen uns diese Ergebnisse auch nicht verwundern, denn die Probleme werden meist überschätzt, wenn man noch keine Erfahrungswerte hat. Erstmal begonnen, stellen sich die Tätigkeit in der Praxis oft einfacher dar als zuvor angenommen.

An einer Erkenntnis kommt man allerdings angesichts der Befragungsergebnisse nicht vorbei: Führung auf Distanz ist eine Herausforderung und erfordert von Führungskräften andere Fähigkeiten und einen anderen Führungsstil als viele dies bislang in der Führung vor Ort gewohnt waren. Aber Veränderungen gab es im Führungsalltag schon immer und das wird sich wohl auch nicht ändern. So ist auf Remote Leadership letztlich nur eine Herausforderung, der es sich zu stellen gilt, die anzupacken ist und die man sehr gut erlernen. Es ist halt gerade die aktuelle Herausforderung und als solche in der Pandemie besonders im Fokus.

HR zweifelt an den eigenen Fähigkeiten

Die Boston Consulting Group hat in einer weltweiten Studie 6.600 Beschäftigte befragt, wovon 75% HR-Professionals waren. Sie wurden gebeten, 32 Themen hinsichtlich ihrer Zukunftsrelevanz einzuschätzen. Gleichzeitig sollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch einschätzen, wie gut ihre aktuellen Fähigkeiten bzw. die Fähigkeiten ihres HR-Ressorts dazu geeignet sind, diese Themen zu bearbeiten.

Die Ergebnisse stimmen nachdenklich, denn in den wichtigsten Themen trauen si8ch die HR-Ressorts offenbar mehrheitlich nicht zu, die Zukunft erfolgreich zu gestalten.

Ich finde zum einen, dass hier Themen priorisiert wurden, die auch nach meiner Erfahrung aktuell sehr hoch im Kurz stehen. Als externer Coach könnte ich mich freuen, dass HR es sich alleine nicht zutraut, die Themen zu stemmen. Ein solches Gefühl hege ich aber nicht. Vielmehr macht mich diese Einschätzung sehr nachdenklich, denn wir stehen in Sachen Arbeitsmodelle und Zusammenarbeit noch vor großen Veränderungen. Diese werden vor allem die Führungskräfte immer weiter fordern und viele von ihnen erlebe ich jetzt schon als sehr stark gefordert und belastet.

Eine kritische Gesamtlage insgesamt, so empfinde ich das eher. Was denken Sie?

Sicherheit und Anerkennung gewinnen an Bedeutung

Auf dem Weg in das dritte Jahr der Corona Pandemie verwundert es nicht, dass diese Situation inzwischen auch Auswirkungen auf die Anforderungen junger Menschen an Ihren Arbeitsplatz hat. Das Unternehmen Universum hat dazu 16.500 Young Professionals, also Akademikerinnen und Akademiker unter 40 mit weniger als 8 Jahren Berufserfahrung, befragt.

Deutlich an Bedeutung gewonnen hat einerseits die Anerkennung der eigenen Leistung durch Dritte, insbesondere natürlich die Vorgesetzen. Hintergrund dürfte u.a. die Angst sein, in der neuen, viel stärker durch Homeoffice geprägten Arbeitswelt nicht mehr ausreichend wahrgenommen zu werden.

Anderseits hat die Sicherheit des Arbeitsplatzes deutlich an Bedeutung gewonnen, was in einem allgemeinen Umfeld, in dem die Unsicherheiten so stark zugenommen haben, nicht verwundert. Dies könnte Chancen für die Arbeitgeber bieten, die mit besonderer Arbeitsplatzsicherheit aufwarten können, wie dies beispielsweise im öffentlichen Dienst der Fall ist.

Insgesamt scheint die Krise den Studienautoren zu Folge auch das Bedürfnis nach einem respektvollen Umgang untereinander insgesamt gestärkt zu haben. Ein respektvoller Umgang sollte ohnehin selbstverständlich sein – ist es leider jedoch nach wie vor nicht immer. Führungskräfte aufgepasst – ihr seid (mal wieder) besonders gefordert.

Eigenverantwortung fördern? Sehr zu empfehlen!

In der eigenen Arbeit einen Sinn zu sehen, also einen relevanten Beitrag zu einen größeren Ganzen zu leisten, war schon immer einer größten Motivatoren für Menschen. Dieser relevante Beitrag kann vielfältige Ausprägungen haben, was immer wieder untersucht wird. Ein wichtiger Aspekt ist, ob die Mitarbeitenden auch relevante Entscheidungen selbst treffen können. In klassisch hierarchischen Strukturen ist dies oftmals nur den oberen Hierarchieebenen vorbehalten, obwohl diese meist gar nicht über die notwendigen Kenntnisse für die bestmögliche Entscheidung verfügen und sich daher auf die fachlich zuständigen Mitarbeitenden verlassen. Ergo könnten diese auch selbst entscheiden, wie es moderne flache Hierarchiemodelle zunehmend auch vorsehen.

Das ist doch logisch, im Jahr 2022 wird das hoffentlich überall so sein? Nein, leider nicht.

Kienbaum, New Work SE und das Institut der Deutschen Wirtschaft haben nämlich in einer Befragung mit 8000 Teilnehmenden herausgefunden, dass lediglich 53% der Unternehmen in Deutschland eigenverantwortliches Arbeiten und Entscheiden fördern. Nahezu jedes zweite Unternehmen verfährt also offenbar nach wie vor nach alten Mustern.

Neben der Motivationsförderung hat es noch einen weiteren wesentlichen Vorteil, seine Mitarbeitenden selbst entscheiden zu lassen. Wer besonders innovativ sein möchte, sollte Eigenverantwortung unbedingt fördern, denn in innovativen Unternehmen ergab die Befragung, dass zwei Drittel der Mitarbeitenden das Gefühl haben, in der Eigenverantwortung gefördert zu werden. Scheinbar gibt es also auch zwischen eigenverantwortlichen Entscheidungen und Innovation eine Korrelation.

“Also traut Euch!”, möchte man den Unternehmern zurufen. Traut euren Menschen zu, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Schnellere und besserer Entscheidungen direkt dort, wo sie benötigt werden, mehr Innovationen und mehr Motivation der Beschäftigten. Wenn das kein attraktives Ergebnisbündel ist!

Also, wer noch nicht auf diesem Weg ist: Es ist Zeit alte Gewohnheiten loszulassen – Eigenverantwortung fördern – fangt an!

Depressionen weit verbreitet

In fast jedem Unternehmen dürfte es jemanden geben, der bereits einmal an einer Depression erkrankt war bzw. ist. Bekannt ist das häufig nicht, denn die Krankheit wird sowohl von Unternehmen als auch von den Mitarbeitenden oft tabuisiert.

Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe hat in einer Befragung von 5000 Menschen festgestellt, dass bei 20% der Befragten bereits einmal eine Depression diagnostiziert wurde. Weitere 19% vermuten ohne ärztliche Diagnose, dass auch Sie schon einmal erkrankt waren. Zwei von fünf – das ist also weit mehr, als eine zu vernachlässigende Minderheit.

Warum ist in den meisten Unternehmen dennoch so wenig über die Erkrankungen bekannt? Zum einen sicher, weil viele Betroffene die Diagnose verschweigen. Sie haben Angst, dass es für den Fall der Öffentlichmachung künftig viel mehr um ihre Krankheit geht und ihre Leistungen nicht mehr im Vordergrund stehen. Vereinfacht und etwas provokativ ausgedrückt: Sie haben Angst “abgestempelt” zu werden.

Auch auf der Unternehmensseite wird das Thema häufig “totgeschwiegen”, wozu mangelndes Wissen und viele im Umlauf befindliche Falschinformationen beitragen. Häufig wird z.B. vermutet, dass immer die Arbeit Hauptursache der Depression ist. Dieser Diskussion möchten viele Führungskräfte natürlich ausweichen. Dabei wird oftmals ausgeblendet, dass auch eine erbliche Veranlagung oder die familiäre Situation eine erhebliche Rolle spielen kann.

Schweigen hilft niemandem – weder den Betroffnen noch den Unternehmen. Die Studienautoren rufen denn auch dazu auf, in den Unternehmen dringend Basiswissen und Handlungskompetenzen zu Depressionen und Suizidprävention aufzubauen.

Dem kann man nur zustimmen und ganz allgemein möchte ich noch anfügen: Reden hilft, schweigen nicht – und das gilt sowohl für Betroffene als auch Arbeitgeber.

Arbeitswelt und Führung: aktuelle Trends und Umfragen, Ausgabe 27.11.2021

Zum letzten Mal in diesem Jahr möchte ich Ihnen einige aktuelle Befragungsergebnisse vorstellen. Im Dezember wird es dann keinen Artikel und somit auch keinen Podcast in dieser Reihe geben – Weihnachtspause!

Das unsere Gedanken bestimmen, wie wir uns fühlen, haben Sie von mir schon häufiger gehört. Gleich zwei aktuelle Studien belegen das wieder einmal eindrucksvoll. So hat die University of California in Los Angeles eine Studie vorgelegt, dass Menschen, die sich das Wochenende als einen Miniurlaub vorstellen, sich besser erholen als Menschen, die nur ein „normales“ Wochenende verbringen. „Miniurlauber“ waren am darauffolgenden Montag positiver und zufriedener! Die Urlaubsvorstellung führt wahrscheinlich dazu, dass man den Moment intensiver erleben und sich dadurch besser entspannen kann. Diese Effekte könnten abflachen, wenn der „Mini-Urlaub“ zur „Vorstellungsroutine“ wird, aber das ist aktuell nur eine Vermutung.

In eine ähnliche Richtung gehen die Untersuchungsergebnisse der Uni Leipzig, die herausgefunden hat, dass viele Menschen den Montag als den schwierigsten Arbeitstag der Woche empfinden. Dabei ist das eigene Wohlbefinden gar nicht schlechter als an allen anderen Wochentagen, so die Befragungen. Wahrscheinlich ist es nur der Kontrast zum Sonntag, der uns den Montag als so viel schwieriger erleben lässt. Wie also lässt sich das Erleben des Montags positiv beeinflussen? Da kommen dann wieder unsere Gedanken ins Spiel: Wer mit Vorfreude, z.B. auf die netten Kolleginnen und Kollegen oder die spannenden Aufgaben zur Arbeit geht, erlebt auch den Montag ungleich positiver.

Ich freue mich immer, wenn wissenschaftliche Studien belegen, wie sehr unsere Gedanken, die wir selbst steuern können, unser Erleben beeinflussen – positive Gedanken, positive Gefühle und angenehmes Erleben. Probieren Sie es aus: Eine Hilfe könnte mein Buch „Das knallrote Cabrio – 52 Impulse zur Selbstreflexion“ sein. Vielleicht ist das ja ein schönes Geschenk zu Weihnachten.

Kehren wir alle ins Büro zurück, wenn Corona irgendwann vorbei ist? Eine Befragung des Beratungsunternehmens Korn Ferry mit 580 Teilnehmern legt nahe, dass zumindest die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht davon ausgehen. 70% der Befragten empfinden das Homeoffice bereits als neue Realität und der Gedanke an die Rückkehr ins Büro löst zumindest bei jedem zweiten Stress aus! Viele fürchten im Büro nicht mehr konzentriert und produktiv arbeiten zu können. Allerdings schränken die Studienautoren ein, dass es auch andere Trends gibt, manche vermissen z.B. den persönlichen Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen. So wird es wohl auch für dieses Thema keine Musterlösung, sondern viele individuelle Lösungen geben. Gesucht wird ein Ansatz der remote arbeiten erlaubt und auch persönliche Begegnungen ermöglicht. Ich nenne das oft: So viel Homeoffice wie möglich und so viel Büro wie nötig – klingt zwar nicht so wissenschaftlich, bringt es für mich aber auf den Punkt.

Eine interessante Umfrage legt das Institute for New Work and Coaching der der SRH Berlin University of Applied Sciences gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen Commax Consulting vor. Dem von ihnen erstellten New-Work-Barometer zu Folge ist der Einsatz vieler New Work Maßnahmen im Jahr 2021 deutlich zurückgegangen. Nur wenige Bereiche, allen voran der Bereich Arbeitsautonomie mit Mobile Work und Homeoffice erlebten deutliche Fortschritte. In insgesamt 28 Bereichen wurden zum Vorjahr Rückgänge festgestellt, wobei besonders der Einsatz der agilen Methoden (von 69% auf 49%) und die agile Führung (von 63% auf 46%) gelitten haben. Eine Ursache könnte sein, dass es unter Corona-Bedingungen schwieriger war, diese Methoden anzuwenden. Vielleicht hat sich aber auch schlicht gezeigt, dass der „Agil-Hype“ vielleicht doch etwas übertrieben war, aber das ist nur meine ganz persönliche Meinung.

Eines erscheint unabhängig von der ganz persönlichen Zukunftseinschätzung eines jeden einzelnen bereits heute eindeutig: Hybride Führung ist ein Zukunftsmodell, denn hybrides Arbeiten wird zukünftig weit mehr verbreitet sein. Verlässliche Regelungen und ein hohes Maß an Vertrauen sind zwei wesentliche Elemente, damit hybride Führung gelingt. Die Hochschule Mittweida und berufundfamilie GmbH haben dazu ein interessantes Modell, das „Führungsfahrrad Hybrides Arbeiten“ entwickelt. Ein Blick in den kostenfreien Download lohnt sich: Führungsfahrrad

Haben Sie sich eigentlich schon mal gefragt, ob Sie lieber alleine oder im Team arbeiten? „Natürlich im Team“, andere Antworten sind doch heute gar nicht mehr zulässig, oder? Motiviert denn Teamarbeit wirklich? Dieser Frage ist die TU Dortmund nachgegangen und kommt zu dem Ergebnis: Es kommt drauf an! In der Metastudie wurden Daten von 320.000 Teilnehmenden ausgewertet und festgestellt, dass Teamarbeit sowohl motivierend als auch demotivierend wirken kann. Motivierend wirkt, wenn die Beiträge von niemandem verzichtbar sind, der gegenteilige Effekt demotiviert. Auch die Tatsache, dass am Ende die Beiträge nicht mehr einzeln bewertbar sind, demotiviert. Positiv wirkt sich hingegen aus, wenn man sich während der Teamarbeit mit einem moderat besseren Teammitglied vergleichen kann, weil so auch persönliches Wachstum ermöglicht wird. Unterstützen sich die Teammitglieder gegenseitig bei der Zielerreichung, so wirkt auch das motivierend. Teamarbeit ist also kein „Allheilmittel“ für die Motivation, sondern sollte strategisch und zielgerichtet eingesetzt und gestaltet werden.

Zum Abschluss noch ein Thema, dass durch Corona zuletzt etwas aus dem Fokus der Aufmerksamkeit geraten ist, nämlich das Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz. In einer Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung sprachen sich 55% der 5.000 Befragten dafür aus, dass ihre Unternehmen in diesen Bereichen mehr Engagement zeigen sollten. Dabei zeigten sich zwischen den Bundesländern allerdings erhebliche Unterschiede. Veränderungen aufgrund eines stärkeren Engagements ihrer Unternehmen in diesen Bereichen, möchte die Mehrheit der Beschäftigten allerdings nicht haben. Nur 42% der Befragten würden konkrete Maßnahmen bei ihnen im Betrieb begrüßen. Gar nur 33% wären bereit, die Kosten für mehr Nachhaltigkeit im Unternehmen mitzutragen. Nachhaltigkeit gilt als teuer, diese Haltung hat sich offenbar auf die Beschäftigten übertragen. Zudem bezweifelt über die Hälfte der Befragten, dass ihr Unternehmen durch Nachhaltigkeit und Klimaschutz einen Wettbewerbsvorteil hätte. Ob wir so alle zusammen erfolgreich sein werden, darf bezweifelt werden. Angesichts der dramatischen Auswirkungen, welche die aktuellen Klimaveränderungen bereits heute auslösen und der mehr als düsteren Prognosen nahezu aller seriösen Wissenschaftler, erscheint es höchste Zeit, dass wir Nachhaltigkeit und Klimaschutz als eine Aufgabe begreifen, zu der jeder seinen Beitrag leisten muss. Liebe Unternehmer, fangt schon mal an, wird dafür sicher nicht ausreichen.

Die Corona-Infektionen erreichen täglich neue Höchststände, das sollte uns alle nachdenklich machen. Alle Hoffnungen auf ein „normales“ Weihnachtsfest 2021 sind inzwischen dahin. Umso mehr wünsche ich Ihnen, dass Sie gesund bleiben. Kommen Sie gut in das Jahr 2022. Es wird spannend bleiben, die vielfältigen Veränderungen der Arbeitswelt und Führung zu beobachten.

Im Januar 2022 starten dann auch wieder meine Impulse zur Selbstreflexion, sowohl als Podcast als auch in geschriebener Form. Hören oder lesen Sie doch mal rein.
Eine schöne Weihnachtszeit wünscht

Ihr
Mario Porten

Alle zitierten Studien wurden veröffentlicht in der Dezemberausgabe von managerseminare.